Jodok Fink


Jodok Fink (* 19. Februar 1853 in Andelsbuch; † 1. Juli 1929 ebenda) war ein österreichischer Landwirt und Politiker (CS).
Leben
Jodok Fink (v/o: „Böltlars Dokus“) wird am 19. Februar 1853 als 9. Kind einer Bregenzerwälder Bauernfamilie in Andelsbuch geboren. Alle seine älteren Geschwister waren bereits vor seiner Geburt gestorben, sodass nur er und sein jüngerer Bruder Alois das Erwachsenenalter erreichen. Sein Vater stirbt, als Fink vier Jahre alt ist. Seine Mutter heiratet ein zweites Mal, als er zehn Jahre alt ist. Mit 15 Jahren besucht Fink das Gymnasium in Brixen, das er trotz hervorragender Schulnoten nach nur einem Jahr abbricht, um in der elterlichen Landwirtschaft mitzuarbeiten. 1886 heiratet Fink im Alter von 33 Jahren die um 6 Jahre jüngere Maria Katharina Meusburger. Aus der Ehe gehen zwölf Kinder hervor, von denen jedoch fünf vorzeitig versterben.
Neben seiner Tätigkeit als Landwirt macht Fink politische Karriere in der Donaumonarchie und spielt bei der Gründung des Nachfolgestaates Deutschösterreich eine zentrale Rolle. In der bewegten Frühzeit der 1. Republik tritt Fink in seiner Regierungsfunktion als Vizekanzler neben Staatskanzler Karl Renner als Mann des Ausgleichs zwischen der Christlichsozialen und der Sozialdemokratischen Partei auf.
Anlässlich seines Todes im Alter von 66 Jahren würdigt die "Kölnische Volkszeitung" Finks Leben: "Immer, wenn Verständigung mit dem Gegner notwendig wurde, schickte man Fink voran. Ein Protokoll, unter dem sein Name stand, war nach rechts wie links gesichert. Allein das Anschauen dieses bis in die letzten Jahre hellen Bauerngesichts ließ eine menschliche Brücke zwischen den Anschauungen als möglich erscheinen."
Leistungen
Gemeindepolitik
Das politische Geschehen im Bregenzerwald wird zu Finks Jugendzeit von der Katholisch-Konservativen Partei dominiert. Fink erwirbt sein politische Handwerkszeug im "Katholisch-Konservativen Kasino" - einer parteipolitischen Einrichtung und Volksbildungsanstalt - im benachbarten Egg. Ab 1879 beginnt Finks politische Tätigkeit auf lokaler Ebene. Er wird mit 26 Jahren in den Gemeindeausschuss seiner Heimatgemeinde Andelsbuch gewählt. Fink ist als Gemeindemandatar erfolgreich auf dem Gebiet der Grundsteuerregulierung tätig und profiliert sich erstmals als Sachpolitiker. Ab 1882 ist er Mitglied des Gemeindevorstandes und ab 1888 bekleidet er das Amt des Gemeindevorstehers. Neben der Wahrnehmung seiner politischen Ämter zeigt sich Fink als fortschrittlicher Landwirt, begründet 1888 die Viehzuchtgenossenschaft Andelsbuch und legt einen Zuchtgarten für Obstbäume sowie eine Kunstwiese für den Getreideanbau an. Im „Katholisch-Konservativen Kasino für Egg und Umgebung“ ist Fink ab 1890 in Funktionen als Vorstand und Verwaltungsrat tätig. Im Kasino gehen Finks Leidenschaften für Politik und Fragen der Landwirtschaft nahtlos in einander über: Neben seiner Leitungsfunktion referiert er 1888 über moderne Methoden des Obstbaus.
