Franquismus
Als Franquismus bezeichnet man das System und, soweit vorhanden, die ideologische Untermauerung der autoritären Diktatur Francisco Francos in Spanien von 1937 bis zu den ersten freien Wahlen in Spanien 1977.
Entstehung des franquistischen Systems
Francisco Francos Herrschaft nahm 1936 mit dem Spanischen Bürgerkrieg in den von der nationalspanischen Koalition beherrschten Teilen Spaniens seinen Anfang. In Burgos, der Interimshauptstadt, entstand bereits in der ersten Woche des Bürgerkriegs eine provisorische Junta, welche umgehend alle Gewerkschaften und Parteien verbot. Dem seit seiner Rolle bei der Niederschlagung des asturischen Bergarbeiteraufstandes von 1934 bei der spanischen Rechten angesehenen Franco gelang es, in dieser Junta eine Führungsrolle zu übernehmen. Im Oktober 1936 wurde Franco zum Generalísimo aller Streitkräfte ernannt und war von da an unumschränkter Herrscher der nationalspanischen Bürgerkriegspartei. Mögliche Rivalen wie die Generäle José Sanjurjo und Emilio Mola kamen während des Bürgerkriegs (am 20. Juli 1936 bzw. am 3. Juni 1937) durch Flugzeugabstürze ums Leben.
Die Teilnehmer auf nationalspanischer Seite kämpften, anders als es oft vereinfachend kolportiert wird, nicht lediglich im Zeichen und für Ziele des Faschismus, sondern auf der Basis eines recht allgemeinen kleinsten gemeinsamen Nenners: des ihnen gemeinsamen Wunsches nach einem anderen Spanien sowie ihrer Abneigung gegen die Volksfrontregierung der Zweiten Republik. Die angreifende Seite des spanischen Bürgerkriegs war vielmehr eine verhältnismäßig heterogene Koalition verschiedenartigster radikal, aber auch gemäßigt rechter Parteien und Bewegungen, von den Großgrundbesitzern und der rechtsrepublikanisch-katholischen CEDA über Monarchisten und Carlisten bis hin zu der faschistischen Falange Española de las JONS. Franco sah, dass es mit ihrer Einigkeit und damit vermutlich auch mit seiner, Francos, Macht sofort nach Ende des Bürgerkriegs vorbei sein würde, und strebte deshalb danach, die auf nationalspanischer Seite am Bürgerkrieg teilnehmenden Kräfte möglichst umgehend unter seiner eigenen Führung zu vereinen.
Am 19. November 1936 wurde der Anführer der Falange, José Antonio Primo de Rivera, durch die spanische Republik nach einem Gerichtsverfahren hingerichtet und die Partei damit führerlos. Franco ergriff die Gelegenheit und bemächtigte sich an der Stelle des vorläufigen Führers der Falange, Hedilla, handstreichartig der geschwächten und zerstrittenen falangistischen Bewegung als Caudillo (span. - Anführer). Er hatte zuvor der Falange nicht angehört und war ihr auch politisch nicht nahegestanden. Dieser Erhebung Francos zum Caudillo wohnt etwas Zufälliges inne; hätte sich eine andere Bewegung mit vergleichbarer Verfassung und ähnlicher Eignung für die Herrschaft über einen autoritären Staat angeboten, hätte Franco sich wohl ebensogut dieser anderen Bewegung bedient.
Die 1933 gegründete Falange propagierte in einem aus 27 Punkten bestehenden Parteiprogramm aus dem Jahr 1934 unter anderem die Abschaffung der Demokratie und einen „nationalen Syndikalismus“. Unter dem letzterem Schlagwort war die Erfassung der Bevölkerung in ständischen Organisationen zu verstehen, wobei sich der Falangismus jedoch im wesentlichen auf die Erfassung aller Arbeitsfähigen in Zwangssyndikaten beschränkte. Ferner wurden auch die Verstaatlichung des Bankenwesens und eine radikale Agrarreform gefordert. Der Einfluss dieser Partei mit ihren etwa achttausend Mitgliedern war während der gesamten Zweiten Republik vernachlässigbar gewesen, und sie hatte auch nicht zu den Urhebern des pronunciamiento im Juli 1936 gehört: obwohl man bei der Falange von den Putschplänen wusste, hatte sie keinen Einfluss darauf.
Die Falange stellt den in der Geschichte eher seltenen Fall eine gleichgeschalteten faschistischen Bewegung dar. Denn Franco zeigte bald darauf, dass er sich der Falange hauptsächlich zu dem Zweck bemächtigt hatte, um sich ihrer als Vehikel zur Macht zu bedienen. Mit ihren Zielsetzungen identifizierte Franco sich wenig.
Als eigentliche Geburtsstunde des franquistischen Staates ist jedoch der Zusammenschluss der revolutionär-antimonarchistischen Falange mit der monarchistisch-absolutistischen und daher im Spektrum der rechten Bewegungen genau entgegengesetzten carlistischen Comunión Tradicionalistazur Einheitspartei Falange Española Tradicionalista y de las JONS am 19. April 1937 anzusehen. Diese Vereinigung kam auf das Betreiben von Francos Schwager Ramón Serrano Suñer zustande, welcher selbst weder der Falange noch den Carlisten, sondern der CEDA angehörte. Serrano Suñer hatte Franco die Vereinigung vorgeschlagen, da seiner Ansicht nach keine der an der nationalspanischen Koalition den Anforderungen des Tages entsprach. Er selbst wurde auf Wunsch Francos der erste Generalsekretär der neuen Partei und befasste sich damit, die verschiedenen teile der neuen Bewegung zu koordinieren, was ihm nicht vollständig gelang, da nicht alle Falangisten sich dem neuen Kurs anschließen wollten. Nach dieser Zwangsvereinigung der beiden sehr ungleichen Partner - bald darauf wurden auch die legitimistischen Monarchisten der Bewegung angeschlossen - war das franquistische System im wesentlichen fertig angelegt. Die Organisation "F.E.T. y de las JONS", genannt "Movimiento Nacional" legte Ideologie und Zielsetzungen der "alten" Falange ab, und konservative und monarchistische Zielsetzungen traten in den Vordergrund. Der Movimiento war, bedingt durch seine Heterogenität, ein Kompromiss, der allen etwas bot: den spanischen Antimonarchisten ebenso wie den Königstreuen, der alten Rechten ebenso wie den sozialistisch angehauchten Falangisten.
