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Carcassonne

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Dieser Artikel befasst sich mit der Stadt Carcassonne. Für weitere Bedeutungen siehe: Carcassonne (Begriffsklärung).


Carcassonne, restaurierte Oberstadt (Cité)

Carcassonne ist eine Stadt in Südfrankreich und Hauptstadt (Präfektur) des Départements Aude. Carcassonne liegt ca. 70 km nordwestlich von Perpignan an einer alten Handelsstraße zwischen Mittelmeer und Atlantik und hat ca. 44.000 Einwohner.

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Stadtmauer der Cité

Die Stadt wurde von den Römern im 1. Jahrhundert v. Chr. gegründet und zählt heute zu den am vollständigsten erhaltenen Festungsstädten Europas.

Im 13. Jahrhundert beherbergte die Festung die zentrale Verwaltung der Inquisition in Süd-Frankreich.

Sie war Zentrum der vorreformatorischen Katharerbewegung. Mit Toulouse ist sie eine der wichtigsten Städte der historischen Region Okzitanien.

Die im 19. Jahrhundert vom Architekten Eugène Viollet-le-Duc restaurierte Altstadt mit gut erhaltener doppelter Stadtmauer wurde 1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Datei:Carcassonne 03 gr.jpg
Blick über Carcassonne

Der Canal du Midi führte zunächst an der Stadt vorbei, wurde aber kurze Zeit später von den Bürgern der Stadt durch diese geführt, als sie die wirtschaftlichen Vorteile eines Kanals erkannten.


Militärische Geschichte der Festungsstadt

Die Burgstadt liegt auf einer Anhöhe über dem Aude-Tal und erlaubte die Kontrolle von Handelswegen zwischen Atlantik und Mittelmeer. Durch archäologische Ausgrabungen konnte die Existenz einer Niederlassung im 6. Jh. v. Chr. nachgewiesen werden. Die Gründung der Colonia Julia Carcaso und des Castellum Carcaso fand 43-30 v. Chr. statt. Nach den ersten Einfällen der Völkerwanderung errichteten die Römer im 3. Jh. n. Chr. einen von Türmen flankierten Mauerring zum Schutz der Kolonie, der noch heute einen Großteil des inneren Mauerrings bildet. Der Ring besteht aus vier Toren und 30 Türmen gallisch-römischen Typs (nach außen rund und nach innen eckig). Dennoch besetzten 412 die Westgoten die Burgstadt, denen oft fälschlicherweise der Bau der Festung zugeschrieben wird. 509 drängte Chlodwig die Westgoten bis Carcassonne zurück; konnte die Stadt jedoch nicht einnehmen. Erst die Araber besetzen 725 die Stadt und konnten sie trotz ihrer isolierten Lage auch nach der Niederlage 732 in der Schlacht von Poitiers halten. Um 750 eroberte Pippin der Kleine auch mit Hilfe der in Septimanien verbliebenen westgotischen Stämme die Festung und das Gebiet wurde fränkisches Lehen. 1067 ging das Lehen an das Haus Barcelona und bald darauf an Trencavel, den Vicomte von Béziers.

60 Jahre später wurde das heutige Grafenschloss errichtet. Innerhalb der Burgstadt bilden seine Mauern ein Rechteck, das von fünf Türmen und einem trockenen Graben beschützt wird. Die ehemals hölzernen Hurden wurden im 19. Jh. teilweise durch Viollet-le-Duc rekonstruiert. Das Eingangstor verschlossen zwei Fallgatter und eine eisenbeschlagene Tür, die von verschiedenen Personen bedient werden mussten - um Verrat zu verhindern.

