Matra
Mécanique Avion TRAction, kurz Matra ist eine im Jahre 1945 gegründete französische Firma mit einem weitreichenden Tätigkeitsbereich, zunächst in den Bereichen Flugzeug- und Rüstungsbau sowie der Kunststoffverarbeitung.
Firmenpolitik
Jean-Luc Lagardère kaufte massiv Firmen auf. Dadurch entstand für Matra ein sehr vielseitig ausgerichtetes Tätigkeitsfeld. Heute firmiert ein Teil dieses Unternehmens (nach der Fusion von Aérospatiale und Matra Haute Technologie zu Aerospatiale-Matra) und Matra Marconi Space unter dem Namen Groupe Lagardère.
Matra selbst gehört seit 2004 zur EADS (European Aeronautic Defence and Space Company), an dem die Lagardère Gruppe einen 15%igen Anteil hält.
Fahrzeugherstellung
Anfang der 1960er Jahre übernahm Matra den Autohersteller René Bonnet. Diese Firma hatte zwei Standbeine: Herstellung und Einsatz von Rennwagen sowie die Kleinserienproduktion von Sportwagen. Matra erwarb die Firma vor allem als Imageträger, damit der Markenname nicht nur mit Rüstungsgütern in Verbindung gebracht wurde. Auch nach der Übernahme blieb die Firma, jetzt als 'Matra Automobile', in ihrer Ausrichtung unverändert.
Um 1970 folgte die nächste Zäsur, als 'Matra Automobile' den Vertrieb an die französischen Niederlassung "Simca" des amerikanischen Autogiganten Chrysler abgab. Von nun an wurden die Fahrzeuge unter dem Markennamen 'Matra-Chrysler-Simca' verkauft. Auch unter Chrysler wurden zunächst Rennsport und Serienfertigung parallel betrieben, wobei der Schwerpunkt sich im Laufe der Jahre immer stärker in Richtung Serienproduktion verlagerte. Ab Mitte der 70er Jahre wurde die Modellpalette um das Freizeitfahrzeug Matra-Simca Rancho erweitert, ein (zu) früher Vorläufer der heutigen SUVs. Zur gleichen Zeit wurden die Rennsportaktivitäten vollständig eingestellt.
Die nächste Zäsur erfolgte im Jahre 1979. Chrysler, wirtschaftlich schwer angeschlagen, verkaufte seine gesamten europäischen Aktivitäten an den französischen PSA-Konzern. PSA hatte kein Interesse an Matra, die Firma wurde wieder in den 'alten' Matra-Konzern eingegliedert. Da Peugeot den Markennamen Simca durch den Namen Talbot ersetzte, wurden die Matras in den Folgejahren als Talbot Matra verkauft.
1983 endete die Zusammenarbeit mit PSA/Talbot. Von diesem Zeitpunkt an bis zum Ende der Automobilproduktion arbeitete Matra in Partnerschaft mit Renault. Diese Zusammenarbeit endete mit der Insolvenz von Matra Automotive im Frühjahr 2003. Die Produktion wurde eingestellt, die Produktionsanlagen abgebaut. Heute existiert von Matra Automotive nur noch die Entwicklungsabteilung, die von Pininfarina übernommen wurde.
Rennsport


Matra stieg 1968 mit dem MS10 als Chassis-Hersteller in die Formel 1 ein. Jackie Stewart wurde 1969 mit einem durch das britische Tyrrell-Team eingesetzten Matra MS80 Weltmeister. Der Wagen wurde dabei mit einen Rennmotor von Ford-Cosworth angetrieben. Es wurde auch eine Allrad-Version (Matra MS84) eingesetzt, während auch Lotus und McLaren mit dem Konzept experimentierten. Aber nur Matra-Pilot Johnny Servoz-Gavin errang mit einem allradgetriebenen F1-Boliden einen WM-Punkt (6. Platz, Mosport Park, Kanada). Für die Saison 1970 drängte Matra auf die Verwendung des eigenentwickelten V12-Motors, worauf sich Tyrrell von den Franzosen trennte und eigene Chassis baute.
Der Matra MS630 war die konsequente Weiterentwicklung des MS620 aus dem Jahre 1966. Der Wagen wurde flacher und länger und erhielt große Lufteinlässe vor den Hinterrädern um den V8-Motor von BRM Besser kühlen zu können. Der MS630 galt als einer der fortschrittlichsten Prototypen seiner Zeit. Sehr erfolgreich war Matra mit Sportwagen für Langstrecken-Rennen, die mit diesem V12-Motor ausgestattet waren. Die Matra 670 und Matra 690 gewannen die 24h-Rennen von Le Mans in den Jahren 1972, 1973 und 1974, sowie die Markenweltmeisterschaft 1973, wobei die Titelverteidiger Ferrari 312PB besiegt wurden.
Serienproduktion

Das letzte von René Bonnet vorgestellt Sportwagenmodell namens Djet wurde zunächst unter dem Markennamen Matra weiter produziert und vertrieben. 1967 wurde der Djet durch den Matra 530 abgelöst, der nach einer Rakete aus dem Rüstungsbereich der Firma benannt war. Der Matra 530 war ein viersitziger(!) Mittelmotor-Sportwagen mit Ford V4-Motor, der genau wie sein Vorgänger über seinem Stahlchassis eine Kunststoff-Karosserie trug - eine Bauweise, die alle späteren Matra-Modelle auszeichnet. Von diesem Modell wurden ebenso wie von seinem Vorgänger nur wenige hundert Exemplare pro Jahr hergestellt.

