Interventionistische Linke
Interventionistische Linke (IL) ist ein zum Jahreswechsel 2005 gegründetes[1] Netzwerk mehrerer deutscher, nach eigener Darstellung „linksradikaler und antikapitalistischer“ Gruppen wie zum Beispiel Avanti - Projekt undogmatische Linke, Antifaschistische Linke Berlin, Für eine linke Strömung (Fels), Radikale Linke Nürnberg und Organisierte Autonomie. Außerdem gehören auch Einzelpersonen aus diversen Nichtregierungsorganisationen, der globalisierungskritischen Organisation Attac, von Zeitungsredaktionen wie analyse & kritik und Fantômas sowie bundesweiten Kampagnen wie Libertad! und „Krieg ist Frieden“ zur IL.
Der Soziologe Dieter Rucht, Leiter der Forschungsgruppe „Zivilgesellschaft, Citizenship und Politische Mobilisierung in Europa“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bezeichnete die IL als „gemäßigte Linke“, die dem radikalen Lager angehört.[2]
Vom Verfassungsschutz des Landes Sachsen wird die IL als überwiegend linksextremistisch[3] eingestuft.
Von einigen anderen Linken wird die IL als „postautonom“ und ihre Haltung als „plumper Populismus“ kritisiert, entsprechend dem selbstgesetzten Ziel, dass die deutsche Linke wieder „praktisch in die realen politischen und sozialen Auseinandersetzungen einzugreifen“ und „wieder realen Einfluss auf die Richtung von Politik und gesellschaftlicher Entwicklung“ nehmen soll.[4]
Mitglieder
- Antifaschistische Linke Berlin
- Für eine linke Strömung
- Antifaschistische Linke International Göttingen
- Organisierte Autonomie
- Radikale Linke Nürnberg
- Projekt Interventionistische Linke Köln
- Redaktion analyse&kritik
- Redaktion fantômas
- Redaktion So Oder So
- Kampagne Libertad!
- Gruppe dissident Marburg
- Avanti – Projekt undogmatische Linke
- Antifa KOK
- Institut für Theologie und Politik Münster
- Rote Aktion Kornstraße
- attac-campus Bochum
- Projekt Interventionistische Linke Ravensburg
- transact!
- Widerstandsgruppe Worms-Wonnegau
Aktivitäten zum G 8-Gipfel
Laut IL hat sie sich den G 8-Gipfel 2007 als „praktisches Experimentierfeld für unsere Zusammenarbeit“ gewählt.[5] Die IL hat unter anderem den „Make capitalism history“-Teilnehmerblock (sogenannter Schwarzer Block) bei der Großdemonstration am 2. Juni 2007 in Rostock gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 organisiert. Teilnehmer dieses Blocks werden hauptverantwortlich für die mit zahlreichen Verletzten auf Seiten der Polizei und der Demonstranten verbundenen Ausschreitungen im Verlauf der Demonstration gemacht.[6]
Laut dem Berliner Verfassungsschutz[7] hatte die IL explizit „das Ziel, die Proteste anlässlich des G 8-Gipfel zu radikalisieren“. Der Bericht zitiert aus der „Gipfelzeitung“ der IL einen Text, der unter dem Motto „Mit der G 8 kann es keinen Dialog geben“ steht: „In der Radikalisierung und Ausweitung all dieser Initiativen wird sich letztendlich auch die Frage nach einem Bruch mit dem klassenherrschaftlichen, patriarchalen, rassistischen und imperial(istisch)en System und die Eigentumsfrage neu stellen.“ … „Für eine Linke, die in den offenen wie untergründigen sozialen Konflikten und in all ihren widersprüchlichen Verlaufsformen den Ansatzpunkt wie das Potenzial für jede Form revolutionärer Gesellschaftsveränderung sieht, wird es jedoch darauf ankommen, diesen Konflikten in und um Heiligendamm zum Ausdruck zu verhelfen. […] Ob und inwieweit der G8-Gipfel zum Bezugs- oder gar zum Kristallisationspunkt der Klassenauseinandersetzungen hier zu Lande gemacht werden kann, ist auch ein Maßstab für die momentane tatsächliche sozialrevolutionäre Bedeutung der radikalen Linken.“[8]
An der IL sind laut dem VS-Bericht „federführend Gruppen der Berliner linksextremistischen autonomen Szene beteiligt“[9]. Inhaltlich unterscheidet sich die IL laut dem Bericht von anderen linksextremistischen Anti-G8-Bündnissen wie „Dissent!“ oder dem „Revolutionären G8-Bündnis / Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ in der Frage, wie der Protest organisiert werden soll. Die IL sei „bestrebt, ein möglichst breites Bündnis unter Einschluss von Gewerkschaften und kirchlichen Gruppierungen zu organisieren, um ein großes Protestpotenzial mobilisieren zu können“[10].