Landespolitik
Im ausgehenden 19. Jahrhundert gewinnen die Soziale Frage und der Nationalismus an Bedeutung und führen zur Bildung von neuen politischen Gruppierungen. Auch im Katholisch-Konservativen Lager Vorarlbergs toben Richtungskämpfe zwischen gemäßigten und radikal-konservativen Gruppierungen. Die Streitfrage der politischen Autorität der "hohen Geistlichkeit" droht das konservative Lager zu spalten. Pius Mätzler, Pfarrer von Sulzberg und Finks Onkel, ist am 22. Mai 1890 an der Teilnahme an der Versammlung für die Bestellung des Konservativ-Katholischen Landtagswahlkomitees für die Wahl zum Landtag verhindert. Er bittet Fink, ihn bei dieser kontroversen Sitzung zu vertreten. Fink gelingt es, mit einem Kompromissvorschlag für ein Wahlkomitee die entfremdeten Gruppierungen innerhalb der Katholisch-Konservativen zu einigen und so eine gemeinsame Kandidatur sicherzustellen. Er kandidiert auf Wunsch der radikal-konservativen Fraktion für den Landtag und wird 1890 Landtagsabgeordneter und Ersatzmann des Landesausschusses. Fink, der vermeintlich politisch unerfahrene Bauer, legt so das Fundament für eine Neuorientierung der Katholisch-Konservativen Partei seines Heimatlandes, die schließlich 1893 in der Gründung des politisch gemäßigten Christlich-Sozialen Volksvereines in Vorarlberg mündete. Fink ist ab 1893 Ausschussmitglied der neu gegründeten Partei. Landwirtschaftliche und Soziale Fragen bilden die Schwerpunkte der Tätigkeit Finks auf Landesebene. Er initiiert 1899 die Errichtung einer Lehr- und Mustersennerei in Doren und engagiert sich besonders für den Bau der Bregenzerwaldbahn sowie für die Gründung einer Landes-Hypothekenbank.
Reichsrat
Ab 1897 wird Fink Mitglied des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates. Er bleibt zunächst parteifreier Abgeordneter, der sich zwar zu den ungestümen, antisemitisch und antiliberal gefärbten Christlich Sozialen (CS) unter Karl Lueger bekennt, aber erst vier Jahre später nach den Neuwahlen Jahr 1901 deren Klub beitritt. Er wird Berater von Albert Gessmann und Karl Lueger. Nach dem Tod Luegers im Jahr 1910 verschieben sich die Kräfte innerhalb der CS zugunsten des ländlichen Raumes und Fink rückt in der Führungsspitze vor. Von 1914 – 1918 ist Fink Direktor des kk. Amtes für Volksernährung und trägt die Verantwortung für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung während des Krieges.
Erste Republik
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie zerfällt im Oktober 1918. Kaiser Karl I ruft in seinem Völkermanifest die Nationen der cisleithanischen Reichshälfte zur Bildung von Nationalparlamenten auf. Johann Nepomuk Hauser, der Klubobmann der Christlichsozialen Partei, ist just während der Staatskrise erkrankt und Fink springt als sein Stellvertreter in die Bresche. Die Überlebensfähigkeit des kleinen deutschsprachigen Nachfolgestaates der Monarchie, der seiner Agrargebiete in Ungarn und seine Industriezentren in Böhmen und Mähren verliert, wird von der Politik massiv in Frage gestellt: „Der Rest ist Österreich.“ Fink tritt als Verfechter der Eigenstaatlichkeit Österreichs gegen den Beitritt von Rest-Österreich zum Deutschen Reich auf und bereitet den Weg für die Staatsform der Republik für den neu zu gründenden Staat. Am 12. November 1918 ist Fink einer der Präsidenten der provisorischen Nationalversammlung Deutschösterreichs, die Österreich zur demokratischen Republik und zum Bestandteil der Deutschen Republik erklärt. Bei den Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919 unterliegen die Christlichsozialen knapp den Sozialdemokraten unter Karl Renner. Fink kann seine Partei nach einem harten Richtungsstreit in eine große Koalition mit den Sozialdemokraten führen, um ein „Notdach“ für das labile Staatsgebilde zu zimmern. Fink wird neben Staatskanzler Renner Vizekanzler der jungen Republik. Er nimmt die Staatsagenden in Wien wahr, während der Kanzler von Mai bis September 1919 die Friedensverhandlungen in St. Germain führt. Ab Oktober 1919 übernimmt er die Funktion des Klubobmannes der Christlichsozialen Partei. Die große Koalition ist in der Christlichsozialen Partei stark umstritten. Fink gibt beim Parteitag am 29. Februar 1920 pragmatisch zu bedenken: "Eine Koalition ist ein Übel; denn die Parteien können in einer solchen nicht ihre grundsätzliche Politik ausüben, sondern nur verwaschene Kompromißpolitik. Höher aber als die Parteipolitik mußte uns stehen, Volk und Staat vor größerem Unglück zu bewahren und den Versuch zu machen, sie aus dem Elend herauszuführen.“Die großkoalitionäre Regierung von 1919/1920 kann eine unblutige politische und soziale Revolution und eine Entfeudalisierung des Landes durchführen und legt so den Grundstein für das moderne Österreich. Im Juni 1920 zerbricht die große Koalition. Bei der Nationalratswahl im Oktober 1920 siegt die Christlichsoziale Partei und stellt eine Alleinregierung unter dem konfliktorientierten Ignaz Seipel. Der Großkoalitionär Fink ist ab diesem Zeitpunkt in einer Regierungsfunktion nicht mehr tragbar und konzentriert sich auf seine Funktionen als Klubobmann der Christlich-Sozialen und als Nationalrat. Die folgenden Jahre sind von wirtschaftlichen Nöten geprägt, begleitet von häufigen Regierungswechseln, wechselnden parlamentarischen Mehrheiten und politischer Radikalisierung (Justizpalastbrand). Fink zieht die Fäden im Hintergrund und gilt bis zu seinem Tod 1929 als „Ministermacher“ und „Brückenbauer“ über alle ideologischen Grenzen hinweg.
