Analverkehr
Unter Analverkehr oder Analkoitus (von lat. anus After) versteht man das Einführen des erigierten männlichen Gliedes in den After des Sexualpartners/der Sexualpartnerin. Kein Analverkehr ist im engeren Sinne dagegen das Einführen eines Sexspielzeugs (Dildo, Butt Plug, Vibrator) oder der Hand (Fisting) oder der Zunge (Anilingus) – so, wie ja auch die gegenseitige Masturbation mit Sexspielzeug ebenfalls kein Geschlechts"verkehr" im engeren Sinne wäre. (Somit ist Analverkehr nur eine von vielen möglichen sexuellen Praktiken mit Bezug auf den Anus.)
Allgemeines
Der Afterbereich ist bei beiden Geschlechtern eine sexuell stimulierbare erogene Zone, die mit vielen Nervenenden ausgestattet ist. Beim Mann führt passiver Analverkehr zusätzlich zur Reizung der sexuell empfindlichen Prostata, die einen Orgasmus auslösen kann. Bei der Frau kann durch Analverkehr auch der A-Punkt und das Scheidengewebe stimuliert werden.
Aktiv wird beim Analverkehr diejenige Person genannt, die ihren Penis einführt, passiv diejenige, bei der der Penis eingeführt wird. Beides kann als lustvoll empfunden werden.
Weder Darm noch Penis produzieren genug natürliche Gleitflüssigkeiten, so dass für den Analverkehr im Allgemeinen ein Gleitmittel (am besten spezielle fettfreie synthetische Gleitmittel, die Latexkondome nicht angreifen) verwendet werden muss. Wird behutsam vorgegangen, ist der passive Partner jedoch in der Lage, den Schließmuskel so weit zu entspannen, dass ein Eindringen (mit Gleitsubstanzen) völlig schmerzfrei möglich ist und der Analverkehr als lustvoll empfunden werden kann. Aktuelle Studien zur Verbreitung des heterosexuellen Analverkehrs sind nicht bekannt.
Der passive Partner kann sich auf den Analverkehr vorbereiten, z.B. durch eine Analspülung (bzw. Einlauf). Ebenso werden von einigen Liebhabern des Analverkehrs im Vorwege spezielle Übungen zur Analdehnung vorgenommen. Zur Stimulation kann der aktive Partner bzw. die aktive Partnerin den passiven Partner mit den Fingern oder Objekten wie Dildos oder Butt Plugs penetrieren. Es kann auch ein Harness benutzt werden, um damit den Dildo wie einen künstlichen Penis zu benutzen (auch als Strap-on bekannt). Dies ist oft eine Spielart des BDSM und wird Pegging genannt.
Risiken, Safer Sex und HIV
Beim Analverkehr besteht gegenüber dem Vaginalverkehr erhöhte Verletzungsgefahr: Die stark durchblutete Schleimhaut des Enddarms ist wesentlich empfindlicher als beispielsweise die Vagina. Zudem ist der After durch den Schließmuskel fest verschlossen, was ein Eindringen erschwert: Das Häutchen zwischen Eichel und Penisschaft (Frenulum) und die Vorhaut können einreißen.
Durch solche Verletzungen besteht die Gefahr einer sexuell übertragbaren Erkrankung, insbesondere einer Ansteckung mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C. Vor allem Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern sollten deshalb beim Analverkehr immer Kondome verwenden, eine erhöhte Sicherheit können spezielle „extra strong“-Präservative bieten, die eine höhere Elastizität und eine dickere Wandstärke aufweisen. Ungeschützter Analverkehr wird mit dem Begriff Barebacking bezeichnet.
Vaginal- und Analverkehr sollten mit einem Kondomwechsel kombiniert werden, da Keime aus dem Enddarm in die Vagina eingebracht werden und Entzündungen auslösen können.
Analverkehr als nur eingeschränkt geeignete Verhütungsmethode
Bereits in der Antike wurde Analverkehr, unter anderem von den Römern praktiziert, häufig gezielt zur Empfängnisverhütung. Auch heute noch praktizieren ihn Paare, um eine Schwangerschaft zu vermeiden. Wird der Analverkehr ohne Kondom ausgeübt, so kann nach dem Samenerguss Sperma aus dem Anus austreten und zur Vagina gelangen.
Vorbehalte und Aufgeschlossenheit gegenüber Analverkehr
Viele Menschen lehnen passiven Analverkehr ab, da sie befürchten, dass dieser von Schmerzen begleitet wird. Analverkehr wird in einigen Kulturen als Tabubruch verstanden, seine Durchführung war bis 2003 in einigen US-Bundesstaaten wie Texas und Missouri unter Strafe gestellt. Insbesondere die passive Variante gilt bei Männern traditionell in den meisten Kulturen als Zeichen von Unmännlichkeit bzw. Effemination.
Dennoch ist in Kulturen, in denen außerehelicher Verkehr allgemein und der Geschlechtsverkehr vor der Heirat im Besonderen ausgeschlossen wird, diese Praxis in der vorehelichen Sexualität sehr geschätzt. Da die Defloration dem Ehemann vorbehalten bleiben soll, machen junge Mädchen vor der Ehe mit ihren ersten Sexualpartnern zunächst anale Erfahrungen, die durch sensible Partner dem Vaginalverkehr vergleichbare Effekte hervorbringen, da durch analen Verkehr der sensible sogenannte A-Punkt stimuliert wird. Diese Praktiken gelten als weniger intim und um so weniger als ehrenrührig, als sie in diesen Regionen durch eher akzeptierte homosexuelle Praktiken oft weniger als in der "westlichen Welt" stigmatisiert sind.
Religionen und Analverkehr
Die abrahamitischen Weltreligionen haben religiöse Vorbehalte gegenüber dem Analverkehr. So steht in der Bibel "Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einem Weibe; denn es ist ein Greuel." (Levitikus, 18.22). Einer der Gründe für diese Ablehnung könnte darin liegen, dass der Analverkehr dem biblischen Gebot des "Wachset und mehret euch" entgegensteht. Siehe auch: Sodomiterverfolgung
Literatur und Analverkehr
In der "Philosophie des Boudoirs" von de Sade lassen sich die Protagonisten über viele Seiten darüber aus, ob der Enddarm beim Analverkehr (zwecks stärkeren Druckes) gefüllt sein solle oder nicht. Analspielzeug, anale Dehnung und Unterwerfung durch Analverkehr spielt bei "Geschichte der O" von Pauline Reage eine wesentliche Rolle.
Strafrechtliche Sanktionierung von Analverkehr
USA
In den folgenden fünf US-amerikanischen Staaten bestand bis 2003 ein generelles gesetzliches Verbot der Ausübung von Analverkehr: Arkansas, Kansas, Missouri, Oklahoma und Texas. In weiteren 12 Bundesstaaten war Analverkehr zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern verboten. Nach einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs der USA aus dem Jahr 2003 sind solche Rechtsbestimmungen allerdings nichtig.
Singapur
In Singapur ist Analverkehr ebenso wie Oralverkehr und Küssen in der Öffentlichkeit strafrechtlich verboten. Darauf können bis zu 10 Jahre Haftstrafe stehen oder ein Bußgeld in der Höhe von umgerechnet €10.000. Das gleiche gilt für das Nachbarland Indonesien.