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Bob Dylan

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Bob Dylan (gebürtig Robert Allen Zimmermann; * 24. Mai 1941 in Duluth, Minnesota (USA) ist ein US-amerikanischer Folk- und Rockmusiker. Bob Dylan singt, spielt Gitarre, Mundharmonika und Klavier und gilt als einer der einflussreichsten Pop-Musiker des zwanzigsten Jahrhunderts.

Er begann Ende der 1950er Jahre als Folkmusiker und wandte sich Mitte der 1960er Jahre der Rockmusik zu. Neben seiner Musik sind besonders seine Texte beachtenswert, die von symbolistischen Dichtern wie Arthur Rimbaud oder Dylan Thomas stark beeinflusst sind. Sein Leben und Werk ist von zahlreichen Brüchen und Wendungen durchzogen, die von seinem Publikum oft äußerst kritisch betrachtet worden sind.

Datei:Dylan jams with campbell.jpg
Dylan (rechts) auf der Neverending Tour mit Gitarrist Larry Campbell, Irving Plaza, New York City, 1997

Biographie

Kindheit und Jugend

Bob Dylan wurde als erstes Kind des Ladenbesitzers Abraham 'Abe' Zimmermann und seiner Frau Beatrice 'Beatty' Stone in Duluth, einer Stadt im Mittleren Westen der USA, geboren. Seine Eltern waren Nachfahren russisch-jüdischer Immigranten, die 1905 aus Odessa in die USA übergesiedelt waren. Im Februar 1946 wurde sein jüngerer Bruder David Benjamin geboren. Zur gleichen Zeit erkrankte sein Vater an Polio und verlor seine Stellung als leitender Angestellter bei Standard Oil. Um der drohenden Verarmung zu entgehen, zogen die Zimmermanns zu Verwandten nach Hibbing, wo Abe als Partner in den Elektrohandel seiner Brüder einstieg.

Bob Dylan hörte in seiner Jugend die Musik Hank Williams', Little Richards, Chuck Berrys und Buddy Hollys. Er war auch schon früh an Literatur interessiert. So begeisterte er sich unter anderem für die Bücher John Steinbecks.

Von seinen Eltern wurde sein musikalisches Talent gefördert und unter der Anleitung eines Cousins lernte er zunächst Klavier spielen, bevor er zur akustischen Gitarre wechselte. Er spielte in dieser Zeit häufig Blues-Standards nach, die er im Radio hörte. Besonders beeindruckt war er auch von den ersten Stücken von Elvis Presley und brachte sich dessen Version von Blue Moon of Kentucky auf der Gitarre bei. Dieses Stück spielte er auch noch bis 1999 auf seinen Konzerten.

In der High School traf er Gleichgesinnte, die seinen Musikgeschmack teilten, und so war er schon bald Mitglied der a-cappella Band The Jokers, die vorwiegend auf Partys spielte. Aus ihr gingen später The Golden Chords hervor, deren Repertoire aus Cover-Versionen von Little-Richard-Stücken bestand. Mit ihr nahm Dylan an einem Talentwettbewerb in Duluth teil und war sehr enttäuscht, als der erste Preis an eine Gruppe von Pantomimen geht.

Zu dieser Zeit trat er noch unter dem Namen "Bobby Zimmermann" auf. Da ihm seine Musik und die Auftritte immer wichtiger wurden, beschloss er, seinen Nachnamen durch einen Künstlernamen zu ersetzen. Seine Wahl fiel auf "Dylan", eine Entscheidung, zu der er sich im Laufe seiner Karriere unterschiedlich geäußert hat. So will er sich nach der Figur des Matt Dillon aus der damals populären Fernsehserie Gunslingers benannt haben, aber um sich von ihr stärker abzusetzen, habe er den Namen mit veränderter Schreibweise übernommen. Eine bekanntere - und auch wahrscheinlichere - Möglichkeit ist aber, dass er sich dieser Namen an dem Anfang der 1950er Jahre unter Heranwachsenden sehr populären Dichter Dylan Thomas anlehnt. Er bewunderte den Dichter und besass selber viele seiner Bücher.

