Messdiener
Ministrant (auch Messdiener) ist die Bezeichnung für einen Altardiener (lat. ministrare "dienen") in der katholischen Kirche. Auch in manchen evangelischen Kirchen gibt es entsprechende Funktionen.
Die Ministranten (meist Jungen und Mädchen bis zum Ende der Schulzeit) gehören zusammen mit Lektoren, Kommunionhelfern, Vorsänger und Organist zu denen, die v.a. in der festlichen Sonntagsmesse gemeinsam mit dem Priester und der versammelten Gemeinde das Volk Gottes als gegliederte Gemeinschaft am Tisch des Herrn darstellen. Als Zeichen dieser Stellvertretung der Ministranten für die ganze Gemeinde tragen sie das weiße Obergewand, Rochett genannt, das an das Taufkleid erinnern soll.
Ihre Aufgaben sind u.a. das Vortragen von Kreuz, Leuchtern und Weihrauchfass, das Bringen der eucharistischen Gaben und der Gefäße zur Händewaschung, das Läuten der Wandlungsglocke, das Abräumen des Altars nach der Heiligen Kommunion; dazu viele weitere Aufgaben bei besonderen Liturgien etwa in der Karwoche, zu Ostern und an Weihnachten.
Das Selbstverständnis der Ministranten basiert auf ihrer liturgischen Aufgabe, dem Dienst in der Heiligen Messe. Sie sehen sich nicht als "Butler" des Priesters, sondern als Diener an einer höheren Sache, an Jesus Christus selbst, der in der Eucharistiefeier selbst als Leib und Blut in Erscheinung tritt. Ministranten bilden oft eine feste Gemeinschaft innerhalb der Gemeinde, oftmals sind sie deren größte Jugendgruppe. Trotzdem sind sie nicht verschworen und isoliert, wie man meinen könnte, sondern meistens offen für Impulse von außen. Vom Selbstverständnis bleibt man Ministrant sein Leben lang.
Ministrant/in kann in den meisten Gemeinden jede/r werden, der die Heilige Kommunion empfangen hat. Sie tragen während des Gottesdienstes ein weißes Ober- und ein rotes, schwarzes oder violettes Untergewand (Rochett und Talar). Oft treffen sich Messdiener auch zu Gruppenstunden, machen gemeinsame Ausflüge, helfen bei der Organisation von Kirchen- und gemeinnützigen Festen und wählen ein oder zwei Oberministranten.
Ausführliche Geschichte
Die Anfänge des Ministrantendienstes
Ministranten (von ministrare = dienen) haben die Aufgabe, dem Priester im Gottesdienst zu assistieren. Die Wurzeln dieser Tätigkeit gehen bereits in die ersten Jahrhunderte zurück.
Bereits in den Texten des Neuen Testaments ist über die Aufgabenteilung im Gottesdienst zu lesen. Paulus schreibt an die Korinther:
Wenn ihr zusammenkommt, trägt jeder etwas bei: einer einen Psalm, ein anderer eine Lehre, der dritte eine Offenbarung; einer redet in Zungen, ein anderer deutet es. Alles geschehe so, dass es aufbaut. (1 Kor 14,26)
Frühe Texte aus dem zweiten und dritten Jahrhundert berichten von sonntäglichen Mahlfeiern der Gemeinden. Dabei wurden die verschiedenen Aufgaben im Gottesdienst von verschiedenen Diensten übernommen: Der Bischof leitete die Liturgie, die Priester übernahmen die Taufe und assistierten dem Bischof beim Hochgebet, Diakone sorgten für die Austeilung der Agape und übernahmen die Krankensalbung, Lektoren lasen die biblischen Texte.
Die Aufgaben, aus denen später der Dienst der Ministranten hervorgeht, wurden von Akolythen (Altardienern) übernommen. Akolythen brachten die Gaben zum Altar und halfen dem Priester oder Bischof bei der Eucharistiefeier.
Im 6. Jahrhundert und im beginnenden Mittelalter vertraten die Messdiener die Gemeinde bei den so genannten "Privatmessen". Dies waren Gottesdienste, die der Priester ohne Gemeinde feierte.
