Tsetsefliegen
Tsetsefliegen | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
einige Arten | ||||||||||||
|
Als Tsetsefliegen (Glossina spec.) bezeichnet man eine Gattung blutsaugender Fliegen (Diptera) aus der Familie Glossinidae. Diese Stechfliegen leben in Afrika, ernähren sich von menschlichem und tierischem Blut und übertragen die gefürchtete Schlafkrankheit (und bei Tieren die verwandte Nagana-Seuche). Insgesamt werden über 30 Arten und Unterarten der Tsetsefliegen unterschieden, nach Habitaten in Gruppen eingeteilt.
Besondere Merkmale der Tsetsefliegen
Es handelt sich um kleinere bis mittelgroße Fliegen ( 7,3 - 13 mm / Meyers 1909 ) mit einem relativ schmalen Körper. Charakteristisch ist die Haltung der Flügel: Diese werden beim Sitzen, ähnlich wie wir es von einer Schere kennen, der Länge nach auf dem Hinterleib genau übereinandergelegt. Durch diese Flügelhaltung kann die Tsetsefliege gut von anderen Stechfliegen unterschieden werden.
Der Rüssel ist eine feine, steife Hohlborste von der Länge des Rückenschildes, ohne Knickung, mit einer zwiebelförmigen Verdickung am Ursprung. Die Fiederborste (Arista) der Antennen ist doppelt gefiedert, d.h. jede einzelne Fieder trägt wieder sekundäre Fiedern; außerdem ist bloß die Vorderseite der Arista befiedert.
Die Genitalien der Männchen weisen eine starke Hervorwölbung an der Unterfläche des letzten Leibabschnittes, das Hypopygium, auf. Dieses stellt das Geschlechtsorgan dar.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die Tsetsefliegen sind lebendgebärend. Sie bringen jedesmal nur einen Nachkommen zur Welt: eine Larve von gelblich-brauner Farbe, die 12 Segmente besitzt und schon fast so groß wie die Fliege selbst ist. Nach der Geburt bewegt sie sich lebhaft fort, sucht einen schützenden Ort auf, wo sie ihre Farbe ändert und sich nach ca. 1 bis 2 Stunden in eine braunschwarze Puppe verwandelt. Nach ca. 3 bis 4 Wochen (je nach den klimatischen Verhältnissen) kriecht die junge Fliege aus. Der Ort der Larvenablage ist bei den einzelnen Arten unterschiedlich. Die Lebenserwartung der Fliege soll nach einer ungesicherten Quelle bei sechs Monaten liegen. Einige Forscher vermuteten, die Fliege könne in ihrem Leben nur ca. 9 Nachkommen gebären, andere vermuten nun eine höhere Anzahl.
Lebensweise der Tsetsefliegen
Die Tsetsefliege lebt vorwiegend in dichten, feuchten Waldgebieten, wo es mühsam wäre, ihre Opfer, die Wirbeltiere und den Menschen, nach ihrem Geruchssinn zu orten. Wichtige Arten (G. morsitans) leben aber auch unabhängig von Oberflächengewässern in der offenen Buschsavanne. Vielmehr nimmt sie ihre Wirte überwiegend mit den Facettenaugen wahr, ehe sie sie anfliegt (s.a. Zebra).
Gefährlich sind die Stechfliegen, weil sie die Trypanosomen, die Erreger verschiedener Krankheiten sind, auf den Menschen und die Tiere übertragen. So überträgt die Art Glossina palpalis die Schlafkrankheit des Menschen, Glossina morsitans überträgt außerdem die Naganaseuche bei verschiedenen Haustieren, besonders bei Pferden. Bei den Tsetse-Fliegen stechen Männchen und Weibchen, deswegen können beide Geschlechter Trypanosomen übertragen. Nach einer ungesicherten Quelle soll die Infektion der Tsetse mit Trypanosomen hauptsächlich nur bei jungen Tsetse-Fliegen gelingen.
In der Tsetsefliege machen die Trypanosomen (parasitische Einzeller) einen Formwandel und eine Vermehrungsphase durch. Etwa drei Wochen nach der Blutaufnahme kommt es zu einer Anreicherung der Trypanosomen in der Speicheldrüse der Fliege. Beim Befall eines neuen Wirtes werden die Parasiten dann übertragen. Die Tsetsefliege überträgt die einzelligen Parasiten sowohl auf den Menschen als auch auf viele Wild- und Haustiere, so dass ein breites Reservoir für den Erreger existiert und eine Ausrottung der übertragenen Krankheit kaum gelingen wird. In vielen Regionen des tropischen Afrika sind daher rund 60 Millionen Menschen und deren Nutzvieh ständig von der Schlafkrankheit bedroht.