So wurden nach und nach alle politischen Kräfte der nationalspanischen Seite unter Francos Führung zusammengefasst, während sich umgekehrt das politische Spektrum auf Seiten der Republik immer weiter zersplitterte und (wie in Barcelona im Frühjahr 1937) sogar Bürgerkriege innerhalb des Bürgerkriegs austrug. Auch im (wenngleich erzwungenen) einigen Vorgehen liegt - neben den italienischen und deutschen Waffenlieferungen - ein Grund für den Sieg der nationalspanischen Sache.
Mit dem Sieg über die Republik 1939 herrschte Franco und mit ihm das franquistische System über ganz Spanien.
Der franquistische Staat
Der Franquismus, verkörpert im sogenannten "Estado Nuevo", zeigte sich in den Jahren des Spanischen Bürgerkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit als grausame Despotie in einem in jeder Hinsicht verwüsteten Land. Repression, Folter und Rache am politischen Gegner dominierten, die spanische Gesellschaft teilte sich in Sieger und Besiegte, und "[die] Besiegten, die in den Augen Francos das absolut Böse verkörpet hatten, sollten zahlen und büßen" (Bernecker). Die Zahl der politisch motivierten Hinrichtungen ging in die Hunderttausende. Bernecker schätzt die Zahl derer, die im franquistischen Spanien zwischen 1936 und 1944 durch politischen und Justizmord ums Leben kamen, auf bis zu 400.000. Neuere Schätzungen gehen von 150.000 bis 200.000 Opfern aus. Weitere 400.000 verließen (Bernecker zufolge) nach 1939 Spanien, um vor allem in Frankreich das Exil anzutreten. Es wird vermutet, dass die Zahl der politischen Häftlinge sich nach dem Bürgerkrieg auf 1,5 Millionen Menschen belief. Sie und ihre Angehörigen wurden beispielsweise bei der Zuteilung von Essensmarken systematisch benachteiligt, hatten ständige Demütigungen hinzunehmen und lebten stets in Angst vor Inhaftierung. So soll sich der andalusische Sozialist Manuel Cortés bis 1969 - volle dreißig Jahre lang - in seinem Haus versteckt gehalten haben. Nach seiner Konsolidierung ging das Regime allmählich zu weniger offen gewaltsamen Repressionsmaßnahmen über, doch die letzten Konzentrationslager wurden erst 1962 geschlossen, und den Verlierern des Bürgerkriegs wurde eine Generalamestie niemals gewährt.
Der Franquismus endete jedoch in einem Staat, der eine autoritäre Diktatur geblieben war, aber seine Bürger im Alltag weitgehend in Ruhe ließ - wenngleich in den letzten Jahren des Franquismus die Repression wieder anstieg, bedingt durch die Aktivitäten der ETA und weiterer oppositioneller Gruppen. Der franquistische Staat ließ sich nach dem Ableben Francos 1975 binnen weniger Jahre im Rahmen einer Transition (spanisch transición) beispielhaft friedlich - mit der Ausnahme des Putschversuchs in den Cortes am 23. Februar 1981 - in eine parlamentarische Demokratie umformen.
Der franquistische Staat zog einen Schlussstrich unter mehr als hundert Jahre politischen Kampf und Instabilität in Spanien und erwies sich als erstes stabiles politisches System seit den napoleonischen Kriegen. Auf lange Sicht hatten außer Franco selbst alle Teilnehmer des Bürgerkriegs verloren, und zwar nicht nur die Republik und ihre Volksfront, sondern auch die Parteien der nationalspanischen Koalition.
- Die Ziele, für die man gekämpft hatte, waren 1939... mehr oder minder tot. Aus leidenschaftlichen ideellen Konflikten war zum Schluss nur noch ein opportunistisches Tauziehen um die Weiterexistenz der Kämpfenden geworden. Liberalismus und Freimaurerei waren ausgetrieben, aber die Kirche war von der Falange praktisch entmachtet. Die sozialen Ziele der Falange jedoch waren fast ebenso verblichen wie die der Kommunisten, Anarchisten und Sozialdemokraten. Carlisten und legitime Monarchisten konnten ihren Standpunkt nicht durchsetzen. Auf dieser Schädelstätte der Ideologien thronte triumphierend ein kühler, farbloser, grauer Mann, der den Spanischen Bürgerkrieg überlebt hatte wie Octavian den römischen. Cäsar und Pompeius, Brutus und Antonius, Cato und Cicero - alle diese Genies ermangelten des geringeren Talents, die Dinge überleben zu können. Francisco Franco war der Octavian Spaniens. (Hugh Thomas, Der spanische Bürgerkrieg, 1961)
Gewisse blinde Flecken in der spanischen Geschichte werden in der spanischen Gesellschaft bis heute ungern thematisiert und erst in den letzten Jahren verhältnismäßig zögerlich angegangen. So werden erst seit etwa der Jahrtausendwende die Massengräber aus der Zeit während und nach dem Bürgerkrieg geöffnet. Ebenfalls erst nach der Jahrtausendwende wurde der Umstand Gegenstand von Kontroversen, dass in Spanien an zahlreichen Stellen noch das falangistische Pfeilbündel und auf Straßentafeln der Name des Diktators zu sehen ist.
