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Hannas

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Hannas (auch Annas) war jüdischer Hoherpriester zwischen den Jahren 6 und etwa 15 n.Chr., als der römische Kaiser Augustus regierte.

Hannas war der Schwiegervater des Kajafas (Kaiphas), der ihm ca. 18-37 n.Chr. im Priesteramt nachfolgte. Wie Kajafas ist auch er bis in unsere Tage durch die Umstände der Kreuzigung Jesu bekannt. Nach der Darstellung in den Evangelien war nicht nur Kajafas maßgeblich an der Verurteilung Jesu beteiligt, sondern auch Hannas, der im Hintergrund einige Fäden zog.

Nach dem Bericht des Johannes war er der erste, der Jesus nach seiner Festnahme verhörte und ihn dann zu Kajafas führen ließ. Die anderen Evangelien berichten dieses erste Verhör nicht.

Wahrscheinlich führte Hannas den Vorsitz im Synedrion, als es zweimal um die Lehre des Jesus von Nazareth und die wachsende Zahl seiner Anhänger ging. Denn schon einige Wochen vor seiner Kreuzigung (vermutlich im Frühjahr 30) hatte das 70-köpfige Gremium die möglichen Vorgangsweisen beraten und mehrheitlich für seine Tötung plädiert. Es war damals - unter dem wachsenden Druck der römischen Besatzungsmacht - zu befürchten, dass einige Zeloten aus dem Jüngerkreis des "Rabbi Jeschua" eine Revolte gegen die Römer anzetteln könnten, mit denen sich der Rat einigermaßen arrangiert hatte.

Die eigentliche Amtszeit des Hannas war mit fast 10 Jahren ungewöhnlich lang, denn formal stand jedes Jahr eine Wahl an. Dies deutet auf gewisses Geschick im Umgang mit den Statthaltern bzw. Königen, als auch mit den Ansichten der Ratsmitglieder hin.

Jesu Verhör vor Hannas (Joh.18, 12-24)

Die ökumenische Einheitsübersetzung von 1980 übersetzt den Urtext folgendermaßen:

(Vers 12-15) "Die Soldaten, ihre Befehlshaber und die Gerichtsdiener der Juden nahmen Jesus fest, fesselten ihn
und führten ihn zuerst zu Hannas; er war nämlich der Schwiegervater des Kajaphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war.
Kajaphas aber war es, der den Juden den Rat gegeben hatte: Es ist besser, dass ein einziger Mensch für das Volk stirbt.
15 Simon Petrus und ein anderer Jünger folgten Jesus. Dieser Jünger war mit dem Hohenpriester bekannt ... und ging mit Jesus in den Hof des hohepriesterlichen Palastes."

(Vers 19-24) "Der Hohepriester [Anm.: Hannas] befragte Jesus über seine Jünger und über seine Lehre.
Jesus antwortete ihm: Ich habe offen vor aller Welt gesprochen. Ich habe immer in der Synagoge und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen. Nichts habe ich im Geheimen gesprochen.
Warum fragst du mich? Frag doch die, die mich gehört haben, was ich zu ihnen gesagt habe; sie wissen, was ich geredet habe.
Auf diese Antwort hin schlug einer von den Knechten, der dabeistand, Jesus ins Gesicht und sagte: Redest du so mit dem Hohenpriester?
Jesus entgegnete ihm: Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach; wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?
Danach schickte ihn Hannas gefesselt zum Hohenpriester Kajaphas."

Religiös-politische Bedeutung

Die Gestalten von Hannas und Kajafas (Kaiphas) haben in der Darstellung der Evangelien eine zwiespältige Berühmtheit gewonnen. Nach den Passionsberichten der Evangelisten (z.B. Matthäus Kap.26) und Johannes 11 und 18) arbeiteten die Führer des Hohen Rates mit aller Kraft darauf hin, Jesus zu Tod zu bringen.

Nach Mt 26,59-68 suchte der Hohe Rat falsche Zeugen, um Jesus einer Gesetzesübertretung zu überführen. Matthäus schildert dann das Urteil des Hohenpriesters (Kajafas), das auf "Gotteslästerung" lautet und vom Hohen Rat mit dem Todesurteil beantwortet wird. Markus schreibt darüber in Kap.14, Vers 59-64:

"Aber auch in diesem Fall stimmten die Aussagen nicht überein.
Da stand der Hohepriester [Anm.: Kajafas] auf, trat in die Mitte und fragte Jesus: Willst du denn nichts sagen zu dem, was diese Leute gegen dich vorbringen?
Er aber schwieg und gab keine Antwort. Da wandte sich der Hohepriester nochmals an ihn und fragte: Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?
Jesus sagte: Ich bin es. Und ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und mit den Wolken des Himmels kommen sehen.
Da zerriss der Hohepriester sein Gewand und rief: Wozu brauchen wir noch Zeugen?
Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was ist eure Meinung? Und sie fällten einstimmig das Urteil: Er ist schuldig und muss sterben."

Nach Joh 11,49-52 hatte Kajafas schon bei einer früheren Beratung über Jesus gemeint: "Ihr bedenkt nicht, dass es besser für euch ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht". Zwar sieht dies Johannes als Prophetie, allerdings aus der Sicht des späteren Berichterstatters:
Aus christlicher Sicht starb ja Jesus wirklich für das Volk Gottes. Hannas und Kajafas erscheinen als Jesu erbitterte Feinde, bzw. als religiöse Eiferer, die sein Wirken nicht messianisch sehen konnten. Das Hauptargument, Jesus habe durch sein Bekenntnis Gott gelästert, war zwar in den Augen der Römer kein Verbrechen, doch für Strenggläubige, die ihn als Messias bezweifelten, hatte er sein Leben verwirkt.

Aus jüdischer Sicht mussten Hannas und Kaiphas verhindern, dass immer größere Teile des Volkes Anhänger Jesu wurden, und so einem möglichen Aufstand gegen die Römer vorbeugen: "es ist besser, dass ein Mensch für das Volk stirbt." Deutet man das (wie Johannes) als prophetisches Wort, kann es zum theologischen Dialog zwischen Judentum und Christentum beitragen.

Siehe auch