Vermittlungsgutschein
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Ein Vermittlungsgutschein (VGS) ist ein Dokument, in dem sich die Bundesagentur für Arbeit oder eine andere staatliche Institution der Arbeitsförderung (z. B. Jobcenter oder Optionsmodell) verpflichtet, an einen privaten Arbeitsvermittler einen bestimmten Betrag zu zahlen, wenn dieser den Inhaber des Vermittlungsgutscheins in eine mindestens 15 Wochenstunden umfassende sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vermittelt.
Ein zentrales Ziel bei der Einführung des Vermittlungsgutscheins war und ist die Stärkung des Wettbewerbs in der Arbeitsvermittlung.
Anspruchsgrundlage
Nach dem SGB[1] haben in Deutschland Bezieher von Arbeitslosengeld I einen Rechtsanspruch auf einen Vermittlungsgutschein (bei Arbeitslosengeld II handelt es sich um eine Ermessensentscheidung nach §16 Abs. 2 SGB II[2] in Verbindung mit §421 g SGB III) [3], die innerhalb der letzten 3 Monate mindestens 2 Monate (bis 31. Dezember 2007 6 Wochen) arbeitslos gemeldet waren und zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins Arbeitslosengeld beziehen.
Anmerkung1: Personen, die z. B. durch eine Fort- und Weiterbildung, Eignungs- oder Aktivierungsmaßnahme, Krankheit usw. eine Unterbrechung ihrer Arbeitslosigkeit von mehr als einem Monat hatten, können sofort einen Vermittlungsgutschein erhalten, wenn die Wartezeit vor Eintritt der Unterbrechung die oben genannte 2-Monats-Regel erfüllt.
Anmerkung2: Auch während der Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung kann eine Vermittlungsgutschein ausgestellt werden. Dies ergibt sich aus dem Vorrang von sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit auf dem 1. Arbeitsmarkt.
Damit ein privater Vermittler einen Vermittlungsgutschein einlösen kann,
- muss ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis von mindestens 15 Wochenstunden begründet werden,
- muss eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart werden,
- muss seit dem 1. Januar 2005 die faktische Dauer des Arbeitsverhältnisses mindestens 6 Wochen betragen,
- darf der Arbeitsuchende beim betreffenden Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung längstens drei Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein (Ausnahme: Bei Schwerbehinderten gilt diese Einschränkung nicht!),
- darf der Vermittler nicht bereits von der Bundesagentur mit der Vermittlung beauftragt worden sein,
- muss der Arbeitsuchende einen schriftlichen Vermittlungsvertrag mit dem Vermittler geschlossen haben,
- muss der Vermittler einen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitsuchenden haben,
- muss der Vermittler die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet haben (Ausnahme: Bei Schwerbehinderten gilt diese Einschränkung nicht!) und
- dürfen Arbeitgeber und Vermittler nicht wirtschaftlich und personell verflochten sein.
Für den Rechtskreis des SGB II (Arbeitslosengeld II/Hartz IV) können auch andere Regelungen durch Optionskommunen vereinbart werden. Z.B. wird die Vermittlung in die Zeitarbeit/Personalleasing oder eine Unterschreitung eines bestimmten Stundenlohns von einer Vermittlungsprämie ausgeschlossen.
Höhe der Vermittlungsprämie
Im Rechtskreis des SGB III (Arbeitslosengeld I) ist die Höhe des Vermittlungsgutscheins auf 2000 € incl. der gesetzlichen Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) festgelegt. Daraus ergibt sich ein Netto-Betrag von 1680,67 €. Nur für Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte kann auch ein Gutschein über 2500 € ausgestellt werden. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger der ARGEn gelten dieselben Regelungen. Optionskommunen fallen teilweise durch deutlich niedrigere Beträge auf.
Fälligkeit der Vermittlungsprämie
Im Rechtskreis des SGB III (Arbeitslosengeld I) sind nach einer ununterbrochenen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses von 6 Wochen die erste (1000 €) und nach 6 Monaten die zweite Rate (1000 - 1500 €) zu zahlen. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger der ARGEn gelten dieselben Regelungen. Optionskommunen hingegen variieren Ratenzahl und Ratenhöhe.
Veränderungen seit 2002
Bis Ende 2004 betrug die Vermittlungsprämie je nach Dauer der Arbeitslosigkeit zwischen 1.500 Euro und 2.500 Euro, seit dem 1. Januar 2005 einheitlich 2.000 Euro, seit dem 1. Januar 2008 kann sie für Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte auf bis zu 2.500 Euro erhöht werden, wenn dies ein Vermittlungsgutschein ermöglicht.