Im Herbst 1959 verließ Bob Dylan nach eigenen Angaben die "Wildnis" und schrieb sich für einen Kunststudiengang mit Hauptfach Musik an der University of Minnesota in St. Paul ein. Dort kam er erstmals mit der Folkmusik von Pete Seeger, The Kingston Trio und Woody Guthrie in Berührung. Besonders Guthries Technik, einen Folk-Standard mit eigenen Texten und veränderter Phrasierung zu erneuern, faszinierte ihn. Später wandte er diese Technik selbst an.

In seiner Studienzeit reiste er mehrmals nach New York City und war sehr angetan von der Atmosphäre des Greenwich Village mit seinen Cafés, in denen regelmäßig "Open Mike" (dt. Offenes Mikrofon)-Nächte stattfanden, an denen jeder vor einem kleinen Publikum seine Stücke vortragen konnte.

Ende Dezember 1961 besuchte er seine Eltern und teilte ihnen mit, dass er eine Karriere als Musiker einschlagen will. Seine Eltern reagierten zunächst verärgert; sein Vater wollte ihn eigentlich in sein Geschäft einführen. Sie gaben Dylan schliesslich ein Jahr, in dem er machen konnte, was er wollte. Sollte sich danach kein Erfolg einstellen, müsse er zurück in die Universität und "etwas richtiges" lernen.

Bob Dylan als Folksänger

Über Umwege gelangte Bob Dylan Anfang 1961 in den New Yorker Stadtteil Greenwich Village. Dieses hatte sich im Laufe der Zeit zu einem Anlaufpunkt für Künstler entwickelt. Niedrige Renten sorgten in den 40er Jahren für einen Zulauf von Musikern, zu denen in den 50ern Beatniks kamen. Letztere wurden zunehmend politisch in ihren Werken und sorgten so für einen steten Zustrom von Besuchern aus den gesamten USA. Ihre Auftritte in den sogenannten Coffehouses waren so gut besucht, dass an den Wochenenden die Bürgersteige rund um den zentral gelegenen Washington Square überfüllt waren und für den Verkehr gesperrt werden mussten. Anfang der 60er Jahre wurde die Beatnik-Bewegung durch die Folk-Musik ergänzt und Musiker wie Fred Neil, Phil Ochs und Tom Paxton hatten im Greenwich Village ihre ersten Auftritte.

Er besuchte sein Idol, den im Krankenhaus liegenden Woody Guthrie. Guthrie befand sich bereits im Endstadium der unheilbaren Huntington-Krankheit und war ans Bett gefesselt. Da eine Unterhaltung mit ihm sehr mühselig war, spielte Dylan ihm stattdessen Guthries eigene Songs vor. Seine Bewunderung und die Eindrücke aus diesen Besuchen verarbeitete er später in Song for Woody Guthrie, einer seiner ersten Eigenkompositionen.

Nachdem er einige Zeit erfolgreich in kleinen Clubs aufgetreten war, machte er erste Schallplattenaufnahmen als Mundharmonikaspieler auf einem Album von Harry Belafonte. Der legendäre Impressario John Hammond wurde auf ihn aufmerksam und nahm ihn für das Major-Label Columbia unter Vertrag.

Während sein erstes, 1962 erschienenes Album noch vornehmlich Fremdkompositionen enthielt und wenig Aufmerksamkeit erntete, brachten seine folgenden Alben The Freewheelin' Bob Dylan und The Times They Are A-Changin' Bob Dylan den Durchbruch. Sie enthielten neben einfachen, aber umso eindringlicheren Liebesliedern vor allem sozialkritische Songs. Blowin' In The Wind aus dem Album The Freewheelin' Bob Dylan traf den Nerv der Zeit und wurde – wenn auch zunächst in der Interpretation von Peter, Paul and Mary – zur Hymne einer ganzen Generation. In dem wütend-eindringlichen "Masters of War" verfluchte Dylan die Rüstungwarenustrie - das einzige Hasslied, das er je schrieb. Einige Lieder wie das apokalyptische „A Hard Rain's A-Gonna Fall“ deuteten auch bereits auf das literarische Talent Bob Dylans hin.

Der Erfolg Bob Dylans Anfang der 60er Jahre fiel in eine Periode des politischen und gesellschaftlichen Wandels in Amerika. 1961 wurde John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt. Die Zeit war geprägt vom Kalten Krieg, von Rassenunruhen, aber auch von bedeutenden sozialen Reformen. Die Jugend politisierte sich zunehmend und die Bürgerrechtsbewegung trat immer selbstbewusster auf.

