Geheime Feldpolizei (Wehrmacht)
Die Geheime Feldpolizei (GFP) gehörte innerhalb der deutschen Wehrmacht zu den Ordnungstruppen. Der größte Teil dieser Ordnungstruppen war zur Partisanenbekämpfung auf das besetzte Territorium der Sowjetunion konzentriert. Erste GFP-Gruppen wurden kurz vor dem Polenfeldzug am 2. August 1939 als Teil des Feldheeres aufgestellt.
Führung und Personal
Die Führung der GFP lag bis 1944 in den Händen der Geheimdienstzentrale der deutschen Wehrmacht, dem Amt Ausland/Abwehr beim Oberkommando der Wehrmacht (OKW), dem der jeweilige Polizeichef der GFP unterstellt war. Im Februar 1944 wurde das Amt Ausland/Abwehr vom Reichssicherheitshauptamt übernommen, die Führung der GFP verblieb aber beim OKW.
Die operativen Einheiten der GFP waren sogenannte Gruppen mit einer Sollstärke von 50 Mann, die vor dem Überfall auf die Sowjetunion auf 95 erhöht wurde. 1939 gab es beim Feldheer 15 Gruppen, 1942/43 bereits 83, 1944 waren es noch 68.
Die Gruppen wurden durch Feldpolizeibeamte geleitet, die ausschließlich aus der Sicherheitspolizei, also aus Gestapo oder der Kriminalpolizei, kamen und zur Wehrmacht abkommandiert waren. Sie führten auch die Dienstgrade der Sicherheitspolizei. Soldaten und Unteroffiziere der Wehrmacht, die in die GFP übernommen wurden, hatten einen militärischen Dienstgrad.
Auf dem Territorium der Sowjetunion verstärkte sich die GFP durch Hilfswillige, ehemalige sowjetische Kriegsgefangene sowie andere Kollaborateure unterschiedlichster Gesinnung. 1943 gehörten zu jeder GFP-Gruppe etwa 25 Hilfswillige.
Auftrag und Einsatz
Das Einsatzfeld der GFP war das Operationsgebiet des Feldheeres und solche besetzte Gebiete, in denen ein Wehrmachtsbefehlshaber oder ein anderer militärischer Befehlshaber kommandierte. Dagegen stand in besetzten Gebieten, die dem Regime einer Zivilverwaltung unterstanden, und im Heimatskriegsgebiet die Gestapo zur Verfügung.
Die GFP-Gruppen waren motorisiert und verfügten über leichte Infanteriewaffen.
Die GFP sollte die Moral der Truppe kontrollieren und innere Zersetzungstendenzen rechtzeitig bekämpfen. Vor allem aufgrund der Erfahrungen des Ersten Weltkrieges (z. B. Kieler Matrosenaufstand) sollte eine eigene Polizeitruppe aufgebaut werden, die sich innerhalb der Wehrmacht frei bewegen konnte, um so eine zusätzliche Kontrolle zu ermöglichen.
Das Aufgabengebiet der GFP umfasste aber neben der Überwachung der Truppen auch die Sicherung gegen äußere Feinde wie etwa Partisanen oder Saboteure. Zudem war sie auch für die Abwehr gegnerischer Spionage zuständig. Ihre Angehörigen hatten Zugriff auf die Uniformen sämtlicher Einheiten und durften Zivilkleidung tragen, falls dieses als notwendig angesehen wurde. Wie die Agenten eines Geheimdienstes konnten sie ebenso auf Papiere und Ausweise jeglicher Art zugreifen. Sie verfügten über Dolmetscher (sogenannte Sprachmittler), die bei den Verhören übersetzten und mit der Bevölkerung der besetzten Gebiete in Kontakt treten konnten.
Zu den Aufgaben der Geheimen Feldpolizei gehörte gemäß der „Dienstvorschrift für die Geheime Feldpolizei“: Die Erforschung und Bekämpfung aller volks- und staatsgefährdenden Bestrebungen, insbesondere Spionage, Landesverrat, Sabotage, feindliche Propaganda und Zersetzung im Operationsgebiet. Dazu zählte z. B. die Überwachung der Presse und des Nachrichtenverkehrs der Zivilbevölkerung oder auch Maßnahmen zur Unterbindung des feindlichen Aufklärungsdienstes oder die Überwachung der Zivilbevölkerung, Erkundung von Stimmung und Gesinnung, die Gewinnung von Vertrauensleuten und anderer geeigneter Quellen.