Die Tsetsefliege sticht nicht gezielt in ein Blutgefäß, wie es etwa die weibliche Anophelesmücke tut, die beim Stechakt die Malaria überträgt. Sie erzeugt vielmehr, ähnlich wie die in Deutschland vorkommenden Bremsen, mit ihren Mundwerkzeugen eine schmerzhafte Wunde, aus der sie Blut und Lymphe aufsaugt. Dadurch ist sie in der Lage, auf der Haut sitzend das Blut fast aller Arten von Wirbeltieren zu nutzen. An den Stich kann sich der Gestochene meist sehr gut erinnern, denn er ist sehr schmerzhaft. An der Einstichstelle entsteht nach 3-10 Tagen eine teigige, rötliche und schmerzhafte Schwellung, die nach etlichen Tagen oder Wochen von selbst heilt. Sie wird Trypanosomenschanker genannt und stellt das erste Stadium der Schlafkrankheit dar. Nach einigen Tagen oder erst nach Wochen und Monaten kommt es zum zweiten Stadium, das durch Lymphknotenschwellungen, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie fleckige, juckende Hautausschläge, Schwellungen am Körper und Gewichtsverlust gekennzeichnet ist. Das dritte Stadium ist erreicht, wenn nach Wochen oder einem Jahr das Zentralnervensystem befallen ist und es zu schweren Schlafstörungen mit Schlaflosigkeit sowie zu Störungen der Körperkoordination, der Sprache und der Nahrungsaufnahme kommt. Unbehandelt endet die Krankheit oft tödlich.
Der Fachmann unterscheidet zwei Erreger der afrikanischen Schlafkrankheit, die von verschiedenen Untergruppen der Tsetsefliegen übertragen werden: Trypanosoma brucei rhodesiense, den Erreger der ostafrikanischen Schlafkrankheit, und Trypanosoma brucei gambiense, den Erreger der westafrikanischen, nur beim Menschen auftretenden Schlafkrankheit. Überträger der westafrikanischen Form ist die so genannte Palpalisgruppe, deren Fliegen sich bevorzugt in den Uferwäldern von Seen und Flüssen aufhalten. Die ostafrikanische Form der Schlafkrankheit wird von der so genannten Morsitansgruppe übertragen, die im trockenen Busch lebt.
Die Tsetsefliegen stellen in jüngerer Zeit nicht nur für die schwarzafrikanische Bevölkerung, sondern auch für Safari-Touristen ein Problem dar. Durch unterschiedliche Bekämpfungsmaßnahmen versucht man mit meist mäßigem Erfolg, der Lage Herr zu werden.
Arten
- Die Savannen - Fliegen: (Untergattung morsitans, oder manchmal glossina genannt):
- Glossina austeni (Newstead, 1912)
- Glossina longipalpis (Wiedemann, 1830)
- Glossina morsitans centralis (Machado, 1970)
- Glossina morsitans morsitans (Wiedemann, 1850)
- Glossina morsitans submorsitans (Newstead, 1911)
- Glossina pallidipes (Austen, 1903)
- Glossina swynnertoni (Austen, 1923)
- Die Wald - Fliegen: (Untergattung fusca, früher austenia genannt):
- Glossina brevipalpis (Newstead, 1911)
- Glossina fusca congolensis (Newstead and Evans, 1921)
- Glossina fusca fusca (Walker, 1849)
- Glossina fuscipleuris (Austen, 1911)
- Glossina frezili (Gouteux, 1987)
- Glossina haningtoni (Newstead and Evans, 1922)
- Glossina longipennis (Corti, 1895)
- Glossina medicorum (Austen, 1911)
- Glossina nashi (Potts,1955)
- Glossina nigrofusca hopkinsi (Van Emden, 1944)
- Glossina nigrofusca nigrofusca (Newstead, 1911)
- Glossina severini (Newstead, 1913)
- Glossina schwetzi (Newstead and Evans, 1921)
- Glossina tabaniformis (Westwood, 1850)
- Glossina vanhoofi (Henrard, 1952)
- Die Flussnahen Fliegen : (Untergattung palpalis, früher nemorhina genannt):
- Glossina caliginea (Austen, 1911)
- Glossina fuscipes fuscipes (Newstead, 1911)
- Glossina fuscipes martinii (Zumpt, 1935)
- Glossina fuscipes quanzensis (Pires, 1948)
- Glossina pallicera pallicera (Bigot, 1891)
- Glossina pallicera newsteadi (Austen, 1929)
- Glossina palpalis palpalis (Robineau-Desvoidy, 1830)
- Glossina palpalis gambiensis (Vanderplank, 1911)
- Glossina tachinoides (Westwood, 1850)
Quellen :
- J. A. Van Vesten "The Tsetse Fly Glossina fuscipes fuscipes Newstead, 1911, in East Africa; some aspects of its biology and its role in the epidemiology of human and animal trypanosomiasis" Doctoral Thesis, University of Amsterdam, 1971.
- A. M. Jordan "Tsetse-flies (Glossinidae)" Chapter 9 in Medical Insects and Arachnids R. P. Lane and R. W. Crosskey eds. Chapman & Hall, 1993.
Siehe auch:
Tropenkrankheit, Erkrankungen im Zusammenhang mit Wasser, Moskitonetz, Repellent, Insektizid
Literatur
- bei Meyers 1909 genannt:
- Austen, A monograph of the Tsetse flies (London 1903)
- Sander, Die Tsetsen (Leipzig 1905)
- Stuhlmann, Beiträge zur Kenntnis der Tsetse(n) (Berlin 1907)
- P. Nagel (1988): Eine Fliege in Afrika - Welche Rolle spielt die Tsetsefliege im Gleichgewicht der Natur und was geschieht, wenn man sie ausrottet? Aus Forschung und Medizin 3(1): S. 91-105.