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Finanzierung

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Überblick

Unter dem betriebswirtschaftlichen Aspekt der Finanzierung ist "landläufig die Bereitstellung finanzieller Mittel" (1) zu verstehen. Sie ist Teil des Betriebsprozesses. Anfänglich betrachtete man unter dem Stichwort Finanzierung nur die Kapitalbeschaffung durch Ausgabe von Wertpapieren. Später wurde der Begriff um die Kapitalrückzahlung und -umschichtung bis hin zur umfassenden "Versorgung eines Unternehmens mit Kapital" erweitert.

Investition und Finanzierung gelten als zwei verschiedene Seiten ein und derselben Medaille, da der durch eine finanzwirksame Entscheidung ausgelöste Beitrag zur Zielerreichung ausschlaggebend ist, unabhängig davon, ob der Zahlungsstrom als Investition oder Finanzierung bezeichnet wird. So ist der Abschluss eines Sparvertrags in Höhe von 100 € und dessen Ablösung nach einem Jahr mit 110 € für den Sparer eine Investition: Auszahlung = -100 €, Einzahlung = +110 €, Guthabenzinsen = +10 € oder +10%. Für das Geldinstitut ist dieser Sparvertrag eine Fremdfinanzierung: Einzahlung = +100 €, Auszahlung = -110 €, Schuldzinsen = -10 € oder -10%.

Neben dieser betriebswirtschaftlichen Sicht, existiert aber auch eine volkswirtschaftliche Sicht. Werden nämlich die das Kapital benötigenden Wirtschaftssubjekte (z. B. Unternehmungen) und die Wirtschaftssubjekte, die Kapital anlegen wollen (Investoren), gegenübergestellt, so ist es volkswirtschaftlich von Interesse, dass der Transfer des Kapitals von den Kapitalgebern/-anlegern zu den das Kapital benötigenden Wirtschaftssubjekten mit möglichst geringen Reibungsverlusten (Transaktionskosten) einhergeht. Durch effizientere Finanzierungsformen kann also ein volkswirtschaftlicher Gewinn erzielt werden. Als Vermittler zwischen Kapitalgebern und -nehmern können z. B. Börsen (direkte Finanzierung) oder Banken (indirekte Finanzierung bzw. Finanzintermediation) auftreten.

Gliederung der Finanzierung

  • Merkmale
  1. Einzahlung
  2. Stundung im Sinne einer Zeitdifferenz zwischen erhaltenener Einzahlung und der zu erbringenden Rückzahlung zwecks Tilgung der Verpflichtung, die aus dem Erhalt resultierte.
  • Kategorien
  1. Einzahlung und sich anschließende Stundung der Rückzahlung = Außenfinanzierung
  2. Entgeltfinanzierung im weiteren Sinne = nur Einzahlung (Produkt gegen Entgelt)
  3. nur Stundung = Innenfinanzierung

Finanzierungsarten

Die beiden wichtigsten Finanzierungsarten werden nach der Herkunft der Finanzmittel unterschieden: bei der Außenfinanzierung wird das Kapital von außen in den Betrieb eingebracht, bei der Innenfinanzierung dagegen werden die Mittel durch den normalen betrieblichen Umsatzprozess d.h. aus Erlösen aus Lieferungen und Leistungen sowie dem sonstigen Verkauf von betrieblichem Vermögen beschafft. Die Höhe der Innenfinanzierung hängt davon ab, wieviel der so erwirtschafteten finanziellen Mittel im Betrieb verbleiben, also nicht als Steuern oder Ausschüttung abfließen.

Finanzierungspolitik

Finanzierungsregeln

Im Hinblick auf eine optimale Kapitalstruktur, was eine kostenminimierende und damit auch gewinnmaximierende Auslegung der Finanzierung bedeutet, haben sich einige Finanzierungsregeln ausgeprägt. Diese zielen nicht nur auf eine optimale Verschuldung sondern auch auf die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, also eine optimale Liquidität.

