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KZ Mittelbau-Dora

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Datei:Dora Mittelbau A4 Fertigung 1945.jpg
V2-Fertigung im Mittelbau Dora

Dora-Mittelbau war der Deckname für einen unterirdischen, geheimen Rüstungsbetrieb und das dazugehörige Arbeitslager während der Zeit des Nationalsozialismus bei Nordhausen südlich des Harz. Das Stollensystem im Kohnstein bestand im Kern aus dem sog. Nordwerk und dem Mittelwerk.


Das Konzentrationslager wurde als Außenstelle Dora des KZ Buchenwald gegründet, nachdem am 17. und 18. August 1943 die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde bombardiert worden waren.

Die ersten Gefangenen trieben 1936 bereits ein riesiges Stollensystem in den naheliegenden Berg Kohnstein, das für ein unterirdisches Treibstofflager der Wehrmacht vorgesehen war. Darin wurden dann ab 1944 die V1- und V2-Raketen unterirdisch produziert. Im Oktober 1944 wurde das Lager Dora dann in Mittelbau umbenannt (darum Dora-Mittelbau) und unterhielt 40 eigene Außenstellen. Ein Außenlager war z.B. in der Höhle Heimkehle untergebracht.

In unterirdischen Stollen, wo das Wasser von den Wänden troff, das Tageslicht nie hineinkam und das Krachen und der Staub ständiger Sprengungen das Leben zur Hölle machten, schufteten Zehntausende aus allen Nationen Europas, um Hitlers "Wunderwaffe", die V1 und V2 zu produzieren. 1944 wurden V1-Flügelbomben und V2-Raketen produziert, später auch der Düsenjäger Heinkel He 162 und die Flugabwehrraketen Taifun und R4M. Alleine in den ersten drei Monaten 1945 verließen 6000 V1-Bomben und 1700 V2-Raketen das Werk.

Der berufliche Werdegang des Konstrukteurs Wernher von Braun, der später der Raketenspezialist (ua. Leiter des Mondfahrtprogramms Apollo) der USA wurde, gründete in dieser Produktion.

Der Produktionsbereich bestand zum einen aus dem oberirdischen, ca. 3 km langen und 1 km breiten Industriegelände, dessen Kern die Gleisanlagen waren. Von hier aus führten zwei mit Schienenwegen ausgebaute Hauptstollen A und B in den Kohnstein hinein, die mit 46 Querstollen, die als Produktions- und Schlafkammern dienten, verbunden waren. Von den Hauptstollen ab gehen tiefer im Berg weitere vier Anlagen.

Widerstand

Eine Gruppe von Widerstandskämpfern entstand: die deutschen Kommunisten Albert Kuntz, Georg Thomas, Ludwig Szymczak, Otto Runki, Christian Behan, Fritz Pröll, Heinz Schneider, der Sozialdemokrat August Kroneberg, der tschechoslowakische Arzt und Kommunist Dr. Jan Cespiva, der sowjetische Fliegerhauptmann Jelowoj aus Odessa, der unter dem falschen Namen Simeon Grinko in Dora war, polnische, französische und holländische Widerstandskämpf

Es gelang den waffenlosen, halbverhungerten Gefangenen, Hitlers Plan mit der Wunderwaffe zu durchkreuzen. Bei einem Drittel der 1944 abgefeuerten Raketen versagten die Triebwerke. Von den insgesamt eingesetzten 10.800 V2-Raketen platzten mehr als die Hälfte noch beim Anflug in der Luft. Der SS-Oberscharführer Sander und Oberst Eichhorn wurden speziell eingesetzt, um die vermutete Sabotagegruppe dingfest zu machen. Das Lager wurde mit einem Spitzelsystem überzogen. Als am 18. November 1944 die Wehrmacht zwei ganze Güterzüge mit V-Raketen zurückschickte: "Unbrauchbar, Sabotage", schlug der faschistische Terror zu. Dutzende Gefangene wurden auf Verdacht gefoltert und erhängt. An Balken zwischen zwei Kränen wurden Stricke mit Schlingen angebracht, zwölf, fünfzehn, zwanzig Menschen gleichzeitig daran gehängt und durch Hochziehen der Kräne erdrosselt.


„Abwicklungsstelle KL Auschwitz“

Im Januar 1945 wurden 15.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz zu den 35.000 Insassen von Dora-Mittelbau verlegt. Offizielle Dokumente zählen 464 Transport-Tote. Häftlinge von Dora, die beim Entladen der Züge helfen mussten, berichten von kompletten Wagenladungen mit dürren Leichen, die so steif gefroren waren, das ihnen „öfter Arme, Beine oder Köpfe in den Händen [blieben]“ (Anton Luzidis, Die Zeit 4/2005). Die tatsächliche Zahl an Häftlingen, die beim oder kurz nach dem Transport ums Leben kamen, lässt sich nicht mehr feststellen. Bekannt ist jedoch, dass die Menge vom lagereigenen Krematorium nicht mehr bewältigt werden konnte, so dass zusätzlich offene Scheiterhaufen verwendet wurden, die teils tagelang brannten und deren Rauch weit sichtbar war.

