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Benutzer:Xupu/Garage

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Xupus Änderungswünsche für den Artikel Vipassana (vgl. Version vom 19. März 2009)
  • Palikanonexegese und Geschichtsschreibung sauberer trennen.
  • Schlüsselbegriffe sauberer auseinanderhalten, insbesondere die verschiedenen Bedeutungen von "Vipassana".[1]
  • Hörprobe zur Aussprache einbinden Wikipedia:Fremdwortformatierung
  • Bezeichnung der Hauptsutten für Verständlichkeit optimieren. [2]
Das „Haus der Stille“ in Roseburg bei Hamburg im Naturpark Lauenburgische Seen ist das älteste buddhistische Retreatzentrum Deutschlands.

Vipassanā (pali ‚Einsicht‘) bezeichnet im BuddhismusEinsicht“ in die „Drei Universellen MerkmaleVergänglichkeit, Ungenügen und Nicht-Selbst. Vipassana-Meditation bezeichnet im Theravada-Buddhismus auf Einsicht zielende Meditation (vipassanā-bhāvanā). Manchmal wird der Begriff auch für Achtsamkeitsmeditation im Allgemeinen verwendet. „Das Vipassana“ bezeichnet als Sammelbegriff einige westliche Meditationsprogramme zur Schulung der Achtsamkeit, sowie verschiedene Reformbewegungen des Theravada mit intensiver Vipassana-Praxis.

Wesentliche Grundlage für das Vipassanā sind die im Pali-Kanon überlieferten Lehrreden des historischen Buddha Siddhartha Gautama. Manche Vipassana-Traditionen berufen sich außerdem auf die kommmentierenden Pali-Schriften Abhidhamma und Visuddhimagga.[3]

Zu den im Westen bekannten Vipassanā-Lehrern zählen etwa Mahasi Sayadaw, Ajahn Chah, Jack Kornfield, Bhante Sujiva und S. N. Goenka. Auch die von Jon Kabat-Zinn entwickelte „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“ (MBSR) hat ihren Ursprung im Vipassanā.

Etymologie

Palmblatt-Manuskript auf Thai.

Das Pali-Wort Vipassanā setzt sich zusammen aus dem Sanskrit-Präfix „vi-“ und der Verbalwurzel „√paś“ für „sehen“. Es wird meist mit „Einsicht“, „Klarblick“ oder „Klarsicht“ übersetzt.

Das Präfix „vi-“ bedeutet in erster Linie „zwei Teile“ oder eine Bewegung „weg“ von etwas anderem. Dementsprechende Präfixe im Deutschen sind „auseinander-“ oder „ent-“. Wörtlich kann man Vipassanā auch als „Auseinander-Sehen“ übersetzen. Im Gegensatz zu der von manchen esoterischen oder synkretistischen Kreisen verbreiteten Hochbewertung von „Einheit“, das heißt dem Denken in der Kategorie „alles ist letztlich eins“, bezeichnet Vipassana demnach ein intuitiv unterscheidendes, tiefer durchschauendes und damit von Illusionen befreiendes „Sehen“ im Sinne eines unmittelbaren Erfassens. Das entspricht auch der anderen Bedeutung von „vi-“, die eine „intensive“ Qualität des Unterscheidens ist. Vipassanā meint also eine besondere Art des Tiefblickens, das direkt, ungetrübt oder wahrheitsgemäß alle inneren und äußeren Vorgänge erfasst.

Mit jenen „zwei Teilen“ von „vi-“ sind die Illusion oder Falschheit und die Realität oder Wahrheit gemeint. So bedeutet Vi-Passanā ein höheres Sehen, das mit Hilfe der intuitiven Unterscheidung der Achtsamkeit zunehmend jede Illusion, Manipulation oder Verblendung durchschaut und damit die jeweilige Realität oder Wahrheit direkt erfasst. Es heißt, wenn diese Unterscheidung fortwährend kultiviert werde, führe sie zur „vollen Befreiung“ (Nirvāna), dem höchsten Ziel buddhistischer Praxis in allen ihren Formen.

Anupassanā und pati-sam-vedī sind zwei weitere Hauptbegriffe mit ähnlicher Bedeutung, die in den grundlegenden Achtsamkeitsreden des Buddha immer wieder vorkommen. Anupassanā besteht aus dem Präfix „anu-“ („entlang“, „eng anliegend“, „unmittelbar“) und „Passanā“ („Sehen“). Es bezeichnet ein konzeptfreies, unmittelbares bzw. achtsames Begleiten aller körperlichen oder geistigen Prozesse, ein „unmittelbares Betrachten“, um zum „Befreienden Sehen“ (Vipassana) zu gelangen. Pati-sam-vedī bedeutet wörtlich „voll er-spürend“ und bezeichnet damit ebenfalls ein direktes, nahtloses Empfinden im Einklang mit den realen Prozessen, wie sie sind, nicht wie wir sie in der Vorstellung gerne hätten.

Historische Entwicklung

!! Klären: "… des Vipassanā gilt als älteste …" - Wer sagt das? Wer sieht das anders? Was sind die historischen Belege? !! Ergänzen: ein Absatz zur Entstehung und weiteren Entwicklung des Theravada bis zur Reform. Was ist Theravada und warum war es reformbedürftig? Spielte Vipassana zu der Zeit schon eine Rolle oder kam die Bedeutung erst mit der Reform?

Frühbuddhismus

Bhikkhu Vivekananda ist ein deutscher buddhistischer Mönch. Er lehrt die Vipassana-Meditation an seinem internationalen Zentrum in Nepal und im Westen.

Die Praxis des Vipassanā gilt als älteste buddhistische Meditationsform und wird auf den historischen Buddha selbst zurückgeführt. Die Hauptquellen aller Richtungen des Vipassanā finden sich im Pali-Kanon, der Textgrundlage des Theravāda-Buddhismus, welche die ältesten vollständig überlieferten Redensammlungen des historischen Buddha enthält.

Im Satipatthāna-Sutta wird die Achtsamkeitspraxis als der „Einzige Weg“ oder „Direkte Weg“ (ekāyana magga) bezeichnet. Dieser Begriff erscheint im Pali-Kanon nur an dieser einen Stelle und begründet damit den hohen Stellenwert des Vipassanā in der frühbuddhistischen Lehre.[4]

Theravāda-Buddhismus

Diese breit angelegte, sich an Laien wie Ordinierte richtende Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis ist aber durch spätere buddhistische Entwicklungen – etwa die Ausprägung von Scholastik, Philosophie und Institutionalisierung in Form buddhistischer Klöster, die einen Monopolanspruch auf den höchsten Befreiungsweg erhoben haben – allmählich in den Hintergrund getreten.

Waldtradition in Thailand

!! Klären: Thailändische Waldtradition; evtl. "Naturtraditionen" komplett dort und unter Ajahn Chah, Buddhadasa, Ajahn Dhammadaro abhandeln und hier auf einen kurzen Verweis beschränken?

Reformer in Burma

Seit dem späten 19. Jahrhundert wird die Vipassanā-Tradition im Zuge einer großen Reformbewegung des Theravāda, die vor allem von Ledi Sayadaw in Burma in Gang gesetzt worden ist, wieder breit angelegt an die (burmesische) Bevölkerung vermittelt. Denn laut den Reden des historischen Buddha im Pali-Kanon ist der höchste Befreiungsweg gleichermaßen von Ordinierten wie Laien verwirklicht worden. [5]

Die Reform knüpft direkt an die Situation der buddhistischen Urgemeinde an. Damit wandte sich Ledi Sayadaw gegen 1) die kulturellen und scholastischen Überformungen der Muttertradition Theravāda, gegen 2) den Monopolanspruch der Klöster auf den höchsten Befreiungsweg und gegen 3) die christliche Missionierung im Rahmen der britischen Kolonialherrschaft in Burma. Die befreiungspragmatische, das heißt eine höchste Befreiung im Leben bezweckende Praxislehre des Vipassanā war sozusagen die buddhistische Antwort auf die Glaubensreligion der Kolonialmacht und ein besonders effektives Mittel, die burmesische Bevölkerung gegenüber den christlichen Missionierungsversuchen unempfänglich zu machen.