  • Eins-zu-Eins-Regel: Das Eigenkapital sollte nach dieser Regel mindestens so hoch sein wie das Fremdkapital.
  • Goldene Bankregel: Rückzahlungsdatum / Verfügungsdauer des Kapitals sollte sich mit dem Rückflusszeitpunkt decken (Fristenkongruenz)
  • Goldene Bilanzregel: Finanzierung von Anlagevermögen (AV) durch Eigenkapital (EK) oder in der weiteren Fassung, Finanzierung von AV durch EK und langfristiges Fremdkapital

Die meisten der oben genannten Regeln erweisen sich in der Praxis oft als utopisch, da sie je nach Branche kaum bis gar nicht umzusetzen sind. Außerdem vermindern sie, häufig zu Gunsten der Liquidität, die Rentabilität aber ermöglichen auch, je besser die Regeln erfüllt sind, längere wirtschaftliche Durststrecken zu überwinden. So gesehen ist eine Anpassung der starren Regeln auf jedes einzelne Unternehmen oder zumindest auf eine Branche nötig um den Praxisbezug herzustellen. Eine besondere Rolle spielt der Leverage-Effekt, übersetzt, die Hebelwirkung des Fremdkapitals.

Finanzplanung

Die Finanzplanung betrachtet als ihre Hauptaufgabe die Erhaltung der Liquidität unter der Voraussetzung der Rentabilitätsmaximierung (in diesem Fall also die Kapitalkostenminimierung). Folglich muss ein dynamisches Gleichgewicht zwischen allen künftigen Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen herrschen. Die Zahlungsunfähigkeit droht auch in Fällen, wenn das Gleichgewicht in einer unendlich kleinen Zahlungsperiode gestört ist, sollte sie nicht durch Sofortmaßnahmen (zusätzliche liquide Mittel) behoben werden können.

Mögliche Liquiditätszustände:

  • Überliquidität: kalkulatorischer Verlust durch fehlende Zinseinnahmen
  • Unterliquidität: Zahlungsunfähigkeit

Um Überliquidität abzubauen können Investitionen getätigt werden oder Schulden zurückgezahlt werden. Unterliquidität kann durch zusätzliche externe Kapitalquellen (Kredite, Kapitalerhöhungen) oder unternehmensintern mittels Streichungen von Investitionen/Stellen aufgefangen werden.

Analyse von Finanztiteln

Im Gegensatz zur Finanzplanung wird bei der Analyse von Finanztiteln (Sicht des Unternehmens) die Sicht der Eigenkapitalgeber bzw. der Gläubiger/Fremdkapitalgeber angenommen. Gleichwohl können Unternehmen auch selbst als Kapitalgeber für andere Unternehmen auftreten, in dem sie z. B. nicht benötigte Liquidität in Wertpapieren anlegen. Diese Art der Analyse kann auch als Wertpapieranalyse bezeichnet werden.

Bilanzanalyse

Aus dem Rechnungswesen stammt die Methode, anhand der Bilanz finanzwirtschaftliche Kennzahlen zu ermitteln, um aus Sicht des Gläubigers das Ausfallrisiko einer Fremdfinanzierung abzuschätzen oder aus Sicht der Eigenkapitalgeber Hinweise auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu bekommen. Im Wesentlichen existieren dafür vier Kennzahlen:


Fremdkapitalquote auch unter Anpassungsgrad bekannt

Eine hohe Fremdkapitalquote oder das Gegenteil, eine niedrige Eigenkapitalquote bedeuten häufig ein erhöhtes Risiko, da bei einem Konkurs die nicht oder nicht vollständig durch Sicherheiten gedeckten Kredite teilweise ausfallen können. Der Verschuldungsgrad kennzeichnet die Relation des Fremdkapitals zum Eigenkapital und bewertet somit das Gleiche wie die beiden Finanzierungsquoten.

Systembedingte Schwächen der Bilanzanalyse sind die fehlenden Auskünfte über Marktstellung, -potential und Qualität des Management, da die Bilanz als Stichtagsübersicht wenig Informationen über die zukünftige Stellung des Unternehmens liefert und kaum etwas über die bisherigen Erfolge oder Probleme der Unternehmsführung im Markt aussagt.

Literatur

  • Volker Oppitz/Volker Nollau: Taschenbuch Wirtschaftlichkeitsrechnung, Carl Hanser Verlag 2003, 400 S., ISBN 3446224637
  • Volker Oppitz: Gabler Lexikon Wirtschaftlichkeitsberechnung, Gabler-Verlag 1995, 629 S., ISBN 3409199519

Siehe auch



(1) Günter Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 21. Aufl., München 2002