Rote Zora (Terrororganisation)
Die Rote Zora war eine radikale, linksextreme und militante Frauengruppe. Anfang der 70er Jahre war sie Teil der Revolutionären Zellen von denen sie sich in den 80er Jahren löste und selbständig wurde. Der Name geht zurück auf das Jugendbuch "Die Rote Zora und ihre Bande" von Kurt Held, das 1941 erschien.
Selbstverständnis
Die Frauen der Rote Zora verstanden sich als mehr oder weniger loser Zusammenhang von radikalen Feministinnen. In einem Interview, das sie der Zeitschrift EMMA zur Verfügung stellten, berichten sie 1984 erstmals ausführlich über ihre Ziele und Arbeitsweisen und laden alle interessierten Frauen ein, mit ihnen ein auch im Alltag umsetzbares Konzept radikaler feministischer Kritik und Praxis zu entwickeln. Dabei wollen sie sich nicht allein auf spezifische Frauenthemen beschränken. Neben der internationalen Frauensolidarität, Kampf gegen den § 218, Reproduktionsmedizin und Gentechnologie, Sextourismus und Frauenhandel, Lebenssituation von Flüchtlingen, legten sie ihren thematischen Schwerpunkt auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen in Ländern und Regionen mit besonders entfesselten Formen wirtschaftlicher und patriarchaler Verwertung.
Sie verstanden ihre Politik nicht als extrem, sondern als radikal. Ziel sei es nicht, sich von der Frauenbewegung durch extreme Formen abzugrenzen, sondern mit Frauen in extremen Widersprüchen (z.B. wirtschaftliche Abhängigkeit der betroffenen Frauen und der damit verbundenen Zwang zur Prostitution etc.) radikale Veränderungen fordernde Antworten zu finden. Unter Radikalität verstanden sie auch eine Kritik an strukturellen Gewaltverhältnissen, die sich somit auch in Gesetzen widerspiegeln würden. Radikale feministische Position kämen somit konsequenterweise mit dem Gesetz in Konflikt. Eine grundlegende Voraussetzung für eine radikal feministische Politik sehen sie in der Solidarität unter Frauen, die sich auch frech und selbstbewusst organisieren müsse. Dazu forderten sie Frauen generell auf, sich in Banden zusammenzuschließen. Militarismus wird generell einer Kritik unterzogen. Für sie als legitim erkannte Widerstandsformen, beschreiben sie mit dem Begriff der Militanz. Bei ihren Aktionen legen sie sehr großen Wert darauf, dass Menschen nicht in Gefahr geraten.
Zitat
Die »rote Zora und ihre Bande« - das ist die wilde Göre, die die Reichen bestiehlt, um's den Armen zu geben. Und Banden bilden, sich außerhalb der Gesetze zu bewegen, das scheint bis heute ein männliches Vorrecht zu sein. Dabei müssten doch gerade die tausend privaten und politischen Fesseln, mit denen wir als Mädchen und Frauen kaputtgeschnürt werden, uns massenhaft zu »Banditinnen« für unsere Freiheit, unsere Würde, unser Menschsein machen. Gesetze, Recht und Ordnung sind grundsätzlich gegen uns, selbst wenn wir uns ein paar Rechte schwer erkämpft haben und täglich neu erkämpfen müssen. Radikaler Frauenkampf und Gesetzestreue - das geht nicht zusammen! (aus dem Interview von 1984 - siehe unten)
Anschläge
Die Anschläge der Roten Zora richteten sich zunächst überwiegend gegen Einrichtungen der Bio- und Gentechnologie. 1987 kam es zu mehreren Brandanschlägen gegen Filialen des Bekleidungskonzerns Adler. Dabei dienten jeweils kleine Feuerstellen dazu, die Rauchmelder zu so zu aktivieren, dass der ganze Laden unter Wasser gelegt wurde. Der Adler-Konzern betrieb ein Tochterunternehmen in Südkorea (Flair Fashion), deren weibliche Angestellte im gleichen Jahr in den Arbeitskampf gezogen waren, den die Rote Zora mit den Anschlägen unterstützen wollte.
Auflösung
Nach den, durch die Anschläge ausgelösten, polizeilichen Ermittlungen gegen die Gruppe ließen die Anschläge bereits deutlich nach. Ab 1991 kam es auch aus den eigenen Reihen zu immer mehr kritischen Stimmen, die Rote Zora spaltete sich auf in einen Teil, der den bewaffneten Kampf aufgeben, und in einen Teil der daran festhalten wollte.
Versuch eines Neuanfangs
Die Rote Zora versuchte Ende 1993 mit ihrem Heft Mili's Tanz auf dem Eis einen Neuanfang der Gruppe zu starten. Ein 1995 verübter Anschlag auf die Lürssen-Werft in Bremen-Lemwerder blieb jedoch ohne Resonanz, so dass das Vorhaben scheiterte.
Literatur
- Anonyma / Anonymos: „Schafft viele verschwundene historische Männer“ – Ansätze feministischer Praxis bei gemischtgeschlechtlichen Gruppen am Beispiel der Revolutionären Zellen – Onlineausgabe: [1]
- ID-Archiv im IISG (Hrsg.): Die Früchte des Zorns : Texte und Materialien zur Geschichte der Revolutionären Zellen und der Roten Zora. - Berlin : ID-Archiv im IISG, 1993. - ISBN 3-89408-023-X - Onlineausgabe: [2]
- Kurt Held (Pseud.): Die rote Zora und ihre Bande. - Aarau : Sauerländer, 1992. - ISBN 3-7941-6122-7
Siehe auch
- Neue soziale Bewegungen
- Feminismus
- Frauenbewegung
- Frauenrechte
- Abtreibung
- Biomacht
- Radikal
- Neue Linke
- Repression
- Krimineller Menschenhandel