Diese Neuausrichtung des Vipassanā brachte es mit sich, dass einige Glaubenselemente des traditionellen Theravāda in den Hintergrund traten (etwa die Wiedergeburtslehre in einem wörtlichen Sinne). Mit dieser Skepsis gegenüber glaubensreligiösen Aspekten[6] knüpft die Reformbewegung an den historischen Buddha an, der sich etwa von der spekulativen Religion der Brahmanen und den Theorien der Waldeinsiedler abgrenzte.

Das moderne Vipassanā folgt dem „Erlösungspragmatismus“[7] der alten Praxislehre Buddhas – keine Glaubensreligion, Spekulation, Metaphysik oder Philosophie und keine extreme Askese - und besinnt sich auf die in den „Vier Edlen Wahrheiten“ verdichtete Kernlehre Buddhas: „Nur eines lehre ich, jetzt wie früher: Das Leiden (dukkha) und das Ende des Leidens.“[8]

Vipassanā-Bewegung im Westen

Das Vipassanā-Zentrum „Buddhayana“ (Fahrzeug des Buddha) in der Nähe von Ingolstadt.

Vipassanā ist die einflussreichste Form des heutigen Theravāda-Buddhismus und bildet neben dem Zen und dem tibetischen Buddhismus die dritte „Hauptströmung“ des Buddhismus im Westen. Die Ausgangsländer und hauptsächlichen Hochburgen der Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis Vipassanā sind Burma und Thailand.

Aber auch aus anderen Ländern des Theravāda kommen einflussreiche Lehrende des Vipassanā im Westen, zum Beispiel der Amerikaner Yogavacara Rahula und der Singhalese Bhante Gunaratana, die seit Jahrzehnten ordinierte Theravāda-Mönche sind. Sie leiten gemeinsam beide die amerikanische „Bhāvanā Society“[9] und haben ihre spirituellen Ausbildungen vorwiegend unter Meistern auf Sri Lanka erfahren. Das Gleiche gilt für die bekannte deutsche Nonne Ayya Khema. Yogavacara Rahula ist auch ein Meister des Yoga, das er auf seinen Kursen in Verbindung mit dem Vipassanā lehrt. Bhante Gunaratana ist ein bekannter Gelehrter und Autor.

Im Abendland gibt es seit den Sechzigern eine wachsende Zahl von männlichen wie weiblichen Vipassanā-Lehrenden. Beide Geschlechter sind unter den Lehrenden dieser Tradition ähnlich stark vertreten. Sie führen entweder die traditionellen Methoden als Vertreter einer bestimmten Richtung fort, oder sie verknüpfen die Ansätze miteinander (manchmal auch mit anderen buddhistischen Praktiken, wie Joseph Goldstein mit dem Dzogchen des tibetischen Buddhismus). Klassische Vipassanā-Kurse werden in Form von kürzeren oder längeren Retreats abgehalten. Gemäß dem traditionellen Spendenprinzip Dāna werden die Unterweisungen des Lehrenden auf Basis von freiwilligen Spenden angeboten.

Es gibt viele Verbindungen des Vipassanā mit der Psychologie und Gebieten helfenden Engagements, zum Beispiel dem Einsatz in Justizvollzugsanstalten[10], der Abhängigkeitsbehandlung oder der Komplementärmedizin.

Buddhistische Achtsamkeitspraxis

Dhammahalle des Vipassanā-Meditationszentrums in Prachenburi, Thailand (Goenka-Tradition)

Sammā Sati − Treffliche Achtsamkeit

Die Traditionen des Vipassanā mit ihren unterschiedlichen methodischen Ansätzen[11] dienen alle der Entwicklung einer höheren, sogenannten „Trefflichen Achtsamkeit“ (sammā sati)[12], die über die bloße Konzentrationsfunktion von Aufmerksamkeit hinausgeht.

Bei der Praxis dieser „Trefflichen Achtsamkeit“ geht es um das zunehmende Durchdringen oder „befreiende Sehen“ der über die sinnliche Erfahrung zwar immer und überall gegebenen, aber gewöhnlich durch Verblendungen bzw. „Nichtsehen“ (avijjā) verborgenen „Wahrheit“, „Höchsten Realität“ oder „Natur der Dinge“.

Vipassanā − Klare Sicht

!! Offene Fragen:

  • Jhana, Samatha - hier schon erwähnen oder erst weiter unten?
  • Drei Daseinsmerkmale (trilaksana, tilakkhana) ergänzen? Diese werden in verschiedenen Einführungsvorträgen als wesentlichens Merkmal von Vipassana i.Ggs. zu Samatha genannt. (Quellen prüfen…}

Im Vipassanā ist der alleinige Schlüssel zu der „Höchsten Realität“ eine schlichte, jederzeit entwickelbare Achtsamkeit, nicht Konzepte oder Studien, die hier immer bloß eine vorbereitende Funktion haben. Es handelt sich um eine methodisch entwickelte bloße Achtsamkeit, die weder über systematische Studien noch über starke Konzentrationszustände („Vertiefungen“ oder Jhānas) führt, sondern (als Betrachten der natürlichen Phänomene) unmittelbar vorgeht.

Der Zweck des traditionellen Vipassanā in allen seinen Formen ist eine ungetrübte, durchdringende „Klare Sicht“ (vipassanā), ein über diskursives Denken hinausgegangenes, unmittelbares Erfassen der vergänglichen, ungenügenden bzw. „Selbst“-losen Natur der Erscheinungen − nämlich der sinnlich wahrgenommenen Phänomene und der Körperempfindungen, Gefühlsreaktionen, Emotionen oder Gedanken. Mit diesem unmittelbaren Erfassen soll das unbewusste Ergreifen bzw. Sichidentifizieren mit den vergänglichen Phänomenen als „Ich (bin das)“ oder „mein“ und damit alle Ängste und Leiden schwinden. S.N. Goenka (s.u.) resümiert Vipassanā mit „die Dinge sehen, wie sie wirklich sind“[13].

Die Voraussetzung für einen erfolgreichen Fortschritt in der Vipassanā-Meditation ist immer auch die Entwicklung der „Herzqualitäten“, das heißt von Ethik – insbesondere die Praxis der „Fünf Verhaltensrichtlinien“ (Silas).[14]

Vipassanā-Nyāna − Der Stufenweg

!! Ausbauen

„Vipassanā“ wird gewöhnlich mit „Achtsamkeitspraxis“ oder „Einsichtsmeditation“ wiedergegeben. Der Entwicklungsprozess der Einsicht verläuft meist in Stufen. Deshalb gibt es in manchen einflussreichen Richtungen des Vipassanā die Lehre von den aufeinander aufbauenden Ebenen des „Einsichtswissens“, den sogenannten „Vipassanā-Nyānas“.

Vipaśyana − Sanskrit

Vipaśyana ist die Sanskrit-Schreibweise des Pali-Wortes vipassanā, die sowohl das hier beschriebene frühbuddhistische Vipassanā bezeichnen kann, also auch ureigene Meditationsformen des Mahāyāna-Buddhismus.

Das mahāyānische „Vipaśyana“ (tib. Lhagthong) beruht auf denk- bzw. konzeptbasierten Methoden, das frühbuddhistische „Vipassanā“ hingegen auf achtsamkeits- bzw. intuitionsbasierten Methoden.[15] Die Lehre und Praxis einer bloßen, nichtbegrifflichen bzw. intuitiv sehenden „Trefflichen Achtsamkeit“ hat im Mahāyāna keine vergleichbar zentrale Stellung wie im Theravāda. Allerdings bestehen gewisse Parallelen zwischen der Tradition des Vipassanā im Theravāda-Buddhismus und bestimmten Meditationsformen im Mahāyāna. Zu nennen sind hier insbesondere Zen, Mahamudra und Dzogchen, die ebenfalls eine nichtbegriffliche, konzeptionslose Wahrnehmung des Hier und Jetzt zum Ziel haben.