Bob Dylan wurde mit nicht einmal 25 Jahren eine Symbolfigur dieser emanzipatorischen Bewegung. Die Rolle eines Idols behagte ihm jedoch nicht. Er lehnte diese Rollenzuweisung vehement ab. Im Laufe seiner weiteren Karriere versuchte er sich immer wieder der Vereinnahmung seiner Person durch seine Fans zu entziehen, am deutlichsten vielleicht im "Wedding Song" aus dem Jahr 1975: "It´s never been my duty to remake the world at large, nor is it my intention to sound a battle charge" (dt.: "Nie war es meine Pflicht, die Welt im Großen und Ganzen neu zu erschaffen, noch war es meine Absicht, einen Schlachtruf erklingen zu lassen").

Bob Dylan als Rockstar

Mitte der 60er Jahre begann Dylan, seine bis dahin fast ausschließlich solo und auf der akustischen Gitarre gespielte Musik elektrisch zu verstärken und sich von einer Band begleiten zu lassen. Kennzeichnend für diesen Wechsel war sein Auftritt beim Newport Folk Festival 1965, der bei den puristischen Freunden der Folkmusik teils heftige Kritik auslöste. Die Legende, dass er mit seiner Band vom empörten Publikum von der Bühne gebuht wurde und sich den Rest seines Auftritts alleine auf der akustischen Gitarre begleiten musste, ist allerdings inzwischen widerlegt. Vielmehr reagierte das Publikum enttäuscht auf den allzu kurzen Auftritt, denn er und seine Begleitband hatten nur drei Stücke geprobt, weshalb Dylan die Zugabe solo bestreiten musste. Auf der darauffolgenden Europa-Tournee, bei der er sich von den Musikern begleiten ließ, die später unter dem Namen The Band bekannt werden sollten, stieß seine elektrisch verstärkte Musik aber auf heftige Ablehnung: 1966 wurde er bei einem Konzert für seinen vermeintlichen "Verrat" an der Folkmusik gar als "Judas" beschimpft (zu hören auf The Bootleg Series Vol. 4: Live 1966 (1998)).

Seinen Wandel vom Folksänger zum Rockmusiker vollzog er auf drei Alben, die er in kurzer Folge Mitte der 1960er Jahre veröffentlichte. Auf der ersten Seite der LP Bringing It All Back Home befinden sich noch ausschließlich akustisch eingespielte Songs, die zweite Seite der LP bestritt Dylan aber bereits mit einer Band. Die zwei folgenden Alben, Highway 61 Revisited und die Doppel-LP Blonde On Blonde enthalten fast ausschließlich elektrisch verstärkte Rocksongs. Mit seinem Stück Like A Rolling Stone von erstgenannter LP gelang Bob Dylan im Jahr 1965 sein erster - und bislang einziger - Nummer-Eins-Hit seiner Karriere. Das Lied wurde später von der Zeitschrift "Rolling Stone" zum "greatest song of all time" gekürt. Diese drei LPs gelten heute als Klassiker der Rockmusik.

Vor allem sprachlich erreichten seine Lieder auf diesen Platten eine Komplexität, wie sie in der populären Musik bislang unerreicht war. Seine Texte waren gespickt mit Metaphern und literarischen Verweisen, auch Anspielungen auf Drogenerfahrungen tauchten auf. Typisch für diese Periode waren jedoch auch ausufernde, surrealistisch anmutende Wort-Jongladen, die Bob Dylan in der Art des Stream of Consciousness verfasst hat. Sie prägen auch das Buch "Tarantula", das er 1965 verfasste, das aber erst 1971 erschien, sowie die längeren Texte und Prosagedichte, die er gelegentlich auf den Rückseiten seiner LP-Cover veröffentlichte. Am berühmtesten waren hier wohl die "Eleven outlined epitaphs" von 1964, die 2003 mit einer Übersetzung von Wolf Biermann auch in Buchform erschienen. Dylan wurde damals stark von den Dichtern der Beat Generation wie Jack Kerouac beeinflusst. Mit Allen Ginsberg verband ihn zu dieser Zeit ein freundschaftliches Verhältnis.

