Aleister Crowley
Aleister Crowley (* 12. Oktober 1875 in Leamington Spa, England, † 1. Dezember 1947 in Hastings, England; eigentlich Edward Alexander Crowley), war ein Okkultist, Mystiker, Poet, Künstler, Künstler-Manager und Sozialkritiker. Er wird fälschlicherweise oft als Begründer des „modernen“ Satanismus eingestuft.
In seinen jungen Jahren war er ein sehr erfahrener und begeisterter Bergsteiger, der an einigen Expeditionen teilnahm. Später führte er ein höchst wechselhaftes Leben an vielen Orten der Welt.
Er war Mitglied im Hermetic Order of the Golden Dawn und leitete später den Ordo Templi Orientis. Er begründete die Religion von Thelema, die auf dem Buch Liber Al vel Legis (Buch des Gesetzes) basiert.
Biographie
Crowley stammt aus einer frommen puritanischen Brauer-Familie, die den Plymouth Brethren angehört.
Bereits als kleines Kind (ungefähr 1879) musste er regelmäßig an der morgendlichen Bibelstunde teilnehmen. Er stellte als Jugendlicher fest, dass ihn Schilderungen blutiger Folterungen und die Vorstellung, selber unter Todesqualen zu leiden, erregten. Sein Vater starb 1886, als Crowley 11 Jahre alt war. Seine Mutter gab ihn 1888 als 13-Jährigen in ein christliches Internat. Dort versuchte man ihn, nachdem er durch Sexspiele mit anderen Kindern gegen die lokalen Tabus verstieß, mit Gewalt (anderthalbjährige Isolation) „umzuerziehen“. Vermutlich hat seine spätere Abneigung dem Christlichen gegenüber in dieser Zeit ihre Ursache. 1890 wurde er aus dem Internat hinausgeworfen. Von 1891 berichtete er über sexuelle Erlebnisse mit einem Dienstmädchen.
1895 begann er ein Studium der Geisteswissenschaften am Trinity College der Universität Cambridge. Im gleichen Jahr bestieg Crowley, der ein leidenschaftlicher Bergsteiger war, das Eigerjoch in den Alpen; auch unternahm er erste dichterische Versuche. 1896 erwachte er angeblich in einem Hotel in Stockholm mit dem Wissen um seine „magische Macht“. Er brach sein Studium ohne Abschluss ab und begann, sich keltisierend Aleister zu nennen.
1898 hielt er sich als Bergsteiger in der Schweiz auf. Dort lernte er Julian L. Baker kennen, der ihn in den Hermetic Order of the Golden Dawn (Hermetischer Orden der goldenen Morgenröte) einführte, einen der vielen rosenkreuzerisch-freimaurerischen „Geheimbünde“ dieser Zeit. Diesem trat er am 18. November bei. Im Dezember übersprang er zwei Grade und nennt sich Perdurabo (= „ich werde ausharren bis zum Ende“). Sein pornografischer Gedichtband White Stains erschien.
1899 zog Crowley in London mit Allen Bennet zusammen. Beide zelebrierten die Zeremonien des Ordens. Crowley hatte in diesem Jahr erste Kontakte mit Drogen (Opium, Kokain, Morphium, Ether, Chloroform). 1900 zog Bennet aus Gesundheitsgründen nach Ceylon (heute Sri Lanka), Crowley zog nach Boleskine House am Strand von Loch Ness in Schottland. Er nannte sich fortan Laird of Boleskine und kleidete sich wie ein schottischer Edelmann.
Da ihm die Londonder Mitglieder des Golden Dawn den Aufstieg zum 5. Grade, dem Adeptus Minor wegen homosexueller Affären verweigerten, besuchte Crowley im Januar 1900 Samuel Liddel Mathers, den Gründer des Golden Dawn, in Paris. Dieser nahm, gegen einen Eid der Loyalität, die entsprechende Zeremonie vor und Crowley stieg zum 5. Grad auf. Die Bruderschaft in London erkannte diese Weihe nicht an und revoltierte gegen Mathers, der aus dem Golden Dawn ausgeschlossen wurde, allerdings nicht nur deswegen. Crowley versuchte im Namen Mathers' entweder die Kontrolle über den Golden Dawn oder über Eigentum des Golden Dawn zu erringen. So unterbrach er ein Ritual, gekleidet in vollen Highlander-Regalia und eine Kapuze tragend. Angeblich kam es während dieser Auseinandersetzung auch zu magischen Attacken. Crowley berichtete, die Rebellen hätten feindliche Magie gegen ihn gerichtet; sein Regenmantel habe spontan in Flammen gestanden, und er sei grundlos in Zorn geraten, dass selbst Pferde vor Schreck davonrannten. Am Ende zerfiel der Golden Dawn, woran neben feindlicher Magie (nach Meinung der Mitglieder) auch Presse und Polizei ihren Anteil gehabt hätten.
