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Zwillingsdefizit

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Das Zwillingsdefizit bezeichnet das gleichzeitige Leistungsbilanzdefizit und Budgetdefizit (Haushaltsdefizit) eines Staates. Im Volksmund bezeichnet man Staaten, die ein solches Zwillingsdefizit aufweisen, als „über ihre Verhältnisse leben“.

Ein Leistungsbilanzdefizit bedeutet, dass die jeweilige Volkswirtschaft zu viele Güter importieren als exportieren. In anderen Worten, sie produzieren weniger, als sie konsumieren. Normalerweise hat eine solche Konstellation zur Folge, dass die Währung an Wert verliert. In einem solchen Fall sinken die Preise der inländischen Güter und können in der Welt (Ausland) billiger angeboten werden. Im Umkehrschluss werden die Exportgüter im Verhältnis teuerer. Folglich werden mehr inländische Güter von der übrigen Welt nachgefragt und die Nettoexporte der jeweiligen Volkswirtschaft steigen. Über diesen Mechanismus gleicht sich das Leistungsbilanzdefizit wieder aus. Da aber eine Preisveränderung (durch die Abwertung der Währung) schneller umgesetzt wird, als die Menge der Güter, verschärft sich zunächst das Defizit; langfristig wird es sich aber erholen. Grafisch würde dieser Effekt wie ein J aussehen, daher spricht man auch von dem J–Kurven–Effekt.

Das Haushaltsdefizit beschreibt die Schuldenlast des Staates, gemessen am BIP. Da der Staat vermehrt nachfragt, kann es auf den Märkten entweder zu einem Verdrängungseffekt oder Multiplikatoreneffekt (s. auch deficit spending) kommen. Aufgrund der vermehrten Nachfrage des Staates, erhöhen sich die Zinsen. Dadurch gehen die privaten Investitionen zurück. Höhere Zinsen bedeuten in einer offenen Volkswirtschaft aber, daß das jeweilige Land interessant für Kapitalanleger wird.

Durch das Einfließen des Kapitals (Direktinvestitionen) werden die Defizite mehr oder weniger finanziert. Allerdings bewegt sich diese Art von Finanzierung auf sehr dünnem Eis, denn die Wirtschaft und Währung basieren sehr instabil, da sie mehr von dem Vertrauen der Anleger gestützt werden. Fällt das Vertrauen weg oder ein anderes Land wird für Anlagen attraktiver, dann kann unter Umständen die betroffene Volkswirtschaft in sich zusammenbrechen.

Prominentestes Beispiel für ein Zwillingsdefizit sind die USA, die seit Beginn der 80er Jahre anfänglich unter Ronald Reagan die Defizite sukzessiv ausbauen. Die willkommene Möglichkeit, die Defizite mit ausländischen Kapital zu finanzieren geht auf den ehemaligen Finanzminister O'Neill zurück. Seitdem spricht man auch von der O'Neill-Doktrin Seine diesbezüglichen Äußerungen (auf einem G7 Gipfel) blieben aber nicht kritiklos.