Dylan war Mitte der 60er Jahre ein gefeierter Rockstar, der Millionen von Schallplatten verkaufte und von Teilen der sich zunehmend politisierenden Gegenkultur als Sprachrohr betrachtet wurde. Er begann jedoch zunehmend unter dem Druck des Erfolges zu leiden.

Ende 1965 heiratete er seine Freundin Sara Lowndes. Die Hochzeit wurde vor der Öffentlichkeit geheimgehalten. Seine Ehefrau brachte ein Kind aus erster Ehe in die Verbindung mit. Dylan war so mit Mitte 20 Familienvater. Auch weiterhin schirmte er sein Privatleben strikt gegen die Öffentlichkeit ab. Das Lied Sad-Eyed Lady Of The Lowlands, das auf der LP Blonde On Blonde eine ganze Plattenseite einnimmt, schrieb Dylan für seine Frau Sara. Sie ist die einzige Person, der er jemals explizit ein Lied gewidmet hat.

Rückzug ins Privatleben

Nach einem schweren Motorrad-Unfall 1966 zog er sich für zwei Jahre völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Dylan zog in den kleinen Ort Woodstock in der Nähe von New York, widmete sich in dieser Zeit vornehmlich seiner Familie und trat auch in den folgenden Jahren nur vereinzelt auf. Musikalisch orientierte er sich in dieser Zeit an der Country-Musik. Es entstanden zwei Alben, die er teilweise in Nashville aufnahm: das spartanische John Wesley Harding und das für seine Verhältnisse sehr gefällige Nashville Skyline, auf dem er auch mit dem Countrymusiker Johnny Cash zusammenarbeitete. Die Platte wurde zu Dylan bis dahin größtem kommerziellen Erfolg. Dylan wurde damit zu einem Wegbereiter der Akzeptanz der bis dato als reaktionär verpönten Countrymusik im Rocklager und – neben Buffalo Springfield/Neil Young, den Byrds und Gram Parsons – einer der Wegbereiter des Country-Rock. Mit den Musikern der Band nahm er im Keller eines alten Hauses in Woodstock ein Sammelsurium teils fast vergessener Songs der US-amerikansichen Rootsmusik (Blues, Folk und Country) auf, die jahrelang als Bootlegs kursieren, bevor sie 1975 offiziell und stark gekürzt unter dem Titel "The Basement Tapes" veröffentlicht werden. Häufig werden die Lieder dieser Zeit als ein Bekenntnis Dylans zu den Freuden des einfaches Lebens als Familienvater gedeutet. Von vielen seiner alten Fans wurde ihm dafür jedoch erneut Verrat an den Idealen der Gegenkultur vorgeworfen.

Im Jahr 1970 wurde sein Sohn Jacob geboren. Er hat außerdem drei weitere Kinder: Anna, Jesse und Samuel.

Sein Doppelalbum Self Portrait aus dem Jahr 1970 erschien vielen seiner Fans als eine lieblose Sammlung uninspirierter Songs und eine seiner schlechtesten Platten. Bob Dylan bezeichnete die Veröffentlichung später als den Versuch eines Befreiungsschlags, mit dem er die von ihm als bedrückend empfundene Erwartungshaltung seines Publikums zerstören wollte.

In der Folgezeit veröffentlichte er einige als respektabel, aber nicht herausragend betrachtete Platten und spielte eine kleine Rolle in Sam Peckinpahs Western Pat Garrett jagt Billy The Kid an der Seite von Kris Kristofferson und James Coburn. Er schriebt außerdem die Musik zu diesem Film, darunter das ebenso hymnische wie desillusionierte Knockin' on Heaven's Door.

Scheidung und religiöse Wiedergeburt

Mitte der 70er Jahre begann Dylans private Idylle jedoch zu bröckeln, als seine Ehe in eine Krise geriet.

Im Jahr 1975 veröffentlichte Dylan Blood On The Tracks. Das Album wurde immer wieder als Dylans künstlerische Verarbeitung der Trennung von seiner Frau Sara interpretiert. Bob Dylan selbst hat jedoch immer wieder einen direkten Zusammenhang bestritten. Für viele war dies eines seiner besten Alben.

