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Blumenwiese

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Eine Blumenwiese in Brandenburg

Als Blumenwiese, also blumenreiche Wiese, werden umgangssprachlich artenreiche Wiesen und teilweise Viehweiden bezeichnet, die viele blühende krautige Pflanzen (Blumen) und blühende Gräser aufweisen. Die Vielfalt ist vom Pflegekonzept abhängig. Im Landschaftsbau und bei der Gartengestaltung ist die Blumenwiese ein Gestaltungsziel, dass im Verlaufe der Jahreszeiten verschiedene Aspekte an Farbe, Wuchshöhe und Tierbesatz bietet.

Die Blumenwiese als Lebensraum

Die "Blumenwiese" ist ein Grünland-Biotop, das aufgrund seines Pflegekonzepts, Nutzung und Standortfaktoren neben vielen Wildblumen auch viele Tierarten beheimaten kann, wie zum Beispiel

Magerwiese

Blumenwiesen als Grünlandbiotope sind in der Biotopkartierung und Landschaftsökologie häufig unter (artenreichen)

zu finden. Dies ist aber nur eine grobe Einteilung, die eher weniger konkrete Aussagen über die Artenzusammensetzung zulässt.

Pflanzensoziologisch werden diese Phytozönosen in Pflanzengesellschaften (Grünlandgesellschaften) wie Glatthaferwiesen eingeteilt. "Anthropogene und zoogene Heiden und Rasen" ist die Oberklasse der Pflanzensoziologischen Einheiten nach Oberdorfer. Vereinzelt werden auch Aufwüchse der Süßwasser- und Moorvegetation als Blumenwiese bezeichnet.

Diese umgangssprachlich als Blumenwiese bezeichneten artenreichen Grünlandbiotope sind wegen des Stickstoffeintrages (Eutrophierung durch Regen und Landwirtschaft), und durch intensive landwirtschaftliche Nutzung selten geworden. Einige dieser Grünlandbiotope stehen daher unter Naturschutz. Der Schutzstatus kann sich aber auch aus dem Vorkommen einzelner Arten der Roten Liste ergeben.

Pflegekonzepte

Die Grundidee zur Förderung von Tier- und Pflanzenvielfalt besteht darin, dass man zur klassischen Pflege einer Wiese zurückkehrt, das bedeutet den Verzicht auf Dünger sowie eine geringere Schnitthäufigkeit. Hinzu kommt der Augenmerk auf ökologische Zusammenhänge, um die Artenvielfalt zu fördern.

Anpassen von Nährstoffgehalt und Wasserführung

In der Regel findet man stickstoffreiche Böden aufgrund von Düngung und durch Eintrag durch die Luftverschmutzung vor. Je stickstoffreicher ein Boden ist, desto bessere Wachstumsbedingungen besitzen die einkeimblättrigen Pflanzenarten (insbesondere Gräser) gegenüber den zweikeimblättrigen Arten (Blumen). Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen, vor allem wenn Gülle ausgebracht wurde, zum Massenauftreten von typischen "Wiesenunkräutern" der Grünlandwirtschaft wie Riesenampfer, Gemeiner Löwenzahn und Quecke.

Um einen Boden gegebenenfalls auszumagern, gibt es die Möglichkeiten des vorübergehenden Anbaus stickstoffziehender Pflanzen, des Einpritzens von Sand und des Abräumens des Mahdguts einige Tage nach dem Schnitt.

Beim Einritzen (oder "Schlitzen") wird mit einem Gerät ("Schlitzer") mit zwei schrägstehenden Scheiben eine kleine Furche in die Grasnarbe geschnitten, in den grobkörniger Sand eingerieseslt wird. Eine nachgezogene Walze drückt die Grasnarbe wieder an. Mit diesem Verfahren können auch gleichzeitig Kräutersamen in den Sand gemischt werden, um den Wandel der Artenzusammensetzung zu fördern. Das Einritzen von Sand kann auch das Wasserhaltevermögen (Wasserkapazität) stark humoser und lehmiger Böden sowie die Nährstoffhaltefähigkeit herabgesetzt werden.

Selbstverständlich sollte zukünftig auf Dünger und auch Pestizide verzichtet werden.

Mähhäufigkeit

Außerhalb der modernen, intensiven Landwirtschaft wird eine Wiese normalerweise zweimal im Jahr gemäht. Die in einer Wiese vorkommenden Pflanzenarten haben sich darauf über die Jahrtausende (ungefähr seit der Bronzezeit) hinweg eingestellt.

Etwa Mitte Juli und im September (je nach Wachstumsbedingungen mal etwas früher oder später) haben die Pflanzen ihre Blüte hinter sich und "warten" auf den Schnitt. Als Faustregel gilt der "Johanni-Schnitt": Vor dem 25. Juni ("Johanni") sollte nicht gemäht werden. Ursprünglich galt dies Landwirten als Garant für eine Schön-Wetter-Periode und reife Futtergräser (Heu). Heute wird dies in Rücksicht auf Bodenbrüter und Kleinstlebewesen angewendet, da sich bis zu diesem Zeitpunkt die verschiedenen Blütenhorizonte entwickeln können.

Bei Magerwiesen wird ein Schnitt pro Jahr (in der Regel im September) ausreichen, in Ausnahmen sogar nur ein Schnitt alle zwei oder gar drei Jahre, um Verbuschung zu vermeiden.

Die Artenvielfalt ist bei seltenen Mahdterminen in der Regel höher, da vor allem auch die Obergräser und Kräuter blühen, Samen bilden und sich aussäen können.

Bei häufigen Terminen werden diese Pflanzen zu oft beschädigt, sie vermehren sich dann auch nicht mehr vegetativ (also durch Ableger), sondern verschwinden. Bei häufigerer Mahd werden lediglich die Untergräser und Rosettenpflanzen gefördert, während langsamwüchsige Kräuter unterdrückt werden.

Schnittechnik

Die Schnitthöhe sollte dabei etwa bei 5 bis 10 cm liegen, um die Pflanzen nicht zu beschädigen. Die Schnitthöhe sollte so hoch liegen, dass die gemähte Wiese noch grün aussieht: Im unteren Teil verholzen die Gräser und werden braun, so dass in diesen Pflanzenteilen keine Photosynthese mehr betrieben werden kann. Mäht man so tief, dass vorwiegend braune Stoppeln übrigbleiben, müssen die Pflanzen aus den Wurzeln austreiben; die Wiese braucht wesentlich länger zum zweiten Aufwuchs und die Artenzusammensetzung verändert sich zu mehr austriebsfähigen Gräsern.

Das Mahdgut sollte noch bis 14 Tage liegen bleiben, um die Wiese vor der Intensität der Sonnenstrahlung zu schützen, den Samen noch das Ausreifen zu ermöglichen und den Tieren eine Zeit für den "Umzug" zu geben.

Partiell absterbende Gräser können auf nährstoffreichen Böden toleriert werden, da solche Kahlstellen das Keimen von Kräutern ermöglichen, die wegen Konkurrenzdruck sich sonst nicht etablieren können.

Aus Rücksichtnahme auf die Tierwelt sollte die gesamte Wiese nicht auf ein Mal gemäht werden, sondern verteilt in mehreren zeitlichen Abschnitten.

Staudensäume am Rande sollten dabei stehen gelassen werden, und, wenn nötig nur im Spätherbst gemäht werden. Auf diese Weise kann man "Streuwiesen" oder "Hauwiesen" nachahmen. Solche Sondernutzungsformen waren früher häufig auf ertragsschwachen Standorten, auf denen ein später Schnitt zur Erzeugung für Einstreu für Stallungen im Winter produziert wurde.

Sofern maschinell gemäht wird, sollte von innen nach außen gemäht werden, da viele Wiesenbewohner die Deckung aufsuchen und so vom Mäher weglaufen, statt in ihn hinein.