Samatha − Vertiefung

!! Offene Baustelle:

  • Was ist Samatha, was ist Unterschied zu Vipassana im Frühbuddhismus? Wer unterscheidet? Was sind Jhanas?
  • Abgrenzung zum Mahayana an dieser Stelle verzichtbar?
  • Braucht man Samatha für Vipassana und umgekehrt? Wie üblich ist Samatha-Praxis bei Vipassana-Traditionen? Vgl. diverse Einführungsvorträge zu Vipassana, die alle diese Unterscheidung machen. So geht Banthe Sujiva ausführlich auf die wechselseitige Ergänzung von Samatha und Vipassana ein, als er eine Metta-Meditation anleitet, die als Samatha-Meditation im Kontext von Vipassana-Tradition angeboten wird.

In den Praxistraditionen des Vipassanā wird nicht ähnlich stark unterschieden zwischen der konzentrativen „Ruhemeditation“ Samatha und der kognitiven oder perzeptiven „Einsichtsmeditation“ Vipassanā, die zur inneren Befreiung des Nirvāna führt, wie es im Mahāyāna-Buddhismus der Fall ist. Generell vertreten die Lehrenden des Vipassanā auf ihren Kursen oder mit ihren Schriften die Ansicht, dass ein bestimmtes „flexibles“ Maß an Konzentration, das sich mit der fortwährenden Fokussierung auf die natürlichen Körper-Geist-Prozesse einstellt − nämlich die sogenannte „Augenblickliche Konzentration“ −, die beste Grundlage sei, um die befreienden, höheren Einsichten zu verwirklichen.

Wenn die Konzentration durch die Fokussierung auf ein naturgemäß „statisches“ Konzept bzw. geistiges Konstrukt (wie Visualisierungen, innere Laute, Vorstellungen, Gedanken oder Reflexionen) zu stark werde, behindere sie die befreienden intuitiven Einsichten. Denn diese könnten sich lediglich aus einem zunehmenden Durchdringen der natürlichen, überall gegebenen Realitäten oder Prozesse durch sehende Achtsamkeit auf der Grundlage einer flexiblen, das heißt nicht zu starken oder statischen Konzentration ergeben. Die vier Hauptansätze des Vipassanā (s.u.) folgen diesem Weg, den auch bekannte einzelne Lehrende vertreten, die verschiedene Hauptansätze verbinden (etwa der Mönch Bhante Sujiva).

Wenn der Weg zu den befreienden Einsichten über die statischen Ruhe- bzw. Konzentrationszustände der Vertiefungen „Jhānas“ genommen werde, was prinzipiell möglich sei, müsse man erst aus den Vertiefungen herauskommen und die mit ihnen verbundenen Faktoren oder Erscheinungen als gleichermaßen vergänglich, ungenügend bzw. als ein Nicht-Selbst wie alle anderen Phänomene auch durchschauen. Die zentrale, von den Vertretern dieses Vipassanā-Weges über die Vertiefungen häufig zitierte Rede ist das Anupada-Sutta (MN 111) im Pali-Kanon.

Bekannte Repräsentanten dieses Weges in Asien sind der burmesische Meister Pa Auk Sayadaw und im Westen (vor allem in Deutschland) die Lehrenden in der Tradition der deutschen Nonne Ayya Khema sowie einzelne Mönche wie der tschechische Bhikkhu Dhammadipa (ein Schüler Pa Auk Sayadaws).

Satipatthāna-Sutta

Offene Baustelle:

  • mehr zusammenhängender Text, weniger Liste: Körperübungen, …
  • Zitate in zusammenhängenden Text einbetten: Refrain, …
  • Geeignete(re) Bezeichnung für das Sutta, Vergegenwärtigungen, Übungen usw. suchen und Auswahl mit geeigneten Quellen enzyklopädisch begründen. (Theoriefindung, Neutralität und Quellenangaben)
  • Wie Ekāyana Magga erklären und auf verschiedene Bedeutungen hinweisen, so dass Umfang überschaubar bleibt?
  • Refrain - Welche Übersetzung, welche Interpretation? (Quellen!)
  • verwendete Quellen: Kursbuch; Zumwinkel; Gil Fronsdal; Bhikkhu Bodhi - Pali-Dictionary [satipaṭṭhānā] [paṭṭhānā] [upaṭṭhānā] anupassanā

Der wichtigste Grundlagentext für die buddhistischen Achtsamkeitsmeditationen ist die „Rede von den Grundlagen[16] der Achtsamkeit“ (Satipatthāna-Sutta, MN 10 und DN 22).[17] Sie beschreibt vier „Vergegenwärtigungen“ (anupassanā)[18] der Achtsamkeitspraxis:

  1. „Vergegenwärtigung des Körpers“ (kāyānupassanā)
  2. „Vergegenwärtigung der Gefühle“ (vedanānupassanā)
  3. „Vergegenwärtigung des Geistes“ (cittānupassanā)
  4. „Vergegenwärtigung der Geistesobjekte“ (dhammānupassanā)

Einleitend werden sie als der „direkte Weg“ (ekāyana magga) bezeichnet, ein im alten Indien besonders feierlicher Begriff, der in den Reden des historischen Buddha nur an dieser Stelle auftaucht.

Der wiederkehrende Refrain beschreibt den Kern der Achtsamkeitspraxis. Ziel ist keine oberflächliche Lenkung der Aufmerksamkeit des Übenden[19], sondern ein einfaches Gewahr-Sein des Körpers, der Gefühle, des Geistes und der Geistesobjekte:

Auf diese Weise verweilt er, indem er … innerlich als … vergegenwärtigt, oder er verweilt, indem er … äußerlich als … vergegenwärtigt, oder er verweilt, indem er … innerlich als auch äußerlich als … vergegenwärtigt. Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im … vergegenwärtigt, oder indem er die Auflösungsfaktoren im … vergegenwärtigt, oder er verweilt indem er die Ursprungsfaktoren und die Auflösungsfaktoren im … vergegenwärtigt. Oder die Achtsamkeit, dass da … vorhanden ist, ist einfach in dem Ausmaß in ihm verankert, das für bloße Vergegenwärtigung und Achtsamkeit nötig ist. Und er verweilt unabhängig, haftet an nichts in der Welt an.“

Die „Vergegenwärtigung des Körpers“ (kāyānupassanā) umfasst mehrere Übungen: Atemachtsamkeit (vgl. Ānāpānasati-Sutta), Körperstellungen, Wissensklarheit, Nichtschönheit und Körperteile (vgl. Body Sweeping), Elemente, sowie Leichenfeld-Betrachtungen.

Die „Vergegenwärtigung der Geistesobjekte“ (dhammānupassanā)[20] erfolgt im Zusammenhang dieser Aspekte:

  1. Fünf Hindernisse (nīvaraṇa)
  2. Fünf Daseinsgruppen (khandhā)
  3. Sechs Grundlagen (saḷāyatana)
  4. Sieben Erleuchtungsglieder (bojjhangā)
  5. Vier Edle Wahrheiten (ariyasaccāni)

Ānāpānasati-Sutta

Der andere Grundlagentext für die buddhistische Achtsamkeitspraxis ist die „Rede von der Achtsamkeit beim Ein- und Ausatmen“ (MN 118). Hier liegt der Schwerpunkt auf einer ausführlichen Atemübung. Sie erwähnt ebenfalls „Vier Grundlagen der Achtsamkeit“ und einen Verweis auf die Sieben Erleuchtungsglieder (bojjhanga). Hier lautet die wiederkehrende Formel:

„Er übt sich so: ‚Ich werde einatmen und dabei …‘;
er übt sich so: ‚Ich werde ausatmen und dabei …'“
[21]

Heutige Methoden

Die Praxisformen des Vipassanā können in eindeutig strukturierte „Techniken“ bzw. „Technikmethoden“ und strukturell vergleichsweise offene „Naturansätze“ unterteilt werden. Wissenschaftlich betrachtet kann keine dieser Praxisformen den Anspruch erheben, „die“ Methode des historischen Buddha zu sein. Denn die relativ interpretationsoffenen Achtsamkeitslehren der im Pali-Kanon überlieferten Reden des Buddha lassen sich zur Begründung aller Ansätze des Vipassanā heranziehen.