Für die von der Agentur für Arbeit ausgestellten Gutscheine gilt: Die erste Rate von 1.000 EUR wird nach sechswöchiger Beschäftigung bezahlt; die zweite Rate nach sechsmonatiger Beschäftigung.
In der Regel verfahren die ARGEn bzw. Jobcenter nach dem gleichen Prinzip. Anders die sogenannten Optionskommunen, die fühlen sich oft nicht an das Gutscheinmodell gebunden und haben daher teilweise eigene Vergütungsvereinbarungen für die Vermittlung ihrer ALG2-Empfänger kreiert. Es variieren sowohl der Zahlungsturnus als auch die Provisionshöhe.
Für die Auszahlung muss der Vermittler eine Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers vorlegen.
Mehrfachbeauftragung
Grundsätzlich kann der Arbeitsuchende so viele Arbeitsvermittler einschalten, wie er wünscht. Dies entspricht dem Ziel der Stärkung des Wettbewerbs in der (hier: privaten) Arbeitsvermittlung. Das Original des Vermittlungsgutscheins benötigt der private Arbeitsvermittler erst nach der Arbeitsaufnahme des Vermittelten, um den Antrag auf Auszahlung nach 6 Wochen Beschäftigungsdauer stellen zu können.
Laufzeit des Modells
Der Vermittlungsgutschein war zunächst bis zum 31. Dezember 2004 begrenzt. Niedrige Vermittlungszahlen aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation ließen keine Aussage über den Erfolg der Maßnahme zu. So wurde der Versuch zunächst bis zum 31. Dezember 2006 verlängert. Danach sollte erneut überprüft werden, ob er die gewünschten Ergebnisse gebracht hat und die Kosten in einem sinnvollen Verhältnis zu den Erfolgen stehen. Im Jahr 2005 vermittelten private Arbeitsvermittler über 56.000 Arbeitssuchende in ein Arbeitsverhältnis, die oft häufiger die Probezeit überstehen als von der Bundesanstalt vorgeschlagene Bewerber.
Am 8. November 2007 hat der Bundestag die Vermittlungsgutscheinregelung bis zum 31. Dezember 2010 verlängert. Veränderungen betreffen die Wartezeit, die von bisher sechs Wochen auf zwei Monate verlängert wurde, die mögliche Gutscheinhöhe, die bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten auf 2500 Euro aufgestockt werden kann, und die Möglichkeit per Verordnung auch höhere Vergütungen (bisher nur niedrigere) zu erlassen.[4]
Inanspruchnahme
Die Zahl der ausgegebenen Vermittlungsgutscheine ist im Zeitverlauf angestiegen. Im Jahr 2004 wurden 714.000 Gutscheine ausgegeben, wobei ein Arbeitssuchender bis zu vier Gutscheine im Jahr erhalten kann. Davon wurden 54.000 eingelöst (2005: ca. 56.000). Zwischen 90 Prozent und 95 Prozent der bis Ende 2004 eingelösten Vermittlungsgutscheine bezogen sich auf unbefristete Beschäftigungsverhältnisse im Inland der Bundesrepublik Deutschland. Seit Februar 2007 darf auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes auch in das EU-Ausland vermittelt werden.
Missbrauch
Der Bundesrechnungshof (BRH) hatte im Jahr 2003 das Vermittlungsgutscheinverfahren geprüft. Seinerzeit wurden in knapp einem Drittel der Fälle Anhaltspunkte oder Nachweise für Missbrauch oder Mitnahmeeffekte gefunden. Eine häufige Missbrauchsart ist dabei, dass für eine ohnehin geplante Einstellung eines Mitarbeiters nur zur Mitnahme der Prämie ein privater Vermittler zwischengeschaltet wird. Der „Erlös“ aus dieser privaten „Vermittlung“ wird dann zwischen der Vermittlungsfirma und dem zukünftigen Arbeitgeber geteilt, obwohl der Eingestellte gar nicht wirklich vom Vermittler rekrutiert wurde, also eine Vermittlung nicht stattgefunden hat. Eine andere Missbrauchsform ist die abgesprochene Vermittlung an Firmen, die dann absichtlich nur bis zur Auszahlung der ersten Vermittlungsprämie beschäftigen und dann den Vermittelten unabhängig von dessen Arbeitsleistung nach mindestens 6 Wochen i.R. noch in der Probezeit wieder kündigen, um sich dann einen anderen Arbeitslosen privat mit Prämie vermitteln zu lassen. Auch in diesen Fällen gibt es Absprachen und Prämienbeteiligungen der einstellenden Firma und gelegentlich wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Vermittlungs- und Einstellungsfirma oder deren Leitungen. Häufig ist auch die Konstellation zu finden, dass private Arbeitsvermittler sehr eng mit Zeitarbeitsfirmen, quasi Tür an Tür, zusammenarbeiten. Arbeitslose, die sich direkt bei der Zeitarbeitsfirma melden, werden dann erst zum privaten Arbeitsvermittler geschickt, damit noch die „Vermittlung“ mit Vermittlungsgutschein erfolgt. Grundsätzlich aber ist die Einlösung des VGS bei tatsächlicher Vermittlung an eine Zeitarbeitsfirma rechtlich zulässig.