1975/76 startete er das Projekt der Rolling Thunder Tour, einer Art Travelling Show mit zahlreichen Musikern, die oft nur kurzfristig angekündigt an verschiedenen Orten der USA Station machte. Die Platte Desire, auf der Songs aus dieser Zeit veröffentlicht wurden, sang Dylan im Duett mit Emmylou Harris. Sie war ein großer kommerzieller und künstlerischer Erfolg. Besonders bekannt wurde der Song Hurricane über den Boxer Rubin Carter, dessen Karriere durch ein rassistisch motiviertes juristisches Fehlurteil beendet worden war. Mit dem wehsüchtigen Lied Sara setzte er seinen ehemaligen Frau ein Denkmal. Der vierstündigen Kinofilm Renaldo & Clara, der die Tour dokumentierte und bei dem Dylan selbst Regie führte, wurde jedoch von der Kritik verrissen und floppte an den Kinokassen.

Im Jahr 1977 wurden Bob und Sara Dylan geschieden.

Auf einer erfolgreichen Welttournee im Jahr 1978 hat Dylan nach eigenen Angaben ein religiöses Erweckungserlebnis, als jemand aus dem Publikum ein kleines silbernes Kreuz auf die Bühne warf. Er wandte sich daraufhin dem Christentum zu und veröffentlichte von 1979 bis 1981 drei christlich inspirierte Alben (Slow Train Coming, Saved und Shot of Love) und predigte bei Auftritten von der Bühne herab.

Diese erneute Wendung in Bob Dylans Musik konnte jedoch ein großer Teil seines Publikums nicht nachvollziehen. Er war daraufhin teilweise harscher Kritik ausgesetzt. Dennoch erhält er für den Song Gotta Serve Somebody seinen ersten Grammy.

Krise

Die 1980er Jahre waren für Bob Dylan künstlerisch wenig inspiriert. Seine Musik wirkte teilweise orientierungslos. Er veröffentlichte zwar weiterhin regelmäßig Alben. Diese stießen bei Kritik und Publikum jedoch auf eher verhaltene Resonanz. Er erreichte in dieser Zeit einen künstlerischen Tiefpunkt. In der zweiten Hälfte der Dekade hatte Dylan außerdem mit einem Alkoholproblem zu kämpfen. Die Auftritte in dieser Zeit verliefen teilweise chaotisch. Bei seinem Auftritt auf dem Live Aid Konzert zu Gunsten der hungernden Bevölkerung Äthiopiens fiel er mit der Bemerkung unangenehm auf, er würde sich eine ähnliche Veranstaltung auch zu Gunsten der Not leidenden amerikanischen Farmer wünschen.

Erst im Jahr 1989 gelang ihm mit dem von Daniel Lanois produzierten Album Oh Mercy eine Rückkehr zu alter Form.

1988 gründete Bob Dylan die Supergroup Traveling Wilburys mit Jeff Lynne, Tom Petty, Roy Orbison und George Harrison. Seit demselben Jahr befand er sich auf der inoffiziell so bezeichneten Neverending Tour, die ihn schon mehrmals um den Erdball geführt hat. Dabei gibt er etwa 100 Konzerte pro Jahr. Als besondere Eigenheit von Dylan gilt, dass er bei seinen Konzerten kein Wort verliert und sich allein auf das Singen und Musizieren beschränkt. Ausnahme war das Vorstellen der Bandmitglieder. Fast jedes Konzert Bob Dylans (bisher ca. 4000) wurde illegal mitgeschnitten.

1991 wurde Dylan ein weiterer Grammy für sein Lebenswerk verliehen.

In den neunziger Jahren litt Bob Dylan unter einer Schreibblockade. Jahrelang veröffentlichte er kein neues Stück. 1992 und 1993 erschienen lediglich zwei Alben mit Aufnahmen traditioneller Folk- und Bluessongs, die er solo, nur begleitet von Gitarre und Mundharmonika, einspielte.

Comeback

Erst 1997 veröffentlichte Dylan nach sieben Jahren erstmals wieder neue eigene Songs. Mit dem wieder von Daniel Lanois produzierten, düsteren Album Time Out Of Mind erlebte er ein erfolgreiches Comeback. Für diese Platte erhielt er drei Grammys, unter anderem für den Song Cold Irons Bound. Für den Song Things have changed aus dem Film The Wonder Boys (2000) gewann er den Oscar.

Am 11. September 2001 erschien "Love And Theft", eine von Publikum und Kritik begeistert aufgenommene Platte. Auf diesem Album unternahm er eine Reise zu den Wurzeln der amerikanischen Musik.

