Zum Inhalt springen

Breyeller Platt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Mai 2009 um 23:16 Uhr durch Purodha (Diskussion | Beiträge) (weiterverbessert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Breyeller Platt ist die Mundart des ursprünglich bäuerlich geprägten Handelsplatzes Breyell, der zwischen Niederrhein und Maas gelegen, heute ein Ortsteil der künstlich geschaffenen Gemeinde Nettetal ist. Beyeller Händler entwickelten auch eine eigene Rottwelschvariante, die unter dem Namen Henese-Fleck (Heenese Vlek) bekannt ist, allderdings mit dem Breyeller Platt kaum Überschneidungen aufweist.

Einordnung

Das Breyeller Platt gehört zu den Übergangsmundarten zwischen dem Westniedersächsischen, Westfälischen, Niederländischen und Westmitteldeutschen, die in der Vergangenheit als Deutschniederländisch bezeichnet wurden. Es ist westlich der Einheitsplurallinie angesiedelt und nördlich der Benrather Linie sowie zugleich südlich der Uerdinger Linie. Es gehört damit zu den westlichen unter den Ostlimburgischen oder Südniederfränkischen Dialekten.

Ähnlichkeiten existieren zu andern Ostlimburgischen Dialekten, insbesondere den westlichen, wie dem Krieewelsch und den sprachgeschichtlich ohnehin nah verwandten Ripuarischen Dialekten, darunter naturgemäß wiederum besonders stark zu den westlichen.

Eigenschaften im Vergleich zum Hochdeutschen

Das hochdeutsche „ich“ ist wie bei den meisten ostlimburgischen Plattvarianten als „ech“ realisiert. Anlautendes „g“ finden nicht statt, es wird stattdessen „jjesaut (gesagt), ebenfalls gibt es kein hoch- oder mitteldeutsches „z“, stattdessen das niederdeutsche „t“, wie in Tien (Zehen, Zinn), auch kein hoch- oder mitteldeutsches „s“, stattdessen ebenfalls das niederdeutsche „t“, wie in Schproat (Sprosse). Auch „pf“ kommt nicht vor, sondern nur „p“ wie in schröpe (schröpfen) oder Pongk (Pfund). Vielfach wird niederdeutsch „f“ oder „v“ gesprochen, wo das Hochdeutsche inzwischen zum „b“ übergegangen ist, wie in schnuve (schnupfen, schnauben), Kärf (Kerbe) oder schruve, jreschuf (schrauben, geschraubt), die auch ein Beispiel für ein hochdeutsche Diphthongierung sind, die das Breyeller Platt nicht aufweist. Die im Westripuarischen üblichen Palatisierungen, Velarisierungen und Nasalierungen kennt auch das Beyeller Platt: „biene“ (bieten, baden (im Sinne: „eine Wunde behandeln“)) „jät besongersch“ (etwas besonderes), Hongk, Höng (Hund, Hunde), nüngele (nuckeln) und das hochdeutsche „ch“ wird zugunsten des niederdeutschen „k“ nicht benutzt: maake, jemäk (machen, gemacht), niks (nichts). Gelegentlich beobachtet man den sogenannten „rheinischen Rhotazismus“, etwa in Maach, Maare, Mäech (Magen, Mägen), jedoch nicht durchgängig, einige inlautende „g“ des Standarddeutschen entsprechen einem „j“ im Breyeller Platt, wie in majer (mager). Wie die Nachbardialekte unterscheidet das Breyeller Platt zwischen dem bilabialen Halbvokal „w“ und dem stimmhaften labiodentalen Frikativ „v“, waal (wohl) und vaal (fahl, bleich) unterscheiden sich. Viele im Deutschen mit dem stimmlosen „f“ gebildeten Wörter haben im Breyeller Platt, wie im südlich angrenzenden Westripuarischen, ein stimmhaftes „v“, zum Beispiel Vrau (Frau).

Das Breyeller Platt weist eine Menge Längungen und/oder Diphthongierungen bei seinen Vokalen auf, die das Standarddeutsche nicht kennt, noahoone (nachhalten), niine (nähen), noiter (nüchtern), und manchmal umgekehrt, Niptang (Kneifzange), lofärtich (leicht(sinnig), geläufig)

Viele Worte hat das Breyeller Platt nicht mit dem Deutschen, wohl aber mit den Lokalsprachen seiner weiteren Umgebung gemeinsam, die bis Moers, Krefeld, Oberhausen, Düsseldorf, Köln, Bonn, Aachen und in die Eifel hinein reicht und große Teile von belgisch Limburg wie niederländisch Limburg umfaßt und für einige typische Lexeme noch erheblich weiter reicht, etwa vandag (heute) bute (außer), Engk (Tinte), maar (nur, bloß, aber, jedoch), fiis (unsauber, gemein, anstößig), Kwätschbüül (Ziehharmonika), Pöngel (Menge, Bündel), röesisch (rasend), pöömele ((im Essen) stochern), und viele weitere.

Beispielsätze

  • Et Nausch sint al de Kot jriis. (Nachts sind alle Katzen grau)
  • Möt braiellsche Kärmes joaven et emer de ärschte Kiersche. (Zur breyeller Kirmes gab es immer die ersten Kirschen)
  • Dou Klaapmul, wän men dech jät vertält, mos-e träk wär klaape! (Du Klatschmaul, wenn man Dir etwas erzählt, mußt Du es direkt weiter tratschen!)
  • Dä Klaierschtoof hap ech langs de Döer jejole. (Den Kleiderstoff habe ich an der Türe [von einem Hausierer] gekauft)
  • Vör en näte Klenger bön ech emer de habe. (Für eine nette Unterhaltung bin ich immer zu haben)
  • Ene Wengkter jinge de Vraue schekschoonjaare, un et Vus broak en et Iis en. (Im Winter gingen die Frauen Schlittschuhlaufen, und die Rothaarige brach ins Eis ein)
  • En di Vroach jon ech möt dech enich. (In der Frage gehe ich mit Dir einig - sind wir uns einig)

Literatur

  • Hans Straver: Breyeller Wöterbuch, ersch. als Bd. 49 i. d. Schriftenreihe des Museumsvereins Dorenburg, Grefrath, 1997, ohne ISBN
  • Hans Straver: Hochdeutsch - Breyeller Platt - Henese-Fleck. Breyell 1984
  • Hans Straver: Os kleen kentänt Leave. Breyell, 1995