Ministranten in der mittelalterlichen Liturgie
Ab dem 8. Jahrhundert wurde der Ministrantendienst in der Messe unerlässlich. Es war für Priester üblich, jeden Tag einen Gottesdienst zu feiern. Da dies durch wachsende Priesterzahlen als Feier mit der Gemeinde kaum noch möglich war, kam es zur Einführung der "Privatmessen", bei denen der Priester allein "die Messe las". Die Synoden von Mainz (813) und Paris (829) verordneten, dass für die Gültigkeit einer Privatmesse wenigstens ein Ministrant dabei sein musste, der dem Priester zur Hand ging und so die fehlende Gemeinde vertrat.
Gab es in der Frühen Kirche noch eine Aufteilung in verschiedene Dienste, über die viele Christen aktiv am Gottesdienst beteiligt waren, brachte das Mittelalter eine Reduzierung der Rollen in der Messe: Altardiener blieben die einzigen Mitfeiernden.
Auch in den Gemeindemessen verringerte sich die Teilnahme der Gemeinde: die lateinische Sprache machte den "Laien" im Gottesdienst ein Mitbeten unmöglich. Hier vertraten die Ministranten die Gemeinde und beteten die lateinischen Antworten auf die Rufe des Priesters. Nicht mehr der Gottesdienst wurde von der Gemeinde mitgebetet, sondern die Gemeinde betete im Gottesdienst, während Priester und Ministranten im Altarraum die Messe feierten. Diese Entwicklung - hin zu einer deutlichen Trennung von Priestern und Laien im Gottesdienst - lässt sich heute an den meisten Kirchenbauten ablesen: die Kirche wurde aufgeteilt in den Chorraum (die Herrenkirche) und den Raum der Gemeinde (die Leutekirche). Später wurden diese Bereiche häufig sogar durch einen Sichtschutz getrennt.
Ministranten waren jahrhundertelang eine Stufe auf dem Weg zum Priesteramt. Das änderte sich auch mit der Neuordnung der liturgischen Dienste durch das Konzil von Trient (1545 - 1563) nicht.
Ministranten als Vorstufe zum Priesterdienst
Für die Aufgaben der Ministranten als Vertreter der Gemeinde im Altarraum bedurfte es einer besonderen Ausbildung. Seit Beginn des Mittelalters wurden Jungen in Chorschulen aufgenommen, in denen sie für ihren Dienst in der Messe vorbereitet wurden. Diese "Chorknaben" wurden als potenzieller Priesternachwuchs gesehen. So kam es, dass Ministranten bereits früh in den Stand der Kleriker aufgenommen wurden. Über verschiedene Stufen der "niederen Weihen" konnten Messdiener über die Weihe zum Subdiakon und zum Diakon dem Priesterberuf näher rücken. Das Idealbild des Ministranten im Mittelalter und bis in die Neuzeit war der "Klerikerministrant", der sich bereits als Kind und als Jugendlicher auf die Priesterweihe vorbereitete, in die Liturgie eingeführt wurde und Latein lernte.
Das Konzil von Trient in der Mitte des 16.Jahrhunderts behandelte diese Frage, als es die Dienste in der Liturgie neu ordnete. Schließlich legte die Synode von Aix 1585 fest, dass eine schriftliche Erlaubnis des Bischofs nötig war, um als Laie am Altar zu ministrieren. Die Unsicherheit über den Umgang mit Ministranten, die keine Kleriker waren, hielt sich bis ins 19. Jahrhundert, auch wenn die Weisung der Synode von Aix bei weitem nicht überall aufgenommen wurde: selbst der Codex Iuris Canonici (das Kirchenrecht, in dem alle kirchlichen Angelegenheiten geregelt sind) vermied es, sich eindeutig gegen Laienministranten auszusprechen, weil es sie in vielen Gemeinden gab.
1947 schaffte Papst Pius XII. in seiner Enzyklika "Mediator Dei" Klarheit, indem er erstmals offiziell von Ministranten sprach, die sich nicht im Klerikerstand befanden. Damit war der Grundstein für unsere heutige Form des Ministrantendienstes gelegt, zu dem jeder Jugendliche/jedes Kind Zugang hat.
Ab 1947 entwickelte sich der Ministrantendienst zu seiner heutigen Form: erstmals wurde offiziell von Ministranten gesprochen, die keine Klerikerministranten, d.h. nicht auf dem Weg zum Priesterberuf waren. Das Zweite Vatikanische Konzil als Höhepunkt der liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts wertete den Dienst der Ministranten auf. In Anlehnung an die früheren niederen Weihestufen wurden innerhalb des Ministrantendienstes häufig noch die Rangstufen Ceroferar, Akolyth, Thurifer und Lektor mit jeweils verschiedenen Aufgabenbereichen unterschieden. Der Ceroferar trägt Kerzen oder Leuchter, der Akoluth versieht den eigentlichen Altardienst (bringt die Opfergaben zum Altar, läutet zur Wandlung usw.), der Thurifer trägt im feierlichen Hochamt und bei Prozessionen das Weihrauchfass und der Lektor assistiert dem Priester am Altar und trägt die Epistel und die Fürbitten vor.
