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Meton-Zyklus

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Der Begriff Meton-Zyklus (gr. Μετωνος κύκλος) wurde zunächst für den vom griechischen Astronom Meton neu berechneten Kalender verwendet.[1] Er wird auch Enneakaidekaeteris oder Enneadekaeteris (gr. εννεαδεκαετηρίς = neunzehnjährig) genannt, da es sich um einen 19-jährigen Zyklus handelt. Dieser Zeitraum wurde auch Großes Jahr, Meton Jahr oder Meton-Periode genannt. In der heutigen Zeit wird diese Bezeichnung auch synonym für den astronomischen Meton-Zyklus benutzt.

Grundlagen

Der Attische Kalender, der im 5. Jahrhundert v. Chr. in Athen verwendet wurde, musste regelmäßig korrigiert werden. Er bestand aus einem 8-jährigen Zyklus, der sogenannten Oktaeteris. Die Jahreslänge sollte sich den Jahreszeiten anpassen und die Lage der Monate sollte genau den Mondphasen entsprechen. Deshalb wechselte man zwischen vollen Monaten mit 30 Tagen und hohlen Monaten mit 29 Tagen. Im 3., 5. und 8. (dem letzten) Jahr wurde ein Schaltmonat von 30 Tagen zugefügt. Zwar entsprach die mittlere Jahreslänge von 365,25 Tagen genau der damals angenommen Länge eines Sonnenjahres. Jedoch wich die mittlere Monatslänge mit 29,5152 von der damals vermuteten Länge von 29 1/2 + 1/33 (29,5303) Tagen ab.

Alternativ dazu gab es einen 16-jährigen Zyklus, der zu zwei 8-Jahreszyklen noch drei Tage (Verlängerung von 3 hohlen Monaten zu vollen) hinzufügte. Dieser entsprach genau der Monatslänge übertraf jedoch mit 365,4375 Tagen die Jahreslänge. Deshalb mußte nach 160 Jahren ein Schaltmonat ausfallen um den Kalender zu korrigieren.

Metons Kalender

Meton entwickelte einen 19-Jährigen Zyklus, der aus 235 Monaten, 110 hohle und 125 volle, mit insgesamt 6940 Tagen bestand. Hierbei erhält man eine mittlere Jahreslänge von 365,2632 Tagen und eine mittlere Monatslänge von 29,5319 Tagen, der also einen guten Kompromiss zwischen dem 8- und 16-jährigen Zyklus bildet.

Geminos von Rhodos beschreibt wie man die Lage der hohlen Monate bestimmte. Man ging von 235 Monaten mit jeweils 30 Tagen aus. Dies entspricht 7050 Tagen. Der eigentliche Zyklus sollte jedoch nur 6940 Tage enthalten und so waren 110 Tage zuviel. Teilt man 6940 Tage durch 110 so erhält man 63. Man musste also nach 63 Tagen einen Tag streichen. So wurde im 3. Monat der 4. Tag gestrichen, im 5. der 8., im 7. der. 12 usw.[2]

Aufbau des Kalenders nach Geminos

Etwa 400 Jahre später berichtet Diodor, dass Meton im gleichen Jahr als Apseudes in Athen das Amt des Archon eponymos begleitete, am 13. Tag des Monats Skirophorion den Zeitpunkt der Sommersonnenwende bestimmte. Es war der letzte Monat des vierten Jahres der 86. Olympiade, das von 433 - 432 v. Chr. reichte. Die erwähnte Sonnenfinsternis fand am 28. Juni 432 v. Chr. um 10:29 Uhr statt.[3] Danach soll er seinen 19-jährigen Zyklus begonnen haben. Nach diesem Zeitraum (von 19 Jahren) sollen sich die Sterne wieder am selben "Ort" treffen, weshalb man den Zeitraum auch als Grosses Jahr oder Meton-Jahr bezeichnet, führt Diodor weiter aus.[4],

Meton ließ sein erstes Jahr, wie in Athen üblich, am Tag nach dem ersten Neumond nach der Sommersonnenwende beginnen. Dieser Neumond war am 15. Juli 432 v. Chr. um 19:02 Uhr und kurz darauf um 19:22 Uhr war Sonnen- und um 19:34 Uhr Monduntergang. Die beiden Himmelskörper befanden sich also gleichzeitig am westlichen Horizont, einem gut bestimmbaren Ort, zur Zeit des Sonnenuntergangs, einem gut bestimmbaren Zeitpunkt.

Im antiken Athen endete der Tag nach Sonnenuntergang. Das erste metonische Jahr begann also am 15. Juli 432 v. Chr. um 19:22 Uhr. Der erste volle Tag entspricht jedoch dem 16. Juli.[5] Mit diesem Tag begann die Berechnung der zu streichenden Tage. Gleich ab dem ersten Tage zu rechnen, war nur deshalb möglich weil Neumond und Sonnenuntergang gleichzeitig waren. Wäre Neumond 6 Stunden, also ein 1/4 Tag, früher gewesen, so hätte man die Zählung der 64 Tage schon 16 Tage, ein 1/4 dieser Periode, früher starten müssen, um im Einklang mit der Mondphase zu bleiben. Es wäre also der 18. Tag des 2. Monats zu streichen. Wäre er 12 Stunden früher gewesen hätte man entsprechend 32 Tage und bei 18 Stunden 48 Tage vorher mit der Zählung beginnen müssen. Auch aus diesem Grund war es eine gute Entscheidung den Kalender an diesem Tag beginnen zu lassen. Zumal in der damaligen Zeit die Bestimmung der genauen Uhrzeit eine weitere Fehlerquelle dargestellt hätte und der Zeitpunkt des Neumonds einen Einfluß auf die Lage der hohlen Monate hat.