2003 erschien der Spielfilm Masked & Anonymous, für den Dylan zusammen mit Larry Charles das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle übernahm. Für die Rollenbesetzung konnte eine illustre Schar von Hollywoodgrößen gewonnen werden.

Dylan war als Mitakteur in einem 2004 erschienenen Fernseh-Werbespot für Victoria's Secret zu sehen, für den er auch das Lied Love Sick (aus seinem Album Time Out of Mind) zur Verfügung stellte.

Im Oktober 2004 erschien der erste Teil seiner auf drei Teile angelegten Autobiografie Chronicles: Volume One (Simon & Schuster), in Deutschland unter dem Titel "Chronicles - Die 60er Jahre". Gleichzeitig wurden auch seine Texte unter dem Titel Lyrics neu aufgelegt, in Deutschland mit einer neuen - wortgetreueren - Übersetzung.

Im Dezember 2004 gab er sein erstes Fernseh-Interview seit 19 Jahren.

Bob Dylans Musik und ihr Einfluss auf die Popkultur

Bob Dylan hat die Entwicklung der Popmusik seit den 60er Jahren beeinflusst wie kaum ein anderer Musiker. Er schöpft - wie viele andere US-amerikanische Musiker auch - aus dem riesigen Fundus traditioneller, populärer amerikanischer Musik von Folk über Country bis zu Gospel, Blues und Rock'n'Roll. Obgleich Bob Dylan sich diese Idiome teilweise erst im Laufe seiner Karriere angeeignet hat, war es ihm immer wieder gelungen, diese entscheidend zu transformieren und zu erweitern. Eins seiner größten Verdienste war hierbei, dass er mit einer starken Hinwendung auf die Texte seiner Lieder der modernen Rockmusik eine sprachliche Komplexität gegeben hat, wie sie bis dahin kaum denkbar war. War die Rockmusik vor Bob Dylan vor allem durch triviale Liebeslieder geprägt, so wurde sie mit Dylan nicht nur, angelehnt an die sozialkritische Tradition der Folkmusik, politisch, sondern auch zu einem Medium ernst zu nehmender Poesie. Dylan etablierte den Popsong als ein Medium, mit dem individuelle Erfahrungen verarbeitet und mitgeteilt werden können. Einige Texte Dylans gelten als Werke von höchstem literarischem Rang und waren Gegenstand intellektueller Diskussionen. Damit hat Dylan einen bedeutenden Beitrag zur Etablierung populärer Rockmusik als ernst zu nehmende Kunstform geleistet.

Dylans Hinwendung zu komplexen Texten und einer individuellen Spielweise der Rockmusik Mitte der 60er Jahre fanden etwa zeitgleich mit nicht minder bedeutenden Innovationen anderer Popmusiker statt: In England nahmen The Beatles mit Rubber Soul und Revolver zwei Alben auf, die sich sowohl musikalisch als auch textlich deutlich von dem bis dahin üblichen Niveau der gängigen Popmusik abhoben. In den USA experimentierten The Velvet Underground mit neuen musikalischen Formen und verarbeiteten literarische Themen in ihren Texten. Selbst Brian Wilson von den Beach Boys - also eigentlich ein Musiker, der bis dahin auf naive Popsongs abonniert war - veröffentlichte gegen den Widerstand seiner Plattenfirma das Album Pet Sounds, das in seiner musikalischen Komplexität vieles der damals üblichen, seichten Popmusik in den Schatten stellte und ungewöhnlich melancholische und nachdenkliche Töne anschlug. Mit Dylan und diese anderen kaum weniger herausragenden Künstler erhielt die sich formierende und immer selbstbewusster artikulierende Gegenkultur auch eine künstlerische Stimme.

Dylan verwirklichte seine sich immer wieder wandelnden musikalischen und textlichen Vorstellungen - von idealistischen, explizit politischen Folksongs über surrealistische Rocknummern und sentimentalen Countrysongs bis zu gospel-beeinflussten Liedern mit bekehrerischer Absicht - zwar durchaus mit Unterstützung seiner Plattenfirma, aber teilweise gegen den geradezu erbitterten Widerstand seiner angestammten Fangemende. Daran wird deutlich, inwieweit Dylan zur Rolle des populären Rockmusikers als autonomen Künstler beigetragen hat.