Besonders schädlich sind rotierende Mähwerke (Walzen-, Tellermähwerke, Mulch- oder Häckselmäher, etc.), da sie Tiere mit töten oder gar verstümmeln. Zu empfehlen sind lediglich Balkenmäher, die außerdem Bodenverdichtung vermeiden und das Schnittgut locker und gleichmäßig ablegen. Die Mahd mit der Sense ist jedoch immer noch die schonendste Alternative.

Vielfalt fördern

Gräser

Vermutlich wird es so sein, dass am Standort eine kaum naturnahe Zusammensetzung von Süßgräsern und eventuell auch "Sauergräsern" (Binsen, Seggen etc.) vorkommt, weil einst eine Rasenmischung oder Grassorten mit hohem Futterwert für die Viehhaltung neu ausgebracht wurden; v.a. Weidelgräser (Lolium spec.), und Rispengräser (Poa spec.) und Schwingel (Festuca spec.). Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen zum Massenauftreten von Gemeiner Hunds-Quecke (Elymus repens (L.) Gould) auf nährstoffreichen sandigen Böden. Zur Massenvermehrung auf ehemaligen Weiden neigen auch das Wollige Honiggras (Holcus lanatus) und Knaulgräser wie Dactylis glomerata.

Das Wollige Honiggras bietet im Hochsommer auch einen Farbaspekt, und Knaulgräser können in stattlichen Horsten auf feuchten Böden bis zu 2 m Höhe erreichen. Das Knaulgras D. glomerata wird jedoch durch Mahd im Sommer verdrängt. Die Vielfalt der zu verwendenden Gräser-Gattungen und -Familien ist schwer zu überschauen.

Von Standard-Gebrauchsrasen Mischungen (RSM) oder Dauergrünlandmischungen der Landwirtschaft wird abgeraten, weil sie nicht dem natürlichen Artenprofil entsprechen. Einige Naturschutzfreunde scheuen deshalb keinen Aufwand und säen sogar eine Gräsermischung mit für die Gegend typischen, langsam wachsenden Gräsern neu aus.

Blumen

Nährstoffreiche humose Böden vormaliger landwirtschaftlicher Nutzung neigen in den ersten ein bis zwei Jahren zum Massenauftreten von Wiesen-Sauerampfer (Rumex acetosa, Verbreitung durch Gülle), Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella) und Gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinalis). Danach entwickelt sich ein vielseitigeres Bild.

Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob eine spezielle Wiesenblumenmischung aufgebracht werden soll. In Supermärkten erhältliche Mischungen ("Blumenwiese") beinhalten oft Samen von Neophyten (zum Beispiel Goldmohn) und eher für Ackerflächen geeigneten Arten (Kornblume, Klatschmohn). Diese sind eher ein Fall für das Blumenbeet.

Gegen echte Wiesenblumenmischungen spricht: sie sind teuer, das Einsäen ist recht viel Arbeit (die Grasnarbe muss dazu aufgerauht werden), es dauert in der Regel zwei Jahre bis zum ersten Blütenaspekt (Wiesenpflanzen blühen selten im ersten Jahr) und sie spiegeln nicht wirklich das natürliche Pflanzenprofil am Ort wieder. In jedem Fall nimmt der Artenreichtum von Jahr zu Jahr auch ohne zusätzliche Unterstützung zu.

Für eine Aussaat spricht, dass man so auf der Fläche rasch interessante Pflanzen und insbesondere auch einige persönliche Lieblingsblumen (Hornklee, Malve, Schafgarbe, Wilde Möhre, Gemeine Wegwarte ...) etablieren kann. Es gibt auch Naturfreunde, die das Mahdgut anderer naturnaher Wiesen auf der neuen Fläche verteilen, um die Samen der trocknenden Pflanzen dort niedergehen zu lassen, um so der ortsüblichen Vielfalt schnell nahezukommen.

Aber auch ohne Maßnahmen erhöht sich die Pflanzenvielfalt. Es gibt Studien, dass Samen im Boden bis zu 70 Jahre überdauern. Es können auf diese Weise Pflanzenarten wieder spontan aufkeimen, die sogar als lokal ausgestorben galten. Darüberhinaus verbreiten nicht nur Vögel, sondern auch andere Tiere wie zum Beispiel Ameisen Samen über längere Strecken. Aus Langzeitbeobachtungen weiß man übrigens auch, dass es etwa 100 Jahre dauert, bis sich das Artenspektrum einer Wiese einigermassen konstant eingestellt hat. Es gibt auch Beobachtungen, dass der Anteil von Leguminosen in Rhythmen zu- und abnimmt.

Tierarten

Als Biotop lassen sich die Flächen bereichern, indem man folgende Elemente zulässt (als Ausweichquartier bei Wetterschwankungen, als Versteck- und Überwinterungmöglichkeiten und nicht zuletzt auch als Futtermöglichkeit):

Günstig ist es auch, auf betonierte oder asphaltierte Wege (sie wirken als Hindernisse) und auf Leuchtkörper (sie irritieren nachtaktive Insekten massiv) zu verzichten.

Vor und Nachteile von Blumenwiesen

Es hat sowohl Vor- als auch Nachteile, öffentliche Grünflächen und Wiesen in Privatbesitz naturnah zu pflegen:

Der Hauptvorteil besteht darin, dass für Pflanzen- und Tierarten ein Lebensraum geschaffen bzw. erhalten wird. Somit können Ziele des Umwelt- und Naturschutzes auf diese Weise umgesetzt werden.

Der Verzicht auf Dünger wirkt sich vorteilhaft auf die Grundwasserbelastung mit Nitraten aus. Für den Einsatz von Herbiziden besteht kein Grund mehr. In der Regel entstehen langfristig geringere Kosten.

Klimatisch führt eine Wiese im Sommer ein um einige Grad kühleres Klima als ein Rasen herbei.

Für junge und alte Menschen ergibt sich ein Naturerlebnis (manche pflücken sich auch einen Blumenstrauß).

Bestimmte Rasenmähertypen sind für hohes Gras allerdings nicht mehr geeignet. Der Privateigentümer muss sich also umstellen. Für die Gartenbaufirmen ist die Umstellung über einen längeren Zeitraum nicht ganz so schwierig (aus Unternehmersicht ist fast nur wichtig, dass man sein Geld erhält).

Es gibt häufig Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung. Hohes Gras gilt je nach Wertesystem als faul und unordentlich. Einige Nachbarn fühlen sich ferner durch "Unkrauteintrag" bedroht. Eine gesetzliche Handhabe haben diese jedoch nicht. In Schrebergartenanlagen gibt es jedoch fast immer Regularien durch den Trägerverein, die zu beachten sind.

Aus der Sicht der meisten Allergiker ist es ziemlich gleich, ob eine Wiese blüht oder ob ein Rasen häufig gemäht wird. Übrigens ist insbesondere Lolium, das man in Rasenmischungen kennt, für viele Allergiker eine Problempflanze.

Es gibt Menschen mit einer Arachnophobie, die mit einem Anstieg der Spinnenpopulation rechnen.

Ein häufiges Gegenargument ist, dass in Blumenwiesen der Unrat schlechter zu entfernen sei und deshalb Ungeziefer und Ratten anziehe. Gleichwohl hat eine eventuelle Vermüllung kaum etwas mit dem Pflegekonzept und mehr mit den Zuständigkeiten zu tun.

Dort, wo eine starke Nutzung erwünscht oder erwartet wird oder zum Beispiel die Sicht an Verkehrskreuzungen und Auffahrten behindert wird, kann man nach wie vor gegebenenfalls häufiger mähen.

Im landwirtschaftlichen Bereich ist der Ertrag an Futtergras sicher geringer.

Literatur

  • Reinhard Witt, Bernd Dietrich, Blumenwiesen: Anlage, Pflege, Praxisbeispiele; mit Wiesenpflanzenlexikon, BLV Verlagsgesellschaft, 1996, ISBN 3-405-14867-7
  • Gotthard Wolf: Die Blumenwiese als Lebensgemeinschaft; Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten AID; Bonn