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Hubertus Knabe

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Hubertus Knabe (* 1959 in Unna) ist ein deutscher Historiker und Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen.

Er ist vor allem durch Veröffentlichungen zur Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in der und gegen die Bundesrepublik Deutschland bekannt geworden. Diese untersuchte er im Auftrag des Deutschen Bundestages. Weitere Veröffentlichungen widmen sich den Oppositionsbewegungen im ehemaligen Ostblock sowie der ostdeutschen Nachkriegsgeschichte.

Leben und Wirken

Knabe wuchs in Mülheim an der Ruhr auf und machte dort 1978 sein Abitur. Seine Eltern waren 1959 aus der DDR geflohen; sein Vater, der renommierte Ökologe Wilhelm Knabe, gehörte zu den Mitbegründern der Partei Die Grünen. Auch Knabe selbst engagierte sich früh bei den Grünen und in der blockübergreifenden Friedensbewegung. In Bremen gründete er 1978 ein Komitee für die Freilassung des DDR-Dissidenten Rudolf Bahro. Während einer seiner häufigen Besuchsreisen in die DDR lernte er dort 1979 seine spätere Frau kennen. Wegen seines politischen Engagements wurde ihm von 1980 bis 1987 die Einreise in die DDR verboten.

Nach seinem Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Bremen wurde er 1983 Pressesprecher der Grünen in Bremen. 1985 ging er als DAAD-Stipendiat an die Loránd-Eötvös-Universität in Budapest. Anschließend promovierte er an der Freien Universität Berlin über Umweltkonflikte im Sozialismus. Eine vergleichende Analyse der Umweltdiskussion in der DDR und Ungarn. 1988 war er Studienleiter der Evangelischen Akademie Berlin (West) und Anfang der 1990er DAAD-Lektor an der Universität Ljubljana in Slowenien.

Von 1992 bis 2000 arbeitete er in der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (Gauck-Behörde/Birthler-Behörde). Seit 2001 ist er wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im ehemaligen zentralen Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit.

Selbstverständnis und öffentliche Wahrnehmung

Knabe sieht seine Aufgabe darin, die Geschichte der DDR aufzuarbeiten, und einer kritischen Sicht auf dieselbe mehr Geltung im öffentlichen Bewusstsein zu verschaffen: „Erst wenn die kommunistische Diktatur den Deutschen ähnlich präsent ist wie das verbrecherische Regime der Nationalsozialisten, ist die Aufarbeitung der Hinterlassenschaften von Stasi-Minister Erich Mielke wirklich gelungen.[1]

Kritiker seiner Schriften werfen Knabe teilweise „missionarischen Eifer“[2] [3] und eine Argumentation „nahe an der schlichten politischen Farbgleichung 'rot = braun'“ vor,[4] die einige von ihnen Knabe unter Verweis auf den Auftrag in der fortgeschriebenen Gedenkstättenkonzeption des Bundes, „den Unterschieden zwischen NS-Herrschaft und SED-Diktatur Rechnung zu tragen“,[5] die Qualifikation zur Leitung der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen absprechen lässt.[6] Andere Rezensenten stehen in ihren Kommentaren hinter Knabe.[7]

Schriften

  • (unter dem Pseudonym „Klaus Ehring“) Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung in der DDR. Rowohlt, Reinbek 1982, ISBN 3-499-15019-0 (gemeinsam mit Ulrich Mickan unter dem Pseudonym „Martin Dallwitz“)
  • Aufbruch in eine andere DDR. Reformer und Oppositionelle zur Zukunft ihres Landes. Rowohlt, Reinbek 1989, ISBN 3-499-12607-9
  • Umweltkonflikte im Sozialismus. Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Problemartikulation in sozialistischen Systemen. Eine vergleichende Analyse der Umweltdiskussion in der DDR und Ungarn. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1993, ISBN 3-8046-8791-1
  • West-Arbeit des MfS. Das Zusammenspiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-86153-182-8
  • Die unterwanderte Republik. Stasi im Westen. Propyläen, Berlin 1999. Taschenbuchausgabe: ISBN 3-548-36284-2
  • Der diskrete Charme der DDR. Stasi und Westmedien. Propyläen, Berlin 2001. Taschenbuchausgabe: ISBN 3-548-36389-X
  • 17. Juni 1953. Ein deutscher Aufstand. Propyläen, Berlin 2003, ISBN 3-549-07182-5
  • Stätten der DDR-Diktatur. Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, AlliiertenMuseum, Deutsch-Russisches Museum Karlshorst, Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Gedenkstätte Berliner Mauer, Museum Haus am Checkpoint Charlie u.a.. Jaron, Berlin 2004, ISBN 3-89773-225-4
  • Der verbotene Stadtteil. Stasi-Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen. Jaron, Berlin 2005, ISBN 3-89773-506-7 (gemeinsam mit Peter Erler)
  • Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland. Propyläen, Berlin 2005, ISBN 3-549-07245-7
  • Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der SED-Diktatur. Propyläen, Berlin 2007, ISBN 978-3549073025
  • Gefangen in Hohenschönhausen. Stasihäftlinge berichten (Herausgeber). List Taschenbuch, 2007, ISBN 978-3548607412
  • Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE. Propyläen, Berlin 2009, ISBN 978-3-549-07329-2

Quellen

  1. Hubertus Knabe: Wie die Aufarbeitung der Stasi-Akten neu organisiert werden könnte. Spiegel Online, 15. August 2007.
  2. Thorsten Denkler: „Nichts als die Wahrheit“. Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE in: Süddeutsche Zeitung vom 19. März 2009.
  3. Christoph Klessmann: Der milde Umgang mit den Tätern. Rezension des Buchs Die Täter sind unter uns in: Die Zeit 26/2007.
  4. Günter Hellmich: „Weil diese Geschichte eben noch dampft“. Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE. Deutschlandfunk, 19. März 2009.
  5. Fortgeschriebene Gedenkstättenkonzeption des Bundes. BT-Drucksache 16/9875 vom 19. Juni 2008.
  6. Tom Strohschneider: „Ein Gespenst geht um“. Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE in: Der Freitag vom 19. März 2009.
  7. Arnulf Baring: Der Feind steht links. Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE in: Die Welt vom 18. März 2009.