Typologie und weltanschauliche Einordnung des Franquismus

Der Franquismus wird häufig, und vor allem in Blick auf seine frühen Jahre, als der "spanische Faschismus" bezeichnet. Derartige Charakteristiken erweisen sich freilich bei näherer Betrachtung für eine zutreffende Typisierung des Regimes nicht unbedingt und für alle Phasen des Regimes auch als tragfähig.
Hinzu kommt, daß die Typisierung eines Regimes als "faschistisch" in der Forschung weitgehend vermieden wird. In der Tat zeigt die Beobachtung, dass dieser Begriff in erster Linie polemisch-akkusatorischen Zielsetzungen und weniger einer zutreffenden Einordnung des betreffenden Regimes dient. Bereits aus diesen Gründen sollte eine Typisierung des Franco-Regimes als "faschistisch" zurückhaltend erfolgen. Die oben erwähnten Greueltaten vor allem der ersten Jahre tragen nichts zur Typisierung bei, da Grausamkeit beileibe keine Eigenart nur faschistischer Regime ist; hieraus ergibt sich andererseits, daß sich mit der Einordnung des Franco-Regimes als faschistisch oder nicht-faschistisch kein moralisches Werturteil verbindet. Ziel einer Typisierung ist vielmehr, das Regime weltanschaulich einzuordnen.
Gemeinsamkeiten
Zur Begründung einer Qualifikation des Franco-Regimes als faschistischem Regime wird auf den Umstand verwiesen, dass insbesondere in den ersten beiden Jahrzehnten der Franco-Diktatur mit der Falange eine Bewegung staatstragend war, welche in ihrem Programm nationalen Syndikalismus, Antikommunismus und einen Traum von einer Hegemonie Spaniens in den spanischsprachigen Teilen der Welt propagierte und damit sich typische Ziele faschistischer Organisationen setzte. Ferner wird der Movimiento Nacional als einzig zugelassene politische Organisation und Einheitspartei angeführt, welche Parolen wie derjenigen von der "Einheit zwischen Staat und Gesellschaft" oder dem "totalen Staat" ausgab und nach dem Grundgesetz von 1958 den Anspruch erhob, in alle Teile der Gesellschaft wirken zu wollen. Neben allen anderen Parteien wurden auch die Gewerkschaften verboten (ersetzt durch die sindicatos verticales), und auf zahlreichen anderen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens wurde eine Gleichschaltung angestrebt.
Auch insoweit trug der Franquismus - auch noch in seiner Spätzeit - faschistische Züge, als er fortwährend die Vergangenheit und die eigenen Heldentaten im Bürgerkrieg beschwor und bestrebt war, dass niemand den Bürgerkrieg vergessen sollte. Alljährlich wurde der 1. April als „Tag des Sieges“ begangen, denn der Sieg Francos im Bürgerkrieg war die Legitimation schlechthin seiner Herrschaft über Spanien.
Der Franquismus hatte hingegen eher wenige nachdrückliche Anklänge an das gemeinhin als faschistisch angesehene Leitmotiv einer auf Rasse oder Nation fußenden Gemeinschaft, die über allen anderen Loyalitäten zu stehen hat. Zwar wurde von Franco die sogenannte Hispanidad - eine chauvinistische Lehre von der Größe, Sendung und Auserwähltheit Spaniens - hochgehalten. Der Franquismus wollte im Sinne dieser Hispanidad (wenngleich in bescheidenerem Ausmaße als zum Beispiel der mussolinische Faschismus) hinter die moderne Zeit zurück und auf eine Gesellschaft hinaus, die in ihrer Pflege christlicher und als besonders spanisch angesehener Werte ideale Züge trug. Dies ist allerdings eher im Sinne einer Wiedergeburt Spaniens zu verstehen, die Nationalspanien sich von einem Sieg über die Republik versprochen hatte und nach dem Bürgerkrieg ins Werk gesetzt werden sollte. Die Republik stand stellvertretend für alle die zahlreichen Demütigungen, welche die frühere Weltmacht seit Napoleon hatte hinnehmen müssen und von denen das Jahr 1898, als Spanien durch die USA die letzten Kolonien abgenommen wurden, besonders hervorzuheben ist. Auch aus diesem Grunde war es für den Franquismus essentiell, die Erinnerung an den Bürgerkrieg wachzuhalten und gleichsam die Republik jedes Jahr zum Siegestag erneut zu schlagen. Die Hispanidad und mit ihr der Franquismus waren mangels Attraktivität für jedes andere europäische Land freilich nicht exportierbar und sollten es auch nicht sein - bezeichnenderweise mit Ausnahme Lateinamerikas, wo die Hispanidad ebenfalls populär war und Franco ein Vorbild für nicht wenige Diktatoren.
Unterschiede
Ein näherer Blick auf viele der oben angeführten "faschistischen" Charakteristika weckt jedoch auch Zweifel daran, dass das Franco-Regime tatsächlich als faschistisch im Sinne etwa des mussolinischen Staats bezeichnet werden kann. Faschismus im mussolinischen Sinn setzt, einer verbreiteten (wenngleich schlagwortartigen) Definition zufolge, einen charismatischen Führer, eine Massenbewegung und korporative Gliederung des Volkes voraus. Nicht alle diese Merkmale waren im Franco-Staat auch hinreichend verwirklicht. Der Franquismus ähnelte in vieler Hinsicht dem sogenannten Austrofaschismus, der ebenfalls zwar Züge, aber nicht das Gesamtbild eines faschistischen Systems bietet.
