Guantanamo Bay Naval Base
Die Guantanamo-Bucht (span.: Bahía de Guantánamo) ist eine 20 Kilometer breite und 8 Kilometer lange Bucht des Karibischen Meers im südlichen Teil Kubas. Sie trägt den Namen der 12 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Guantánamo. Im deutschen Sprachraum ist auch die englische Bezeichnung Guantanamo Bay geläufig, die dann aber zumeist auf die gleichnamige US-Militärbasis zielt, die im südlichen Teil der Bucht – rund 15 Kilometer außerhalb der Stadt – liegt. Die Bucht hat einen sehr tiefen Hafen und ist gut geeignet für U-Boote und große Schiffe.
Vorgeschichte
Bereits im Kolonialzeitalter stand die Guantanamo-Bucht im Fokus militärstrategischer Überlegungen. So wurde die Bucht zum Schauplatz eines britischen Landeunternehmens im Verlauf des sogenannten "War of Jenkins' Ear" (1739–1742). Im Rahmen eines Versuches, den westlich der Bucht gelegenen spanischen Hafen Santiago de Cuba einzunehmen, nutzte das eingesetzte britische Expeditionskorps die geographischen Vorteile der Bucht zunächst für die Landung ihrer Infanterie (23. Juli 1741). Als sich später herausstellte, daß ein Angriff über Land wegen der Unpassierbarkeit des einzigen Weges nach Santiago unmöglich war, reklamierten die Briten die Bucht für sich und benannten ihren Ankerplatz nach dem zweiten Sohn des damaligen englischen Königs "Cumberland harbour". Ihr weiter im Landesinneren gelegener Lagerplatz sollte zu einer dauerhaften britischen Befestigung auf Kuba ausgebaut werden und hieß – zu Ehren des Königs selbst – "Georgestadt". Nachdem die britischen Truppen infolge von Tropenkrankheiten während ihres mehrmonatigen Aufenthaltes stark dezimiert worden waren, gaben sie das Unternehmen auf, zerstörten Georgestadt wieder und verließen die Insel im Dezember 1741.
Die USA versuchten bis 1897 Kuba von Spanien, dessen Kolonie Kuba damals war, zu kaufen. Im Jahre 1898, während des Spanisch-Amerikanischen Krieges, besetzten die USA die Guantanamo-Bucht, da sich dort eine bedeutende Hafenanlage befand. Durch den Pariser Frieden vom 10. Dezember 1898 erlangte Kuba die Unabhängigkeit, geriet aber in politische und wirtschaftliche Abhängigkeit der USA. Diese übten ihre Kontrolle und Vorherrschaft durch die Einsetzung proamerikanischer Präsidenten und Diktatoren und mehrere militärische Interventionen aus (unter anderem 1899-1903). Von Januar 1899 bis Mai 1902 stand Kuba unter Militärverwaltung der USA. 1901 wurde der sogenannte Platt-Zusatz in die Verfassung Kubas aufgenommen. Dieser schränkte die Souveränität des Landes erheblich ein. Er gewährte den USA ein Interventionsrecht im Falle innerer Unruhen und sah die Abtretung kubanischen Territoriums als Flottenbasis vor.
Geschichte der US-Militärbasis
Am 23. Februar 1903 wurde von der Verfassungsgebenden Versammlung Kubas aufgrund des Platt-Zusatzes, ein Leihvertrag mit den USA vereinbart. Kuba trat das Gebiet für 99 Jahre ab, wobei es das Recht für die freie Durchfahrt kubanischer Handelsschiffe eingeräumt bekam. Das gepachtete Gebiet ist 117,6 km² groß (heute mit Flughafen und Befestigungsanlagen ausgestattet). Ebenfalls in diesem Vertrag enthalten war ein weiterer Hafen in Bahia Honda, der aber schon 1912 an Kuba zurückgegeben wurde. Bis 1934 bezahlten die USA 2.000 US-Dollar pro Jahr als Pachtgebühr.
Im Jahr 1934 wurde der kubanische Präsident Grau San Martín abgesetzt, der Vertrag wurde aufgehoben. Nach einer einer Erneuerung des Vertrages im gleichen Jahr, blieb nur Abschnitt 7 über das Recht der Nutzung der Bucht als Marinestützpunkt erhalten. Weiterhin wurde der Leihvertrag nachträglich auf unbestimmte Zeit verlängert. Ab dem Jahre 1938 wurde die Pachtgebühr auf 4.085 US-Dollar erhöht.
Seit der Revolution 1959 und der Machtergreifung Fidel Castros akzeptiert Kuba die amerikanische Präsenz auf kubanischem Boden nicht mehr und fordert die Rückgabe der Bucht. Kuba bestreitet die Gültigkeit des geänderten Vertrages, da er durch militärischen Druck zustande gekommen sei. Die Pachtzahlungen der USA sollen von Kuba angeblich auch nie angerührt worden sein.
Die Bucht ist immer wieder Ausgangspunkt einer großen Zahl von Kubanern für ihre Flucht in die USA. Die kubanische Regierung macht wohl auch deshalb immer wieder klar, dass die nicht rein militärische Nutzung als Aufnahmelager für Flüchtlinge und Gefängnis für Terroristen oder der Betrieb kommerzieller Einrichtungen (eine Filale von McDonald's und eine Bowlingbahn) einen Vertragsbruch darstellen. Der Vertrag schreibt eine Beschränkung auf militärische Nutzung vor.