Buddhistische Mönche meditieren im Jetavana-Kloster, Sravasti, Uttar Pradesh, Indien

Die Technikmethoden des Vipassanā beruhen stärker auf dem Satipatthāna-Sutta und die Naturansätze stärker auf dem Ānāpānasati-Sutta. Dementsprechend sind die jeweils angewandten Techniken oder Ansätze zum Zwecke der Betrachtung der natürlichen Prozesse von Körper wie Geist unterschiedlich. Laut dem Satipatthāna-Sutta stehen die Vier Grundlagen der Achtsamkeit jeweils weitgehend für sich alleine, weil jede dieser Vergegenwärtigungen bereits für sich als ein voller Befreiungsweg fungieren kann (gemäß dem häufig wiederkehrenden ‚Refrain‘ des Suttas, mit dem die befreienden Einsichten nach jedem Abschnitt erscheinen).[22] Außerdem gibt der Buddha mit diesem Sutta relativ präzise methodische Anweisungen, wie die Betrachtung gemacht werden soll (wenngleich es keine Methoden im Sinne der heutigen Vipassanā-Ansätze sind).

Laut dem Ānāpānasati-Sutta entfalten sich alle Vier Grundlagen der Achtsamkeit dagegen innerhalb der ‚Dachbewusstheit‘ des bewussten Ein- und Ausatmens, die hier also ganz im Zentrum steht, das heißt der eigentliche Befreiungsweg ist. Außerdem gibt der Buddha mit diesem Sutta weniger präzise methodische Anweisungen, sondern beschreibt mehr die sich vertiefenden Zustände von Ruhe und Einsicht, wie sie sich innerhalb der ‚Dachbewusstheit‘ des bewussten Ein- und Ausatmens entwickeln. [23]

Technikmethoden in Anknüpfung an das Satipatthāna-Sutta

Entsprechend diesem Unterschied handelt es sich bei den Technikmethoden, die stärker auf dem Satipatthāna-Sutta beruhen, um ziemlich detaillierte bzw. genau strukturierte „Techniken“ im engeren Sinne, bei denen die Atembetrachtung lediglich eine „vorbereitende“ konzentrative Funktion hat, das heißt nicht als der eigentliche Befreiungsweg des Vipassanā gilt.

Datei:Goenkaji.jpg
Der indische Vipassanā-Lehrer S. N. Goenka, der aus Burma stammt.

Beim „Körperhineinkommen“[24] (engl. body sweeping ‚Körperdurchkehren‘) in der Tradition von U Ba Khin, oder deren einflussreichstem Vertreter S. N. Goenka, werden zur Beruhigung des Geistes vor dem eigentlichen Vipassanā die Empfindungen um die Nasenlöcher bei jeder Ein- und Ausatmung immer präziser betrachtet. Danach wird beim Vipassanā dieses Ansatzes der eigene Körper mit der Achtsamkeit systematisch durchwandert, um die verschiedenen Empfindungsgebiete und, falls sie schmerzlich sind, Spannungsfelder immer unmittelbarer zu erfassen, bis ihre Vergänglichkeit, ihr Ungenügen bzw. ihr Nicht-Selbst auf einer tieferen Ebene verstanden werden. So schwindet zunehmend das unbewusste Ergreifen der Dinge. „Betrachte und reagiere nicht“ oder „bleibe gleichmütig im Verstehen der Vergänglichkeit, der Vergänglichkeit, der Vergänglichkeit“ sind häufig wiederkehrende Anweisungen S. N. Goenkas.

Beim „Benennen“ (engl. labelling ‚Etikettieren‘) in der Tradition von Mahasi Sayadaw wird als Ankerobjekt die Auf- und Abbewegung der Bauchdecke bei jeder Ein- und Ausatmung genommen. Auf der Basis dieses Anker- bzw. Hauptobjektes wird die Palette der betrachteten Phänomene nach und nach erweitert (zu den stärkeren Empfindungen im Körper, den Geräuschen und schließlich den perzeptiven, gedanklichen oder affektiven Vorgängen im Geist), bis allmählich eine „Wahllose Bewusstheit“ eintritt. Das Hauptmittel der immer bewussteren Betrachtung sind hier spontan im Geist auftauchende „Etiketten“. Sie haben die Funktion von inneren Schnappschüssen. Sie sind gleichsam intuitive „Flashes“ des Verstehens, nicht Gedanken im eigentlichen Sinne. Bloß ein kleiner Teil der Aufmerksamkeit soll in die Etiketten fließen, damit sie nicht eigens „hervorgebracht“ werden. In dem Maße, wie auf diese Weise die Anbindung an die Prozesse von Körper und Geist gelingt, fallen sie weg, und es entwickelt sich eine befreiende „Wahllose Bewusstheit“.

Von den Gründermeistern der Technikmethoden gibt es ausführliche Kommentare zum Satipatthāna-Sutta, aber relativ wenige Aussagen zum Ānāpānasati-Sutta (das Gleiche gilt auch für S. N. Goenka, der heute das Körperhineinkommen vor allem verbreitet; in seiner Tradition ist etwa der erste aufbauende Kurs der „Satipatthāna-Sutta-Kurs“, auf dem Goenka ausschließlich dieses Sutta interpretiert).

Der thailändische Meister und Vipassanā-Lehrer Ajahn Buddhadāsa

Naturansätze in Anknüpfung an das Ānāpānasati-Sutta

Bei den Naturansätzen, die mehr auf dem Ānāpānasati-Sutta beruhen, steht die Atembetrachtung als ein vollständiger Befreiungsweg im Mittelpunkt, innerhalb dessen sich Ruhe und Einsicht sukzessive entfalten. Bei Ajahn Buddhadāsa etwa wird der gesamte Prozess der Atmung mit einer bestimmten Systematik betrachtet, sowohl der Ablauf der Atmung (über die Empfindungen um die Nasenlöcher bis zur Bewegung des Brustkorbes und der Bauchdecke bei jeder Ein- und Ausatmung) als auch die subtilen Auswirkungen zunehmend bewussten Atmens auf Körper wie Geist.

Es existieren auch Naturansätze, bei denen die Atmung als ein den ganzen Körper erfassendes Phänomen gilt (nämlich in Form von Sauerstoff, der über das Blut in alle Zellen transportiert wird, was mit bestimmten subtilen Empfindungen in allen Körperbereichen einhergeht). Deshalb wird hier die systematische Betrachtung des Atmens mit der systematischen Betrachtung des gesamten Körpers verbunden (etwa bei dem thailändischen Meister Ajahn Lee Dhammadaro).

Von den Gründermeistern der Naturansätze gibt es ausführliche Kommentare zum Ānāpānasati-Sutta (etwa das von Ajahn Buddhadāsa – oder Buddhadasa Bhikkhu – unten bei „Literatur“ genannte Werk; im englischen Original Mindfulness With Breathing).

Die passende Methode

Alle früheren und gegenwärtigen Vipassanā-Meister, ob Ordinierte oder Laien, sind unter den buddhistischen Völkern in den Theravāda-Ländern Asiens besonders populär. Denn ihre unterschiedlichen Praxisansätze werden den unterschiedlichen Persönlichkeitstypen gerecht.