Charisma war keine hervorstechende Eigenschaft Francos, und das System war auch darauf ausgelegt, dass Charisma zur Führung nicht notwendig war: Franco war alles andere als ein Mann der Tat, sondern verdankte sein politisches Überleben bis zuletzt seinem Organisationstalent und seiner beeindruckenden Fähigkeit, Probleme auszusitzen und nie etwas zu überstürzen. Eine kohärente, nicht in erster Linie aus Negationen zusammengesetzten Ideologie sowie einer Massenbewegung, die diesen Namen verdient hätte, fehlten - die F.E.T. y de las JONS taugten hierzu keineswegs, im Gegenteil wurde die Ausrichtung der Partei nach einem beachtlichen Zustrom im Jahr 1939 noch diffuser, als sie es zuvor schon war. Diese Partei, die sich ausschließlich aus Flügeln zusammensetzte, auch weil ein ideologisches Zentrum schwer zu definieren gewesen wäre, war außerdem weit entfernt von der Geschlossenheit eines Fascio di Combattimento. Die amorphe und hochbürokratisierte F.E.T. y de las JONS übte auch nicht, wie die ideologisch straff geführten und monolithischen Organisationen Deutschlands oder Italiens, das Monopol der Machtelitenrekrutierung aus, alleine schon weil Franco sich in der Zusammensetzung seiner Regierungen gerne auf Kleriker stützte, die mit der Staatspartei nichts zu tun hatten. Somit war der Movimiento nur ein Element in der Architektur des franquistischen Staats.
Wie erwähnt fanden sich im franquistischen Staat zwar deutliche Ansätze einer ständischen Gliederung in Syndikate, welche allerdings nicht konsequent durchgezogen wurden und sich mit der Schaffung berufsständischer Korporationen begnügten, ohne die gesamte Gesellschaft umfassen zu wollen. Franco erscheint eher als an einer konservativ-katholischen Renaissance als an einem totalitären Staat interessiert.
Wenngleich der franquistische Staat fraglos durch ein autoritäres System gelenkt wurde, war er andererseits nicht totalitär. Eine wie auch immer geartete "Einheit zwischen Staat und Gesellschaft" kam in der Praxis über Propagandafloskeln dieses Inhalts nicht hinaus, und auch von einem "totalen Staat" konnte keine Rede sein. Eine Euphorisierung der Massen wie in Deutschland oder Italien fand nicht statt, stattdessen herrschten entweder passive Zustimmung oder apolitische Einstellungen vor. Der Titel "Caudillo" taugt zur Typisierung des Regimes eher wenig, da das Wort, das südamerikanischen Ursprungs ist, als solches einen Militärführer bezeichnet, der die Macht an sich reißt, wenn die Zivilisten keine Autorität im Lande aufrechterhalten können, weshalb die Übersetzung mit den Bezeichnungen "Duce" bzw. "Führer" im Sinne eines autoritär-charismatischen Diktators etwas problematisch ist.
Und obgleich Franco unbestreitbar Sympathien für Hitler und Mussolini hegte, hielt sich in der Praxis - trotz ihrer kriegsentscheidenden Unterstützung - die Solidarität mit seinen angeblichen weltanschaulichen Verbündeten in Grenzen. Zwar erklärte er im Juli 1940, noch vor dem Fall Frankreichs, Spanien sei nicht neutral, sondern lediglich nicht kriegsführend, und stellte gegenüber Hitler in einem vom Februar 1941 datierten Brief fest, dass wir drei Männer, der Duce, Sie und ich, durch den härtesten Zwang der Geschichte aneinandergebunden sind. Kennzeichnender für Francos Einstellung zu den Achsenmächten ist allerdings wohl sein Verhalten in Hendaye im Jahr 1940 (somit in etwa auf dem Gipfelpunkt der nazideutschen Macht in Europa), als er und Adolf Hitler sich zum einzigen Mal persönlich sahen. Franco ließ Hitler zunächst eine volle halbe Stunde antichambrieren, bis er seine Siesta abgehalten hatte, und kam Hitler in seinem Begehren um Unterstützung so wenig entgegen, dass Hitler anschließend äußerte, sich lieber drei Zähne ziehen zu lassen, als eine solche Unterredung nochmals zu führen. Francos Entgegenkommen bestand darin, daß er die División Azul an die Ostfront schickte, 47.000 falangistische Freiwillige unter General Muñoz Grandes, welche er aber 1943 dort wieder abziehen ließ. Außerdem stellte Franco Hitlerdeutschland unter anderem U-Boot-Stützpunkte und Nachrichtenmaterial zur Verfügung. Franco setzte sich jedoch 1943 von den Achsenmächten ab, als ihre Niederlage sich abzeichnete, und erklärte sich von diesem Jahr an für neutral und konnte so den Zweiten Weltkrieg hinter sich bringen, ohne es sich mit einer der beiden Seiten verdorben zu haben. Hinzu kam bereits während des Zweiten Weltkriegs die Abschaffung äußerer Symbole wie des Faschistengrußes. Für Franco waren Hitler und Mussolini gerade nur so lange interessant, als sie mächtig waren.
Die franquistische Ideologie
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine verbindliche Ideologie des Franquismus über einige Schlagworte, eine konservativ-traditionalistische Grundhaltung, Antikommunismus, die Verachtung für das nach Francos Ansicht zu Chaos führenden Parteiwesen und den Wunsch Francos und der franquistischen Eliten nach Machterhalt hinaus nicht existierte; hinzu tritt noch Francos Neigung, die "internationale Freimaurerei" für alle möglichen Phänomene und Misserfolge verantwortlich zu machen. Sein Staatsmodell und seine Ideologie war eher introvertiert und im wesentlichen aus Negationen zusammengesetzt. Schon in Francos Manifest zu Beginn des Bürgerkriegs eröffnete der spätere Diktator keinerlei ideologische Perspektiven.
Auffallend ist, dass nicht wenige der öffentlich propagierten Elemente des franquistischen Ideologiegebäudes häufig weniger auf Franco selbst als vielmehr auf die Säulen von Francos Macht - Militär, Falange und Kirche - zurückzuführen sind. Der Franco-Staat ist zwar nicht ohne die Verflechtung mit diesen Machtzentren, doch in vielem ohne die Konzessionen vorstellbar, welche Franco diesen Stützen des Systems machte. Insoweit eine wesentliche Ausnahme war allerdings die unablässige Beschwörung des Siegs Francos im Bürgerkrieg durch ihn selbst.
Im autoritären System Francos war ein sehr eingeschränkter Pluralismus möglich, welcher in totalitäten Systemen - "in denen eine Ideologie, eine Partei, eine terroristische Geheimpolizei, ein Nachrichten- und Waffenmonopol und eine zentral gelenkte Wirtschaft Ausdruck einer umfassenden Gleichschaltung [sind] (Bernecker)" - undenkbar gewesen wäre. Diese - gewiss nicht oppositionellen - Gruppen wie etwa die carlistischen, monarchistischen, altrechten und falangistischen Flügel innerhalb der heterogenen Staatspartei F.E.T y de las JONS konnten sich gerade aufgrund des Fehlens einer einheitlichen Staatsideologie bilden. Waren sie selbst auch von der direkten Macht ausgeschlossen, die von Franco ausgeübt wurde, so waren sie nicht machtlos. Ihre Anführer wurden durch Franco auf Basis eines Vertrauensverhältnisses eingesetzt, was im Sinne einer Kooptation dazu führte, dass keine dieser Gruppen gänzlich oder auf Dauer übergangen wurde.
Obgleich das Franco-Regime eine Anzahl von Zügen aufwies, welche als typisch für faschistische Regimes der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesehen werden, weist es einige gewichtige Unterschiede auf, welche so bedeutend sind, daß die Bezeichnung des Regimes als "faschistisch" vom Gesamtbild her nicht unproblematisch ist und - wenn überhaupt - nur für die ersten Jahre des Regimes einigermaßen als zutreffend erscheint.
Einzelne Punkte der ideologischen Ansätze stellten sich zudem als verhandelbar heraus, wenn es Franco für seine Zwecke opportun erschien. Franco hat eine Ideologie auch nie zusammenhängend formuliert und mag sie für seine eigene Bewegungsfreiheit eher als hinderlich denn notwendig angesehen haben. Salvador de Madariaga stellt Franco sogar überhaupt in Abrede, jemals Ideale gehabt zu haben:
- "Er [Franco] war ein Besessener, besessen von dieser Herrschergabe, und bis zu seinem Ende herrschte in ihm die Herrschsucht derart, dass er nicht einmal dem Tod erlauben wollte, sie ihm streitig zu machen... Diese Verachtung für alles und jeden, die er selten zu verheimlichen bemüht war (außer im religiösen Bereich, und auch dort, ohne sich sehr anzustrengen), rührte daher, daß er nur von einem Gedanken beseelt war: Franco diente nur Franco. Die politischen Theorien und Ideologien ließen ihn unberührt. Er unterstützte Hitler, weil damals die ganze Macht von Hitler ausging. [...] Als er ins amerikanische Lager übergehen musste, warf er seine antidemokratischen Reden in den Papierkorb. Franco hat nie eine uneigennützige Meinung vertreten, die sich aus Logik, Vernunft, Großmut, Nächstenliebe oder dem Rechtsgefühl ergeben hätte; jegliche Interpretation seiner Handlungen, die Religiöses zur Erklärung zulässt, muss irrig sein. Franco glaubte stets nur an Franco."
Die Legitimation des Regimes durch den Spanischen Bürgerkrieg
Neben den gerade erwähnten staatstheoretischen und organisatorischen Gegebenheiten des franquistischen Systems war ein zentraler Pfeiler der franquistischen Ideologie und eine wichtige Quelle seiner Legitimation jedoch die unablässige Beschwörung des Siegs Francos im Bürgerkrieg. Das Bedürfnis des franquistischen Regimes, niemanden jemals den Bürgerkrieg vergessen zu lassen, kommt nicht zuletzt in dem franquistischen Bauwerk par excellence - dem Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen) bei El Escorial - zum Ausdruck, welche von Kriegs- und politischen Gefangenen in den Felsen der Sierra de Guadarrama gehauen wurde. In diesem Mahnmal wurden neben den Gebeinen zehntausender auf Seiten Nationalspaniens sowie der Republik gefallener Krieger nicht nur Franco selbst, sondern auch der Gründer der Falange José Antonio Primo de Rivera beigesetzt. Es handelt sich zwar um einen Ausdruck der Versöhnung, da auch Spanier der anderen Seite dort ihre letzte Ruhestätte fanden - einer vordergründigen Versöhnung allerdings, die nicht nur architektonisch zu den Bedingungen des Siegers geschah und neben der Apotheose Francos und des jüngeren Primo de Rivera eher wie ein Almosen anmutet.

Eine weitere zentrale franquistische Weihestätte, in welcher die nationalistischen Leistungen im Bürgerkieg verherrlicht wurden, war der Alcázar von Toledo, welchen Oberst Moscardó Ituarte 1936 unter großen Entbehrungen bis zu seinem Entsatz durch nationalspanische Truppen gegen die republikanischen Streitkräfte verteidigt hatte. Im Alcázar war noch lange nach Francos Tod das Büro Moscardós zu sehen, welches man eigens in dem halbzerstörten Zustand belassen hatte, in welchem es nach der Durchbrechung der republikanischen Belagerung vorgefunden worden war. In diesem Raum zeichneten Tafeln in zahlreichen Sprachen den entsetzlichen Dialog nach, welchen Moscardó telefonisch mit seinem durch die republikanischen Truppen gefangengenommenen Sohn hielt. Dieser sollte für den Fall getötet werden, daß der Alcázar nicht übergeben werden würde; der Dialog endet darin, dass Moscardó seinem Sohn rät, seine Seele Gott zu empfehlen, Viva España zu rufen und wie ein Held zu sterben.
Verfassung des Franquismus
Der Estado Nuevo zog seine Legitimation aus dem Bürgerkrieg und dem traditionalistischen Katholizismus und bedurfte nach Ansicht seiner Eliten deswegen keiner demokratischen Verfassung. Eine zusammenhängende Verfassung besaß der Franco-Staat bis zuletzt nicht - hierzu gab es Grundgesetze, welche im Laufe der Zeit erlassen wurden und zusammengenommen das spanische Verfassungsrecht ausmachten.
"Zwischen Volk und Staat vermittelt[e]" nach einem Erlass vom 19. April 1937 die Falange Española Tradicionalista y de las JONS. Anführer dieser Organisation war Franco selbst. Im Jahr 1958 wurde zusätzlich das "Gesetz über die Prinzipien des Movimiento Nacional" (Ley de Principios del Movimiento Nacional) erlassen, welches über den Movimiento hinaus erhebliche weitere Auswirkungen hatte. Denn nicht nur die Bewegung selbst, der ganze Staat sollte auf den Prinzipien der Bewegung fußen, welche das Gesetz als "Gemeinschaft aller Spanier im Glauben an die Ideale, deretwegen der Kreuzzug geführt wurde" definierte. Von den verschiedenen "Grundgesetzen", welche im franquistischen Staat im Lauf der Zeit erlassen wurden, war dieses Gesetz das ranghöchste, da kein anderes Gesetz gegen die Prinzipien des Movimiento Nacional verstoßen durfte. Diese unwandelbaren Prinzipien waren im einzelnen: der Konfessionalismus des Staates, die monarchische Staatsform und die ständestaatliche Vertretung.
Nach einem Gesetz vom 30. Januar 1938 hatten die Entscheidungen des Staatschef Gesetzeskraft, sofern diese Entscheidungen staatsrechtliche Fragen behandelten; die Zuständigkeit für weitere Fragen leiteten sich aus dieser grundlegenden Zuständigkeit von alleine ab. Der spanische Staat selbst hatte keine eigentliche rechtliche Grundlage; vielmehr ruhte er alleine auf Franco, dessen Macht keinen Schranken unterlag und der Minister nach Belieben ernennen und entlassen konnte. Im Jahr 1938 wurde ferner das "Grundgesetz der Arbeit" (Fuero del Trabajo) erlassen, welches Ausdruck der falangistischen syndikalistischen Ordnung war und die Vereinigung aller Arbeitskräfte in einer einzigen Organisation, der sindicatos verticales, vorschrieb. Die Syndikate sollten bestimmungsgemäß ein Werkzeug des Staates sein, mit welchem dieser Einfluß auf die Wirtschaft ausüben konnte.
1942 wurden die Cortes wieder institutionalisiert und erhielten ein Vorschlagsrecht für Gesetze. Über Annahme und Ablehnung der Gesetzesvorhaben bestimmte Franco. Die Cortes traten zwei- oder dreimal im Jahr auf Ladung ihres durch Franco berufenen Vorstehers zusammen. Francos Recht war es auch, zwei Drittel der Mitglieder der Cortes direkt und das letzte Drittel indirekt zu bestimmen - durch Wahlen ständischer und kommunaler Kreise nämlich, bei welchen wenig dem Zufall überlassen wurde. 1967 reduzierte eine Reform die Anzahl der ernannten Abgeordneten erheblich und legte ein stärkeres Gewicht auf Wahlen, wobei allerdings die Hürden für die Ausübung des passiven Wahlrechts so hoch lagen, dass andere als regimetreue Kandidaten kaum eine Chance hatten.
1945 wurden - als Ausdruck der Bemühungen Francos, die außenpolitische Isolation der unmittelbaren Nachkriegszeit wenigstens abzuschwächen - das "Grundgesetz der Spanier" und das Gesetz über Plebiszite erlassen. Mit dem ersten wurden im Bestreben, angesichts der starken außenpolitischen Bedrängnis dieser Jahre den Gegnern des Systems den Wind etwas aus den Segeln zu nehmen, einige Grundrechte garantiert, deren Anerkennung allerdings davon abhängig waren, dass ihre Ausübung systemkonform geschah. Die Schwellen für die Aufhebung der Grundrechte blieb jedoch niedrig, und von der Möglichkeit der Grundrechtsaufhebung wurde darum nicht selten auch Gebrauch gemacht.
Das Nachfolgegesetz vom 28. Juli 1947 (Ley de Sucesión a la Jefatura de Estado) erklärte Spanien zu einem "katholischen und sozialen" Staat, der "sich in Übereinstimmung mit seiner Tradition zu einer Monarchie erklärt". Mit diesem Gesetz wurde also die Monarchie wieder eingeführt, wenngleich der Thron zu Lebzeiten Francos vakant blieb. Bereits der darauffolgende Artikel allerdings sah vor, dass die Macht im Staate Franco selbst zustand. Anstelle eines Monarchen wurde in diesem Gesetz ein Regentschaftsrat bestimmt. Franco sah seine eigene Herrschaft nicht als dauernde Regierungsform an. Sich selbst betrachtete er eher als Reichsverweser denn als Exponenten eines bestimmten Systems. Andererseits jedoch pflegte Franco eine Uniform zu tragen, die an sich dem König vorbehalten war. Er ließ auch sein eigenes Konterfei auf dem Münzgeld abbilden und maß sich sogar Gottesgnadentum bei (sein persönlicher Titel lautete por la gracia de Dios, Caudillo de España y de la Cruzada). Zudem genoss Franco die liturgischen Ehrenrechte, welche vordem dem König zugestanden hatten. Er übernahm und leitete die Erziehung Juan Carlos I., den er, nachdem er jahrzehntelang alle möglichen Prätendenten einschließlich derjenigen der Carlisten gegeneinander ausgespielt hatte, schließlich zu seinem Nachfolger ernannte.