Im Mai 1900 brach Crowley nach Mexiko auf, einerseits nach Mexiko-Stadt, um dort seinen okkulten Neigungen nachzugehen, andererseits zum Bergsteigen. 1901/1902 reiste er nach Indien und ins Himalaya-Gebirge. Er nahm an einer Expedition von Oscar Eckenstein zur Erstbesteigung des K2 im Karakorum teil, die Expedition scheiterte aber.
Am 11. August 1903 traf Crowley die verwitwete Rose Kelly, die Schwester seines Freundes Sir Edward Kelly. Von ihrer Familie wurde sie bedrängt, wieder zu heiraten, eine Eheschließung war bereits arrangiert. Crowley wollte Rose aus dieser Situation befreien und versprach ihr selber die Ehe. Daher heirateten die beiden am nächsten Morgen, dem 12. August, in einer fast wörtlich zu nehmenden Nacht- und Nebelaktion. Im Anschluss wurde eine Hochzeitsreise geplant und in Angriff genommen. Diese führte das Paar über London nach Paris, dann über Marseille weiter ins ägyptische Kairo. Das Paar war schon früh damit beschäftigt, zusammen Beschwörungen diverser Mächte vorzunehmen. In Kairo, im April 1904, entdeckte Rose hellseherische Fähigkeiten in sich. Diese führten nach Crowleys Angaben dazu, dass das Paar im ehemaligen Boulak-Museum auf eine Holzstele aufmerksam wurde. Diese Stele von etwa 650 v. Chr. war die so genannte Stele des Ankh-f-n-khonsu (heute im Ägyptischen Nationalmuseum, Kairo). Sie stellt eine Opferszene dar, bei der der Besitzer der Stele vor dem ägyptischen Gott Re-Harachte steht. Die Tatsache, dass diese Stele im Ausstellungskatalog die Nummer 666 trug, betrachtete Crowley als ein Zeichen, da er selber sich mit dieser Zahl, auch die Zahl des (großen) Tieres (vgl. Bibel, Offenbarung des Johannes) genannt, bereits früher identifiziert hatte. Laut Crowley wurde ihm, nach einer Anrufung des Horus, am 8., 9. und 10. April in Kairo von einem Abgesandten des von ihm in Ra-Hoor-Khuit umgemünzten Re-Harachte mit dem Namen Aiwaz ein Buch dikitiert, das Liber Legis (später Liber Al vel Legis, Buch des Gesetzes). Dieses Buch ist der Kern Crowleys späterer Lehren.
Die Hochzeitsreise mit seiner Frau Rose Kelly, die ursprünglich wohl bis Ceylon führen sollte, wurde abgebrochen, da Rose schwanger war. Beide kehrten nach Boleskine House zurück. Am 28. Juli 1904 brachte Rose dort eine Tochter zur Welt, der die Eltern den Namen Nuit Ma Ahathoor Hecate Sappho Jezebel Lilith Crowley gaben. Das Kind starb zwei Jahre später in Indien.
Nach seiner prophetischen Berufung widmete sich Crowley einige Zeit nicht mehr primär der Magie. 1905 nahm er an einer Bergsteigerexpedition in den Himalaya teil, bei der etliche Teilnehmer starben. Er reiste, teils mit Frau und Kind, teils ohne, durch das Kaiserreich China, Kanada und die USA. Erst nach seiner Rückkehr aus den USA erfuhr er vom Tod seiner Tochter.
Im Jahr 1907 arbeitete er erneut magisch – er gründete den Astrum Argenteum, den Orden des silbernen Sterns. 1909 erschien auch die erste Ausgabe des Equinox, der offiziellen Publikation des Argenteum Astrum, welche jeweils zur Sommersonnenwende und zur Wintersonnenwende erschien. Ebenfalls in diesem Jahr ließ er sich von seiner Frau Rose scheiden. 1910 entstanden Kontakte zum Ordo Templi Orientis oder OTO, einer auch damals schon „irregulären“ Form der Freimaurerei der Lehrart Memphis-Misraim, dem Crowley bald darauf beitrat. In kürzester Zeit veränderte er die vormals noch mit Alchemie und ägpytischer Mythologie überladene mehr oder weniger freimaurerische Lehrart in einen für alle verbindlichen initiatischen Bund mit seinem Buch des Gesetzes. Crowley wurde 1912 zum Leiter des englischsprachigen Zweiges des Ordens.
