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Darwinius

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Darwinius
Datei:Darwinius masillae2.jpg

Platte A (Inventarnummer PMO 214.214) des Holotypus

Zeitliches Auftreten
Eozän
47 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Euarchontoglires
Primaten (Primates)
Trockennasenaffen ? (Haplorrhini)
Adapiformes
Notharctidae
Darwinius
Wissenschaftlicher Name
Darwinius
Franzen et al., 2009
Art
  • Darwinius masillae

Darwinius ist eine ausgestorbene Primatengattung aus der Gruppe der Adapiformes. Ihre rund 47 Millionen Jahre alten fossilen Überreste aus dem Eozän wurden in der Grube Messel bei Darmstadt (Deutschland) entdeckt und 2009 von einer internationalen Forschergruppe um den norwegischen Paläontologen Jørn H. Hurum beschrieben[1]. Die einzige bekannte Art ist Darwinius masillae, die lediglich von einem einzigen Exemplar, dem Holotypus, bekannt ist. Dieses Individuum ist der bislang vollständigste Fund eines fossilen Primaten.

Merkmale

Datei:Darwinius masillae.jpg
Platte A zeigt die rechte Seite des Holotyps,
Platte B die linke Seite.

Das Fossil hat eine Gesamtlänge von 58 Zentimetern. Es stammt allerdings von einem Jungtier, dessen bleibende Zähne gerade hervortreten, sodass auf ein weiteres Wachstum zu schließen ist. Die Kopf-Rumpf-Länge des Fossils beträgt 24 Zentimeter, die des ausgewachsenen Tieres wird auf 28 Zentimeter geschätzt. Verschiedene Berechnungen beziffern das Gewicht des ausgewachsenen Tieres auf 0,7 bis 1,7 Kilogramm.

Die Schnauze war kurz, der Unterkiefer kräftig. Die Augen waren relativ groß, die aufgrund der Abdrücke erkennbaren äußeren Ohren hingegen klein. Der Hirnschädel war voluminös und dürfte ein vergleichsweise großes Gehirn enthalten haben. Die Zähne des Holotypus sind teilweise noch Milchzähne, teilweise schon durchgebrochene bleibende Zähne. Im Gegensatz zu heute lebenden Feuchtnasenaffen bildeten die Vorderzähne des Unterkiefers keinen Zahnkamm.

Die Wirbelsäule setzte sich aus 7 Hals-, 11 Brust-, 7 Lenden-, 3 Kreuz- und 31 Schwanzwirbeln zusammen. Der Schwanz war länger als der Rumpf.

Die Hände waren kräftig gebaut und trugen fünf Finger, die wie bei den meisten heutigen Primaten mit Fingernägeln versehen waren. Der Daumen war relativ klein und kurz, konnte aber den anderen Fingern gegenüber gestellt werden und ermöglichte so einen sicheren Griff im Geäst. Die Füße waren ebenfalls groß, die erste Zehe stark verlängert und opponierbar. Im Gegensatz zu den heutigen Feuchtnasenaffen trug die zweite Zehe keine Putzkralle.

Paläobiologie

Zeichnerische Rekonstruktion

Aus dem Bau des Rumpfes und der Gliedmaßen lässt sich schließen, dass Darwinius ein Baumbewohner war, der sich mit Hilfe aller vier Gliedmaßen durch das Geäst bewegte. Er konnte keine weiten Sprünge durchführen. Die großen Augen sprechen für eine nachtaktive Lebensweise. Der Bau der Zähne und Überreste im Verdauungstrakt ergeben, dass dieser Primat sich vorwiegend von Blättern und Früchten ernährt hat. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass er Insekten oder andere tierische Beute fraß.

Das Individuum „Ida“

Das Fossil des Holotyps wurde nach der Tochter des Wissenschaftlers Jørn H. Hurum „Ida“ genannt. Da bei dem Tier im Gegensatz zu nahe verwandten Funden kein Penisknochen (Baculum) gefunden wurde, schlossen die Forscher, es müsse sich um ein Weibchen gehandelt haben. „Ida“ versank nach ihrem Tod im See, möglicherweise wurde sie von Kohlendioxid-Dämpfen betäubt. Es gibt keine Bissspuren, die auf einen Fressfeind oder einen Aasfresser hinweisen.

Systematik

Darwinius wird innerhalb der Primaten in die Adapiformes oder Adapoidea eingeordnet, einer vorwiegend im Eozän und Oligozän auf den Kontinenten der Nordhalbkugel lebenden, heute ausgestorbenen Gruppe. Innerhalb der Adapiformes wird er in die Familie der Notharctidae eingegliedert.

Bislang galten die Adapiformes als Vertreter der Feuchtnasenaffen (Strepsirrhini), also als Verwandte der heute noch lebenden Lemuren und Loriartigen. Die Funde von Darwinius lassen aber nach Ansicht der Erstbeschreiber einige Parallelen zu den Trockennasenaffen (Haplorrhini) erkennen, weswegen sie die neubeschriebene Gattung und die gesamten Adapiformes als Vertreter dieser Primatenunterordnung sehen. Darwinius kann jedoch noch nicht als urtümlicher Vertreter der Eigentlichen Affen (Anthropoidea) interpretiert werden.

Benennung und Entdeckung

Der Name der Gattung ehrt den britischen Naturforscher Charles Darwin, dessen 200. Geburtstag im Jahr der Erstbeschreibung gefeiert wurde. Typusart und einzig bekannte Art ist Darwinius masillae, das Artepitheton masillae ist der Name von Messel im mittelalterlichen Lorscher Codex.

Die Funde werden in das frühe mittlere Eozän (Lutetium) auf ein Alter von rund 47 Millionen Jahre datiert.

Nach dem Fund durch einen Hobby-Paläontologen 1983[2] kam das Fossil in den Besitz eines privaten Sammlers, der seinen Wert nicht erkannte. Später kam es in den Besitz eines Händlers, der es im Jahr 2007 zu einem hohen Preis (angeblich eine Mio. USD) an den norwegischen Paläontologen Jørn H. Hurum vom Naturhistorischen Museum der Universität Oslo verkaufte.

Die Präsentation des Fundes geschah mit großem medialen Aufwand. Die Forscher bezeichneten ihre Entdeckung als „achtes Weltwunder“[3] an und verglichen es mit dem Fund der Arche Noah.[2] Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe existierte auch schon eine eigene Webseite (revealing the link), und es wurde ein Dokumentarfilm und ein Buch angekündigt.[2] Hurum sagte dazu, dass Wissenschaftler in dieser Hinsicht mehr wie Popmusiker oder Sportler denken sollten.[2]

Literatur

  • Jens L. Franzen, Philip D. Gingerich, Jörg Habersetzer, Jørn H. Hurum, Wighart von Koenigswald, B. Holly Smith: Complete Primate Skeleton from the Middle Eocene of Messel in Germany: Morphology and Paleobiology. In: PLoS ONE. Band 4, Nr. 5, 2009, S. e5723, doi:10.1371/journal.pone.0005723.

Einzelnachweise

  1. Public Library of Sciences One: Complete Primate Skeleton from the Middle Eocene of Messel in Germany: Morphology and Paleobiology, akzeptiert am 12. und veröffentlicht am 19. Mai 2009
  2. a b c d http://www.aftenposten.no/viten/article3083738.ece aftenposten.no (norwegisch), 19. Mai 2009
  3. Spektrumdirekt.de: Fossiler Affe aus der Grube Messel vom 20. Mai 2009
Commons: Darwinius masillae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien