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Thermoformen

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Das Thermoformen ist ein Verfahren zur Umformung von thermoplastischen Kunststoffen. Früher wurde es auch mit den Begriffen Warmformen, Tiefziehen oder Vakuumtiefziehen bezeichnet.

Man unterscheidet die Thermoformverfahren nach dem Halbzeug: Dünnere Halbzeuge werden Folien genannt, dickere (ab ca. 1,5 mm) Platten. Folien-Halbzeuge können auf großen (bis Ø 1,8 m) Rollen den Thermoformautomaten zugeführt werden.

Daneben sind die Thermoformen die Werkzeuge für das Thermoformen.

Thermoformen „ab der Rolle“

Artikel aus Dünnfolien (0,2 bis 1 mm) wie Pralinenschachteleinlagen, Schaumküsse-Verpackung, Spielekartoneinsätze, Klappblister für alle möglichen Kleinartikel an Lochrasterwänden im Einzelhandel, Joghurt- oder Magarinebecher usw. begegnen uns täglich. Schiebekartenblister und Siegelhauben und nicht zuletzt die schwer zu öffnenden Klappblister, in denen oft Kleinteile verkauft werden, und die mittels HF-Elektroden per Hochfrequenztechnik verschweißt sind gehören auch dazu.

Das Verfahren

Von großen Rollen wird die Folie an den Folienbahnkanten in sogenannten Stachelketten geführt. Die noch harte kalte Folie wird so dem Formautomaten zugeführt. In einer Aufwärmstation wird mittels Heizstrahler die Folie ein- oder beidseitig erwärmt. Die warme, jetzt weichere Folie wird in den Stachelführungen dabei leicht auseinander gezogen, damit sie nicht so stark durchhängt. In der Werkzeugstation wird die Folie mittels Spannrahmen fest gehalten, Vorstrecker und das Thermoformwerkzeug fahren durch die Folienebene hindurch und geben die fertige Kontur schon grob vor. Dann kommt Druckluft von der einen und Vakuum von der anderen Seite, um die Folie rasch und stark an die wassergekühlte Wandung (Kontur) des Aluminiumformwerkzeuges zu bringen. Durch 0,5 bis 0,8 mm kleine Löcher und Schlitze entweicht die Luft zwischen Folie und Aluminiumwerkzeug. Die erkaltete, nun feste Folie wird von dem Formwerkzeug getrennt und im nächsten Arbeitstakt der Ausstanzstation zugeführt. Dort werden mittels Bandstahlschnitt die Außenmaße, oder auch Löcher in das fertige Werkstück gestanzt.

Im nächsten Arbeitstakt wird der Artikel manuell der Thermoformmaschine entnommen, oder mittels Stapelschacht, Klemmbrett, Ausheber und Rakel automatisiert gestapelt. Die fertigen Folienartikel werden dann stapelweise manuell entnommen und in Kartons gelegt.

Dies ist nur eine Art des Thermoformens, es gibt noch einige andere, die hier noch nicht ausgeführt, sondern nur erstmals stichpunktweise Erwähnung finden sollen. Hochleistungsautomaten arbeiten mit gehärteten Stahlwerkzeugen und stanzen die Folienartikel im selben Moment der Formgebung aus. Mittelserienautomaten werden z. T. auch nur mit Vakuum oder Druckluft betrieben. Kleinserien werden fallweise von einer kleinen Rolle oder aus Folienplatten in Halbautomaten erzeugt und die Teile werden dann per Rollenstanze und Bandstahlschnitt abgetrennt.

Mit Schiebern, Klapp- und Drehkernen lassen sich auch schwierigste Designwünsche realisieren. Gestanzt werden kann auch in mehr als nur einer Ebene. Früher waren Verpackungen quaderförmig; heute sind sie fast immer den oft komplexen Geometrien der zu verpackenden Artikel angepasst oder nur deswegen mit geschwungenen Flächen und Kanten versehen, um individuelle "moderne" Verpackungen zu erhalten.

Thermoformen von Plattenware

Platten zwischen 1 bis 2 mm Dicke werden verarbeitet für Sortiertabletts, Transporttabletts, KLT-Einlagen, einfache technische Teile u. v. a. m.. Materialstärken von 2 bis 10 mm finden Anwendung bei Kühlschrankwänden, Badewannen, Armaturenbrettern, Leuchten usw.. Dieses Verfahren funktioniert ähnlich dem oben beschriebenen, mit der Einschränkung, dass mit Plattenware (Verschnitt) nicht so rationell produziert werden kann. Kunststofftafeln können in einer Größe von 2.200 x 3.300 mm verarbeitet werden. Die Höhe der Teile kann bis zu 1.500 mm betragen. Für spezieller Anwendungen, kann die die Formgrösse auch noch grösser sein. Allerdings gibt es in grösseren Dimensionen nur wenige Halbzeuge, sprich Platten, die dann verarbeitet werden können. Zu beachten bei der Fertigung von Thermoformteilen ist immer die Verstreckung des Materials, sprich wie sehr dehnt sich das Material und um wieviel reduziert sich dadurch die Wandstärke des verformten Teils. Ausserdem ist bei den Geometrien auch der Hinterschnitt zu beachten. Dieser ist Materialabhängig begrenzt.

Die Materialien

Monofolien waren früher aus PVC, sind heute aber aus PET, PS und PP hergestellt. Auch mehrschichtige Folien (PSEVOHPE / PPEVOHPE…) mit besseren Heißsiegeleigenschaften oder Dampfsperren für bessere Haltbarkeit von Lebensmitteln usw. finden oft Anwendung. Beflockte Folien: Zirkelkasteneinsätze, Besteckkasteneinsätze u. a.

Grundsätzlich lassen sich aber sämtliche Thermoplaste in diesem Verfahren bearbeiten. Für jede Anwendung gibt es den passenden Kunststoff. Aus Talkum verstärktem PE können großdimensionierte Kotflügel hergestellt werden. ABS mit Acryldeckschicht wird für Verkleidungen verwendet, die starken Witterungseinflüssen oder mit Chemikalien in Verbindung kommen. Auch das Verformen Hochleistungskunststoffen wie PEEK ist mittlerweile möglich. Dieses Verfahren wird aktuell mit in einer Kooperation von Victrex, Ensinger und Arthur Krüger optimiert.

Anwendungen

Neben dem klassischen Anwendungsbereich Verpackungen, hat das Thermoforming vermehrt Anwendungen im industriellen Bereich gefunden. Als Alternative zum Spritzguß zeichnet es sich durch günstige Werkzeugkosten aus und ist besonders bei kleinen und mittleren Serien besonders wirtschaftlich. Beispiele für Thermoformteile sind Hauben und Verkleidungen aller Art für den Maschinen- und Anlagenbau, für Agrar- und Baumaschinen, Flurförderzeuge und dem Nutzfahrzeugbau. Des Weiteren werden Kotflügel gefertigt, Armaturen uvm. Insbesondere die Kombination aus Formgebung, Farbigkeit und Funktion läßt Industriedesigner vermehrt auf dieses Verfahren zurückgreifen.

Literatur