Präsident des Bundesrates (Deutschland)
Der Präsident des Bundesrates, inoffiziell auch Bundesratspräsident, ist der Stellvertreter des Bundespräsidenten und hat das protokollarisch vierthöchste Staatsamt der Bundesrepublik Deutschland inne.
Dem Bundesrat als Vertretung der Regierungen der Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland sitzt in turnusmäßigem Wechsel jeweils für ein Jahr der Ministerpräsident eines Landes vor. Die Amtszeit des Bundesratspräsidenten dauert jeweils vom 1. November eines Jahres bis zum 31. Oktober des folgenden Jahres.
Amtierender Bundesratspräsident
Derzeitiger Bundesratspräsident ist der Ministerpräsident des Saarlandes, Peter Müller. Er hat das Amt am 1. November 2008 turnusgemäß vom Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Ole von Beust, übernommen.
Im November 2009 übernimmt voraussichtlich Jens Böhrnsen, derzeit Präsident des Senats und Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, das Amt des Bundesratspräsidenten.
Bis heute wurde das Amt durchgehend von Männern bekleidet. Heide Simonis, die bislang einzige Ministerpräsidentin der Bundesrepublik, wurde ein halbes Jahr, bevor Schleswig-Holstein die Präsidentschaft übernehmen sollte, abgewählt und konnte daher trotz einer sehr langen, fast 12-jährigen Amtszeit, das Amt nicht bekleiden.
Turnusmäßiger Wechsel der Präsidentschaft
Bundesratspräsident ist der jeweilige Ministerpräsident des Bundeslandes, welches die Präsidentschaft im Bundesrat ausübt. Die Abfolge der Bundesländer beginnt beim bevölkerungsreichsten Bundesland (Nordrhein-Westfalen) und endet beim einwohnerschwächsten Bundesland (Bremen). Dieses Verfahren ist 1950 in der Königsteiner Vereinbarung festgelegt worden. Am 20./21. Dezember 1990 wurde auf der Ministerpräsidentenkonferenz in München der bis zum Jahr 2016/17 geltende Turnus vereinbart. Wegen der anhaltend starken Binnenwanderung in Deutschland weicht dieser leicht von der aktuellen Reihenfolge der Bevölkerungszahlen der Bundesländer ab.[1] So ist die Reihenfolge der Bevölkerungszahlen 2008 Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Ebenso tauschten Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern die Plätze.
Die Abfolge lautet:
Nordrhein-Westfalen | 7. Sep 1949–6. Sep 1950 | 1960–1961 | 1971–1972 | 1982–1983 | 1994–1995 | 2010–2011 |
Bayern | 7. Sep 1950–6. Sep 1951 | 1961–1962 | 1972–1973 | 1983–1984 | 1995–1996 | 2011–2012 |
Baden-Württemberg | 7. Sep 1952–6. Sep 1953 | 1962–1963 | 1973–1974 | 1984–1985 | 1996–1997 | 2012–2013 |
Niedersachsen | 7. Sep 1951–6. Sep 1952 | 1963–1964 | 1974–1975 | 1985–1986 | 1997–1998 | 2013–2014 |
Hessen | 7. Sep 1953–6. Sep 1954 | 1964–1965 | 1975–1976 | 1986–1987 | 1998–1999 | 2014–2015 |
Sachsen | 1999–2000 | 2015–2016 | ||||
Rheinland-Pfalz | 7. Sep 1954–6. Sep 1955 | 1965–1966 | 1976–1977 | 1987–1988 | 2000–2001 | 2016–2017 |
Berlin | 1. Nov 1957[2]–31. Okt 1958 | 1967–1968 | 1978–1979 | 1989–1990 | 2001–2002 | |
Sachsen-Anhalt | 2002–2003 | |||||
Thüringen | 2003–2004 | |||||
Brandenburg | 2004–2005 | |||||
Schleswig-Holstein | 7. Sep 1955–6. Sep 1956 | 1966–1967 | 1977–1978 | 1988–1989 | 2005–2006 | |
Mecklenburg-Vorpommern | 1991–1992 | 2006–2007 | ||||
Hamburg | 7. Sep 1956–31. Okt 1957[2] | 1968–1969 | 1979–1980 | 1990–1991 | 2007–2008 | |
Saarland | 1. Nov 1959–31. Okt 1960 | 1969–1970 | 1980–1981 | 1992–1993 | 2008–2009 | |
Bremen | 1. Nov 1958–31. Okt 1959 | 1970–1971 | 1981–1982 | 1993–1994 | 2009–2010 |
Findet in der Amtszeit des Bundesratspräsidenten in seinem Heimatland ein Regierungswechsel statt, so übernimmt der neue Regierungschef auch das Präsidentenamt (so zuletzt geschehen im April 1999, als Bundesratspräsident Hans Eichel die Landtagswahl verlor und Roland Koch sein Nachfolger wurde).
Protokollarische Stellung des Bundesratspräsidenten
Der Bundesratspräsident ist gemäß Artikel 57 des Grundgesetzes Stellvertreter des Bundespräsidenten.
Nach der protokollarischen Staatspraxis steht er jedoch an vierter Stelle, nach dem Bundespräsidenten, dem Bundestagspräsident, dem Bundeskanzler und vor dem Bundesverfassungsgerichtspräsidenten.
Außerdem richtet das Bundesland, welches den Bundesratspräsidenten stellt, die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit aus.
Bekannte frühere Bundesratspräsidenten
Bundesratspräsidenten waren u. a. die späteren Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, Willy Brandt und Gerhard Schröder, ebenso der spätere Bundespräsident Johannes Rau, die SPD-Vorsitzenden Björn Engholm, Oskar Lafontaine, Matthias Platzeck und Kurt Beck, sowie die CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber.
Für das Land, dass die Bundesratspräsidentschaft innehat, werden seit 2006 2-Euro-Münzen mit Landesspezifischer Rückseite hergestellt.
Siehe auch
- Politisches System Deutschlands
- Liste der Präsidenten des deutschen Bundesrates
- Präsident des Bundesrates (Österreich)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Wahlrecht.de: Wahl des Bundesratspräsidenten – Turnus der Bundesländer. 20. November 2005 (letzte Aktualisierung: 17. Oktober 2008)
- ↑ a b Der Beginn der Amtszeit wurde 1957 vom 7. September auf den 1. November verschoben.