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Zungenrede

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Zungenrede, Glossolalie (von altgr. γλωσσα, "Zunge, Sprache" und λαλεω, "sprechen, reden") oder Sprachengebet bezeichnet in christlichen, religiösen Gemeinschaften das Reden oder Beten in einer Sprache, die dem Sprecher unbekannt ist und das nach Überzeugung der Gläubigen unmittelbar vom Heiligen Geist bewirkt wird. Es wurde von Fällen berichtet, in denen es sich bei der unbekannten Sprache um eine tatsächliche moderne oder alte Fremdsprache gehandelt habe. Die Zungenrede wird im Alten Testament nicht erwähnt, im Neuen Testament wird sie zu den Gaben des Heiligen Geistes gezählt. Sie ist auch aus fernöstlichen und afrikanischen Religionen bekannt und wird dort praktiziert.

Die erste Erwähnung des Zungenredens ist in Apostelgeschichte 2,1-13 im Bericht vom Pfingsttag, wobei hier unklar ist, ob es sich hier um ein Phänomen des Sprechens oder des Hörens handelt. Weitere wesentliche Stellen, die auf die Lehre und Praxis der Zungenrede in der Urgemeinde hinweisen, sind bei der Bekehrung des Cornelius, Apostelgeschichte 10,44-48, und 1. Korinther 14. Paulus bestätigt die Praxis der Zungenrede, warnt aber vor Missbräuchen, und nennt sie weniger bedeutsam als die prophetische Rede, und vor allem die Liebe.

Im heutigem Christentum wird die Zungenrede besonders in der Pfingstbewegung und der charismatischen Erneuerung praktiziert.

Manche Leute mit der Gabe der Zungenrede können jederzeit in Zungenrede beten, andere nur aufgrund einer Eingebung. Die Zungenrede hat im Normalfall nichts mit Ekstase zu tun. Der Beter ist bei vollem Bewusstsein und kann den Vorgang kontrollieren, beispielsweise das Gebet beginnen oder beenden, laut oder leise beten.

In der Pfingstbewegung und der charismatischen Erneuerung wird die Zungenrede üblicherweise als Zeichen dafür gewertet, dass der Betreffende den Heiligen Geist, die Geistestaufe, empfangen hat.

In einem Teil der charismatischen Erneuerung hat die Zungenrede keine solche Bedeutung, sie ist eine Geistesgabe, die man haben kann oder auch nicht. Zungenrede während eines Gottesdienstes oder einer Gebetsgemeinschaft wird jedoch auch hier als Zeichen der Gegenwart des Heiligen Geistes gewertet.

Leute, die die Zungenrede praktizieren, sehen die Zungenrede oft als Sprache des Heiligen Geistes die es ihnen möglich macht, im Gebet etwas auszudrücken, für das sie keine Worte finden.

Die Zungenrede kann im Rahmen eines Gottesdienstes oder einer Gebetsgemeinschaft praktiziert werden, aber auch beim privaten Gebet.

Auslegung der Zungenrede

Wenn die Zungenrede in einer Gemeinschaft praktiziert wird, ist oft üblich, dass sie anschließend ausgelegt, das heißt in verständliche Sprache "übersetzt" wird. Dies wird von Paulus in 1. Korinther 14 ausdrücklich gefordert.

Die Auslegung kann durch den Beter selbst geschehen, in der Regel aber durch einen anderen. Auch die Fähigkeit, eine Zungenrede auszulegen, gehört gemäß dem Neuen Testament zu den Gaben des Heiligen Geistes. Die Auslegung der Zungenrede gilt zwar als Botschaft des Heiligen Geistes, ist jedoch nicht sakrosankt, sondern wird von der Gemeinschaft beurteilt und ist der biblischen Botschaft untergeordnet. Das wesentlichste Kriterium der Beurteilung ist, ob die Auslegung der Bibel (resp. der Bibelinterpretation der Gemeinschaft) nicht widerspricht. Wenn mehrere Leute anwesend sind, die die Gabe der Auslegung haben, prüfen diese gewöhnlich auch, ob sie sinngemäß eine ähnliche Auslegung gefunden haben, was in der Praxis oft der Fall ist. Die Erklärung dafür muss jedoch zum Beispiel bei einer Gebetsgemeinschaft von Gleichgesinnten nicht zwingend übernatürlich sein.

Christliche Konfessionen und Richtungen, die die Zungenrede nicht praktizieren, stehen ihr gewöhnlich kritisch gegenüber. Die im Neuen Testament geschilderten Vorgänge werden zwar unterschiedlich erklärt, jedoch im Allgemeinen positiv gewertet, die heutige Praktik des Zungenredens wird jedoch fast durchweg strikt abgelehnt, wobei die Interpretationen von gruppendynamischen oder psychologischen Vorgängen bis zu dämonischen Manifestationen gehen.