Keil
Der Keil ist eine der frühesten und wichtigsten Erfindungen der Menschheit - ein einfaches aber sehr wirksames Werkzeug, das man sich bei Bedarf auch leicht aus Holz oder Stein spalten bzw. herstellen kann.
Ein guter Keil ist ein Holz- oder Metallstück mit zwei möglichst glatten Flächen, die gegeneinander einen Winkel von 5 bis 20 Grad einschließen. Schlägt man einen solchen Keil in den Spalt zwischen zwei Werkstücken oder unter einen schweren Gegenstand, kann man mit wenig Kraft eine große Trennwirkung bzw. Hebung erzielen.
Die "Keilwirkung" beruht auf dem Gesetz der schiefen Ebene, oder auch dem Hebelgesetz der Mechanik: Kraft mal Kraftarm = Last mal Lastarm. Je "schärfer" bzw. je spitzer der Keil ist, desto schwerere Gegenstände kann man damit "hochkeilen", bzw. desto höhere Spaltwirkung wird erzielt. Das einfachste natürliche Vorbild für eine schiefe Ebene war vermutlich zuallererst ein geneigtes Gelände. Beim Pyramidenbau war auf die schiefe Transportrampe nicht mehr zu verzichten, ansonsten wären die riesigen Steinquader nie an ihren Bestimmungsort gelangt.
Bei der vom Menschen geschaffenen schiefen Ebene kommt auch noch die Oberflächenbeschaffenheit ins Spiel. Während die zuunterste Kathete des betrachteten rechtwinkeligen Dreieckes möglichst rau beschaffen und gut haftend sein soll, soll hingegen die Schiefe Ebene glatt und geschmiert sein, um ihrem Verwendungszweck am besten gerecht werden. Wir wollen das Gewicht G in kp vom Boden weg um die Höhe H hochbringen. Der Weg entlang der schiefen Ebene folgt aus dem phytagoräischen Lehrsatz: S = (H^2 +L^2)^1/2 in m. Der Winkel ist maßgebend für die erforderliche Zugkraft Z in kp ,schräg nach oben unter dem Winkel: tang(rho) = Höhe / Länge d. Boden- Kathete in m/m (dimensionslos), daraus folgt weiter rho = arctg(rho) in Grad. Das Gewicht G in kp wirkt wegen der Schwerkraft senkrecht nach unten und setzt im Schwerpunkt des zu bewegenden Körpers an. Um die vorhandene Reibungskraft errechnen zu können, muß bekannt sein: Jene Komponente des Gewichtes G, die senkrecht auf die Gleitfläche wirkt. Diese ist N in kp, als Normalkraft bezeichnet und errechnet sich: N = G . cos(rho) in kp. Die dazu normal stehende Reibungskraft, sich ergebend aus jener Komponente des Gewichtes G in kg die schräg nach unten zeigt und die beim Hochziehen nach oben überwunden werden muß. Diese ist wiederum unter Anwendung der Trigonometrie : Z = G . sin(rho)in kg als erforderliche Zugkraft bzw. gleichzeitig die schräg nach unten wirkende Kraft Z in kp. Wichtig ist ein Sonderfall: Wenn der Neigungswinkel der schiefen Ebene steiler ist, als der sogenannte Reibungswinkel arctg (my) , beginnt die Last zu rutschen bzw. wenn es auf Rädern sich bewegt, zu rollen. my ist die Reibungszahl, die man in den einschlägigen Maschinenbauhandbüchern findet. Sie hängt ab vom Material, der Oberflächenbeschaffenheit sowie vorhandener Schmierung. Da auch die Befestigungsschraube eine zylindrisch aufgewickelte schiefe Ebene ist, ist auch beim Einsatz von Schrauben mit Schmierung und limitiertem Anzugsdrehmoment in Nm oder kpm die Befestigungskraft höher, als bei ungeschmierten Schrauben. Die beim Transport über die Steigung aufzuwendende mechanische Arbeit: E = Z . s in kpm , das sind G . sin(rho) . (H^2 +L^2)^1/2 in kpm. Diese zu erbringende Arbeit E muß höher sein als das einfache Produkt Gewicht . Höhe, also G . H = E. Dies deshalb, weil beim freien Heben des Gewichtes G . H keine Reibung berücksichtigt ist, jedoch dies nur theoretisch, weil wir die kraftsparende Lösung mit längerem Weg gewählt haben, weil die Last sonst nicht bewältigt werden konnte. Rechenbeispiel: Gewicht G der Last : 500 kp
Höhe H : 1 m Länge L : 5 m Reibgrad od. Reibungskoeffizient: 0,2 (geschm.)
- Man berechnet:
- Länge d. Transp.-Weges s : s =(H^2 + L^2)^1/2 = (1+25)^1/2 = = 5,099 m
- Steigungswinkel rho : tan(rho) = H / L = 1/5 = 0,2
arctan(rho) = arctan(0,2)= 0,197 rad 0,197 rad = 0,197.180/3,14 = 11,31 Grad
- Normalkraft N auf Gleitfläche:N=G .cos(rho)= 500.0,923 = 461,5 kp
- Erforderliche Zugkraft zum gleiten Z : Z = G . sin(rho) = 500.sin(11,31*3,14/180 rad) = 500 . 0,196 = 98 kp
- Berechnung der aufzuwendenden Arbeit : E = 98kp . 5,099 m = 499,7 kpm
- Schluß : Beim Transportieren über die schiefe Ebene erfordert in diesem Falle (geringer Reibgrad)praktisch die selbe Arbeit, als würde man das 500 kg- Gewicht frei 1 m hoch heben, was jedoch in vielen Fällen ohne Kran nicht möglich ist.
Prinzip des Keils wird daher auch bei vielen Werkzeugen verwendet, zum Beispiel
- beim Messer - mit einem Keilwinkel von nur wenigen Grad
- bei der Axt bzw. Hacke - größerer Keilwinkel als beim Messer, aber durch größere Masse zum Schlagen von Holz oder Baumfällen geeignet
- beim Meißel (Flach- und Spitzmeißel), ebenso wie
- bei Nägeln, Nadeln, Sticheln,
- aber auch beim Pflug, bei Geräten der Forstwirtschaft und vielen anderen Werkzeugen bzw. Maschinen.
Ein Keil muss nicht immer aus hartem Material sein, um Wirksamkeit zu entfalten. Beim Aquaplaning kann die Keilwirkung des Wassers erheblich sein, wenn der Autoreifen (zu) rasch darüberrollt.
In der Natur findet sich das Prinzip des Keils unter anderem
- bei stromlinienförmigen Körpern von Tieren, insbesondere Fischen,
- bei speziellen Schnabel-Formen mancher Vögel - z.B. bei Specht, Löffler oder "Eisenkeil" (Eisvogel),
- für schabende Tätigkeiten von Tieren - siehe Krallen, Mundwerkzeuge von Insekten, Putzerfische usw.,
- beim Sprossen vieler Samen und Blätter, und nicht zuletzt
- bei geologischen Vorgängen wie der Bruchtektonik, bei Überschiebungen oder der plattentektonischen Subduktion,
- an meteorologischen Fronten, beim Aufgleiten von warmen Luftmassen über kälteren, und ähnlichen Vorgängen.
Siehe auch
Kraftübertragung, Liste bedeutender Erfindungen, Pickel, Span