Deutsches Elektronen-Synchrotron
DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) ist das größte deutsche Forschungszentrum für Teilchenphysik mit Sitz in Hamburg und Zeuthen.
DESY dient hauptsächlich der Grundlagenforschung in der Teilchenphysik sowie der Forschung mit Synchrotronstrahlung. Zu diesem Zweck betreibt und entwickelt DESY verschiedene Teilchenbeschleuniger. Das Forschungszentrum wird mit öffentlichen Mitteln finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft.
Das Forschungszentrum DESY
Geschichte und Erfolge
Gegründet wurde die Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY wurde am 18. Dezember 1959 in Hamburg durch einen Staatsvertrag, den der damalige Bundesminister für Atomkernenergie Siegfried Balke und der Hamburger Bürgermeister Max Brauer unterzeichneten.
Im Jahr 1960 begann der Bau des ersten Teilchenbeschleunigers, dem Elektronen-Synchrotron DESY, der dem Forschungszentrum seinen Namen gab. Der Beschleuniger war zu dieser Zeit die weltweit größte Anlage ihrer Art. Am 1. Januar 1964 wurden erstmals Elektronen im Synchrotron beschleunigt und die Forschungsarbeit an Elementarteilchen aufgenommen.
Internationale Aufmerksamkeit erregte DESY zum ersten Mal 1966 mit seinem Beitrag zur Prüfung der Quantenelektrodynamik. Die Ergebnisse bestätigten diese Theorie. Im folgenden Jahrzehnt etablierte sich DESY als Kompentenzzentrum für Entwicklung und Betrieb von Hochenergiebeschleunigern.
Die beim Beschleunigen von Elektronen als Nebeneffekt auftretende Synchrotronstrahlung wurde erstmals 1967 für Absorptionsmessungen eingesetzt. Für diesen Spektralbereich existierten noch keine konventionellen Strahlungsquellen. Das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) nutzte die neuen Möglichkeiten und errichtete 1972 eine permanente Außenstelle bei DESY, um mit der Synchrotronstrahlung den Aufbau von biologischen Strukturen zu erforschen.
Von 1969 bis 1974 wurde mit dem Elektron-Positron-Doppel-Speicherring DORIS ein weiterer Teilchenbeschleuniger und der erste Speicherring des DESY gebaut. Nach Inbetriebnahme 1974 konnten erstmals Kollisionsexperimente zwischen Elektronen und ihren Antiteilchen durchgeführt werden. Durch den Beweis der „angeregten Charmonium-Zustände“ leistete DORIS 1975 einen wichtigen Beitrag für den Nachweis schwerer Quarks.
Im selben Jahr fanden am DESY erste Tests der Röntgenlithografie statt, später wurde das Verfahren zur Röntgen-Tiefenlithografie weiterentwickelt.
Von 1975 bis 1978 wurde der Elektron-Positron-Speicherring PETRA gebaut. Mit einem Umfang von 2,3 km war er zu dieser Zeit der größte Speicherring seiner Art. Die Forschung an PETRA führte zu einer intensiveren internationalen Nutzung der DESY-Anlagen. Wissenschaftler aus China, England, Frankreich, Israel, Japan, den Niederlanden, Norwegen und den USA beteiligten sich neben zahlreichen deutschen Kollegen an den ersten Untersuchungen an PETRA.
Einer der größten Erfolge des DESY war 1979 die erste Beobachtung des Trägerteilchens der starken Kernkraft, dem Gluon, an PETRA.
Das Hamburger Synchrotronstrahlungslabor HASYLAB wurde 1980 mit 15 Messplätzen (heute gibt es derer 42) eröffnet. Das Labor grenzt an den Speicherring DORIS, um die von ihm erzeugte Synchrotronstrahlung für die Forschung nutzen zu können. Anfangs stand ein Drittel der Betriebszeit von DORIS für Experimente mit Synchrotronstrahlung zur Verfügung.
DORIS wurde 1984 um den ersten Wiggler erweitert. Über eine spezielle Magnetanordnung konnten nun die beschleunigten Elektronen auf einen Slalomkurs gebracht werden. Dadurch wurde die Intensität der ausgesandten Synchrotronstrahlung im Vergleich zu herkömmlichen Speicherringsystemen um das Hundertfache gesteigert. Durch diese Verbesserung wurde noch im gleichen Jahr am HASYLAB das erste durch Synchrotronstrahlung gewonnene Mößbauer-Spektrum aufgenommen.