Mit der "Evakurierung" Auschwitz' wurden auch Hunderte Wärter und die Führungsmannschaft des KZ Auschwitz nach Mittelbau-Dora versetzt. Am 1. Februar 1945 wurde Richard Baer Kommandant des Lagers und Eduard Wirth Standortarzt, in Auschwitz war er bereits Vorgesetzter von Josef Mengele.

Datei:Todesmarschmittelbaudora2.jpg

Am 4. April 1945, kurz vor dem Eintreffen alliierter Truppen, wurde der Befehl zur Evakuierung des Lagers gegeben. Innerhalb von zwei Tagen wurde ein Großteil der Häftlinge in Züge mit den Zielen Konzentrationslager Bergen-Belsen, Sachsenhausen und Ravensbrück geprügelt, der Rest wurde auf Todesmärsche geschickt. Das bekannteste Massaker ereignete sich am 13. April 1945 bei Gardelegen, als Angehörige von SS, Wehrmacht, Volkssturm und Hitler-Jugend über Tausend Häftlinge in einer Scheune einsperrten und bei lebendigem Leib verbrannten.

Am 11. April 1945 erreichten die ersten US-Soldaten der Division "Timberwolf" nach Hinweisen des inzwischen übergelaufenen Peenemünder Chefkonstrukteurs Wernher von Braun das Lager und fanden noch circa 100 Raketen sowie wichtige Dokumente vor, die sie für die eigene Raketenforschung sicherten und später abtransportierten.

Zwischen Januar und April 1945 starben insgesamt 6000 Häftlinge. Hans Frankental, Überlebender von Auschwitz und Dora-Mittelbau, schrieb 1999: „War Auschwitz die heiße Hölle gewesen, so war Dora die kalte Hölle.“. Nur wenige der insgesamt über 60.000 Häftlinge konnten gerettet werden.

Befreiung

Am 4. April 1945, kurz vor dem Eintreffen alliierter Truppen, wurde der Befehl zur Evakuierung des Lagers gegeben. Innerhalb von zwei Tagen wurde ein Großteil der Häftlinge in Züge mit den Zielen Konzentrationslager Bergen-Belsen, Sachsenhausen und Ravensbrück geprügelt, der Rest wurde auf Todesmärsche geschickt. Das bekannteste Massaker ereignete sich am 13. April 1945 bei Gardelegen, als Angehörige von SS, Wehrmacht, Volkssturm und Hitler-Jugend über Tausend Häftlinge in einer Scheune einsperrten und bei lebendigem Leib verbrannten.

Am 11. April 1945 erreichten die ersten US-Soldaten der Division "Timberwolf" nach Hinweisen des inzwischen übergelaufenen Peenemünder Chefkonstrukteurs Wernher von Braun das Lager und fanden noch circa 100 Raketen sowie wichtige Dokumente vor, die sie für die eigene Raketenforschung sicherten und später abtransportierten.

Nutzung nach dem Krieg

Nach der Räumung des Inventars durch US- und Sowjet-Kräfte und der kurzzeitigen Nutzung als Flüchtlings-Unterkunft blieb Mittelbau-Dora lange Jahre unbeachtet. Lediglich am 11. April 1946 wurde am Krematorium von der sowjetischen Besatzungsmacht ein Mahnmal errichtet, sowie 1954 das Krematorium selbst als Ehrenmal eingeweiht. Nach beendeter Demontage durch die Sowjets wurden 1948 einige Querstollen sowie die Eingänge der beiden Hauptstollen gesprengt.

Platz und Denkmal vor dem Krematorium des KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen, hier bei einer Gedenkveranstaltung

Erst 1966 wurde die "Mahn- und Gedenkstätte Mittelbau-Dora" eröffnet. Die Ausstellungen im zum Museum umgebauten Krematorium fokussierten sich jedoch das Thema Antifaschistischer Widerstand und überdeckten damit andere, nicht-politische Schicksale. Zum 50. Jahrestag 1995 wurde die Gedenkstätte mit einem neuen Konzept, welches allerdings bewusst auch weiter Elemente aus der DDR-Zeit enthält, wieder eröffnet. Durch einen neu angelegten Zugang, mit dessen Bau bereits 1988 begonnen worden war, ist seitdem auch ein sehr kleiner Teil des Stollensystems mit Schlaf- und Produktionsräumen wieder für die Öffentlichkeit im Rahmen von Führungen zugänglich.

Von den oberirdischen Gebäuden ist mit Ausnahme des Krematoriums, eines Feuerwehrhauses und einer (nachgebauten) Barracke nichts oder nur noch die Grundmauern zu sehen. Die Stollenanlage selbst ist in weiten Bereichen vom Grundwasser geflutet und möglicherweise in Folge des industriellen Bergbaus der näheren Umgebung eingestürzt.


Siehe auch: Liste der Konzentrationslager im Dritten Reich

Commons: Mittelbau-Dora – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien