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Wesentlichkeitstheorie

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Die Wesentlichkeitstheorie wurde vom Bundesverfassungsgericht entwickelt und besagt, dass im Bereich der untergesetzlichen Normsetzung "wesentliche Entscheidungen" durch das Parlament selbst getroffen werden müssen. Ermächtigt der Gesetzbeger die Verwaltung zum Erlaß von Rechtsverordnungen oder von autonomen Satzungen, so darf er die wesentlichen Entscheidungen nicht an die Verwaltung delegieren.

Grundlage der Theorie ist die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, wonach jede Maßnahme der staatlichen Gewalt der Ermächtigung in einem förmlichen Gesetz bedarf, das wiederum selbst verfassungsmäßig sein muß. Insbesondere muß es hinreichend bestimmt gefasst sein.

Zu den wesentlichen Fragen, die dem Parlamentsvorbehalt unterfallen, zählen alle Fragen, die "für die Ausübung der Grundrechte wesentlich" sind, unabhängig davon, ob im konkreten Fall Freiheits- oder Gleichheitsrechte betroffen sind.

Darüber hinaus sind auch alle grundrechtsrelevanten Handlungen, die einem Grundrechtseingriff gleichwertig erscheinen, wesentlich (z.B. die Behandlung von Grundrechten im Wege der praktischen Konkordanz oder sowie die Regelung von grundrechtlichen Teilhaberechten und Schutzpflichten).

Schließlich gehören dazu auch alle "sonst wesentlichen" Fragen, die wegen ihrer Bedeutung für das Volk durch das Parlament entschieden werden müssen. Dazu zählen nach der Rechtsprechung z.B. die Subventionierung von Presseunternehmen, die Beleihung sowie Präklusionsregeln im Verwaltungsverfahrensrecht.

Für Rechtsverordnungen des Bundes stellt Art. 80 GG besondere Anforderungen, die sich ähnlich auch in den Landesverfassungen finden. Nach Art. 80 I 2 GG muß die Verordnungsermächtigung in Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt gefaßt sein.

Für autonome Satzungen gilt Art. 80 GG nach h.M. nicht unmittelbar. Die Rechtsprechung zieht die Vorschrift im Ergebnis aber in entsprechender Weise heran.

Siehe auch: Demokratie, Rechtsstaatsprinzip, Grundrechte, Grundrechtseinschränkung, Gesetzesvorbehalt, Totalvorbehalt, Rechtsverordnungen, Satzung.