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Karl Maria Hettlage

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Karl Maria Hettlage (* 28. November 1902 in Essen (Ruhr), † 1995) war Zentrums-Politiker, SS-Hauptsturmführer, Büroleiter und Berater in Etatangelegenheiten (Finanzchef) in Albert Speers Generalbauinspektion mit Dienststelle im heuten Ernst-Reuter-Haus, habilitierter Jurist, Vorstandsmitglied der Commerzbank, von Hitler zum Professor ernannt, seit Frühjahr 1959 Staatssekretär in der Bundesregierung Konrad Adenauers unter dem damaligen Finanzminister Franz-Josef Strauß.

vor 1945

Von Hettlage stammt das Verdikt über Speer: Sie sind Hitlers unglückliche Liebe. Unter Hettlages Verantwortung entstand jene Kartei von Mietwohnungen in Berlin, die von Juden bewohnt waren. Diese Kartei wurde von der Generalbauinspektion für die Reichshauptstadt benutzt, die Mieter zu kündigen, um "freie" Mietwohnungen für Abrißmieter zu bekommen, deren Häuser und Wohnungen den Umplänen Berlins zur neuen Hauptstadt Germania weichen sollten. Eine typische Karteikartennummer war z.B. III KA 437 4948. Es handelte sich um die III. (dritte) Aktion, KA steht für Kündigungsanordnung, 437 war die Referenznummer in die Akten der Generalbauinspektion für die Wohnung der Familie Bendix in der Schwäbischen Straße in Berlin-Schöneberg und 4948 war die Personennummer eines Familienmitglieds der Familie Bendix.

Die Kartei war später Grundlage für die Erstellung der Deportationslisten durch die Gestapo. Bei den späteren so genannten Aktionen war nicht mehr die Wohnungskündigung der Vorbote der Verschleppung - mit der Möglichkeit unterzutauchen für jene, die dazu in der Lage waren -, sondern die Verhaftung, z.B. in der Fabrikaktion.

Hettlage war für Speer auch im Beirat der Mittelwerke tätig neben Personen wie Hans Kammler, Walter Dornberger (Peenemünde), Gerhard Degenkolb (Maschinenfabrik Duisburg). In der Geschäftsführung arbeiteten Kurt Kettler (Borsig), Otto Foerschner, SS-Sturmbannführer Buchenwald, Wehrwirtschaftsführer Otto Bersch (so genannter Wehrwirtschaftsführer aus Wien), Georg Rickhey (DEMAG).

Sprossen auf der Karriereleiter

  • 1925 Referendariat und zeitweise Beschäftigung im Auswärtigen Amt, Eintritt in den preußischen Staatsdienst
  • 1930 Eintritt als Regierungsassessor in den Dienst der Kölner Stadtverwaltung
  • 1930 Habilitierung an der Kölner Universität, dann Privatdozent
  • 1930 geschäftsführend im Deutschen Gemeindetag
  • 1931 Beigeordneter des Deutschen Gemeindetages in der Finanzabteilung, Finanzdezernent
  • 1932-1933 und erneut 1933 für das Zentrum Mitglied im Preußischen Landtag
  • 1932 Zentrumsabgeordneter im preußischen Landtag
  • 1934 Stadtkämmerer von Berlin bis 1938 (schon vorher kommissarischer Amtsinhaber)
  • 1936 Ernennung zum nichtbeamteten, ausserordentlicher Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Mentor Johannes Popitz
  • ab 1938 Vorstandsmitglied der Commerz- und Privatbank bis 1951
  • 17.5.1941 Eröffnung der (noch nicht ganz fertigen) italienischen Botschaft. Für den GBI vertritt Hettlage Speer, der auf dem Obersalzberg weilt.
  • Leiter des Amtes für Wirtschaft und Finanzen des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion. In dieser Funktion Anordnung zur Gründung der Mittelwerk GmbH am 24. September 1943, Sitz Berlin, Gründungskapital von einer Million Reichsmark, Handelsregister 93 HRB9645
  • 1943 Mitglied im Beirat der Mittelwerk GmbH
  • bis 1945 Speer-Vertreter

nach 1945

Zitate

  • Sie sind Hitlers unglückliche Liebe. zu Albert Speer
  • Bei der Stadt Berlin haben sich die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten, bei uns ist es umgekehrt. (zitiert nach Erinnerungen von Albert Speer, S. 155, dort zitiert nach der Chronik, vom 29. April (unüberprüft)
  • Die ärgsten, wenn auch oft arglosesten Feinde der Währung sitzen auf den Bänken des Parlaments. (nach 1945)
  • Traumfabrik des Staatsrechts
  • Traditionskompanie Preußens im liberal-demokratischen Verfassungsstaat rheinisch-bayerischer Prägung über den Abschnitt Finanzwesen im Grundgesetz

Veröffentlichungen

  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder und Werner Zschintzsch: Die Gemeindefinanzverordnung vom 2. November 1932 nebst der Stellenplanverordung vom 2. November 1932, der ersten und zweiten Verordnung über die Durchführung der Gemeindefinanzverordnung vom 17. Dezember 1932 und vom 28. Januar 1933. Kommentar, R.Müller, Eberswalde-Berlin, 1933, 452 Seiten
  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder, Wolfgang Spielhagen: Das preussische Gemeindefinanzgesetz vom 15. Dezember 1933 mit den Durchführungsverordnungen und Ausführungsanweisungen; Kommentar von Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder [und] Wolfgang Spielhagen, R.-Müller, Eberswalde-Berlin, 1934, 429 Seiten
  • Karl Maria Hettlage, Wilhelm Loschelder: Kommentar zu den Rechtsgrundlagen des Gemeindewirtschaftsrechts, drei Bände
  • Karl Maria Hettlage: Die Finanzverfassung im Rahmen der Staatsverfassung, Referat auf der Staatsrechtslehrertagung 1955 in Hamburg zusammen mit Theodor Maunz als Zweitreferenten
  • Karl Maria Hettlage: Führungsauslese und Massengesellschaft, in Die Hochschule zwischen gestern und morgen. Analysen und Perspektiven., herausgegeben von Heinrich Drimmel bei Herder, Wien, 1966
  • Karl Maria Hettlage: Grundfragen einer Neuordnung des deutschen Finanzrechts, in Finanzwissenschaft und Finanzpolitik, bei Mohr, Tübingen, 1964

Literatur

  • Vernehmung Hettlages in Wordl War II Papers, SZ/BBSU/79 Speer interrogation reports Nos. 16-19, 1945, Solly Zuckerman-Archive
  • Prof. Dr. Klaus Vogel aus München: Karl Maria Hettlage zum 90. Geburtstag, in Archiv des öffentlichen Rechts (AöR, Periodikum) Nr. 117 (1992) S. 644 - 645. In diesem Glückwunsch wird Hettlage als Verkörperung von Sekundärtugenden gewürdigt, welche in ihrer fundamentalen Bedeutung für das Gemeinwesen aber jetzt [1992] zum Glück wiedereingesehen würden. Wörtlich: „(hoffentlich ist es dafür nicht schon zu spät): Zuverlässigkeit, Pflichtbewußtsein, Bereitschaft zum Einsatz für das Gemeinwohl. Mit dieser Haltung kann er auch heute noch Vorbild sein.“
  • Nachruf: Zum Gedenken an Karl Maria Hettlage, in Archiv des öffentlichen Rechts (AöR, Periodikum) Nr. 120 (1995) S. 631 - 632

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