Im Verlaufe des 12. Jhs. verbreitete sich die katharische Lehre (Albigenser) über die Grafschaft von Toulouse mit Carcassonne als wichtigem Zentrum. Nach dem Aufruf des Papstes Innozenz III. zum Albigenserkreuzzug 1209 unterwirft sich der Graf von Toulouse Raimund VI. dem Heer nordfranzösischer Ritter unter Simon von Montfort. Daraufhin werden die Besitzungen des Vizegrafen von Carcassonne und von Béziers Raimund-Roger von Trencavel überfallen. Carcassonne, dessen Befestigungsanlagen zum großen Teil bereits 1000 Jahre alt waren, wird nach zweimonatiger Belagerung (wahrscheinlich durch Verrat) genommen. Béziers wird ebenfalls erobert, die Bevölkerung beider Städte massakriert und Simon erhält das Lehen. Wie die Barone des vierten Kreuzzugs versuchte er sich ein eigenes Fürstentum zu erobern; neben zahlreichen Burgen wird 1216 Toulouse von eingenommen. Die Stadt wird jedoch ein Jahr später durch Raimund VII. im Handstreich zurückgewonnen. Simon von Montfort stirbt bei der anschließenden Belagerung der Stadt. Sein Sohn und Erbe Amaury von Montfort kann die eroberten Gebiete nicht halten. 1223 wird Carcassonne durch Raimund VII. belagert und am 14. Januar 1224 tritt Amaury in einem Friedensvertrag die Stadt ab, geht in die Ile de France zurück und gibt das Lehnsrecht an seinen Lehnsherrn, den französischen König Ludwig VIII., ab. Zwei Jahre später besetzt der König kampflos die Stadt und der kriegsmüde Adel unterwirft sich zunehmend der Krone. Die Grafschaft Toulouse fällt 1229 im Vertrag von Paris größtenteils an den König; der Rest wird 1271 folgen. Nach 20 Jahren Kreuzzug ist die Wirtschaft der Region schwer geschädigt und die blühende Ritterkultur des Languedoc vernichtet.

1240 belagert Raimund II. Trencavel mit Unterstützung von Aragon nochmals Carcassonne. Es kommt zum Aufstand in der Region. Die Belagerung wird jedoch nach drei Monaten durch ein vom König entsandtes Heer beendet. Die Vororte werden zur Strafe geschliffen.

Ab 1247 entsteht am linken Flussufer die Unterstadt. In der Folgezeit bis etwa 1285 lässt der König einen äußeren Mauerring errichten und verstärkt den inneren Ring in dessen Schutz. Der äußere Ring mit Zinnen und Hurden ist niedriger als der innere und liegt in dessen Schussbereich. Niedrige nach innen offene Türme wechseln sich mit hohen kreisrunden geschlossenen ab, die zu eigenständigen Bollwerken umfunktioniert werden konnten. Der mächtigste von ihnen ist mit 25 m Höhe der an der Südostecke stehende Vade-Turm. Durch diese Konstruktion wird die innere Mauer vor Wurfgeschossen geschützt, sowie vor Sappengräbern und Untergrabung. Der künstlich erzeugte Engpass zwischen den Mauern setzte die Belagerer nach Einnahme der äußeren Mauer dem Beschuss sowohl von der inneren Mauer wie von den noch nicht eingenommenen Türmen der äußeren aus. Verwinkelte Zufahrten, Zugbrücken und mächtige Türme behinderten den Einsatz von Belagerungswaffen gegen die Tore. Nach diesen Umbauten galt die Stadt als uneinnehmbar, verlor jedoch gleichermaßen auch an strategischer Bedeutung.

Edward, der Schwarze Prinz, verzichtet 1353 auf eine Belagerung; lässt dagegen die Unterstadt in Brand stecken. Als ab 1659 Roussillon zum französischen Reich gehört, ist Carcassonne nicht mehr Grenzfestung und verliert an Bedeutung. Die Befestigungsanlagen entstammen verschiedenen feudalen Bauepochen von der gallo-römischen Zeit bis zum Hochmittelater und stellen ein herausragendes Beispiel mittelalterlicher Verteidigungstechnik dar. Erst mit der aufkommenden Artillerie der Neuzeit verloren die Konstruktionsprinzipien ihre Gültigkeit.

Literatur

Carcassonne. Katharische Burgen, Editions Estel - Blois, 2004, ISBN 2-912426-16-2

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