Entwicklung zur heutigen Form des Ministrant-Seins
Das Zweite Vatikanische Konzil gab den Weg frei für grundlegende Änderungen im Gottesdienst: die Messe wurde in der jeweiligen Landessprache gefeiert statt in Latein, der Priester feierte zusammen mit der Gemeinde um den Altar herum, statt mit dem Rücken zum Volk, Liturgie wurde zur Feier der versammelten Gemeinde und verschiedene Dienste und Rollen für die Feier wurden neugeschaffen: Durch den Dienst von Ministranten, Lektoren, Kantoren und Kommunionhelfern sollte deutlich werden: jeder feiert mit.
Ziel dieser Erneuerung war die "volle, bewusste und tätige Teilnahme" aller am Gottesdienst. Jeder sollte verstehen und mitvollziehen können, was gerade gefeiert wurde.
Ministranten übernehmen in der Liturgie stellvertretend für die ganze Gemeinde bestimmte Aufgaben. Wenn Ministranten zur Gabenbereitung Brot und Wein aus der Mitte der Gemeinde zum Altar bringen, zeigen sie, dass die Gemeinde ihre "Gaben", ihren Alltag, ihre Sorgen und Bitten, ihren Dank und ihre Freude zum Altar mitbringen. Bei den Prozessionen machen Ministranten deutlich, dass wir Menschen "unterwegs" sind zu Gott. In allen Aufgaben tragen die Ministranten dazu bei, die Bedeutung des Gottesdienstes zu unterstreichen und für ihre Handlungen für die ganze Gemeinde zu tun.
In Karlsruhe hat man den Slogan "Minis sind mehr als Messdiener." Heute beschränkt sich das Ministrant-Sein nicht mehr nur auf den liturgischen Dienst. Ministranten sind zu einer großen Gemeinschaft innerhalb der kirchlichen Jugendarbeit gewachsen. Sie treffen sich in Gruppen, fahren auf Lager und Ausflüge, beteiligen sich bei Festen und Veranstaltungen der Pfarrei und prägen so das Bild einer jungen Kirche.
Die Diskussion um die Frage nach Mädchen am Altar ist seit 1994 durch eine Entscheidung des Papstes geklärt: Ministrantinnen sind in Deutschland mittlerweile fest etabliert. Dennoch gibt es viele Länder, in denen weibliche Ministranten eher die Ausnahme sind.
Patrone
Tarzisius
Tarzisius (auch Tarsitius) war der Legende nach ein römischer Junge, der zur damals verfolgten christlichen Gemeinde in Rom gehörte und dem Priester in der Seelsorge half. Unter anderem überbrachte er den Kranken die Krankenkommunion. Eines Tages hatte er wieder eine Schale mit geweihten Hostien unter seinem Gewand versteckt und war auf dem Weg zu einem Kranken, als er von anderen römischen Jungen auf der Straße angesprochen wurde. Sie entdeckten, dass er etwas versteckte und forderten ihn auf, es ihnen zu zeigen, doch er weigerte sich. Darauf schlugen sie auf ihn ein und versuchten ihm die Schale zu entreißen. Sie schlugen ihn auf offener Straße zu Tode.
Tarzisius gilt als erster Ministrant und somit als deren Patron. Seiner wird am 15. August gedacht.
Nikolaus von Myra
Es handelt sich um den allseits bekannten Nikolaus, der seinen Gedenktag am 6. Dezember hat. Eine ausführliche Beschreibung findet sich auf http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?BiographienN/Nikolaus_von_Myra.htm.
Siehe auch
Literatur
- Andreas Büsch: Handbuch der Ministrantenpastoral. Düsseldorf / Kevelaer 1999. ISBN 3-76660-201-2
- Markus Tomberg: Im Zweifelsfall eine Kniebeuge. Freiburg im Breisgau / Herder 2004. ISBN 3-45128-479-0
- Peter Kokschal: Das Ministranten-Taschenlexikon. Leipzig / St. Benno 2004. ISBN 3-74621-752-0