So richtet sich zum Beispiel der Ansatz des „Körperhineinkommens“ des höchst pragmatischen U Ba Khin, des Leiters der Verwaltung Burmas nach der Kolonialzeit, oder heute von Mother Sayama und S. N. Goenka mit zahlreichen Zentren weltweit, an Menschen mit einer starken Körper- bzw. Empfindungs-Anlage. Das „Benennen“ des auch für seine Gelehrsamkeit berühmten Mahasi Sayadaw ist besonders für Persönlichkeiten mit einer starken Anlage zum Denken geeignet. Der „Weg der Klostergemeinschaft“ des Naturmeisters Ajahn Chahs richtet sich an gemeinschaftsorientierte Menschen mit einer ausgeprägten Gefühls- bzw. Herz-Anlage und die „Naturmethode oder Leerheit aller Dinge“ Ajahn Buddhadāsas an Persönlichkeiten mit einer starken Anlage zur Intuition oder Inspiration.

Deutungsoffener Charakter

Es gibt unterschiedliche moderne Vipassanā-Ansätze. [25] Manchmal wird die eigene Methode als die wahre Überlieferung betrachtet. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den deutungsoffenen methodischen Beschreibungen, wie sie in den grundlegenden Achtsamkeitsreden des Erwachten erscheinen. Und diese bilden die Hauptquellen der modernen Vipassanā-Bewegung – besonders das Satipatthāna-Sutta und das Ānāpānasati-Sutta. In diesen und anderen Reden des Buddha gibt es keinen klaren Nachweis für diese oder jene der heutigen Vipassanā-Methoden, das heißt für ihre jeweilige Systematik des Vorgehens. Aber die Art, die Bezugspunkte und die Zwecke der mit diesen Methoden kultivierten Bewusstheit bzw. sehenden Achtsamkeit stimmen mit den im Pali-Kanon überlieferten Aussagen Buddhas exakt überein.

Aufgrund des deutungsoffenen Charakters der primären Achtsamkeitslehren des Erwachten hat sich die große Zahl der modernen Vipassanā-Ansätze überhaupt erst entwickeln können. Bereits alleine diese Tatsache lässt jeden Anspruch auf eine wahre oder „reine“ Vipassanā-Methode unbegründet erscheinen. Außerdem gibt es eine Vielzahl von alten wie modernen Kommentaren und Praxismanuals im Theravāda, die jene beiden Hauptreden für eine befreiende Achtsamkeits- oder Einsichtspraxis ganz unterschiedlich interpretieren.

Aber was alle Ansätze gemeinsam haben, ist die methodische Entwicklung einer schlichten, nichtbegrifflichen oder intuitiven sehenden Achtsamkeit, einer „Trefflichen Achtsamkeit“ (sammā sati) für die vergänglichen Prozesse von Körper und Geist, um aufzuhören, die Dinge unbewusst zu „ergreifen“, das heißt sich mit ihnen in dem Glauben zu identifizieren, dass sie wahrhaft „Ich“, „mein“ oder „mein Selbst“ seien.

Lehrende

Die Hauptvertreter für die heute wichtigsten Ansätze des Vipassanā sind U Ba Khin und Mahasi Sayadaw („technische“ Methoden aus Burma), sowie Ajahn Chah und Ajahn Buddhadāsa („natürliche“ Ansätze aus Thailand).[26]

Technikmethoden

Der chinesisch-stämmige Vipassanā-Lehrer Bhante Sujiva aus Malaysia

U Ba Khin, mit dessen prägendsten Schülern Satya Narayan Goenka und Mother Sayama mit Saya U Chit Tin, ist der Hauptvertreter der Technikmethode, in deren Zentrum das unmittelbare Verstehen der Vergänglichkeit durch die Betrachtung aller feinen oder groben körperlichen Empfindungen „Vedanā“ steht.[27] U Ba Khin hat verschiedene Asiaten und Abendländer zur Weitergabe seiner besonders körper- bzw. empfindungsorientierten Vipassanā-Methode autorisiert.

Am bekanntesten sind S. N. Goenka und Mother Sayama. Aber auch die Deutschamerikanerin Ruth Denison ist hier zu nennen, die sich in ihrem Meditationsansatz von den vorher genannten beiden Hauptvertretern der Richtung U Ba Khins stark unterscheidet. Dies spricht nicht dafür, dass U Ba Khin in seinem Meditationsansatz strikt festgelegt war.

Mahasi Sayadaw ist der Hauptvertreter der Technikmethode des Benennens oder Etikettierens „Labelling“. Er bezieht sich dabei insbesondere auf den Abhidhamma-Korb des Pali-Kanons, der psychologische und philosophische Begründungen zur Lehre enthält.

Aus dieser Tradition kommen einige Lehrende, die nach ihrer spirituellen Ausbildung eigene Wege eingeschlagen haben, wenngleich auf Grundlage des ‚Benennens‘, wie der in Europa zunehmend populäre und fließend Englisch sprechende chinesisch-stämmige Mönch Bhante Sujiva aus Malaysia, der das Körperhineinkommen mit dem Benennen verbindet sowie andere Meditationsformen des Buddha lehrt. Er hat als Vermittler der Vipassanā-Meditation und der sie zentral ergänzenden Praxis der „Liebenden Güte“ (mettā) aufgrund seiner Koppelung einer profunden Kenntnis des Palikanons mit einer klaren Praxisausrichtung als Meditationslehrer einen wachsend guten Ruf. Er vermengt den frühen Buddhismus nicht mit sekundären Lehren.

Die Amerikaner Bhante Vimalaramsi und Daniel M. Ingram sowie der in Thailand sehr angesehene Hauslehrer des thailändischen Königs, Ajahn Thong, dessen Vipassanā-Ansatz von manchen Zentren in Europa und in Deutschland primär vom „Dhammacari Vipassana Meditationszentrum“ vertreten wird, haben auch eigene Wege eingeschlagen. Ajahn Thong lehrt eine Abfolge von 28 inneren „Touching Points“ für die Achtsamkeit, die in besonderem Maße Energie und Konzentration erwecken können.

Einflussreiche westliche Vertreter des traditionellen „Benennens“ sind etwa der deutsche Mönch Vivekananda, der das frequentierte „Panditarama Lumbini International Vipassana Meditation Center“ in Lumbini leitet, dem Geburtsort des Buddha im heutigen Südnepal. Er kommt auch regelmäßig in den ganzen Westen, um Kurse zu geben. Auch der englische Mönch Bodhidhamma ist unter den klassischen westlichen Vertretern des „Benennens“ zu nennen. Er leitet „Satipanya Buddhist Retreat“, ein neues Zentrum in Wales, England.

Der amerikanische Vipassanā-Lehrer Jack Kornfield in Pasadena 2005

Auch die bekannten amerikanischen Lehrer Jack Kornfield, Joseph Goldstein und Sharon Salzberg kommen aus dieser Tradition (sie sind noch von Mahasi Sayadaw selbst zum Lehren autorisiert worden; Jack Kornfield ist ebenfalls stark von Ajahn Chah geprägt worden). In Deutschland ist Marie Mannschatz, eine Schülerin von Jack Kornfield, als Meditationslehrerin aktiv und eine bekannte Autorin. Der Schweizer Vipassanā-Lehrer Fred von Allmen ist sowohl im Theravāda als auch im Mahāyāna gut bewandert. Kornfields und Goldsteins Ansätze gehören zu seinen Haupteinflüssen.

Ein Hauptmerkmal des von Kornfield, Goldstein und Salzberg gelehrten oder ausgehenden „amerikanischen“ Vipassanā ist ein relativ stark ausgeprägter Synkretismus, das heißt die Vermengung des Vipassanā mit anderen Lehren unter dem Begriff „Vipassanā“, ohne dass diese Vermengung wirklich transparent gemacht wird. Solche Synkretismen bestehen bei Goldstein mit dem tibetisch-buddhistischen Dzogchen, bei Kornfield mit Therapie, Psychologie und der Lehre vom „Wahren Selbst“, bei Mannschatz mit Psychologie und Focusing oder bei von Allmen mit dem Mahāyāna.

