Zum Inhalt springen

Geschichte Polens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Februar 2004 um 21:14 Uhr durch 62.180.221.255 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Geschichte Polens


Die Zeit der Teilungen

Unter König Jan Sobieski kam es Ende des 17. Jahrhunderts noch einmal zu einer kurzen Blütezeit, die unter dem sächsischen und polnischen König August der Starke zu Ende ging. 1772 kam es dann zur 'ersten polnischen Teilung' unter Stanislaus II. August, in der sich Preußen Pommerellen einverleibte, Russland nahm sich Teile Weißrusslands und Österreich nahm sich Galizien.

1791 gab sich Polen die 'erste geschriebene Verfassung' Europas, die für die damalige Zeit als revolutionär galt. Durch von außen geschürte Instabilität wurde dann die 'zweite polnische Teilung' begünstigt, in deren Verlauf Preußen das polnische Kernland um Posen als gleichnamige Provinz zugeteilt bekam, während Russland weitere Teile Weißrusslands und der Ukraine bekam. Der darauffolgende Aufstand unter Tadeusz Kościuszko bot den Anlass, den Reststaat vollends zu liquidieren ('dritte polnische Teilung').

1807 errichtete Napoleon zwar ein Herzogtum Warschau, das aber nach den napoleonischen Kriegen als "Kongresspolen" zu einem russischen Satellitenstaat wurde, der immer mehr Einschränkungen hinnehmen musste.

In den drei Landesteilen fanden 1830/31, 1846 und 1863 Aufstände statt. Vor allem in Preußen und Russland wurde eine radikale Germanisierungs- bzw. Russifizierungspolitik durchgeführt. Im 1. Weltkrieg versuchte das Deutsche Reich die polnische Bevölkerung für sich zu gewinnen, indem es ein unabhängiges Königreich Polen auf russisch beherrschten Landesteilen in Aussicht stellte und 1916 proklamierte.

Piłsudski zog mit seiner Armee zusammen mit Österreich und Deutschland gegen die russische Armee.

Die Zweite Republik: Zwischen Demokratie und Diktatur

Anfang des Jahres 1918 gewann Polen zusammen mit anderen Ländern durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk seine Unabhängigkeit von Russland.

Durch Eintritt der USA verlor Deutschland den Krieg. Polen wurde Republik und bekam die preußische Provinz Posen und einen Zugang zur Ostsee bei Gdingen (Gdynia) ("polnischer Korridor").

1918 wurde J. Piłsudski Staatspräsident des wiederentstandenen Polen. Polen versuchte, die alten Grenzen unter Einschluss Litauens, Weißrusslands und der Ukraine, die damals von Millionen von Polen bewohnt wurden, wiederherzustellen, was zum Krieg mit Russland führte. Die litauische Hauptstadt Vilnius wurde besetzt, ebenso wie (vorübergehend) Kiew.

1921 wurde ein Friedensvertrag geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Polen entwickelte hierbei insbesondere gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich - welche den Bau eines neuen Hafens in Gdynia finanzierten. Aus dem preußischen Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein polnischer Groß- und Militärhafen mit über 100.000 polnischen Einwohnern. Ebenso wurde aus dem Danziger Hafen Westerplatte ein polnisches Munitionslager. Der Zugang zu Ostpreußen vom restlichen Deutschen Reich war nur noch per Korridorzug auf der Ostbahn oder per Schiff (Seedienst Ostpreußen) möglich.

1935 starb Piłsudski, was Polen schwächte. Parallel dazu wuchs die Bedrohung aus Deutschland, das die Abtretung von Posen und dem polnischen Korridor nicht akzeptieren wollte. Nach Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes 1939 folgte der Überfall Deutschlands auf Polen am 1.9.1939, was den Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs und damit den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte. Kurz darauf wurde Polen - wie in einem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen - auch von der Sowjetunion angegriffen.

Zweiter Weltkrieg: Das besetzte Polen

Polen wurde 1939 zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt, die polnische Regierung von Präsident Sikorski ging zuerst nach Paris, später nach London ins Exil und organisierte von dort aus die Streitkräfte neu.

Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen. Die deutsche Besatzungsmacht errichtete ein Generalgouvernement Polen, in dem Polen den Status von Arbeitssklaven erhielten. Langfristig sollte der gesamte polnische Raum germanisiert werden, was in der Konsequenz die Vernichtung des polnischen Volkes einschloss. Die Namen von Vernichtungslagern, wie Auschwitz, Majdanek oder Sobibor, stehen für unzählige Morde an Polen durch Deutsche.