Von 1984 bis 1990 wurde die Hadron-Elektron-Ring-Anlage HERA mit einem Umfang von 6,3 km unterirdisch gebaut. Für den Bau des Tunnels kam dieselbe Technik zur Anwendung, die sonst für den Bau von U-Bahn-Tunneln benutzt wird. Der neue Speicherring war die weltweit erste und zu diesem Zeitpunkt einzige Anlage, in der Elektronen und Protonen kollidierten. Um dies zu ermöglichen, war HERA auch der erste Teilchenbeschleuniger, bei dem supraleitende Magnete in großem Umfang eingesetzt wurden. Der Bau von HERA war eine internationale Aufgabe: Neben der Bundesrepublik Deutschland beteiligten sich noch elf weitere Staaten bei der Entwicklung des Beschleunigers.
1992 kam mit dem Institut für Hochenergiephysik ein zweiter Standort in Zeuthen (Brandenburg) hinzu.
Entdeckungen
1979 wurde mit dem Beschleuniger PETRA das Gluon entdeckt.
Entwicklung der Beschleuninger
Die Beschleuniger des DESY sind nicht alle auf einmal gebaut worden, sondern entstanden nacheinander mit der Forderung der Teilchenphysiker nach immer höheren Energien zur Untersuchung der Teilchenstrukturen. Mit der Errichtung neuerer Beschleuniger wurden die "alten" Beschleuniger meist zu Vorbeschleunigern oder auch zu eigenständig arbeitenden anderen Labor mit neuen Forschungsaufgaben umgebaut (zum Beispiel zum HASYLAB).
Das DESY besteht zur Zeit aus folgenden Beschleunigern:
(diese Liste ist wahrscheinlich unvollständig)
- PIA (ein Positronenbeschleuniger, der als Injektor dient)
- LINAC I
- LINAC II
- LINAC III
- DESY II
- DESY III
- DORIS III (Doppel-Ring-Speicher) dient ausschließlich als Synchrotronquelle für das HASYLAB
- PETRA (Positron-Elektron-Tandem-Ring-Accelerator Facility), dieser Ring ist mittlerweile ein Vorbeschleuniger für HERA, bzw. eine Strahlungsquelle für das HASYLAB
- HERA (Hadron-Elektron-Ring-Anlage)
- VUV-FEL (TTF) Vacuum-Ultra-Violet Free-Electron-Laser, oder auch TESLA-Test-Facility ist ein kleiner Linearbeschleuniger, der auf der TESLA Technology basiert. Dient sowohl als Test für den geplanten XFEL als auch als Testanlage für die TESLA Technologie.
Die Mehrzweckdetektoren H1 und ZEUS
H1 und ZEUS sind Teilchendetektoren am HERA-Beschleuniger, der 1992 in Betrieb genommen wurde. Ihr Zweck ist die Untersuchung der Struktur des Protons, sowie die Untersuchung von aspekten der QCD (Starke Kernkraft).
Am HERA-Beschleuniger werden Elektronen oder Positronen einer Energie von 27.5GeV mit Protonen einer Energie von 920GeV zur Kollision gebracht. Die Elektronen (oder Positronen) werden an den Konstituenten des Protons, den Quarks, gestreut. Die Produkte dieser Teilchenreaktionen, das gestreute Lepton und die aus der Fragmentation des Quarks entstehenden Hadronen, werden in den Detektoren nachgewiesen.
Budget und Mitarbeiter
Das Forschungszentrum hat einen Jahresetat von etwa 160 Mio. €. Davon entfallen 145 Mio. € auf DESY Hamburg, die übrigen 15 Mio. € auf DESY Zeuthen. Die Finanzierung übernimmt zu 90 % die Bundesrepublik Deutschland und zu 10 % die Stadt Hamburg bzw. das Land Brandenburg.