Es ist unwahrscheinlich, dass Meton wirklich mit der gerundenten Zahl 64 rechnete. Ihm lagen sicher eigene Messwerte und auch Aufzeichnungen aus Jahrzehnte währender Erfahrung vor, die ihm die genaue Berechnung des Kalenders ermöglichten. Nicht ohne Grund verkündet Diodor, dass Metons Kalender dem Verlauf der Sterne entspricht. So ist anzunehmen, dass er einen genaueren Wert verwendete und im Interval von 63,91 Tagen, jeweils ein Tag gestrichen hat. Verwendet man den Wert 64 zur Berechnung, so führt das bereits im vierten Jahr zu einem Fehler.

Interessant ist noch, dass genau nach 19 Jahren am 15. Juli 413 v. Chr. um 10:12 Uhr Neumond war, der Mond um 19:46 Uhr und die Sonne um 19:22 Uhr unterging - also wie prophezeit sich die Gestirne am gleichen Ort zur gleichen Zeit wieder trafen.

Rekonstruktion des ersten Meton-Zyklus

Zählung Jahr Beginn
Datum
Olympiade Archon in Athen Anzahl
Monate
Jahreslänge
in Tagen
1. 432 v. Chr. 16. Juli 87. / 1 Pythodoros 12 355
2. 431 v. Chr. 6. Juli 87. / 2 Euthydemos 13 384
3. 430 v. Chr. 25. Juli 87. / 3 Apollodoros 12 354
4. 429 v. Chr. 13. Juli 87. / 4 Epameinon 12 354
5. 428 v. Chr. 2. Juli 88. / 1 Diotimos 13 384
6. 427 v. Chr. 21. Juli 88. / 2 Eukles 12 355
7. 426 v. Chr. 11. Juli 88. / 3 Euthynos 12 354
8. 425 v. Chr. 29. Juni 88. / 4 Stratokles 13 384
9. 424 v. Chr. 18. Juli 89. / 1 Isarchos 12 354
10. 423 v. Chr. 7. Juli 89. / 2 Ameinias 13 384
11. 422 v. Chr. 26. Juli 89. / 3 Alkaios 12 355
12. 421 v. Chr. 15. Juli 89. / 4 Aristion 12 354
13. 420 v. Chr. 4. Juli 90. / 1 Astyphilos 13 384
14. 419 v. Chr. 23. Juli 90. / 2 Archias 12 354
15. 418 v. Chr. 12. Juli 90. / 3 Antiphon 12 355
16. 417 v. Chr. 1. Juli 90. / 4 Euphemos 13 384
17. 416 v. Chr. 20. Juli 91. / 1 Arimnestos 12 354
18. 415 v. Chr. 9. Juli 91. / 2 Charias 13 384
19. 414 v. Chr. 28. Juli 91. / 3 Teisandros 12 354

Berechnung des Metonischen Kalenderzyklus'

Im Vergleich zum tatsächlichen Sonnenumlauf der Erde ergeben sich über einen längeren Zeitrahmen Abweichungen.

Sonnenumlauf der Erde

Vergleichsdaten

Kalenderabweichung

Die Abweichungen von der tatsächlichen Zykluslänge sind nicht auf Unkenntnis der richtigen Umlaufzeiten zurückzuführen, sondern sind darin begründet, dass das Jahr mit einem neuen Tag beginnen sollte. Die auf einen Tag genau wissenschaftlich gerundete Zykluslänge beträgt 6940.

Auswirkungen

Es ist umstritten ob der Meton-Zyklus in Athen wirklich zur Anwendung kam. Diodor sagt, dass er noch bis in seine Zeit, im 1. Jahrhundert v. Chr., verwendet wurde. Er meinte damit jedoch wahrscheinlich die Weiterentwicklung des Kallippos von Kyzikos. Die Abweichung, knapp alle 48 Jahre um einen Tag, vom tatsächlichen Sonnenumlauf der Erde veranlasste Kallippos im Jahr 330 v. Chr. zu einer minimalen Modifikation des Kalenderzyklus von Meton durch den Kallippischen Kalenderzyklus.

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Toomer, G. J. "Meton." Dictionary of Scientific Biography 9:337-40.
  2. Geminus, Isagoges, Kapitel 8.
  3. Daten entsprechen dem Julianischen Kalender
  4. Diodor, Bibliothéke historiké‘, 12, 36, 1.
  5. Der Beginn des Kalenders wird von verschiedenen Autoren auf den 15. Juli, 16. Juli oder 17. Juli gelegt. Je nach Anfangsdatum erhält der erste Monat 29 oder 30 Tage.

Literatur

  • Christian Ludwig Ideler, Ueber den Cyclus des Meton in Abhandlungen der königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin aus den Jahren 1814 – 1815.
  • William Kendrick Pritchett: Athenian Calendars and Ekklesias. Gieben, Amsterdam 2001, ISBN 9-0506-3258-0.
  • Carl Christian Redlich: Der Astronom Meton und sein Cyclus. Meißner, Hamburg 1864 (nur in Bibliotheken verfügbar)