Skythen
Die Skythen (Eigenbezeichnung Skoloten) waren Nordiraner, das zuerst im Gebiet des heutigen Kasachstan ansässig war (vgl.Saken) und sich dann über die gesamten eurasischen Steppen vom Altai über Südrussland und die Ukraine bis zur Donau ausbreitete. Diese Reiterkrieger waren berühmte Bogenschützen und wurden häufig als Söldner angeworben. In einigen Stadtstaaten (Polis) des antiken Griechenlandes dienten oft skythische Krieger als Polizei.
Geschichte
Im 8. Jahrhundert v. Chr. wanderten die Skythen in die Gebiete nördlich und östlich des Schwarzen Meeres ein und verdrängten dabei die Kimmerier. Das Siedlungsgebiet der Skythen erstreckte sich bald von den südrussischen Steppen bis zur Donau, aber auch nach Südsibirien und Zentralasien.
Die Skythen unternahmen des öfteren Kriegs- und Plünderungszüge nach Mitteleuropa, wovon unter anderen Streufunde an der Oder zeugen. Im 7. Jahrhundert v. Chr. unternahmen die Skythen einen Vorstoß nach Vorderasien, wo sie das Reich Urartu vernichteten und Raubzüge bis nach Palästina unternahmen. Im Jahr 594 v. Chr. wurden sie von den Medern unter Kyaxares II. besiegt und zogen sich in ihre europäische Heimat zurück. Im Jahr 513 v. Chr. unternahm der Perserkönig Darius I. der Große mit einer mehrere Hunderttausend Mann starken Armee einen erfolglosen Feldzug gegen die Skythen. Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. wurden die Skythen zunehmend von den Sarmaten, einem verwandten Volk verdrängt, nur auf der Krim konnten sie sich noch bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. halten.
Funde
Die archäologischen Überreste beschränken sich hauptsächlich auf Ausgrabungen von Grabhügeln (Kurgane), die unter anderem Gold, Seide, Waffen, Pferde, und Menschenopfer enthielten. Weltweit bekannt ist das "Gold der Skythen", kostbare Goldschmiedearbeiten, die unter anderem in naturgetreuen Abbildungen skythische Krieger und ihre Ausrüstung zeigen. Den teilweise guten Erhaltungszustand der Überreste verdanken wir Mumifizierungstechniken und dem Permafrost. Die Skythen hinterließen keine schriftlichen Aufzeichnungen, wurden aber von dem griechischen Historiker Herodot detailliert beschrieben. Herodot überliefert uns auch einige Worte der skythischen Sprache: pata = töten, spou = Auge, arima = eins, oior = Mensch.
Das Stammland der Skythen ist in alten Quellen als Gerrhos angegeben. Die Skythen brachten ihre präparierten toten Könige trotz teilweise sehr langer Wege in dieses Land. Einer der bekanntesten Könige der Skythen war Atheas, der noch über neunzigjährig in den Krieg gegen Philipp II. von Makedonien zog.
Einfluss auf Mitteleuropa
Am Ostrand Mitteleuropas lassen sich skythische Einfälle gut belegen. So konnten in den hallstattzeitlichen Siedlungen von Smolenice Molpir und Witzen Wiscina (Slowakei und Ungarn) Brandhorizonte, in denen charakteristisch skythische Waffen (dreiflügelige Pfeilspitzen) vergesellschaftet waren, untersucht werden. Der Goldschatz von Vettersfelde im typisch skythischen Stil könnte von der Anwesenheit eines skythischen Fürsten zeugen. Ob bzw. inwieweit die Skythen nach Mitteleuropa vordrangen ist jedoch in der Forschung äußerst umstritten. Archäologisch lassen sich diese Einfälle nicht belegen. Es existieren jedoch gewisse Elemente, wie beispielsweise die Übernahme der Trinkhornsitte, welche mit den Skythen assoziiert werden. Man könnte dies jedoch auch diffusionistisch (Übernahme von Ideen, nicht einwanderndes Volk) erklären. Ähnlich gestaltet sich das Problem bei den Kimmeriern, lediglich der zeitliche Rahmen gestaltet sich hier anders. Diese wirken auf die Bronzezeit, wohingegen die Skythen auf die Eisenzeit wirken.