Den Ersten Weltkrieg verbrachte Crowley in den USA, wo er anti-britische Kriegspropaganda veröffentlichte. Auch wenn er nach dem Krieg erklärte, dies seien satirische Schriften gewesen, trug dies doch nicht dazu bei, seinen überwiegend schlechten Ruf in der Öffentlichkeit zu verbessern. Nach dem Krieg wurde Crowley Vater einer weiteren Tochter, Poupee, die Mutter war Leah Hirsing.
1920 gründete er in Cefalù auf Sizilien eine magische Kommune, die Abtei von Thelema. In dieser Kommune spielt auch sein Buch Diary of a Drug Fiend (Tagebuch eines Drogennarren). Seine Tochter starb dort, während Crowley auf Reisen war. Nachdem in der Abtei auch Raoul Loveday starb, wendete sich dessen enttäuschte Frau Betty May an die britische Presse. Diese stürzte sich auf die Skandalgeschichte und die Regierung Mussolinis wies Crowley 1923 aus Italien aus.
1929 publizierte er Magick: In Theory and in Practice. Nach der Ausweisung aus Sizilien blieb sein Leben unstet, sein Ruf machte es ihm unmöglich, einen Verleger zu finden, oder auch nur einen Platz zum Leben. Weiterhin vom Heroin abhängig, da dieses bei ihm eine geraume Zeit als Asthma-Medikament eingesetzt worden war, starb Crowley am 1. Dezember 1947 in Hastings mit 72 Jahren. Amtlich festgestellte Todesursache war „Herzversagen und eine chronische Bronchitis“.
Wirken
Crowley führte ein ausschweifendes Leben, äußerte regelmäßig seine Ansichten über Sex, welche zu seiner Zeit als sehr radikal galten, und bekannte sich offen zu seinem Drogenkonsum (dessen Gefahren er etwa in seinem Buch Diary of a Drug Fiend (Tagebuch eines Drogennarren) eindrücklich darstellte). Dieses Leben brachte ihm zahlreiche Angriffe der Regenbogenpresse ein, ein Image, das ihm als skandalumwitternden dunkelschillerndem Magier mit seinem Bedürfnis nach Selbstdarstellung äußerst entgegenkam.
Crowley verband in seinem magischen System östliche und westliche Einflüsse. Er galt als Experte kabbalistischer Schriften. Dabei verbindet er in eigenen „kabbalistischen“ Schriften eine Mischung aus jüdisch-christlicher Kabbala mit seinem „Buch des Gesetzes“. Das „Buch des Gesetzes“ möchte alle Religionen hinter sich lassen und wendet sich insbesondere gegen das Christentum seiner damaligen Zeit. So nannte er sich in Anlehnung an die biblische Apokalypse des Johannes: „The Beast - 666“. Er erfand zahlreiche tantrische Rituale. Ziel seiner Magie besteht in der Weiterentwicklung des Individuums, wobei er die Ansicht vertritt, der Geist bringt erst das wahre Wesen des Menschen hervor. Einer der zentralen Sätze seiner Religion ist der Sinnspruch „Tu was du willst sei das ganze Gesetz. Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen“. Dabei legt er darauf Wert, ein Mensch müsse zuerst erforschen worin dieser eigene Wille wirklich bestehe, um dieses gewollte Handeln ausführen zu können. Der Satz besagt ausdrücklich nicht, wie von seinen Gegnern oft unterstellt: “Tue worauf immer du Lust hast, das ist das ganze Gesetz“. Crowleys Konzept „Thelema“ zielt auf die Verwirklichung des wahren menschlichen Willens. Ein klassisches Bildungsideal in der Tradition von „Sapere Aude“, „Wage es, weise zu werden“.
Crowley versuchte einige Wörter der esoterischen Lehre, die ihm unpassend erschienen, durch neue zu ersetzen. Zum Beispiel grenzte er sich von der Bühnenmagie ab, indem er den esoterischen Bereich der Magie als Magick (gesprochen Meitsch-ik), anstelle von Magie, bezeichnete.