Pa Auk Sayadaw aus Burma entwickelte eine weitere wichtige, primär an Texten aus dem Abhidhamma orientierte Technikmethode. Er lehrt die klassischen Konzentrationsmethoden, um auf Grundlage der Ruhemeditation die befreienden Einsichten zu erwecken. Im Westen verbreitet vor allem der tschechische Mönch Dhammadipa, der fließend diverse Sprachen beherrscht, den Ansatz Pa Auk Sayadaws.

Naturansätze

Ajahn Chah ist der Hauptvertreter des „Weges der Ordensgemeinschaft“ mit rund 500 Klöstern in Thailand sowie einem größeren Zweig im Westen, in dem alleine abendländische Männer und Frauen ordiniert sind. Sie bezieht sich insbesondere auf den Vinayapitaka-Korb des Pali-Kanon, der die Ordensregeln enthält.

Ajahn Buddhadāsa mit dessen Schülern, etwa den Briten Christopher Titmuss und Martin Aylward, der das Zentrum „Moulin de Chaves“ in Südfrankreich leitet, ist der Hauptvertreter der „Natur-Methode oder die Leerheit aller Dinge“.

Der westliche Hauptschüler Ajahn Buddhadāsas ist sein langjähriger Übersetzer und der ehemalige Mönch Santikaro. Er leitet heute „Liberation Park“, ein Zentrum und eine Dharma-Gemeinschaft im ländlichen Wisconsin/USA. Gemäß dem auch stark in der Welt engagierten Ansatz Ajahn Buddhadāsas, der als einer der Gründerväter des weltweiten „Engagierten Buddhismus“ gilt, heißt es in der Selbstbeschreibung von „Liberation Park“ unter anderem: „Wir sind dem Aufbau einer Gemeinschaft der befreienden Praxis verpflichtet. Zu diesem Zweck stellen wir eine natürliche Umgebung für individuelle Meditationsretreats zur Verfügung und leben eine buddhistische Ethik der ökologischen und sozialen Verantwortung.“

Die Natur-Methode bezieht sich insbesondere auf den zweiten Korb des Pali-Kanons („Suttapitaka“), der die Lehrreden Buddhas enthält.

Weitere wichtige Vertreter von Naturansätzen sind zum Beispiel der burmesische Meister Sunlun Sayadaw („Berührung und Bewusstheit“), ursprünglich ein einfacher Bauer, der durch seine Einsicht berühmt geworden ist. Er nennt als Schlüsselbegriff einer befreienden Praxis: „Mache Dir jede Körperempfindung so bewusst, wie sie ist, ohne Namen; bis bloß noch das reine Wissen im Empfinden selbst zurückbleibt“; das heißt ein Wissen ohne Konzepte von sich und anderen, wie „mein“ oder „Dein Körper“, „Ich“ oder „ein Selbst“.

Weitere Vertreter von Naturansätzen aus Thailand sind ein Meister der Waldtradition, Ajahn Lee („Der Weg der Atemempfindungen im ganzen Körper“; er sieht als das Geheimnis der Befreiung: „Das Atmen im Gespür halten“) sowie Ajahn Dhammadaro („Empfindungen an der Herz-Basis“; er lehrt als den Praxisweg zur inneren Befreiung, alle Sinneserfahrungen allmählich als „Klare Empfindungen“ zu durchschauen, „die an der Herzbasis entstehen und vergehen“). [28]

Moderne Anwendungen

Praktisch alle Vertreter des Vipassana betonen die weitgehende Unabhängigkeit des Vipassana von kulturbedingten Formen, indem sie sich darauf beschränken, die essenziellen Praxismethoden des frühen Buddhismus und die sie erläuternden Hintergrundlehren zu vermitteln. Das Vipassana ist vergleichsweise stark diesseitsorientiert, weil es in dieser Tradition immer um ein möglichst hohes Maß von Befreiung in diesem Leben bzw. die dementsprechenden Methoden und Lehren geht. Darin unterscheidet sich das Vipassanā von einer jenseitsorientierten Glaubensreligion. Darin unterscheidet es sich ebenfalls von vorbuddhistischen und manchen buddhistischen Glaubensvorstellungen, die in den Ursprungsländern vorhanden sind.

Die grundsätzliche Vipassanā-Methodik der systematischen Bewusstwerdung der natürlichen Gegebenheiten, das heißt der fortwährend entstehenden und vergehenden Phänomene (im Unterschied zu den vom Geiste gemachten, konzeptuellen, lediglich vor-gestellten und damit relativ „statischen“ Gegebenheiten), findet Eingang in unterschiedliche moderne Zusammenhänge – zum Beispiel in Achtsamkeitstherapien, neue psychologische Theorien, esoterische Strömungen oder ein an innerer Praxis orientiertes, reformiertes modernes Christentum.

Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR)

Zu den populäre modernen „Anwendungen“ des Vipassanā gehört vor allem das komplementärmedizinische Behandlungsprogramm MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) des amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn, das primär auf den beiden größten technischen Vipassanāmethoden – des Körperhineinkommens und des Benennens – beruht. Der Erfolg dieses Programms (es wird heute an vielen amerikanischen Kliniken eingesetzt und auch zunehmend in Europa) beruht primär auf dem Argument Kabat-Zinns, dass er zwar bestimmte bewährte Methoden des alten Buddhismus übernommen, aber die „Religion“ Buddhismus weggelassen habe. So wird das Programm attraktiv für alle, die kulturell bedingte Hemmschwellen haben, sich mit der buddhistischen Lehre näher zu befassen.

Kabat-Zinn und maßgebliche Vertreter seines Ansatzes haben zwar die Vipassanā-Methoden aus ihrem frühbuddhistischen Theravāda-Kontext herausgelöst, sie dann aber im Rahmen des MBSR-Programms unausgesprochen mit anderen buddhistischen Lehren verknüpft, nämlich mit solchen des später entstandenen Mahāyāna, die im frühen Buddhismus nicht vorkommen. Kabat-Zinn und Vertreter des MBSR-Programms lehren entgegen ihrem Anspruch, frei von Religion zu sein, durchaus manche religiöse Ansichten. Mit Hilfe des MBSR-Programms werden de facto bestimmte Vorstellungen zu Zwecken der Meditation oder dem Wesen des Menschen und Geistes verbreitet, die dem frühbuddhistischen Ursprungskontext der Achtsamkeitsmethoden der MBSR-Praxis fremd sind.

Literatur

Commons: Vipassana – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Quellentexte aus dem Palikanon
Literatursammlungen
Anleitungen
  • DharmaWeb.org Ajahan Lee Dhammadharo: The Basic of Keeping the Breath in Mind (Kurzform) (engl.)
Weiterführende Seiten