Da Kuba die US-Militärbasis in den 1960er Jahren vom Strom- und Wassernetz abkoppelte, wird diese seither von den USA aus mit Schiffen und Flugzeugen versorgt. Eine Meerwasser-Entsalzungsanlage produziert Trinkwasser. Ein 28 Kilometer langer Grenzzaun mit 44 Türmen sowie ein Minenfeld umschließt die Bucht.
Die ursprüngliche militärische Bedeutung des Stützpunktes für die USA als Nachschubbasis für den Kohle-, Wasser- und Munitionsbedarf der Dampfschiffe der US-Flotte ist mit Ende der Dampfschifffahrt nicht mehr gegeben. Nach der kubanischen Revolution von 1959 kann das Festhalten der USA an der Präsenz auf Kuba nur noch als politische Provokation gedeutet werden. Die jüngste Nutzung als Gefangenenlager hängt damit zusammen, dass die zivile Gerichtsbarkeit der USA auf das vom Militärrecht bestimmte Gelände außerhalb des US-Territorium keinen unmittelbaren Zugriff hat.
Gefangenlager Camp X-Ray
1999 flogen die USA Flüchtlinge des Kosovo-Krieges nach Guantanamo Bay aus. Nach der US-amerikanischen Intervention in Afghanistan wurden 2002 über 1000 Gefangene aus den Reihen der Taliban und der Al-Qaida nach Guantanamo Bay verbracht, wo ihnen ihre Rechte als Kriegsgefangene verwehrt bleiben. Statt dessen werden sie als so genannte unlawful combatants (ungesetzliche Kombattanten) in einem Camp X-Ray (engl.: Lager X, X-Ray nach der NATO-Buchstabiertafel) genannten Teil des Stützpunkts interniert. Die Rechtmäßigkeit der Einstufung als ungesetzliche Kombattanten ist umstritten.


Im November 2003 kamen in der weltweiten Presse Gerüchte auf, dass in Guantanamo Bay auch Kinder und Jugendliche, die während des Afghanistan-Krieges (2002) gefangen genommen wurden inhaftiert seien. Auch ihnen sei der Zugang zu einigen grundsätzlichen Menschenrechten verwehrt geblieben. Im Januar 2004 wurden drei inhaftierte Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren nach Afghanistan zurückgebracht und freigelassen. Sie seien "keine Gefährdung mehr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten".
Am 11. März 2004 entlassen die USA fünf britische Gefangene ohne Auflagen aus der Haft. Einer der Freigelassenen erhebt schwerste Vorwürfe wegen eklatanter Verstöße gegen die Menschenwürde. Auf in den Medien weit verbreiteten Fotos sieht man die Gefangenen in orangenen Schutzanzügen, mit Atemmaske, verbundenen Augen, Hörschutz, Handschuhen und gefesselten Händen und Füßen in knieender Position. Dies geschieht nach offiziellen Angaben zu ihrem Schutz, nach wiederholten Presseberichten ist es jedoch Teil von Verhören, die durch sensorische Deprivation jede psychische Normalität brechen sollen - ein Verfahren das bereits in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und sowjetischen Gulags sehr erfolgreich angewandt wurde. Solche Methoden widersprechen den internationalen Menschenrechtskonventionen eklatant. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat nach Berichten der New York Times bereits im Juli 2004 in einem vertraulichen Bericht an die US-Regierung die angewandten Verhörmethoden als Folter bezeichnet und die Haftbedingungen scharf kritisiert. Auch in wiederholten Medienberichten ist von Folter und unmenschlicher Behandlung die Rede, vgl. z.B. den Bericht in faz.net
Die zuständigen US-Behörden bestreiten die erhobenen Vorwürfe regelmäßig unter anderem damit, dass sie sich auf die Visiten von Vertretern des Roten Kreuzes berufen, während das IKRK die Richtigkeit der Informationen weder bestätigen noch dementieren kann, da die Vertraulichkeit der Berichte Voraussetzung für die Durchführung der Visiten ist.
Noch immer sind 610 Menschen inhaftiert, denen sowohl der Kriegsgefangenenstatus als auch jeglicher Rechtsbeistand verweigert wird. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts der USA im Juni 2004 müssen die Gefangenen die Möglickeit haben, ihre Inhaftierung zu überprüfen. Bis zur Beendigung der Überprüfung Ende Januar 2005 wurde der Status in 327 Fällen bestätigt. Bei den restlichen Inhaftierten steht die Entscheidung noch aus.
Joyce Hens Green[1], Richterin am District Court für den District of Columbia, hat in ihrem Urteil [2] vom 31. Januar 2005 die Praxis der Inhaftierung ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren als illegal und als Verstoß sowohl gegen die Genfer Konventionen als auch gegen die US-Verfassung bezeichnet.
Literatur
- David Rose: Guantánamo Bay: Amerikas Krieg gegen die Menschenrechte. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-10-066300-4
- Dorothea Dieckmann: Guantánamo. KlettCotta. 160 Seiten.
- Alfred de Zayas: Wem gehört Guantánamo Bay? – Die Rechtslage um den Stützpunkt der Vereinigten Staaten. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Dezember 2003, S. 36
Weblinks
- Erklärung der kubanischen Regierung zur Guantánamo-Frage
- Internet-Auftritt der Militär-Basis
- Süddeutsche-Artikel zu inhaftierten Kindern
- http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,323556,00.html
- Internationales Rotes Kreuz: "Guantanamo ist "eine Form der Folter" (ARD-Meldung)
- Guantánamo and beyond: The continuing pursuit of unchecked executive power (Dossier von amnesty international, en)