1966 wurde ein reformiertes Pressegesetz erlassen, welches dasjenige aus der Zeit des Bürgerkriegs ablöste und die Zensur etwas lockerte. Obwohl die Pressefreiheit damit noch immer keineswegs gewährleistet war, wirkte es in der Praxis dennoch immens auf die spanische Gesellschaft, da diese erstmals seit Jahrzehnten den Zeitungen in Form von Berichten über Streiks und Unruhen entnehmen konnte, dass nicht alles im Lande so glatt von sich ging, wie die falangistisch kontrollierten Medien es sie glauben machen wollte, und dass sie als Individuen, wenn sie sich gegen das Regime stellten (wie mittlerweile die Studenten, die Basken und Katalanen oder der Klerus der späten Jahre, wenn er für die Arbeiter Koalitions- und Streikrechte forderte), nicht alleine standen.
Den Abschluss der franquistischen Staatsverfassung bildete das 1967 erlassene "Staatsorgangesetz" (Ley Orgánica del Estado). Im wesentlichen wurde hierdurch (neben einigen weiteren Umbauten in der Staatsorganisation, welche die Zuständigkeiten verschiedener Gremien wie dem Nationalrat und dem Rat des Königreichs neu regelte) die Ämter des Staatsoberhaupts und des Haupts der Exekutive (des Ministerpräsidenten) getrennt. Staatsoberhaupt blieb Franco, das Amt des Ministerpräsidenten blieb zunächst vakant. Bedeutung hatte das Gesetz für Francos Nachfolge. Zugleich war damit gesichert, dass niemand, auch später der König nicht, nach Francos Tod dieselbe Machtfülle wie der Caudilloauf sich vereinen würde. Zu einer konkreten Regelung der Nachfolgefrage kam es erst 1969, als Juan Carlos I. den Titel eines Prinzen von Spanien erhielt und somit auch offiziell für Francos Nachfolge ausersehen war.
Im franquistischen Staat war die Rechtsprechung nicht unabhängig. Streiks galten als Aufruhr und wurden als solcher bestraft. Hinzu kam eine Zensurbehörde, die für Medien aller Art zuständig war.
Der Franquismus war zentralistisch ausgerichtet und stand Autonomiebestrebungen der seit jeher mangelhaft in den spanischen Staat integrierten nichtkastilischen Gebiete Spaniens, insbesondere Kataloniens und des Baskenlands, mit größtem Misstrauen gegenüber. Unter Franco konnte bereits ein katalanischer Volkstanz als Zeichen zum Umsturz aufgefasst werden; Ortsnamen wurden hispanisiert, und der Gebrauch der katalanischen, baskischen und galicischen Sprache verboten. Noch mehr hatte das Baskenland zu leiden, dessen drei Provinzen Franco wegen ihrer Rolle im Spanischen Bürgerkrieg als „Verräterprovinzen“ bezeichnete.
Stützen des Systems
Francos System bestand vereinfacht gesagt aus einem Kompromiß zwischen Militär, Falange und Kirche, wobei er alle diese Elemente fortwährend gegeneinander ausspielte.
Militär
Dem Militär, aus dessen Reihen Franco kam, wurde - quasi als Siegesbeute - anfangs bedeutende Macht und eine Anzahl von Privilegien eingeräumt, doch ging Franco bald erfolgreich daran, ihm seinen politischen Einfluß möglichst zu entziehen, indem er seine Regierungen überwiegend mit Zivilisten besetzte. Die Macht des Militärs im franquistischen Staat blieb jedoch infolge seines Einflusses auf die Sicherheitskräfte sowie seiner Stellung in der öffentlichen Verwaltung und im Wirtschaftsleben während des Regimes eine Macht, welche Franco nicht vernachlässigen durfte, die andererseits aber im wesentlichen treu zu ihm stand. Es war jedoch Spaniens Glück, dass diese Loyalität sich mit der Zeit wandelte und das Militär nach Francos Tod der transición keine Steine in den Weg legte.
Dieser Einfluss des Militärs sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Francos Herrschaft - jedenfalls nach Ende des Zweiten Weltkriegs - keine Militärdiktatur im eigentlichen Sinne war, wie sich am anhaltend niedrigen Anteil der staatlichen Rüstungsausgaben nach 1945 und daran zeigt, dass das Militär bei wichtigen politischen Weichenstellungen keine entscheidende Rolle spielte und auch kaum gefragt wurde.
Die Falange
Franco führte während seiner gesamten Amtszeit den Einfluß der Falange immer weiter zurück. Sie war ein innenpolitisches Werkzeug Francos, welches er so lange verwendete, bis sie ihre Aufgabe, Franco mit ihrer Hilfe die anderen rechten Kräfte in Spanien gegeneinander ausspielen zu lassen und so die Stabilität des Regimes zu gewährleisten, erfüllt hatte. Mit ihrem Antimonarchismus etwa war es möglich, innerhalb des Movimiento Nacional ein Gegengewicht gegen die monarchistischen Gruppen wie vor allem die Carlisten zu schaffen. Aus demselben Grunde war sie ihres sozialistischen Einschlags halber gegen die Konservativen und die alte Rechte nützlich.
Die Regierungswechsel von 1957 und 1969 kosteten die Falange jeweils erhebliche Macht, welche anderen Gruppierungen wie vor allem dem Opus Dei übertragen wurde. Ab 1958 erwähnen die offiziellen Texte des Staats die Bezeichnung Falange nicht mehr, und ab 1970 wurde die Bewegung auch offiziell in Movimiento Nacional umgetauft. Da zahlreiche Altfalangisten (camisas viejas, Althemden) diesen Kurs ablehnten, gab es im franquistischen Spanien sogar so etwas wie eine rechte Opposition.
