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Gertrude Stein

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Gertrude Stein (* 3. Februar 1874 in Allegheny, Pennsylvania, USA; † 27. Juli 1946 in Paris, Frankreich) war eine US-amerikanische Schriftstellerin.

Gertrude Stein, 13. Juni 1934, Fotograf Carl van Vechten

Bedeutung

Gertrude Stein gehörte mit ihrer extrovertierten Art zu den Kultfiguren der Kunstszene ihrer Zeit. Durch einen von ständigen Wortwiederholungen geprägten Stil wollte sie nach eigenem Bekunden den Kubismus der abstrakten Malerei in die Literatur übersetzen. Mit ihren Schriften zählt sie zu den radikalsten Avantgardistinnen des 20. Jahrhunderts.

Leben

Stein ist das jüngste von fünf Kindern, sie stammt „aus einer sehr achtbaren bürgerlichen Familie“, wie sie selbst schreibt. Die Familie Stein ist deutsch-jüdischer Herkunft. Sie wächst wohlbehütet und von Eltern und Geschwister verwöhnt in Kalifornien auf. Sie geht mit ihrem Bruder Leo 1893 nach Cambridge (USA). Dort studierte sie Biologie und Philosophie am Radcliff-College der Harvard-Abteilung für Frauen. In Baltimore studiert sie Psychologie und Medizin an der John Hopkins Medical School.

Medizin langweilt sie, das „Abnormale“ kann sie nicht leiden und das Examen besteht sich nicht. Sie arbeitet an der Entbindungsanstalt und wird diese Erfahrungen in ihrer Erzählung „Melanctha“ verarbeiten.

Mäzenin und Freundin

1903 ging sie mit ihrem Bruder Leo nach Europa. In Paris eröffnete sie einen Salon, der sich zu einem Zentrum der schriftstellerischen Avantgarde entwickelte. Sie gehört der neuen revolutionären Generation an. Sie ist jung genug, die Künstler zu verstehen, reif genug, um sie zu fördern und vermögend genug, um die Bilder zu kaufen. Und so kaufen sie viele Bilder der damals noch verkannten Genies: Cézanne, Monet, Renoir, Daumier, Gauguin.

Ihr erster Kauf von dem noch unbekannten Henri Matisse, „Femme au chapeau“ 1905, begründet ihre Freundschaft mit ihm. 1906 lernt sie Picasso kennen. Und obwohl sie sein Bild „Junges Mädchen mit dem Blumenkorb“, das ihr Bruder Leo kaufte, nicht gefällt, wird sie Picasso auf dem Weg seines Berühmtwerden begleiten. Beide Maler (Matisse und Picasso) begegnen sich das erste Mal in Gertrude Stein's „Salon“. Matisse beäugt die Freundschaft Steins mit Picasso argwöhnisch. Picasso portraitiert Gertrude Stein - denkend und lauschend, wichtig und gewichtig (hängt heute im Metropolitan Museum of Art, New York City). In Steins mondänen Zusammenkünfte traf man auch Max Jacob, Alfred Jarry, Guillaume Apollinaire, André Salmon, Georges Braque. Man Ray photographierte Picasso. Man lebte die Freundschaften und die Künstler ließen sich gegenseitig inspirieren: Picasso liebte die Gedichte der Poeten und diese entflammten sich an seinen Bildern.

1907 lernte Stein ihre Lebensgefährtin Alice B. Toklas kennen. 1909 veröffentlichte sie ihr erstes Buch "Three Lives" im Selbstverlag. Mit der Textsammlung "Tender Buttons" (1914) wendet sie sich verstärkt der experimentellen Literatur zu.

Neubeginn der Empfänge

Nach dem ersten Weltkrieg verändern sich die Zusammenkünfte in Stein`s Salon. Viele alte Freunde sind nicht mehr da, neue kommen nach Paris. Für die, die ihre produktivsten Jahre im Krieg vertan haben, prägte Stein den Begriff „The Lost Generation“.

Durch Sylvia Beach, die in Paris 1919 den Buchladen Shakespeare and Compagny eröffnet hat, kommt der Kreis der jungen Schriftsteller auch in den Salon von Stein: Ernest Hemingway, Ezra Pound, Thornton Wilder, T.S. Eliot, Sherwood Anderson, Scott Fitzgerald, Louis Bromfield, John Reed, Edith Sitwell, Dos Passos oder die Franzosen Jean Cocteau, Valéry Larbaud, Tristan Tzara.

Literatur

Sie hat mit ihrem Stil Grenzen gesprengt. Sie war die erste, die ohne Komma, Gedankenstrich, Semikolon und Doppelpunkt (Interpunktion) schrieb. Damit übernahm sie für ihr Werk das, was ihr in der Malerei an Abstaktem gefiel. Wort für Wort reiht sie so ihre Gedanken aneinander. Sie überläßt es den Leser/innen, sich von ihren Wortketten einnehmen zu lassen. Und sie ist sich ihrer Wirkung sicher: „Meine Sätze kriechen Ihnen unter die Haut aber sie merken es nicht daß dies der Fall ist.“

Ihr Einfluß auf die neue Literatur ist nicht zu unterschätzen: Sherwood Anderson hat sie eine Pfadfinderin genannt, Louis Bromfield betrachtet ihr Buch „The Making of Americans“ als ein wichtiges Werk für die junge moderne literarische Bewegung. Hemingway schreibt ihr, welchen Einfluß sie auf sein Werk hat und sorgt auch dafür, daß ihr Werk „The Making of Americans“ zumindest teilweise in der Transatlantic Review erscheint.

Steins Hauptwerk „The Making of Americans“ erschien 1925. 1931 gründete Alice Toklas den Verlag „Plain Editions“, um das Werk Steins zu vermarkten.

1937 Umzug in die Rue Christine, der Mietvertrag für ihr Salon in der Rue de Fleurus endet.

Trotz ihrer jüdischen Herkunft pflegte das Paar während der Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg gute Beziehungen zum Vichy-Regime und überstand so die deutsche Besatzungszeit weitgehend unbehelligt.

Zitate

„Es braucht viel Zeit ein Genie zu sein, man muss so viel herumsitzen und nichts tun, wirklich nichts tun.“ (Gertrude Stein - Everybody's Autobiography)

„A rose is a rose is a rose.“ (Gertrude Stein - Sacred Emily)

„Einstein war der schöpferische Geist der Philosophie des Jahrhunderts und ich war der schöpferische Geist der Literatur des Jahrhunderts“ (Gertrude Stein - Everybody's Autobiography)

Bücher (Auswahl)

  • Three Lives (1909)
  • Tender buttons: objects, food, rooms (1914)
  • Geography and Plays (1922)
  • The Making of Americans (geschrieben 1906-1908, veröffentlicht 1925)
  • Four Saints in Three Acts (1929)
  • Useful Knowledge (1929)
  • How to Write (1931)
  • The Autobiography of Alice B. Toklas (1933)
  • Lectures in America (1935)
  • The Geographical History of America or the Relation of Human Nature to the Human Mind (1936)
  • Everybody's Autobiography (1937)
  • Picasso (1938)
  • Ida; a novel (1941)
  • Wars I Have Seen (1945)
  • Reflections on the Atom Bomb (1946)
  • The Mother of Us All (1949)
  • Last Operas and Plays (1949)
  • The Things as They Are (ursprünglich unter dem Titel Q.E.D. 1903 geschrieben, veröffentlicht 1950)
  • Patriarchal Poetry (1953)
  • Alphabets and Birthdays (1957)