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Hans-Dietrich Genscher

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Hans-Dietrich Genscher (* 21. März 1927 in Reideburg, Saalkreis) ist ein deutscher Politiker (FDP).

Hans-Dietrich Genscher überreicht Präsident George H. W. Bush ein Stück der Berliner Mauer (21. November 1989)

Er war von 1969 bis 1974 Bundesminister des Innern und von 1974 bis 1992 Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland. Von 1974 bis 1985 war er außerdem Bundesvorsitzender der FDP.

Ausbildung und Beruf

Nach dem Besuch der Oberschule in Halle/Saale leistete Genscher 1943 seinen Dienst als Luftwaffenhelfer ab, wurde dann 1944 zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und noch 1945 zur Wehrmacht einberufen. Er geriet bei Kriegsende erst in amerikanische und dann in englische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Freilassung arbeitete er zunächst als Bauhilfsarbeiter und legte dann 1946 die Ergänzungs-Reifeprüfung ab. Danach absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaft in Halle/Saale und Leipzig, welches er 1949 mit der ersten juristischen Staatsprüfung in Leipzig beendete. Nach seiner Flucht in die Bundesrepublik Deutschland 1952 legte er 1954 das zweite juristische Staatsexamen in Hamburg ab. Seitdem ist er als Rechtsanwalt zugelassen. 1956 wurde er zunächst wissenschaftlicher Assistent und von 1959 bis 1965 war er dann Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.

Familie

Hans-Dietrich Genscher ist verheiratet mit Barbara Genscher und hat ein Kind.

Partei

Genscher war von 1946 bis 1952 Mitglied der LDPD in Halle/Salle. Als junger Mensch gehörte er kurzzeitig der NSDAP an. Seit 1952 ist er Mitglied der FDP. Von 1962 bis 1964 war er Bundesgeschäftsführer der FDP. 1968 wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt. Von 1974 bis 1985 war er schließlich Bundesvorsitzender der FDP. In seine Amtszeit als Parteivorsitzender fiel auch der Bruch der sozialliberalen Koalition 1982 (siehe Wende), der die FDP damals in eine schwere Krise stürzte, die vor allem durch schlechte Wahlergebnisse und Parteiaustritte auch ehemals führender Parteimitglieder, wie z.B. dem bisherigen Generalsekretär Günter Verheugen, gekennzeichnet war.

Abgeordneter

Genscher war von 1965 bis 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er war stets über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Deutschen Bundestag eingezogen.

Öffentliche Ämter

Nach der Bundestagswahl 1969 war Genscher maßgeblich an der Bildung der sozialliberalen Koalition beteiligt und wurde am 22. Oktober 1969 als Bundesminister des Innern in die von Bundeskanzler Willy Brandt geführte Bundesregierung berufen. In seine Amtszeit als Innenminister fiel auch die Geiselnahme jüdischer Sportler während der Olympischen Spiele 1972 in München, bei der sich Genscher als Austauschgeisel zur Verfügung stellte. Dieses Angebot wurde von den palästinensischen Geiselnehmern jedoch zurückgewiesen. Genscher spielte als Innenminister in der Guillaume-Affaire um den Kanzlerspion bei Bundeskanzler Brandt eine undurchsichtige Rolle. Dies hatte jedoch auf seine weitere Ministerkarriere keinen Einfluß.

Nach dem Rücktritt von Willy Brandt und der Wahl von Walter Scheel zum Bundespräsidenten wurde Genscher dann am 16. Mai 1974 als Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers in die jetzt von Helmut Schmidt geleitete Bundesregierung berufen.

Nachdem die sozialliberale Koalition bei der Bundestagswahl 1980 erneut bestätigt worden war, wirkte Genscher schon bald, vor allem unterstützt durch den Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, wegen der zwischen den Koalitionspartnern zunehmenden Differenzen besonders in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und auch wegen des fehlenden Rückhalts von Bundeskanzler Schmidt in dessen eigener Partei auf ein Ende der Koalition zwischen SPD und FDP hin. Am 17. September 1982 trat Genscher gemeinsam mit den übrigen FDP-Bundesministern zurück.

Am 1. Oktober 1982 wurde dann in einem konstruktiven Misstrauensvotum der bisherige Oppositionsführer Helmut Kohl auch von einem Großteil der FDP-Bundestagsfraktion zum Bundeskanzler gewählt. Am 4. Oktober 1982 kehrte Genscher als Außenminister und Vizekanzler in die Bundesregierung zurück.

Als Außenminister stand für eine Ausgleichspolitik zwischen Ost und West und entwickelte eigene Strategien für eine aktive Entspannungspolitik. Er hatte großen Anteil am Gelingen der deutschen Wiedervereinigung 1990 und auch an der europäischen Einigung, selbst wenn er anfänglich den konsequenten Wiedervereinigungsplänen Bundeskanzler Kohls abwartend gegenüber stand. Im Spätsommer 1989 erreichte er z.B. die Ausreiseerlaubnis für diejenigen DDR-Bürger, die sich noch vor der Maueröffnung in die deutsche Botschaft in Prag geflüchtet hatten. Daneben setzte er sich für eine wirksame Unterstützung der politischen Reformprozesse vor allem in Polen und Ungarn ein.

Kritik erfuhr Genscher mit der frühzeitigen Anerkennung der ehemals jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien im Dezember 1991. Damit setzte er sich über das EG-Übereinkommen hinweg, nach dem eventuelle Anerkennungen erst ab dem 15. Februar 1992 vollzogen und die Ergebnisse der sog. Badinter-Kommission abgewartet werden sollten. Auch der UN-Generalsekretär Javier Pérez de Cuéllar hatte die deutsche Bundesregierung gewarnt, dass eine Anerkennung von Slowenien und Kroatien zu einer Ausweitung der Aggression im ehemaligen Jugoslawien führen werde.

Am 18. Mai 1992 schied Genscher auf eigenen Wunsch überraschend aus der Bundesregierung aus, der er insgesamt 23 Jahre angehört hatte. Zu diesem Zeitpunkt war er Europas dienstälteste Außenminister. Seine hektischen Reiseaktivitäten als Außenminister wurden teilweise als ineffektiver Aktionismus kritisiert.

Seit 1994 ist Genscher Honorarprofessor am Otto-Suhr-Institut für Politische Wissenschaft der Freien Universität Berlin, von 2001 bis 2003 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Ehrungen

Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Halle (Saale) und der Stadt Berlin.

1992 Verleihung des Großen Verdienstkreuzes Polens und Ungarns

1993 Ehrendoktorwürde der Juristenfakultät der Universität Leipzig

Am 6. Mai 2003 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig

Zitate

  • Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, daß heute Nacht ihre Ausreise [...in die BRD möglich sein wird.] Das Satzende ging im Jubel unter. (Im Hof der Prager Botschaft der Bundesrepublik zu 10.000 ausreisewilligen DDR-Bürgern am 30. September 1989)

Literatur

  • H.-D. Genscher: Erinnerungen, Siedler-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-88680-453-4 (nicht mehr im Handel erhältlich)
  • Hans-Dieter Lucas (Hrsg.): Genscher, Deutschland und Europa. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2002. ISBN 3-7890-7816-6
  • Werner Filmer und Heribert Schwan: Hans-Dietrich Genscher. Aktualisierte Taschenbuchausgabe. Moewig-Verlag, Rastatt 1993. ISBN 3-8118-2815-0

Videomaterial

  • ZDF.de / Johannes B. Kerner / Sendung vom 6. April 2004: Modem/ISDN, Breitband (Realplayer-Livestream, 15 min)

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