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Nachfrage (Mikroökonomie)

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Unter Nachfrage versteht man in der Ökonomie zunächst allgemein die Menge jeder Art von Gut oder Leistung, die ein einzelner wirtschaftlicher Akteur oder eine Mehrheit von Akteuren zu einem bestimmten Preis im Austausch gegen Geld oder andere Güter und Leistungen zu erwerben interessiert und bereit ist. Diese primäre Definition von Nachfrage setzt die Vorstellung der Homogenität des jeweils betrachteten Guts voraus, da nur so von verschiedenen Mengen eines Gutes die Rede sein kann und nur so die Nachfrage verschiedener Akteure mengenmäßig zusammengefasst werden kann. In einem abgeleiteten Sinn spricht man auch von der aggregierten (zusammengefassten) Nachfrage nach verschiedenen Gütern etwa eines ganzen Industriezweigs oder der gesamten Volkswirtschaft, die als Summe der preislich bewerteten Nachfrage nach den einzelnen Gütern bestimmt wird. Entsprechend wird der dieser so bestimmten aggregierten Nachfrage zugeordnete Preis als mit der gegebenen Nachfragestruktur gewichteter Durchschnittspreis bestimmt.

In den Wirtschaftswissenschaften geht man in der Regel davon aus, dass - ceteris paribus - ein systematischer Zusammenhang zwischen den Preisen, dem Einkommen und der nachgefragten Gütermenge besteht. Dieser Zusammenhang wird in Nachfragefunktionen oder Nachfragekurven dargestellt. Diese ordnen üblicher Weise bei gegebenem Einkommen jedem Preis die bei ihm nachgefragte Gütermenge zu. Veränderungen des Einkommens führen zu Verschiebungen der Nachfragekurven.

Dabei wird allgemein angenommen, dass bei steigendem Preis die Nachfrage zurückgeht, die Nachfragekurven verlaufen also fallend (Gesetz der Nachfrage). Wie stark die Preissteigerung auf die Nachfrage durchschlagen wird, wird mit Hilfe der Preiselastizität der Nachfrage gemessen, die folglich üblicher Weise negativ ist (Sonderfall z.B. Giffen-Paradoxon). Während sich ein fallender Verlauf der Nachfragekurven für die Nachfrage nach Produktionsfaktoren aus der neoklassischen Theorie der Unternehmung herleiten lässt, folgt die fallende Nachfrage nach Konsumgütern nicht aus der neoklassischen Theorie der Haushalte, da theoretisch die Existenz von Giffen-Gütern nicht ausgeschlossen werden kann. Unter den üblichen Annahmen der mikroökonomischen Theorie lässt sich allerdings nachweisen, dass Haushalte ihre Nachfrage nach einem im Preis steigenden Produkt vermindern, wenn ihr reales Einkommen konstant gehalten wird, d.h. wenn die steigenden Preise durch ein höheres Einkommen ausgeglichen werden.

Der Zusammenhang zwischen Nachfrage und Einkommen wird durch die Einkommenselastizität der Nachfrage beschrieben. Dieser ist üblicherweise positiv, d.h. bei Einkomemnssteigerungen nimmt auch die Nachfrage zu. Bei lebensnotwendigen Gütern ist sie aber kleiner als 1 (Engel'sches Gesetz): Steigt das Einkommen um 10%, steigt beispielsweise die Nachfrage nach Lebensmitteln um 7%. Bei Luxusgütern ist entsprechend die Einkommenselastizität größer als 1. Negative Einkommenselastizität werden für inferiore Güter, bei denen bei gegebenen Preisen und steigendem Einkommen die Nachfrage zurückgeht, als auch für Prestigegüter, die gekauft werden, weil der hohe Preis als soziales Signal dient (Snobeffekt), beobachtet.

Ob sich die von der Theorie unterstellten Nachfrageverläufe für bestimmte Konsumgüter auch empirisch beobachten lassen, ist umstritten, da man am Markt nie die Nachfrage als solches beobachten kann, sondern nur Marktergebnisse, die sich aus dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage ergeben (sog. Identifikationsproblem).

Bei der ökonomischen Analyse ist zu beachten, dass mit steigendem Aggregationsgrad (d. h. je mehr individuelle Akteure und einzelne Güter zusammengefasst werden), die ceteris paribus Klausel immer problematischer wird, da eben nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass übrige Umstände (Einkommen, Nachfragestruktur) von den in einer aggregierten Nachfragefunktion oder -kurve darstellbaren Änderungen von Preisen und Nachfragemengen unberührt bleiben. Diese Schwierigkeit umgehen Modelle eines allgemeinen Gleichgewichts.

Für einzelne Güter unterscheidet man die individuelle Nachfrage eines Gutes durch einen einzelnen Akteur von der Gesamtnachfrage, die durch die Addition der Nachfrage aller Nachfrager des entsprechenden Gutes bestimmt wird.

In der neoklassischen Preistheorie wird angenommen, dass unter Wettbewerbsbedingungen (partialanalytisch) der aktuelle Preis eines Gutes durch die Schnittstelle der Gesamtangebots- und Gesamtnachfragekurve für dieses Gut bestimmt wird. In der allgemeinen Gleichgewichtsanalyse werden die Preise aller Güter durch die simultane Gleichsetzung des Gesamtangebots und der Gesamtnachfrage auf allen Märkten bestimmt.

Wie weit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage durch Lohnerhöhungen langfristig gesteigert werden kann, wie dies von Gewerkschaften gelegentlich mit Bezug auf die Kaufkrafttheorie der Löhne vorgebracht wird, ist fraglich. Höhere Löhne führen zwar einerseits kurzfristig zu mehr Einkommen, sie können aber auch dazu führen, dass Unternehmen Arbeitskräfte durch Kapital ersetzen und die Produktivität steigern. Dadurch geht dann die Zahl der Einkommensbezieher zurück. In der Bundesrepublik lässt sich allerdings empirisch nicht nachweisen, dass höhere Arbeitnehmereinkommen zu Arbeitslosigkeit führen. Eher lässt sich zumindest für die ersten Jahrzehnte das Gegenteil nachweisen.

Siehe auch


Dieser Text basiert teilweise auf dem Mikroökonomie-Glossar von Professor Wilhelm Lorenz und ist unter GNU-FDL lizenziert.