Die musikalische Wurzeln Bob Dylans liegen – wie bei anderen Musikern seiner Generation auch – in der traditionellen populären amerikanischen Musik. Dieses Erbe aus Folk, Country, Gospel, Blues und Rock'n'Roll, der sogenannten Americana, bildet über seine gesamte Karriere den Nährboden seines Werks.

Bob Dylan hat immer wieder betont, wie wichtig traditionelle Folkssongs für seine Entwicklung waren und sind. Oft zog er seine Inspiration aus Liedern aus Zeiten vor dem Zweiten Weltkrieg oder noch älteren Ursprungs, die längst aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden waren. Die dort verabeiteten Mythen und Legenden der amerikanischen Kultur bilden einen Grundpfeiler seines Schaffens als Songwriter. Der Autor Greil Marcus hat diesen Zusammenhang in seinem Buch Basement Blues ausführlich dargestellt.

Deutlich erkennbar wurde dies bereits auf seiner ersten LP, auf der er größtenteils traditionelle Songs spielte. Aber auch später trat dies immer wieder offen zu Tage, so auf The Basement Tapes und den beiden Anfang der 90er Jahre veröffentlichten Soloalben, aber auch auf seiner bislang letzten Platte Love And Theft. Das dort enthaltene Stück High Water (For Charlie Patton) bezog sich explizit auf einen Blues-Song aus den 20er Jahren, der von der desaströsen und folgenreichen Mississippi-Flut von 1927 erzählt.

So wie es in diesen alten Liedern der amerikanischen Folklore durchaus üblich war, in den Texten reale Ereignisse zu thematisieren, so greift auch Dylan solche Themen in seines Songs auf. Dies waren – vor allem in seiner frühen Karriere - sozialkritische Themen, später zunehmend auch persönliche Erfahrungen.

Auch musikalisch griff Dylan fast ausschließlich traditionelle Idiome auf. Hatte er sich Anfangs vor allem dem akustischen Folk verschrieben, so begann er Mitte der 60er Jahre mit einer elektrisch verstärkten Band zu spielen. Diese Art der Musik war im afro-amerikanischen Blues seit den späten 40er Jahren längst etabliert, war mit Chuck Berry in die Popmusik eingeführt worden und im Zuge der British Invasion mit den Beatles und den Rolling Stones längst wieder in die USA reimportiert worden. Neu war hierbei lediglich, dass Dylan seine inhaltlich aufgeladenen Texte mit dieser vermeintlich schlichten und kommerziellen Musik kombinierte. Insofern war Bob Dylan keineswegs der Ikonoklast, als den ihn Teile seines Publikums Mitte der 60er Jahre sahen. Vielmehr ist es ihm gelungen Themen mit Realitätsbezug und literarischen Bezügen in die populäre Musik zu integrieren und damit öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Es ist zwar inzwischen geradezu üblich, Bob Dylans Qualitäten als Texter hoch zu loben. Es darf darüber aber nicht vergessen werden, dass Dylans Qualitäten in erster Linie in seiner Fähigkeit als Songwriter und Musiker liegen. Zwar ist er er keineswegs ein besonders fähiger Instrumetalist. Sein Erfindungsreichtum als Komponist ist jedoch herrausragend. Songs wie Mr. Tambourine Man, All Along The Watchtower, Lay Lady Lay, Knockin' On Heaven's Door und andere sind nicht zuletzt auch wegen ihrer prägnanten und eingängigen Melodien zu Klassikern und geradezu populären Liedgut geworden.

So viele Wandlungen die Musik Bpb Dylans durchlaufen und so viele Häutungen er selbst durchgemacht hat, so beständig war und ist die Dominanz seiner Stimme in seiner Musik. Sie gehört zu den unverwechselbaren und charaktervollsten Stimmen der modernen Popmusik. Sie kann zwar nicht als im herkömmlichen Sinne wohlklingend bezeichnet werden. Vielmehr hat sie einen heiser-nasalen Klang, in seiner frühen Zeit hat Dylan einen geradezu nöhlenden Tonfall. Im Laufe seiner Laufbahn veränderte sich der Klang seiner Stimme zwar, sie blieb aber immer eindeutig erkennbar. Mitte der 60er Jahre wirkte sie oft aggressiv, ja meckernd, während seiner Country-Phase beinahe glatt – dies war sicher nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass Dylan zwischenzeitlich das Rauchen aufgegeben hatte. Über die Jahre ist seine Stimme allerdings deutlich gealtert, so dass sie inzwischen einen geradezu krächzenden Klang hat, der ihr aber durchaus Charakter und Ausdruck verleiht.