Crowleys Einfluss ist in der esoterischen und zum Teil in der New-Age-Bewegung erkennbar. Seine im „Buch des Gesetzes“ dargelegte thelemitische Philosophie erreichte nie die von ihm erhoffte Verbreitung. Am bekanntesten sind die von ihm in den 1940er Jahren zusammen mit der Malerin Lady Frieda Harris geschaffenen und 1944 als Das Buch Toth veröffentlichten Tarot-Karten. Heute ein für seine Symbolvielfalt gelobtes weit verbreitetes Tarot-Deck.
Kritik an Aleister Crowley
Crowley gilt häufig als ein Begründer des modernen Satanismus, und/oder wird selber zu den „Neo-Satanisten“ gerechnet. Dies ist ein populärer Irrtum, denn Crowley vertritt einen mystischen Standpunkt und distanziert sich in seinen Schriften explizit von „schwarzer“ Magie und seinen „Schwarzen Brüdern“ des Pfades zur linken Hand. Wie ernst solche Distanzierungen allerdings angesichts der regelmäßig praktizierten Rituale Crowleys zu nehmen sind, bleibt immer von der Fähigkeit zur Differenzierung und dem Ironieverständnis des betrachtenden Individuums abhängig. Eine seiner Definitionen lautet: „Der Teufel ist historisch der Gott eines jeden Volkes, das man persönlich nicht leiden kann.“
Die Zahl 666 spielte für ihn eine wichtige Rolle, war eines seiner religiösen Leitmotive, er bezeichnete sich selbst als To Mega Therion (Das Große Tier) und seinen Schutzengel Aiwass ordnete er kabbalistisch in die Nähe des ägyptischen Sturmgottes Seth ein. Dieser ist in der Tat der Schutzpatron einiger Menschen, die von außenstehenden, christlich geprägten Betrachtern, heutzutage gelegentlich als Neosatanisten bezeichnet werden.
Crowley selbst war weder ein okkult arbeitender Materialist noch sah er sich als vom Rest des Universums isoliertes Einzelkämpferschicksal. Er praktizierte etwas, was man vielleicht als roten Tantrismus benennen könnte, aber das Wort Sexualmagie trifft es wohl besser. Menschen, die eine Keuschheit und Enthaltsamkeit verlangende Moral predigen, erscheint eine solche Einstellung jedoch häufig „von Satan gesandt“, insbesondere, wenn ihr eigenes Weltbild dualistische Züge im Sinne eines personifizierten und aktiven Gegenspielers Gottes und „des Guten“ beinhaltet.
Werke
- AHA! (Being Liber CCXLII)
- Book of the Law
- Book 4
- The Book of Lies
- The Book of Thoth, auch: The Book of Thoth: A Short Essay on the Tarot of the Egyptians Being the Equinox Volume III No. V
- Commentaries on the Holy Books and Other Papers: The Equinox Volume IV, Number 1
- The Confessions of Aleister Crowley – Crowleys Autohagiografie, eigentlich die Beschreibung eines Heiligenlebens.
- Diary of a Drug Fiend
- Eight Lectures On Yoga
- The Equinox of the Gods
- The Goetia: The Lesser Key of Solomon the King: Clavula Salomonis Regis
- The Holy Books of Thelema
- The Law Is For All: The Authorized Popular Commentary to The Book of the Law
- Little Essays Toward Truth
- Magick Without Tears
- Moonchild
- 777 and Other Qabalistic Writings of Aleister Crowley
- Tarot Divination
- Tao Te Ching: Liber CLXVII: The Equinox: Crowley's take on the Chinese mystical classic.
- World's Tragedy
Weblinks
- Kurze englische Biografie, viele Fotos
- Bibliografie
- Viele von Crowleys Werken als E-Texte auf Englisch
- Genaues über Freimaurer & Crowley
- kritische Seite bei confessio.de
- kritischer Artikel bei Telepolis
Personendaten | |
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NAME | Crowley, Aleister |
ALTERNATIVNAMEN | Crowley, Edward Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | Okkultist, Mystiker, Poet, Künstler, Künstler-Manager und Sozialkritiker |
GEBURTSDATUM | 12. Oktober 1875 |
GEBURTSORT | Leamington Spa, England |
STERBEDATUM | 1947 |
STERBEORT | Hastings, England |