Einzelnachweise

      • Pali-Kanon ist eine (von mehreren!) Überlieferungen alter Buddha-Worte, aber die einzig relevante für Theravada.
      • Frühbuddhismus ist eine historische Epoche (Buddhas Lebzeiten bis 1 (oder 2. oder 3.?) Buddhistisches Konzil), kein idealiserter und einseitig aus dem Pali-Kanon rekonstruierter "Urbuddhismus".
      • Theravada ist eine konkrete buddhistische Tradtionslinie und kein Frühbuddhismus.
      • Vipassana:
        • Moderne Reformbewegung innerhalb des Theravada
        • Moderne Meditationstechniken losgelöst vom buddhistischen Kontext
        • Konkrete frühbuddhistische Praxis, die i.d.R. als Gegenbegriff zu samatha verwendet wird.
  1. !! Argumentation im Kursbuch gegen die üblicheren "Grundlagen" finde ich nachvollziehbar. Aber "Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit" trifft's irgendwie auch nicht recht. Es sind vier "Vergegenwärtigungen", nämlich von Körper, Gefühl usw. Aber Achtsamkeit ist weder der einzige noch der wesentliche Gegenstand der Vergegenwärtigung, wie der Refrain zeigt. Außerdem nimmt der Titel des Suttas keinen Bezug auf die Zahl "Vier". "Vier Grundlagen der Achtsamkeit" macht also keinen Sinn. Die englischen Übersetzungen wählen teilweise sehr freie und weitergehende Bezeichnungen, die den Titel und Inhalt des Gesamtsuttas besser erfassen. Vielleicht "Rede von der Vergegenwärtigung der Achtsamkeit"? Muss noch genauer recherchiert werden
  2. Unter den Vertretern der so genannten „Technikmethoden“ (s.u.) des Vipassana aus Burma spielen der dritte Korb des Pali-Kanons (Abhidhammapitaka), der später als die anderen beiden Körbe (Vinayapitaka und Suttapitaka) entstanden ist, die alten Kommentare zu den Reden des Buddha und das scholastische Werk Visuddhi-Magga eine Rolle in der Begründung ihrer Ansätze. Dennoch begründen auch sie ihre Techniken primär durch die Reden des Buddha. S. N. Goenka zum Beispiel, der in der Linie des burmesischen Meisters U Ba Khin steht und dessen Ansatz des Vipassana weltweit besonders einflussreich ist, zieht zur Begründung der Technik des Body Sweepings hauptsächlich das Satipatthana-Sutta heran. Zu dieser zentralen Rede gibt es in dieser Richtung einen eigenen Kurs für Fortgeschrittene. Vertreter der Technik des „Benennens“ von Mahasi Sayadaw ziehen den Visuddhi Magga stärker mit heran, führen aber ihren Ansatz nicht auf dieses Werk als den Ursprung der Technik zurück. Mahasi Sayadaw hat ausführliche Kommentare zu den alten Reden des Buddha geschrieben. Die Vertreter der Naturansätze des Vipassana aus Thailand, wie Ajahn Chah, Ajahn Buddhadasa oder Ajahn Lee Dhammadaro, berücksichtigen den Abhidhamma, die alten Kommentare zu den Reden des Buddha und den Visuddhi-Magga nicht. Es sind die aus Burma stammenden Techniken, bei denen die vorgenannten späteren Theravâda-Werke eine Rolle spielen, aber auch hier nicht als Ursprung.
  3. Satipatthāna-Sutta, Mittlere Sammlung, Rede 10. „Ekāyana Magga“ war im alten Indien ein besonders feierlicher Begriff, der in den Reden des historischen Buddha bloß an dieser Stelle auftaucht, was die Bedeutung des Satipatthāna-Sutta aufzeigt. Es ist auch ein komplexer Pali-Begriff, der zugleich „Direkter Weg“, „Einziger Weg“ und „Weg bloß für einen allein (als primär selbstständig zu beschreitenden Weg)“ bedeutet.
  4. Vgl. zum Beispiel das Mahāparinibbāna-Sutta, Rede 16 der Längeren Sammlung der Lehrreden des Buddha. Hier ist von Hunderten von Laienanhängern alleine im Orte Nādikā die Rede, welche die Endgültigen Befreiungsstufen des buddhistischen Entwicklungsweges verwirklicht haben.
  5. Der vielleicht bekannteste Vertreter einer Wendung gegen die Glaubenselemente der Theravāda ist der sehr einflussreiche thailändische Meister Ajahn Buddhadāsa (1906-1993). Er wandte sich auch gegen manche monotheistische Ansichten. Solche Aussagen von ihm sind etwa: „Es gibt bloß einen Satan: Selbstsucht!“ Oder: „Wahre Praxis bedeutet, über den Einfluss von 'gut' und 'schlecht' hinausgelangt zu sein. Denn 'gut' und 'schlecht' sind bloß relative Wahrheiten. Sie gehören genauso zum Strom des Entstehens in Abhängigkeit wie alles andere auch. Deshalb sind sie letztlich kein 'Selbst', keine 'Seele', kein 'Ding'. Buddhismus ist die Religion der Leerheit von einem Selbst.“ (Interview von Christopher Titmuss mit Ajahn Buddhadasa, Thailand 1992 und 1988, Gaia House Tape Library, West Ogwell, Newton Abbot, Devon, UK.) Ajahn Buddhadāsa versteht „Selbstsucht/Selbst-Sucht“ sowohl im Sinne von Egoismus als auch des zugrunde liegenden Haftens an der Vorstellung eines wahrhaft existenten „Selbst“ bzw. „Ich (und mein)“.
  6. Der Indologie-Pionier Erich Frauwallner bezeichnet „Erlösungspragmatismus“ als das Hauptmerkmal der Lehre des historischen Buddha. Siehe seinen grundlegenden, als richtungsweisend geltenden Aufsatz Der Buddha und der Jina. In: Frauwallner, E., Geschichte der indischen Philosophie, 1. Band, Salzburg: Otto Müller Verlag, 1953. Neuauflage: Shaker, 2003.
  7. Mit diesem Satz fasst Buddha seine Lehre gegenüber dem Mönch Anuradha zusammen. Quelle: Anuradha Sutta (SN 44,2).
  8. Bhāvanā bedeutet auf Pali ‚Kultivierung‘ oder ‚Meditation‘
  9. vgl. Vorlage:IMDb Titel und Vorlage:IMDb Titel
  10. Alleine in Burma gibt es mindestens 24 unterschiedliche methodische Ansätze des Vipassanā; laut Houtman, G.: The Tradition of Practice among Burmese Buddhists. Dissertation, School of Oriental and African Studies, University of London, 1990.
  11. In diesem Artikel werden die buddhistischen Fachbegriffe in allen ihren Bestandteilen großgeschrieben, also etwa Treffliche Achtsamkeit oder Höchste Realität.
  12. Eine wiederholte Aussage Goenkas bei den Zehntageskursen
  13. Der Pali-Begriff „cittam“ bedeutet ebenso Herz wie Geist, also eigentlich „Herzgeist“, wird aber im Westen meistens bloß verkürzt mit „Geist“ wiedergegeben. Es geht im Buddhismus nicht bloß um die Entwicklung der geistigen oder Kognitionsfähigkeiten, sondern ebenfalls um die Entwicklung der ethischen oder Herzqualitäten. Denn letztere gelten in allen Richtungen des Buddhismus als die Grundvoraussetzung für die tieferen, befreienden Einsichten.
  14. vgl. Hans Gruber: Der Weg der sehenden Achtsamkeit. (PDF) In: Buddhismus Aktuell 2/08. 2008, abgerufen am 5. Mai 2009., S. 50
  15. Der Titel des Sutta auf Pali ist mehrdeutig. Die meisten Autoren übersetzen ihn als "Grundlagen der Achtsamkeit" (sati-patthāna), andere als "Grundlagen der Achtsamkeit" (sati-upatthāna). Vgl.: Hans Gruber: Kursbuch Vipassanā (2001), S. 203f.