Die Falange behielt jedoch bis zuletzt eine nicht zu übergehende Stellung im franquistischen Staat durch ihre Vertretung in den Cortes sowie ihren Einfluss auf das Universitätswesen und auf die Massenmedien.
Die Kirche
Die Herrschaft Francisco Francos gab sich - nicht zuletzt unter dem Einfluß seiner geradezu fanatisch katholischen Ehefrau Carmen - betont katholisch und suchte die Nähe der kirchlichen Institutionen, von welchen es Legitimation beanspruchte. Nicht zufällig hatte Nationalspanien im Bürgerkrieg, den Franco als cruzada (Kreuzzug) bezeichnete, für sich in Anspruch genommen, stellvertretend für die ganze Christenheit zu kämpfen und die westliche Zivilisation zu verteidigen. Der Führerkult um Franco (der sich allerdings im Vergleich mit Hitler und vor allem Stalin verhältnismäßig harmlos ausnahm) bediente sich nicht selten religiöser Vegleiche, indem er Franco als auserwählt und sogar als vom Heiligen Geist erleuchtet darstellte. Eine für das Franco-Regime bezeichnende Geste war es, der Muttergottes den Rang eines Ehrengenerals der spanischen Armee einzuräumen.
Während etwa der ersten zwei Jahrzehnte der Herrschaft Francos war im Gegenzug die katholische Kirche eine der effektivsten Stützen des franquistischen Staats. Sie erhielt die Vorrechte zurück, welche ihr die Zweite Republik genommen hatte, und im "Grundgesetz der Spanier" von 1945 wurde ihr als einziger Konfession die Abhaltung öffentlicher Zeremonien und Kundgebungen ermöglicht. Die Kirche war in den Cortes direkt repräsentiert. Ihr wurde (was für sich genommen in einem katholischen Land und zumal in Spanien noch nicht allzu ungewöhnlich war, wenngleich das Ausmaß dennoch erstaunte) das spanische Bildungs- und Erziehungswesen weitgehend übertragen, wozu gehörte, dass der Unterricht in nichtkastilischen Sprachen abgeschafft wurde und alleine noch de Unterricht in "christlicher" (kastilischer) Sprache zulässig war.
Im Jahr 1953 schloss Franco mit dem Vatikan ein für den Heiligen Stuhl sehr vorteilhaftes Konkordat ab, in dessen Rahmen der Kirche neben weitgehender Steuerfreiheit und einer Entschädigung für staatliche Enteignungen während der Zweiten Republik die Zusage erhielt, dass der spanische Staat für die Erhaltung der Priester und der Kirchengebäude aufkommen würde. Im Gegenzug erhielt der Staat ein Vorschlagrecht für die Besetzung der spanischen Bischofsstühle und damit die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Spitzen der spanischen Kirche. Der Abschluss dieses Konkordats steht allerdings auch im Zusammenhang mit den Bemühungen des Franco-Regimes, die internationale Ächtung zu durchbrechen. Aus diesem Grunde hatte der Vatikan auch lange mit dem Abschluss einer solchen Vereinbarung gezögert. Erst der Abschluss des Stationierungsabkommens Spaniens mit den USA beendete die Hinhaltetaktik des Heiligen Stuhls. Paradoxerweise war es später die Kirche, welche auf eine Revision des Konkordats drängte, weil ihr die Nähe zum Regime und die enge Verflechtung mit ihm auf Dauer als Belastung erschien. Nachdem der Vatikan Franco vergebens aufgefordert hatte, auf sein Mitbestimmungsrecht bei der Investitur von Bischöfen zu verzichten, ließ er Bischofssitze vakant und ernannte lediglich Weihbischöfe, ein Amt, zu dessen Besetzung Franco Mitbestimmung nicht zustand.
Zudem waren Kleriker auch in politischen Spitzenpositionen vertreten. Wenn sich hier Antisozialismus und Klerikalismus die Hände reichten, geschah dies jedoch nicht zuletzt deswegen, weil die spanische Linke sich vor und während des Bürgerkriegs in sehr vielen Fällen durch explizit gegen Religion und religiöse Gefühle gerichtete Gewalthandlungen wie dem Anzünden von Kirchen und zahlreichen Morden an Klerikern hervorgetan hatte - was sehr viele kirchentreue Spanier und am meisten die Priester und Bischöfe nicht vergessen konnten. Diese Übergriffe, angesichts derer sich die Kirche in einem Kampf auf Leben und Tod wähnte, mögen neben diesseitigen Hoffnungen, in die alten Rechte wieder eingesetzt zu werden, der Grund gewesen sein, weshalb alle spanischen Bischöfe bis auf zwei in einem an alle Bischöfe der Welt gerichteten Hirtenbrief den Bürgerkrieg als "Kreuzzug" und nationale Bewegung" rechtfertigten.
Ab etwa dem Jahr 1960 griff indessen an der kirchlichen Basis eine andere, oppositionelle Einstellung zum Regime um sich. Es ist eine altes, nicht auf Spanien beschränktes Phänomen, dass der Klerus vieler Religionen (wie zum Beispiel auch der islamische Klerus im Iran des Schah) in autoritären Staaten praktisch die Funktionen von Korporationen wie etwa Gewerkschaften oder Parteien ausfüllt, welche dem Volk vorenthalten werden. Die Kirche wurde - zuerst im Baskenland - zu einer Keimzelle und Zuflucht für die Opposition gegen das Regime und rückte von ihrer ihr zuerkannten Rolle ab, das Regime zu legitimieren. Dies war ein schleichender Prozess, welcher lange Jahre in Anspruch nahm.
Literatur
- Salvador de Madariaga, Spanien, 1979, Deutsche Verlags-Anstalt, ISBN 3-421-01925-8
- Walther Bernecker, Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, 1988, ISBN 3-406-33230-7
- Hugh Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg, Büchergilde Gutenberg/Ullstein Verlag, 1961