Seit 1996 wurde er auch immer wieder als Anwärter auf den Literatur-Nobelpreis gehandelt, eine von dem Schriftsteller John Bauldie und Allen Ginsberg geleitete Kampagne führte 1996 zu einer offiziellen Nominierung von Bob Dylan. Unterstützt wurde sie von dem Literaturprofessor Gordon Ball, der die Texte von Dylan in ihrem "aussergewöhnlich einfallsreichem Symbolismus" mit Arthur Rimbaud und William Butler Yeats vergleicht.

Seine Songs sind von zahlreichen Musikern aufgenommen worden. Hierzu gehören Joan Baez, The Byrds, Van Morrison, Johnny Cash, Jimi Hendrix, Bryan Ferry und sogar Elvis Presley. Zahlreiche Lieder Bob Dylans sind nicht durch ihn selbst, sondern in den Aufnahmen anderer Musiker populär geworden. Dies sind z.B. It's All Over Now, Baby Blue in der Fassung von Them, Mr. Tambourine Man von den Byrds, All Along the Watchtower in der Version von Jimi Hendrix oder Quinn The Eskimo und Father of Night in der Interpretation von Manfred Mann.

Für viele Musiker ist Bob Dylan ein prägender Einfluss gewesen. Dies sind unter anderem Van Morrison, The Beatles, Steely Dan, Bruce Springsteen und Nick Cave. Auch der deutsche Musiker Wolfgang Niedecken zählt Bob Dylan zu seinen erklärten Vorbildern.

Diskographie

Alben

  • Bob Dylan (1962)
  • The Freewheelin' Bob Dylan (1963)
  • The Times They Are A-Changin' (1964)
  • Another Side of Bob Dylan (1964)
  • Bringing It All Back Home (1965)
  • Highway 61 Revisited (1965)
  • Blonde on Blonde (1966)
  • The Basement Tapes (1967, veröff. 1975 / mit The Band)
  • John Wesley Harding (1967)
  • Nashville Skyline (1969)
  • Self Portrait (1970)
  • New Morning (1970)
  • Pat Garrett And Billy The Kid (1973)
  • Dylan (1973)
  • Planet Waves (1974, mit The Band)
  • Before The Flood (1974, live, mit The Band)
  • Blood on the Tracks (1974)
  • Desire (1975)
  • Hard Rain (live, 1976)
  • Street Legal (1978)
  • At Budokan (live, 1979)
  • Slow Train Coming (1979)
  • Saved (1980)
  • Shot Of Love (1981)
  • Infidels (1983)
  • Real Live (live, 1984)
  • Empire Burlesque (1985)
  • Knocked Out Loaded (1986)
  • Dylan & The Dead (1988, live, mit The Grateful Dead)
  • Down In The Groove (1988)
  • Oh Mercy (1989)
  • Under The Red Sky (1990)
  • Good As I Been To You (1992)
  • World Gone Wrong (1993)
  • MTV Unplugged (live, 1995)
  • Time Out of Mind (1997)
  • Love and Theft (2001)

Zusammenstellungen

  • Bob Dylan's Greatest Hits (1967)
  • Bob Dylan's Greatest Hits Vol. 2 (1971)
  • Masterpieces (1978 / nur in Japan, Australien und Neuseeland veröffentlicht)
  • Biograph (1985)
  • The 30th Anniversary Celebration (1993)
  • Bob Dylan's Greatest Hits Vol. 3 (1994)
  • The Best Of Bob Dylan (1997)
  • Bob Dylan Live 1961-2000 (2001)

The Bootleg Series

Offizielle Veröffentlichungen von Archivmaterial, das lange Zeit nur als Bootleg erhältlich war

Literatur

  • Bob Dylan: Eleven outlined epitaphs / Wolf Biermann: Elf Entwürfe für meinen Grabspruch, Kiepenheuer und Witsch, Köln 2003 ISBN 3-462-03306-9
  • Howard Sounes: Down the Highway. Black Swan, London 2001 ISBN 0-552-99929-6 (englisch)