Vindonissa
Vindonissa (lat. „vindo“ = „weiss“) war der Name eines Legionslagers der Römer auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Windisch im Kanton Aargau, Schweiz. Am Zusammenfluss von Aare und Reuss gelegen, kontrollierte das Legionslager wichtige Verkehrsverbindungen. Besetzt war es von 14 bis 101 n. Chr. von drei Legionen, anschliessend folgte eine längere zivile Phase. Nach der Zurückschlagung einer alamannischen Invasion war Vindonissa von 270 bis zu Beginn des 5. Jahrhunderts wieder militärisch besetzt.
Geschichte
Vor der Ankunft römischer Truppen existierte an der äussersten Spitze des Sporns zwischen Aare und Reuss ein keltisches Oppidum. Es entstand nach der Niederlage der Helvetier in der Schlacht bei Bibracte (58 v. Chr.) und wurde durch einen Halsgraben geschützt. Nach dem Alpenfeldzug von Drusus und Tiberius besetzten die Römer im Jahr 15 v. Chr. das Mittelland und bauten kleinere Stützpunkte. Einer davon entstand auf dem strategisch wichtigen Sporn zwischen Aare und Reuss, wobei die Römer die Befestigung des Oppidums übernahmen.
Im Jahr 14 n. Chr., als die Römer den 15 km entfernten Rhein als neue Nordgrenze des Imperiums festlegten, hoben sie das Lager von Augusta Vindelicorum (heute Augsburg-Oberhausen) auf. Als Ersatz baute die 13. Legion (Legio XIII Gemina) den Stützpunkt Vindonissa zu einem aus Holzbauten bestehenden Legionslager aus. Aus dieser Zeit sind nur noch wenige Befunde erhalten, so zum Beispiel ein Spitzgraben an der Nordseite des Lagers und Reste von Mannschaftsbaracken. Um 21 n. Chr. wurde eine erste Erweiterung nach Westen angenommen, um 30 n. Chr. fand eine erneute Vergrösserung und Verschiebung des Lagers nach Norden und Osten statt.

Die 13. Legion zog um 44/45 n. Chr. ab, an ihrer Stelle wurde die aus Castra Vetera nahe dem heutigen Xanten kommende 21. Legion (Legio XXI Rapax) hier stationiert. Diese Legion nahm in der Folge tiefgreifende bauliche Änderungen vor und ersetzte die Holzbauten durch Gebäude aus Stein. Aus dieser Phase sind Thermen, Valetudinarium und Kasernen bekannt. Ebenfalls bekannt ist der damalige Grundriss des Lagers. Es war 21 Hektaren gross, bildete ein unregelmässiges Siebeneck und war von einem Wall und Gräben umgeben. Südlich und östlich des Lagers befand sich eine zivile Siedlung (Vicus), im Südwesten lagen Forum und Amphitheater.
Da die 21. Legion im unruhigen Vierkaiserjahr (69 n. Chr.) das helvetische Umland verheert hatte, wurde sie durch die 11. Legion (Legio XI Claudia) ersetzt, die in Vindonissa bis zum endgültigen Abzug des Militärs im Jahr 101 n. Chr. blieb. Die Truppen wurden aus der befriedeten Provinz Germania Superior an die Donau entsandt, um die Feldzüge gegen die Daker vorzubereiten.

Bis Mitte des 2. Jahrhunderts blieb das Lager unter der Verwaltung der bei Strassburg stationierten 8. Legion (Legio VIII Augusta), die hier einen Posten unterhielt. Die Zivilbevölkerung nutzte mit der Zeit immer grössere Teile des Lagers für ihre eigenen Zwecke. In den Jahren 259/260 überrannten die Alamannen den Obergermanisch-Raetischen Limes und fielen ins Mittelland. Die Römer mussten sich über die Alpen zurückziehen und konnten erst 270 das Gebiet wieder in ihren Besitz nehmen. Zu Beginn des 4. Jahrhunderts errichtete das Militär eine Festung, das Castrum Vindonissense, welches spätestens im Jahr 406 aufgegeben wurde.
Bauten
Neben den Bauten im Lager gibt es ein Amphitheater und eine Wasserleitung aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., die teilweise heute noch benutzt wird. Ausserdem sind Heiligtümer, der Hafen, vier Friedhöfe, eine Mansio und ein sehr fundträchtiger Schutthügel bekannt. Aus diesem stammen viele Kleinfunde, unter anderem Schreibtäfelchen, die viele Details aus dem Leben der Besatzung offenbaren. Diese Funde werden im Vindonissa-Museum im benachbarten Brugg gezeigt.
Anlässe
Immer wieder werden Anlässe über Vindonissa veranstaltet, zB. der järliche Römertag beim Vindonissa Museum, Anlässe über neue Ausgrabungen usw. Im Frühling 2009 hat man eine römische Kaserne mit römischen Werkzeugen und nach Originalplänen nachgebaut.
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Römische Legionärsküche
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die 2,4 km lange römische Wasserleitung von Hausen nach Vindonissa speist den Springbrunnen der Psychiatrischen Klinik Königsfelden.
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Ausgrabung einer Töpferei an der Römerstrasse nach Aventicum und Augusta Raurica (Areal Steinacker, Nähe Bahnhof Brugg)
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Töpferofen mit Heissluftkanälen und Schürkanal
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Wandstruktur der in Vindonissa nachgebauten römischen Kaserne
Name
Der römische Name Vindonissa erscheint heute in Frankreich in drei Varianten (zweimal als Vendresse, Vendenesse und zweimal als Vandenesse).
Literatur
- Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985. ISBN 3-7941-2539-8.
- Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa, Bände I-XVII, davon die neuesten:
- Ch. Unz, E. Deschler-Erb, Katalog der Militaria aus Vindonissa (1997, Bd. XIV).
- Ch. Meyer-Freuler, Vindonissa-Feuerwehrmagazin 1976. Untersuchungen im mittleren Bereich des Legionslagers (1998, Bd. XV).
- M. Bossert, Die figürlichen Skulpturen des Legionslagers von Vindonissa (1999, Bd. XVI).
- D. Hintermann, Der Südfriedhof von Vindonissa (2000, Bd. XVII).
- A. Hagedorn, Zur Frühzeit von Vindonissa (2003, Bd. XVIII).
Weblinks
- Verein Pro Vindonissa
- Informationen zu den römischen Ausgrabungen
- Digitale Archäologie
- Rekonstruktion eines römischen Gastmahls in Vindonissa
- Legionärspfad in Vindonissa
Koordinaten: 47° 28′ 50″ N, 8° 13′ 19″ O; CH1903: 659050 / 259150