Land Vorarlberg
In den Revolutionstagen des Herbst 1918 geht Finks Heimatland Vorarlberg einen Sonderweg. Fink überzeugt Dr. Otto Ender, den Landesparteiobmann der CS, von der Notwendigkeit, Vorarlberg aktiv in die Republik zu führen. Die Landesversammlung vom 3. November 1918 beschließt ganz im Sinne Finks: „Vorarlberg ist ein eigenes selbständiges Land im Rahmen des deutschösterreichischen Staates.“ Da auch in Vorarlberg die Überlebensfähigkeit von Deutsch-Österreich in Frage gestellt wird, bildet sich rasch eine Bürgerinitiative mit dem Ziel des Anschlusses an die stabile und prosperierende Schweiz. Fink steht diesen Tendenzen ablehnend gegenüber, da sie eine weitere Schwächung Deutsch-Österreichs bedeutet hätten. Nach einem Bürgervotum mit einer Zustimmung von 80% für Anschlussverhandlungen mit der Schweiz bietet er seinen Rücktritt als Abgeordneter an. Die Leitung der Landespartei spricht ihm jedoch das Vertrauen aus. Der Anschluss Vorarlbergs an die Schweiz scheitert am mangelnden Durchsetzungsvermögen der Befürworter in Vorarlberg und in der Schweiz. Das Anschlussverbot im Friedensvertrag von St. Germain beendete die Vorarlberger Anschlussbewegung an die Schweiz. Als Folge der Hyperinflation des Jahres 1919 verteuern sich Lebensmittellieferungen aus der Schweiz stark. Ab April erfolgten schließlich gar keine Lebensmittellieferungen mehr und es werden Hungersnot und Unruhen in Vorarlberg befürchtet. Aufgrund einer Initiative Finks werden zwei Tage vor der Landtagswahl durch das Finanzministerium unter Josef Schumpeter die erforderlichen Zahlungen an die Schweiz geleistet und so die Ernährung der Bevölkerung im krisengeschüttelten Vorarlberg sichergestellt.
Auszeichnungen
- 1900 Goldenes Verdienstzeichen mit der Krone
- 1904 Ehrenbürger von Bizau
- 1906 Orden der Eisernen Krone III. Klasse
- 1913 Ehrenbürger von Andelsbuch
- 1913 Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens
- 1917 Stern zum Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens
- 19?? Kriegszivilverdienstkreuz II. Klasse
- 1925: Ehrendoktorwürde der Universität Innsbruck.
- 1929: Jodok-Fink-Platz vor der Piaristenkirche in Wien Josefstadt.
- 1957: Jodok-Fink-Denkmal in Bregenz
- Jodok-Fink-Straßen gibt es in Bregenz, Dornbirn und Salzburg.
Literatur
- Johannes Freumbichler: Auszug und Heimkehr des Jodok Fink, 1942.
Weblinks
- Vorlage:Aeiou
- Festrede zu seinem 150. Geburtstag
- Erinnerungen an einen österreichischen Demokraten und Staatsmann
- Jodok Fink auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
- Kurzbiographie in der "Vorarlberg-Chronik" des Vorarlberger Medienhauses
Personendaten | |
---|---|
NAME | Fink, Jodok |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1853 |
GEBURTSORT | Andelsbuch |
STERBEDATUM | 1. Juli 1929 |
STERBEORT | Andelsbuch |