  16. Die maßgebliche wissenschaftliche Arbeit zum Satipatthāna-Sutta ist die Dissertation des Theravāda-Mönches und Vipassanā-Lehrers Anālayo (er lehrt Vipassanā in der Tradition von S. N. Goenka) : Satipatthāna, The Direct Path to Realization, Kandy/Sri Lanka: Buddhist Publication Society, 2003, 319 Seiten. Auch von Windhorse Publications in England erhältlich. Das gut lesbare Buch empfiehlt sich nicht bloß für Wissenschaftler. Kurze Resümees der Meditationsreden von Hans Gruber: Die grundlegenden Meditationslehren des Buddhismus; sowie Anālayo mit einem Aufsatz zur Achtsamkeit „Sati“ in den Lehrreden des Buddha: Mindfulness in the Pali Nikayas. In: K. Nauriyal (Ed.), Buddhist Thought and Applied Psychological Research, London: Routledge Curzon, pp. 229-249; dt. Sati in den Pali Lehrreden.)
  17. Die Übersetzungen hier im Zusammenhang des Satipatthana-Sutta sind Zumwinkel (2001) entnommen. Als Ausnahme wird anupassanā mit „Vergegenwärtigung“ oder „vergegenwärtigen“ statt „betrachten“ übersetzt, wie von Gruber (2001) empfohlen.
  18. In der Lehrrede wird der Mönch (bhikkhu) angesprochen, gemeint ist aber jeder Praktizierende, Mönch und Laie.
  19. Der Begriff dhamma in dhammānupassanā wird meist als „Geist(es)objekte“ übersetzt (so etwa Kay Zumwinkel, Nyanaponika oder K.E. Neumann; englisch mental objects etwa Soma Thera und Nyanasatte Thera) oder „Gegebenheiten“ (so etwa Klaus Mylius: Die Vier Edlen Wahrheiten, Philipp Reclam jun., Leipzig 1988, ISBN 3-379-00268-2, S. 114ff. und Peter Gäng).
    Der Indologe Hans Gruber kritisiert diese Übersetzung, da nur der dritte Abschnitt überhaupt „Geist“ und „Geistobjekte“ (dhamma) behandele, und zwar als lediglich eine von sechs Sinnesebenen (saḷāyatana). Im Theravāda werde außerdem, anders als in vielen Richtungen des Mahāyāna, nicht davon ausgegangen, dass letztlich alles „Nur Geist“ (citta-mātra) sei.
    Die Übersetzung „Natürliche Wahrheiten“ begründet Gruber (Kursbuch Vipassanā (2001), insb. S. 212ff. und S. 259f.) damit, das hier die grundlegenden Lehren des Erwachten zur Fesselung und zur Befreiung von der Welt genannt werden, die mit der vierten Vergegenwärtigung der Achtsamkeit so tief verstanden werden können, dass sie ihr befreiendes Potenzial ganz entfalten. Diese grundlegenden Lehren behandeln „Natürliche Wahrheiten“, die mit der vierten Vergegenwärtigung infolge des achtsamen Untersuchens und Vertrautwerdens mit allen Körper-Geist-Prozessen auf der Ebene der ersten drei Vergegenwärtigungen in ihrer Tiefendimension „aufscheinen“. Es sind Wahrheiten, die als „Natürliche Wahrheiten“ unmittelbar in der eigenen Erfahrung verifizierbar sind. Dadurch befreien sie von den Fesseln (saŋyojana) von Geist und Herz.
  20. Übersetzung: Zumwinkel (2001)
  21. !! QUELLE FEHLT - inwiefern kann aus dem Refrain diese Behauptung abgeleitet werden?
  22. Der Indologe Hans Gruber ist mit einem Überblicksvortrag zum Vipassanā unter anderem näher auf diesen unterschiedlichen Charakter der beiden grundlegenden Achtsamkeitsreden des Buddha eingegangen. Der halbstündige Vortrag kann als kostenloses Audio hier heruntergeladen werden.
  23. Diese Tradition selbst bevorzugt als Wiedergabe von „Body Sweeping“ etwa die Ausdrücke „systematische Empfindungs-Beobachtung“ oder „Körper-Empfindungs-Beobachtung“. Die Gründe für die Wahl „Körperhineinkommen“ (Hans Gruber) sind folgende: 1) Die im Abschnitt „Etymologie“ erklärten Hauptbegriffe der zentralen Achtsamkeitsreden des Buddha deuten auf eine unmittelbare, möglichst nahtlose Qualität des achtsamen Betrachtens hin, womit die gewöhnliche Spaltung von Subjekt und Objekt, das heißt von beobachtendem „Selbst“ bzw. „Ich“ und beobachtetem „Objekt“, zunehmend schwinden soll. 2) Der Begriff „Beobachtung“ erscheint nicht in den Achtsamkeitsreden des historischen Buddha, den Hauptquellen aller heutigen Vipassanā-Ansätze. 3) Das Herzstück des Satipatthāna-Sutta ist der häufig wiederkehrende Refrain, mit dem die fortschreitende, befreiende Einsicht im Zusammenhang mit der jeweils vorhergehenden Methode beschrieben wird. Der erste Satz dieses Refrains und der erste Satz der Definition der Achtsamkeit in der Einleitung des Suttas beschreiben, welche Art von Achtsamkeit der Praktizierende kultivieren soll. Dieser Satz lautet wörtlich übersetzt: „Hier bleibt man verankert `im unmittelbaren Betrachten des Körperlichen im Körperlichen´ (kāye kāyānupassī), voll entschlossen, klar bewusst und achtsam gegenwärtig, um alle Begehrlichkeiten und Bekümmernisse hinsichtlich der Welt abzulegen.“ Dieser Kernausdruck des ganzen Suttas, nämlich „im unmittelbaren Betrachten des Körperlichen im Körperlichen“, weist wiederum auf eine möglichst spaltungsfreie Art des achtsamen bzw. bewussten Betrachtens hin; das heißt, gleichsam das Körperliche von innen heraus betrachtend („des Körperlichen im Körperlichen“) und nicht, als sei das Körperliche ein „Objekt“ oder als seien die Körperempfindungen „Objekte“, als bestehe ein „Beobachter“ von außen. Um diese Qualität des achtsamen Betrachtens wiederzugeben, um die es in den Achtsamkeitsreden des Erwachten geht, wird die Wiedergabe „Körperhineinkommen“ für „Body Sweeping“ gewählt.
  24. Vgl. diesen frei herunterladbaren Überblick über das Vipassanā von Hans Gruber.
  25. Vgl. Gruber, Hans: Kursbuch Vipassanā: Wege und Lehrer der Einsichtsmeditation, Fischer Verlag, 2. Aufl. 2001. „Vipassanā“ wird häufig mit den Technikmethoden assoziiert, was mit deren Bekanntheitsgrad und zum Teil mit einer gewissen Monopolisierung des Vipassanā-Begriffs zu tun hat. „Vipassanā“ umfasst alle Wege zur befreienden Schau der „Drei Universellen Merkmale“ (Vergänglichkeit, Ungenügen und Nicht-Selbst) in den körperlichen oder geistigen Dingen, indem eine nichtbegriffliche, sehende Achtsamkeit kultiviert wird. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Kultivierung auf eine „technische“ (methodisch genau festgelegte) oder eine „natürliche“ (methodisch offen gehaltene) Art und Weise geschieht. So kommen heute zum Beispiel diverse einflussreiche Vipassanā-Lehrende aus der westlichen Klostertradition von Ajahn Chah, obwohl dieser Meister der thailändischen Waldtradition in methodischer Hinsicht nicht festgelegt war.
  26. Laut S. N. Goenka ist jede Körperempfindung „eine Manifestation der Vergänglichkeit“ und damit das Erfassen der Körperempfindungen der beste Weg zum befreienden Verstehen der „Drei Universellen Merkmale“ der Vergänglichkeit, des Ungenügens oder Nicht-wirklich-befriedigen-Könnens bzw. des Nicht-Selbst.
  27. Ein grundlegendes Werk, mit dem sechs maßgebliche burmesische und sechs maßgebliche thailändische Gründermeister des Vipassanā eingehend dargestellt werden (in ihren eigenen Worten, mit denen ihre jeweiligen Grundlehren und Ansätze deutlich werden, nach kurzen Einleitungen zu ihnen) : Kornfield, Jack (Ed.) : Living Dharma, Teachings of Twelve Buddhist Masters, Boston/USA: Shambhala Publications, 1995 (ursprünglich: Living Buddhist Masters, Kandy/Sri Lanka: Buddhist Publication Society, 1977).
  28. Die Übersetzungen von K.E. Neumann sind sehr alt und umstritten, aber die einzigen online verfügbaren deutschen Übersetzungen. Für eine aktuelle Übersetzung siehe: Kay Zumwinkel: Die Lehrreden des Buddha aus der Mittleren Sammlung.
  29. Maßgeblicher Neuübersetzer der Reden des Palikanons.