Schweizer Hochseeschifffahrt
Unter dem Begriff Schweizer Hochseeschifffahrt fasst man die Flotten zusammen, welche unter der Flagge des Binnenlandes Schweiz auf den Weltmeeren verkehren.
Geschichte
Im Mai 1850 bat der Schweizer James Funk, welcher in den USA den Kapitänsgrad erreicht hatte, den Bundesrat um die Bewilligung, seine in den USA gebaute WILHELM TELL unter dem Schweizer Kreuz segeln lassen zu dürfen. Schon im November desselben Jahres erhielt dann auch die New Yorker Firma Whitlock die Erlaubnis, auf ihrer HELVETIA die Schweizer Flagge zu führen.
Der Bundesrat Jakob Dubs, welcher 1864 Bundespräsident war, ließ den ersten Entwurf eines schweizerischen Schifffahrtsgesetzes ausarbeiten. Die nur halbherzig geführten Bemühungen scheiterten aber am Einwand der seefahrenden Nationen, dass die Schweiz als Binnenstaat und mangels einer Kriegsmarine nicht in der Lage sei, eine eigene Handelsflotte zu schützen und eine genügende Aufsicht auszuüben. Daher sollte es noch 80 Jahre dauern, bis eine Registration schweizerischer Hochsee-Schiffe möglich wurde. 1880 verbanden rund 30 Segelschiffe und Dampfer des Auswanderer-Agent und Schweizer Konsul in Antwerpen, Daniel Steinmann, Europa mit Amerika. Seine Reederei White Cross Line segelte zwar unter belgischer Flagge, hatte aber auch das Schweizer Wahrzeichen gehisst.
Während des Ersten Weltkriegs machte sich das fehlen eigener Handelsschiffe deutlich bemerkbar. Die Deutschen führten einen gnadenlosen U-Boot-Krieg gegen alle Schiffe, welche einen Hafen der Allierten anliefen. Daher ging die der Schweiz zur Verfügung gestellte Tonnage beträchtlich zurück. So entstand damals eine erste Art von schweizerischer Handelsflotte. Die Schiffe verkehrten allerdings unter den Flaggen der neutralen Staaten Belgien und USA, aber am Fockmast wurden stattliche Schweizer Fahnen gehisst und auf beiden Bordwänden in riesigen weissen Buchstaben das Wort SCHWEIZ aufgemalt. Dank den Geleitscheinen der Schweizerischen Gesandtschaft in Washington wurde diesen Schiffen die freie Fahrt durch die von Deutschland kontrollierten Gebiete garantiert.
Seit 1919 obliegt dem Bund die Gesetzgebung über die Schifffahrt und wurde in den Artikel 24 der Bundesverfassung aufgenommen (seit 1999, Art. 87).
1921 wurde in einer Erklärung der Verkehrskonferenz des Völkerbundes in Barcelona festgehalten, dass die Flaggen der Seeschiffe der Binnenstaaten anerkannt werden, sofern diese Schiffe an einem einzigen bestimmten Ort, der als Registerhafen gilt, eingetragen sind.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam die Schweiz erneut in eine versorgungswirtschaftliche Notsituation und war gezwungen, Schiffe unter eigener Flagge auf dem Meer einzusetzen. Ein auf Kriegsnotrecht beruhender Bundesbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge war die erste gesetzliche Grundlage. Die panamesische «CALANDA» wurde als erstes Schiff am 24. April 1941 offizielle eingetragen und sein neuer Heimat- und Registerhafen wurde Basel. Das zweite eingetragene Schiff war die MALOJA, welche am 7. September 1943 etwa 30 Meilen vor Korsika beim Cap Revellata (irrtümlich) von zehn britischen Kampfflugzeugen angegriffen und versenkt wurde. In der Zeit von Januar 1941 bis April 1942 erwarb das Kriegstransportamt (KTA) zu horrenden Preisen vier Schiffe. Das erste war der in Panama registrierten Dampfer ARMANDO, welcher am 6. Mai 1941 in ST.GOTTHARD umgetauft und als drittes Schweizer Schiff registriert wurde.
Auf Grund der gemachten Erfahrungen wurde nach Kriegsende beschlossen, die Handelsflotte beizubehalten. Das Notrechtsgesetz von 1941 wurde 1953 durch ein Seeschifffahrtsgesetz abgelöst und der Bund verkaufte seine vier Schiffe an private schweizerische Eigentümer und Reedereien.
Seeschifffahrtsgesetz
Das Bundesgesetz über die Seeschiffahrt unter der Schweizer Flagge (Seeschifffahrtsgesetz) vom 23. September 1953 beinhaltet strenge Flaggenrechtsbestimmungen, welche garantieren, dass nur Schiffe in der Schweiz registriert und die neutrale Schweizer Flagge führen können, welche ausschliesslich schweizerische Interessen wahren und Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen sind. Nur so können diese neutralen Schiffe in einem Konfliktfall vor einer Beschlagnahme durch die kriegführenden Parteien bewahrt werden.
Flotte
Im 2005 betreiben fünf Reedereinen total 22 Schiffe mit 421'062 BRT (Bruttoregistertonnen) unter Schweizer Flagge.