Aktivitäten zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz
Im Zuge des von der Bundesregierung bereitgestellten Rettungsfonds für deutsche Banken hat die Interventionistische Linke gemeinsam mit anderen Organisationen (etwa Attac und ver.di)[11] eine Protestveranstaltung vor dem Finanzministerium organisiert und dort die Vergesellschaftung aller Banken und Konzerne sowie die Einführung eines Existenzgeldes gefordert[12]. Flankiert werden diese Aktivitäten u. a. über ein satirisches Flugblatt, dass man an Finanzminister Peer Steinbrück weiterleiten kann. Darin kann man als Bürger ebenfalls finanzielle Unterstütztung fordern, wenn man „[ä]hnlich wie etwa die Hypo Real Estate in finanzielle Schwierigkeiten geraten [ist].“ [13]
Argumentiert wird, dass der Bürger „als Arbeitnehmer/in und Steuerzahler/in [...] nicht nur die Werte geschaffen [habe], die jüngst an den Finanzmärkten vernichtet wurden“ sondern ebenfalls „für einen Großteil der Mittel aufgekommen [ist], mit denen [Peer Steinbrück] gegenwärtig die Zahlungsfähigkeit des Bankensektors wiederherzustellen [hofft].“ [14] Deshalb dürfe Verantwortung keine Einbahnstraße sein und nicht nur das gegenseitige Vertrauen der Banken wiederhergestellt werden, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das System. [15]
Quellen
- ↑ http://www.prager-fruehling-magazin.de/article/117.die_mobilisierung_des_gemeinsamen.html
- ↑ Interview mit Dieter Rucht, Deutschlandradio Kultur
- ↑ Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten extremistischer Organisationen im Monat Februar 2009 (S. 7)
- ↑ http://web.archive.org/web/20060706203517/http://x-berg.de/2006/07/06/globalisierungskritik-auf-postautonom/
- ↑ G8 Xtra 1
- ↑ http://www.zeit.de/online/2007/23/reaktionen-rostocker-gewaltdemo
- ↑ Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Abteilung Verfassungsschutz über „Linksextremistische Protestvorbereitungen gegen den G 8-Gipfel 2007“, S. 2f.
- ↑ Herrschaft keine Ruhe gönnen. in: G8-XTRA – Zeitung für eine „Interventionistische Linke” Nr. 3/2007, S. 1
- ↑ a.a.O., S. 3
- ↑ a.a.O., S. 4
- ↑ [1]
- ↑ ebd.
- ↑ http://milliardenhilfe.de/?page_id=3
- ↑ ebd.
- ↑ http://milliardenhilfe.de/?page_id=20
Weblinks
- www.dazwischengehen.org Website der IL
- www.g8-2007.de Website zu den G8-Protesten und mehr
- www.milliardenhilfe.de Website zu Protesten im Zuge des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes
- Bericht des Berliner VS zu den G8-Vorbereitungen, PDF, Stand Januar 2007, PDF-Format; Fast gleichlautend sind diese Aussagen auch im „Verfassungsschutzbericht Berlin 2006“, Pressefassung, Kap. 2.2.1., S. 58f.) enthalten.[2]