Bis 1941 waren auch die Polen, die in Ostpolen unter sowjetische Herrschaft geraten waren, von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Viele Menschen wurden nach Sibirien deportiert; ein eklatantes Verbrechen war die Massenerschießung von polnischen Offizieren durch sowjetische Truppen bei Katyn 1940.

Während des Krieges und der Besatzungszeit kamen über 6 Mio. Polen, davon 3 Mio. jüdische Einwohner, ums Leben.

Durch Bildung von Partisanengruppen versuchten Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand zu leisten. 1943 wurde ein Aufstand im jüdischen Ghetto von Warschau niedergeschlagen. 1944 scheiterte ebenfalls in Warschau ein Befreiungsversuch nationaler polnischer Verbände, da die Sowjetunion kein Interesse hatte, diese Einheiten zu unterstützen. Warschau wurde von deutschen Truppen dem Erdboden gleichgemacht.

Angesichts der ganz offenbaren Leiden der polnischen Bevölkerung wurde lange die Tatsache verdeckt, dass Polen auch zu Tätern geworden waren. Angestoßen wurde eine Debatte über polnische Täter durch die Geschehnisse im Ort Jedwabne, wo sich polnische Nachbarn an der Ermordung ihrer jüdischen Mitbürger beteiligt hatten.

Nach Ende des Krieges 1945 wurde Polen mit der Vertreibung polnischer Bürger aus der Ukraine, Litauen und Weißrussland und deren Ansiedlung in den ehemals deutschen Ostgebieten gewaltsam nach Westen verschoben, in die Grenzen des mittelalterlichen Piastenreiches. Dies ging mit hohen Verlusten an Menschenleben und viel menschlichem Leid unter Polen und Deutschen, die ihrerseits aus ihrer Heimat vertrieben wurden, vonstatten.

Die Volksrepublik Polen: Herrschaft der Kommunistischen Partei

Die Ostgrenze Polens wurde 1945 von der kommunistischen Regierung anerkannt. Gleichzeitig fanden Verstaatlichungen und Kollektivierungen statt. 1950 wurde die Oder-Neisse Linie als polnische Westgrenze auch von der DDR anerkannt.

1956, 1970 und 1980 kam es in Industriebetrieben (v.a. an der Küste) zu Streiks gegen die kommunistische Regierung, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Parallel wurde in den siebziger Jahren unter dem deutschen Kanzler Brandt eine Entspannung im westdeutsch-polnischen Verhältnis eingeleitet (Warschauer Kniefall).

Wendezeit: 1980-1990: Kampf um Demokratie und Unabhängigkeit

Während des Streiks 1980 wurde die unabhängige Gewerkschaft Solidarność unter Wałęsa gegründet und gerichtlich bestätigt. 1981 wurde General Wojciech Jaruzelski Präsident und verhängte das Kriegsrecht, um mehr Vollmachten im Kampf gegen Solidarność zu haben. Mehr als 1000 Personen wurden interniert. Ende der 80er Jahre wurde der Druck durch immer neue (von der katholischen Kirche unter Papst Johannes Paul II. moralisch unterstützte) Streiks so groß, dass in Runden-Tisch-Gesprächen für 1989 freie Wahlen angesetzt wurden. Die Zahl der Abgeordnetenmandate, die für die Opposition erreichbar waren, wurde allerdings beschränkt. Als Solidarność jedoch die volle Zahl der erreichbaren Mandate errang, bedeutete dies das Ende der kommunistischen Herrschaft. Wałęsa wurde Staatspräsident und Polen ein freier, marktwirtschaftlicher Staat. Diese Ereignisse trugen maßgeblich zum Fall der Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.

Die Dritte Republik: Anschluss an den Westen

1990 wurde die Westgrenze Polens durch das wiedervereinigte Deutschland bestätigt. Die Kontakte Polens zu seinem westlichen Nachbarn entwickeln sich seitdem sehr vertrauensvoll und eng. Auch zwischen ehemaligen deutschen Bewohnern der damaligen Ostgebiete und den heutigen polnischen Einwohnern sind inzwischen viele Freundschaften entstanden. Polen gilt heute als wirtschaftlich aufstrebender, stabiler und demokratischer Staat, was in seiner Aufnahme in die NATO (12. März 1999) und seiner baldigen Aufnahme in die EU (Mai 2004), nach dem die überwiegende Mehrheit der polnischen Bürger sich in einer Volksabstimmung im Juni 2003 für den EU-Beitritt ausgesprochen hat) Ausdruck findet. Der Grad der Westintegration Polens findet u.a. auch in der Übernahme der Verwaltung einer von drei Besatzungszonen im Irak nach dem 3. Golfkrieg 2003 seinen Ausdruck.