Nach der Übernahme durch Chrysler musste dieses Modell schon aufgrund seiner Ford-Technik schnellstmöglich ersetzt werden. So erschien 1973 ein neues Modell, dessen Technik von der europäischen Chrysler-Tochter Simca stammte: Der Matra Bagheera (in Anlehnung an den Panther aus dem Dschungelbuch). Dieses Modell zeichnete sich durch drei nebeneinander angeordnete Sitze aus - eine Bauweise, die auch beim 1980 erschienenen Nachfolgemodell Matra Murena beibehalten wurde. Die Produktionskapazität wurde kontinuierlich erweitert, die Produktion lag jetzt bereits bei mehreren tausend Fahrzeugen im Jahr.
Matra Rancho

1976 erschien mit dem Rancho eine zweite Baureihe. Es wurde als Freizeitfahrzeug von 1977 bis 1979 als Matra Simca Rancho bei dem Automobilhersteller Simca und von 1979 bis 1984 als Talbot Matra Rancho von Talbot vertrieben. Der Rancho war ein Hochdachkombi auf Basis des Simca 1100 Pick-Up. Aufgrund seiner Geländewagenoptik kann er als ein Pionier der heute so populären SUV gezählt werden. Matra-typisch bestand die Karosserie – zumindest in der hinteren Hälfte – aus Kunstoffteilen. Nach erfolgreichem Start ließen seine Verkaufszahlen ebenso wie die des Matra Bagheera bald nach, da beiden Fahrzeugen aufgrund ihrer Verarbeitung und ihres mangelhaften Rostschutzes bald ein schlechter Ruf vorauseilte.
Matra nahm dies zum Anlass, beim Matra Murena das Stahlchassis vollständig zu verzinken. Diese Verzinkung erfolgte durch ein Kataphorese-Tauchbad, bei dem sich mehrere Kilogramm Zink an jedem Chassis ablagerten und es so wirkungsvoll vor Rost schützten. Trotzdem wurde der Murena weit weniger erfolgreich als sein Vorgänger, da die Käufer sich nach den Erfahrungen mit dem Vorgänger in Zurückhaltung übten - und weil die Produktion bereits nach knapp vier Jahren gemeinsam mit der des Rancho im Jahr 1983 endete.
Renault Espace

Ab diesem Zeitpunkt wurde bei Matra der Renault Espace produziert. Hiermit erzielte Matra einen kommerziellen Erfolg. Er wurde bis zum Jahr 2002 bei Matra gefertigt.
Renault Avantime