Insgesamt beschäftigt DESY 1560 Mitarbeiter, davon 365 Wissenschaftler. Diese verteilen sich wie folgt über die beiden Standorte:
- Hamburg: 1390 Mitarbeiter, davon 300 Wissenschaftler
- Zeuthen: 170 Mitarbeiter, davon 65 Wissenschaftler
An den DESY-Forschungen sind 2900 Wissenschaftler aus 33 Nationen beteiligt. Von diesen forschen 1000 im Bereich der Teilchenphysik am HERA, 1900 arbeiten mit Photonen im HASYLAB. (Stand 2003).
Pläne für die Zukunft
Das DESY ist engagiert im Projekt ILC (International Linear Collider). Dieses Projekt sieht die Errichtung eines 30-40 km langen Linear-Beschleunigers vor. Ein internationales Konsortium hat beschlossen, diesen mit der von DESY ursprünglich für das Projekt TESLA entwickelten Technologie zu bauen. Eine Entscheidung über den endgültigen Standort ist noch nicht gefallen.
Das DESY plant den Bau eines Röntgenlasers, den XFEL (X-Ray Free-Electron-Laser), der 3km lang bis nach Schenefeld reichen soll. Es sollen Röntgenblitze von sehr kurzen Wellenlängen und sehr kurzer Dauer erzeugt werden, um z.B. chemische Reaktionen "filmen" zu können.
Ausserdem soll der Petra Beschleuniger, der im Moment ausschliesslich als Vorbeschleuniger von HERA dient zu einer Synchrotronstrahlungsquelle ausgebaut werden.
Der geplante 33-km-Beschleuniger TESLA ...
TESLA soll in einem genähert horizontalen Tunnel relativ knapp unter der Erdoberfläche laufen - von Hamburg in Richtung Nord-Nordwest. An einigen Stellen sind Schächte nach oben vorgesehen. Die Genauigkeitsforderungen an Vermessung und Geotechnik sind bei solchen Bauwerken derart hoch, dass die Geodäten bereits Jahre vor dem eventuellen Baubeginn neue Meßsysteme zu entwickeln hatten.
Das tiefe Ring-Synchrotron HERA
HERA (Hadron-Elektron-Ring-Anlage) ist mit 6,3 km Umfang derzeit (2005) der größte Ringsynchrotron bei DESY. Die unterirdische Speicherringanlage wurde 1992 für den Forschungsbetrieb eröffnet, an ihr arbeiten mehrere internationale Experimentiergruppen. Diese entwickeln, bauen und betreiben in langjähriger gemeinsamer Arbeit haushohe komplexe Messgeräte und werten Millionen von Daten aus.
HERA besitzt zwei Beschleuniger für Elektronen und Protonen sowie vier Wechselwirkungszonen, die in großen unterirdischen Hallen untergebracht sind. Die Hallen sind nach den Himmelsrichtungen benannt, in denen sie – von der Mitte des Rings aus betrachtet – liegen. Jeder Halle beherbergt eigene Experimente:
Halle Nord
In der Halle Nord befindet sich seit 1992 H1, ein Universaldetektor für Elektron-Proton-Kollisionsexperimente.
Halle Ost
Die Halle Ost beherbergt seit 1995 HERMES, ein Experiment zur Erforschung des Spins von Nukleonen. Dafür wurde der longitudinal polarisierte Elektronenstrahl von HERA genutzt.
Halle Süd
Seit 1992 befindet sich in der Halle Süd ZEUS, ein Universaldetektor für Elektron-Proton-Kollisionsexperimente.
Halle West
In der Halle West fand von 1999 bis Februar 2003 das Experiment HERA-B statt, bei dem Daten für die Erforschung der schweren Quarks gesammelt wurden. Dafür nutzte HERA-B den Protonenstrahl von HERA.
HASYLAB
In den 1960ern wurde DESYs Forschungsprogramm um den zweiten Schwerpunkt Synchrotronstrahlung erweitert. Synchrotronstrahlung ist ein besonderes Licht, das an Teilchenbeschleunigern erzeugt wird. Im HASYLAB (Hamburger Synchrotronstrahlungs-Labor) ermöglicht diese Strahlung heute eine Vielzahl von Experimenten in der Atom- und Festkörperphysik, Chemie, Geologie, Materialforschung, Molekularbiologie und Medizin.
Weblinks
- http://www.desy.de (DESY-Webseite)
- http://www.hasylab.de (HASYLAB-Webseite)
- http://www.desy.de/html/ueberdesy/desy_im_ueberblick.html#k1 (HERA)