Türkische Lateinalphabete
Als Einheitliches Alphabet gilt die lateinisch-basierte Schrift der Turkvölker der späten 1920er Jahre. Es war eine Kombinationsschrift aus lateinischen und kyrillischen Schriftzeichen, bei der die lateinischen Bestandteile jedoch überwogen. Diese Schriftart wurde schon recht bald von anderen Völkern übernommen.
Die ursprüngliche Bezeichnung dieses Schriftsystems war Einheitliches türkisches Alphabet; sie wurde aufgegeben, als auch nichttürkische Völker sich ihrer bedienten.
Vorgeschichte
Der in Georgien geborene aserbaidschanische Literat Mirza Fatali Akhundov begann schon 1850 im Selbstversuch, ein Latein-Alphabet für die Turko-Tataren Russlands zu entwickeln.
1863 befand er sich in Istanbul auf einem Kongress der Turanischen Gesellschaft und stellte dort sein fertiges Alphabet vor. Es fand jedoch nicht den erwünschten Anklang, sodass Akhundov enttäuscht nach Georgien zurückkehrte. Dort reformierte er ab 1878 das arabische Alphabet.
Geschichte
Das Einheitliche Alphabet wurde ab 1922 in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, für die Gemeinschaft der Turksprachen entwickelt. Vorher galt bei allen dieser Sprachen - soweit sie verschriftet waren - das arabische Alphabet mit den persischen Zusatzzeichen.
Nach dem Zusammenbruch des Zarenreiches (1917) wandten sich die russischen Tataren dem Westen zu und infolge dessen begann ab 1922 der Bruch mit den arabisch-persischen Traditionen: Aserbaidschan führte als erstes von ihnen das Einheitliche Alphabet im amtlichen Schriftverkehr ein; ab dem Schuljahr 1924/25 wurde es nun auch allgemein verbindlich eingeführt.
Ab 1924 wurde auch das Karatschaiische mit diesem Alphabet verschriftet; 1925 wurden auch für die übrigen türkischen Völker des Nordkaukasus die Latinisierung und Verschriftung ihrer Sprachen beschlossen.
In der Zeit zwischen dem 26. Februar und 5. März 1926 fand in Baku ein Turkologen-Kongress statt. Es nahmen damals alle turkvölkischen Minderheiten des alten Zarenreiches teil; besonders wurden die Angehörigen der Tschuwaschen begrüßt.
Auf diesem Kongress führte Samadağa Ağamalioğlu den Vorsitz. Es wurde dort aber rasch festgestellt, dass sich drei Hauptrichtungen herausbilden würden:
- Die "Traditionalisten" unter Gamiljan Şarifov plädierten für die Beibehaltung der überlieferten arabischen Schrift.
- Die "Radikalen" unter Sultan Majid Afandiyev wünschten die rasche Ablösung der arabischen durch lateinische Schriftzeichen.
- Die "Gemäßigten" unter Bytursun waren für beide Schriftsysteme; sie forderten für den internationalen und privaten Schriftverkehr die lateinische Schrift, während Gesetze und Werke der hohen Poesie und der Wissenschaft weiterhin in arabischen Schriftzeichen zu verfassen seien. Schließlich konnten sich die Radikalen durchsetzen und es wurde von den anwesenden Turkotataren mit einer denkbar knappen Mehrheit beschlossen, ein "Einheitliches türkisches Alphabet" für alle Turkvölker einzuführen. Ein Teilnehmer kam sogar aus dem benachbarten Ausland: Kemal Atatürk.
(Bei diesem Kongress wurde von diesem die Einführung eines ähnlichen Schriftsystems für die Türkei beschlossen. Aus diesem Beschluss ging 1928 das Neue türkische Alphabet hervor - die heutige Lateinschrift der Türkei).
Ab 1929 war die Latinisierung der Turksprachen und 1931 für die mongolischen Sprachen der UdSSR abgeschlossen.
Ab 1936-1940 wurde das Einheitliche Alphabet schrittweise in der UdSSR abgeschafft und durch modifizierte kyrillische Alphabete ersetzt. War das Einheitliche Alphabet auf gegenseitige Verstehbarkeit ausgelegt, so war bei den kyrillischen genau das Gegenteil bezweckt.