In der Zwischenzeit hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen für den Vermittlungsgutschein verändert, um Missbrauch und Mitnahmeeffekte zu reduzieren. Vor allem hat er die Frist für die Auszahlung der ersten Rate für eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung verschoben. Vor der Änderung wurde die erste Rate für den privaten Vermittler bereits sofort nach Zustandekommen eines Arbeitsvertrages ausgezahlt. Seit dem 1. Januar 2005 wird die erste Rate erst gezahlt, wenn das vermittelte sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis sechs Wochen Bestand hatte.
Der BRH hat 2005 eine so genannte Kontrollprüfung durchgeführt. Dabei hat er festgestellt, dass die gesetzlichen Neuregelungen erfolgreich waren. Anhaltspunkte oder Nachweise für einen Missbrauch von Vermittlungsgutscheinen lagen nur noch in sieben Prozent der Fälle vor. Nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Missbrauchsquote noch geringer, weil der Bundesrechnungshof zum Teil auch Mitnahmefälle als Missbrauchsfälle gezählt hat. Im Jahr 2006 ist nach Einschätzung der BA ein weiterer Rückgang des Missbrauchs zu erwarten. Es gibt jedoch auch anderslautende Auffassungen, da nicht alle Fälle von Missbrauch oder Mitnahme aufgedeckt werden können, auch nicht vom Bundesrechnungshof oder der Bundesagentur.
Anderweitige Vermittlungsbemühungen
Unabhängig von den Aktivitäten privater Vermittler betreibt die Bundesagentur (im Arbeitslosengeld II auch die ARGE oder Optionskommune) weiterhin Vermittlungsbemühungen. Dies gilt auch in Fällen, in denen ein Vermittlungsgutschein ausgestellt wurde. Da es keinen gesetzlichen Zwang gibt, der Bundesagentur für Arbeit offene Stellen zu melden, bleiben eigene Bemühungen des Arbeitssuchenden unerlässlich. So ist die Einschaltung privater Arbeitsvermittler als zusätzliches und nicht als ersetzendes Instrument gedacht, die Vermittlungschancen in Arbeit zu erhöhen.
Studie WZB
Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung WZB und des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft infas „Neuausrichtung der Vermittlungsprozesse“ empfiehlt die Abschaffung der PSA und schlägt für die anderen Instrumente Nachbesserungen vor: In den seit 2003 neu aufgebauten Kundenzentren hat sich der Service für Arbeitslose und Arbeitgeber deutlich verbessert. Zu wenig wird jedoch für Arbeitssuchende mit den größten Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt (Betreuungskunden) getan. Die neuen Instrumente der Arbeitsvermittlung unter Einschaltung Dritter haben sich bis auf den Vermittlungsgutschein in der Praxis nicht bewährt. Nur beim Vermittlungsgutschein gelang es privaten Anbietern besser als den Arbeitsagenturen, Arbeitssuchende in Jobs zu bringen. Die Teilnehmer der anderen Instrumente – Beauftragung privater Dienstleister mit der Vermittlung, Personal-Service-Agenturen (PSA), Beauftragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen – hatten sogar eine geringere Wahrscheinlichkeit, in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert zu werden als andere Arbeitslose.
Einzelnachweise
- ↑ §421 g SGB III
- ↑ §16 Abs. 2 SGB II
- ↑ §421 g SGB III
- ↑ Gesetz zur Förderung der zusätzlichen Altersvorsorge und zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vom 10. Dezember 2007