Wie auch bei den Einheiten der Wehrmacht muss differenziert werden: In Ländern wie Norwegen oder Dänemark übte die GFP vor allem militärpolizeiliche Aufgaben aus, während sie in den Partisanenkämpfen in der Sowjetunion und auf dem Balkan gemeinsam mit Wehrmachts-, SS- und Polizeiverbänden häufig sogenannte „Vergeltungsmaßnahmen“ gegen die Partisanenbewegung und die Bevölkerung durchführte.
1943/1944 wurde mit dem beginnenden Rückzug der Wehrmacht, der Zerschlagung ihrer Truppenverbände und ihrem inneren Zerfall die Fahndung nach Fahnenflüchtigen zu einer der wichtigen Tätigkeitsbereiche der GFP. So wurden allein im Juli 1944 im Bereich der Heeresgruppe Mitte nicht weniger als 16.000 deutsche Soldaten überprüft.
Verbrechen
Obwohl die GFP in den Nürnberger Prozessen als militärische Einheit freigesprochen wurde, war die GFP an Kriegsverbrechen beteiligt. Zur Vernehmung gefangener Partisanen wurden den Truppen, die zur Bekämpfung von Partisanen eingesetzt wurden, GFP-Kommandos abgestellt. Ihr Auftrag beschränkte sich aber nicht nur auf Vernehmungen. Im Nürnberger Prozess gegen das Oberkommando der Wehrmacht wurde ein dementsprechender Befehl des Generalstabs zitiert: „Zivilpersonen, die hinreichend der Spionage, Sabotage oder des Partisanentums verdächtig sind, sind nach Vernehmung durch die GFP zu erschießen. […] Knaben und junge Mädchen, die vom Gegner mit Vorliebe angesetzt werden, sind nicht auszuschließen.“[1]. Wenn die „Partisanenverdächtigen“ nicht sofort nach den Verhören von der GFP selbst liquidiert wurden, wurden sie häufig zur „Weiterbehandlung“ an die Einsatzkommandos des SD weitergegeben.
Die GFP wandte bei der Vernehmung Verdächtiger brutale Methoden an: Fußtritte, Faustschläge, sie wurden mit Knüppeln, Koppeln, Gummischläuchen und Peitschen geschlagen, um Geständnisse zu erzwingen. Exekutionen wurden zunächst beim Ic-Offizier des zuständigen Armeeoberkommandos der Wehrmacht beantragt und nach der meist unmittelbar darauf erfolgten Bestätigung durch Genickschuss oder Schuss in den Rücken vollzogen. Die GFP-Gruppe 570 in Mogilew ließ einen Lastkraftwagen zum Vergasungswagen umbauen. Die Auspuffgase wurden in das Innere des luftdicht abgeschlossenen Kastenaufbaus geleitet, in dem die Eingeschlossenen qualvoll erstickten.
Das Ausmaß der Verbrechen der Geheimen Feldpolizei auf sowjetischem Territorium ist statistisch bisher nicht untersucht. Am 10. April 1943 gab der Heeresfeldpolizeichef einen Überblick heraus, in dem er feststellte, dass wegen „Bandenbetätigung und -begünstigung, Spionage und Sabotage […] von der GFP in der Zeit vom 1.Juli 1942 bis zum 31. März 1943 rund 21.000 Personen, teils im Kampf und teils nach Vernehmung, erschossen worden [sind].“[2]
Literatur
- Geßner, Klaus: Geheime Feldpolizei. Zur Funktion und Organisation des geheimpolizeilichen Exekutivorgans der faschistischen Wehrmacht. Ost-Berlin 1986
Weblinks
- Deutschland, 1. Weltkrieg:
- Deutschland, 2. Weltkrieg:
Einzelnachweise
- ↑ Bundesarchiv, Nürnberger Nachfolgeprozesse, Fall XII, Bd.134, Bl.153
- ↑ zitiert nach: Hannes Heer, Klaus Naumann: Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Hamburg 1995, ISBN 3-930908-04-2, S.355