Auch wenn die Archäologie dafür keine Beweise liefern kann, vermuten viele Wissenschaftler dass der Einfluss der Kimmerier und Skythen auf die Kelten sehr groß war. Laut dieser Theorie gehen die heute als typisch keltisch geltenden verschlungenen Tiermotive, die Verehrung des Pferdes, die Verwendung von Streitwagen, das Aufstellen typischer Grabstatuetten, sowie die Sitte die abgeschlagenen Köpfe der Feinde als Trophäe am Gürtel zu tragen, auf den frühen Kontakt der Kelten mit den nordiranischen Reitervölkern zurück.
Verwendung des Namens "Skythen"
Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. teilen die Griechen die Völker nördlich ihres Reiches in "Kelten" westlich des Rheins und "Skythen" östlich des Rheins auf. Tatsächlich finden sich aber umfangreiche Belege, dass auch die Gebeite südlich der deutschen Mittelgebirge und der Alpen zunächst durch Kelten besiedelt waren und erst um das 1. Jahrhundert v. Chr. durch die kriegerischen Wanderungen der Kimbern, Teutonen und Ambronen in die deutschen Mittelgebirge kam es in der Folge zu einer gewissen Destabilisierung des keltisch beherrschten süddeutschen Raumes. In der Folge sollten weitere Stämmen aus den Norden einwandern können und auch die Römer sahen sich bald in der Lage mit ihren Truppen bis zum Rhein und zur Donau vor zu rücken.
Die Verwendung des Begriffs "Germanen" für die östlich des Rheins liegenden Stämme ist erstmals vom griechischen Geschichtsschreiber Poseidonios um das Jahr 80 v. Chr. überliefert. Als "Kelten" wurden die westlich des Rheins lebenden Stämme bezeichnet. Endgültig eingeführt wurde diese Schematik von Gaius Iulius Caesar selbst. Als Tacitus seine Germania schreibt, war dies eine als neu bekannte, aber bereits übliche Bezeichnung. Weiterhin liefert er die einzige detaillierte Beschreibung Germaniens seiner Zeit.
Zur Zeit der Völkerwanderung wurden die Goten von Jordanes und anderen Geschichtsschreibern als "vom Stamme der Skythen" bezeichnet.
"Skythen" und "Saken"
Von den Persern wurden die Skythen Saken genannt. Dabei handelt es sich aber auch um einen mehrdeutigen Oberbegriff, denn damit bezeichneten die Perser später auch die zentralasiatischen Proto-Turkvölker. Heute gibt es immer noch Türkvölker die sich so nennen, etwa die Sakha (Yakut) in Sibirien. Wie im spätantiken und mittelalterlichen Europa war bei den Persern "Skythe"/"Sake" oft einfach eine allgemeine Bezeichnung für jeden (barbarischen) Steppenbewohner (dazu siehe auch Ethnogenese).
Siehe auch
- Skythien, Bosporanisches Reich, Narten, Phrygische Mütze, Issedonen, Parther, Osseten, Werwolf, Reitervolk, Kurgankultur, Altin Elbiseli Adam
Literatur
- E. V. Cernenko und M. V. Gorelik: The Scythians 700-300 BC. ISBN 0850454786
- Herodot: Historien. ISBN 3520224046
- Askold Ivantchik: Kimmerier und Skythen. ISBN 3805329776
- Hermann Parzinger: Die Skythen. ISBN 3406508421 (Anm.: neuer, hervorragender Gesamtüberblick)
- Renate Rolle: Die Welt der Skythen. Stutenmelker und Pferdebogner, ein antikes Reitervolk in neuer Sicht. ISBN 3765803278
- Veronique Schiltz: Universum der Kunst, Die Skythen und andere Steppenvölker (Bd.39). ISBN 340637137X (Anm.: Umfassende, ausführliche Darstellung der skythischen Kunst)
- Else Greulich: Kelten und Skythen. Im Urlicht der Vergangenheit. ISBN 3892286027
- Adolf Schütz: Skythen und Kelten.
- Andre Sikojev: Die Narten. Söhne der Sonne. Mythen und Heldensagen der Skythen, Sarmaten und Osseten. ISBN 3424008494
- Gold der Skythen. Schätze aus der Staatlichen Eremitage St. Petersburg. ISBN 3529018457