Nachdem Renault den Espace seit 2002 selbst herstellt, produzierte Matra den selbst entwickelten Renault Avantime, der allerdings nicht den projektierten Verkaufszahlen entsprechen konnte.
Das Ende
Die massiven Absatzprobleme verbunden mit dem Wegfall wichtiger Systemlieferanten zwangen am 27. Februar 2003 dazu, das Fahrzeugwerk in Romorantin-Lanthenay zu schließen.
In Romorantin-Lanthenay gibt es noch das Matra-Museum. Diese liebevoll gepflegte Einrichtung bietet ihren Besuchern einen Überblick über die gesamte Palette der Renn- und Straßenfahrzeuge, die dort produziert wurden.
Seit 2004 gehört die Automobilsparte von Matra zum italienischen Karosseriehersteller Pininfarina. Eine neue Sparte unter dem Namen Matra Manufacturing & Services (Matra MS) entwickelt umweltfreundliche Fahrzeuge für den Nahverkehr.
Zeitleiste
Zeitleiste der Clement Talbot/Automobiles Talbot/Talbot (PSA)/Chrysler Europe/Simca/Rootes/Matra-Modelle von 1945 bis 1986 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Typ | SIMCA bis 1957, Rootes Group bis 1967 unabhängig |
Einstieg von Chrysler, Bildung von Chrysler Europe | Ab Ende 1978 Teil von PSA (Peugeot) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
40er | 50er | 60er | 70er | 80er | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | ||||||||||||||||||
Kleinwagen | Imp / Imp Californian / Husky4 | Sunbeam5 | Sunbeam5 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chamois4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Stiletto4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
… | 5 / 6 | 1000/900/1005/1006 | Samba8 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kompaktklasse | Avenger5 | Avenger5 | Avenger5 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
… | 8 / 8/1200 | 11007 | 11007 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Horizon7 | Horizon7 | Horizon7 | Arizona | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mittelklasse | …Minx (Mk I-Mk VII) / Husky Mk I | Minx / Husky (SI-SIII)1 | Minx / Super Minx / Husky2 | New Minx / Hunter3 | Hunter3 | Hunter3 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
SM 1500 | Hunter | Gazelle1 | Gazelle / Vogue2 | New Gazelle/Vogue3 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
…Ten/2L | 80/90 (MkI) | 90 (MkII) | Mk III | Rapier (SI–V)1 | New Rapier / Rapier H1203 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sceptre I+II2 | New Sceptre3 | Solara6 | Solara (GB: Minx / Rapier)6 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hawk (Mk I–III) | Hawk (Mk IV–VI) | Hawk (SI–IV) | Alpine6 | Alpine6 | Minx / Rapier6 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
9 Aronde | Aronde | Aronde (P60) | 1300/1500 | 1301/1501 | 1301/1501 | 1307/13086 | 15106 | 15106 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Obere Mittelklasse | …Snipe / Super Snipe (I–III) | Super Snipe (VI) | Super Snipe (SI–V) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Baby | Ariane | 160/180 | 160/180/2L | 1610/2L | 1610/2L | Tagora9 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Oberklasse | Pullman / Imperial (Mk I IV) | Imperial | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Record | Vedette | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Coupé / Cabrio | Imp Sport4 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1000 Coupé | 1200 S | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Alpine MkI/III | Alpine SI–IV / Tiger | New Alpine3 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Comète | America | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sportwagen | T26 Grand Sport / Saoutchik | Sport | Djet | Jet | 530 | Bagheera | Bagheera | Murena | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
SUV | Rancho | Rancho | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kastenwagen | 1100 VF2/VF3 | Citylaster | Citylaster | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1gemeinsame Plattform der Rootes-Gruppe auf Basis des Hillman Minx 1956 |
Transportsysteme
Matra hat das System Véhicule automatique léger in den 1970er Jahren entwickelt und produziert.
Im Jahr 1996 wurde Matra Transport International S.A.S. (MTI) zu einem Joint Venture zu gleichen Teilen von Lagardere Groupe S.C.A. und Siemens. 1998 erhöhte Siemens seinen Anteil auf 95%, im Jahr 2001 übernahme Siemens auch die restlichen then 10%. Zum 1. Dezember desselben Jahres wurde MTI zu Siemens Transportation Systems (STS) umbenannt.
Computer
Matra produzierte einen Heim-Computer, den Matra Alice.
Telekommunikationslösungen
Im Jahre 1986 stieg Matra in das Geschäft mit Telekommunikationlösungen ein. Damals wurde unter dem Markennamen Matra Communication S.A. Telekommunikationslösungen entwickelt und erst in Frankreich und später auch international vermarktet.
Es gab dabei folgende Geschäftsbereiche:
- Endgeräte (Telefone, Faxgeräte, Schnurlos Telefone, Minitel)
- Telekommunikationsanlagen (PABX) für Unternehmen mit der Produktlinie MATRACOM MC6500
- Sicherheitsfunknetzwerke (PMR = professional mobile radio) mit der Produktlinie TETRAPOL
- Mobile Kommunikationsnetzwerke (GSM)
Matra Communication S.A. wurde zum zweit größten Anbieter von Telekommuniationslösungen in Frankreich mit einem Marktanteil von über 36%. Vor allem bei öffentlichen Auftraggebern wurden die Systeme sehr erfolgreich eingesetzt.
Die größten Projekte waren dabei:
- für TK-Anlagen das französische Militär mit über 200.000 Endgeräten
- für PMR-Systeme die französische Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste mit über 350.000 Endgeräten
- für GSM das französische GSM Netz der France Telecom
im Jahre 1991 wurde dann die Joint Ventures Matra Nortel Communications und Nortel Matra gegründet. Der kanadische Telekommunikationsausrüster Nortel beteiligte sich erst mit 21 % und übernahm 1999 51 % der Anteile. Dabei wurde in Deutschland die DFG (Deutsche Fernsprech Gesellschaft Marburg) sowie die AEG Mobile Communication GmbH (AMC) übernommen.
Im Jahre 2002 wurde die Sparte vom europäischen Raumfahrt- und Rüstungskonzern EADS übernommen und unter dem Namen EADS Telecom weiter vertrieben.
Im Januar 2005 wurde das zivile TK-Geschäft an den weltweit agierenden Telekommunikationskonzern Aastra Technologies Limited verkauft. Das Geschäft für militärische Telekommunikation sowie die Versorgung von Behörden blieb von diesem Verkauf jedoch unangetastet.
Rüstung
Die Entwicklung der Mistral-Rakete lag 1977 in den Händen von Matra.
Raumfahrt
Matra war Hauptauftragnehmer für den ESRO Satelliten TD-1A und Mitglied des Raumfahrtkonsortiums MESH bestehend aus:
- Matra
- ERNO
- Saab.
- Hawker Sidely Dynamics (HSD).
In den 1970er Jahren war Matra als Unterauftragnehmer von ERNO verantwortlich für die Entwicklung des Datenverarbeitungssystems für Spacelab.
Im Jahre 2000 erfolgte der Zusammenschluss von Matra Marconi Space mit DaimlerChrysler Aerospace zur Astrium GmbH.
Literatur
- Pagneux, Dominique: Matra de route. Boulogne-Billancourt 2003, ISBN 2-7268-8603-5.
Weblinks
- Matra Museum (französisch)