Nationaler Volkskongress
Der Nationale Volkskongress (deutsche Abkürzung: NVK; Chinesisch: (全国人民代表大会 in Pinyin: Quánguó Rénmín Dàibiǎo Dàhuì Quanguo renmin daibiao dahui; Kurform: 人大 Renda) ist das Parlament der Volksrepublik China. Er ist nominell das oberste chinesische Gesetzgebungs- und Volksvertretungsorgan. Er verkörpert somit formal die Staatsmacht. Da die wichtigsten Entscheidungen jedoch in informellen Runden getroffen werden, besitzen die Parlamente der verschiedenen Ebenen für die Entscheidungsfindung keine zentrale Bedeutung und sind lediglich Instrumente im Machtapparat der KPCh.
In der Regel besteht der Nationale Volkskongress aus rund 3.000 Mitgliedern und ist damit das größte Parlament der Welt. Die Mitglieder werden alle fünf Jahre gewählt. In der Regel findet nur einmal im Jahr eine Plenartagung statt. Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses trifft sich sechsmal im Jahr. Er besteht aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter und ca. 130 Vollzeit-Abgeordneten. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist sein ausschließliches Vorschlagsrecht für Regierungsämter.
Wahlfunktionen
Der Nationale Volkskongress wählt auf Vorschlag des Nationalen Parteikkongresses der Kommunistischen Partei Chinas
- den Staatspräsidenten der Volksrepublik China 国家主席 (guojia zhuxi)
- die Zentrale Militärkommission 军事委员会 (junshi weiyuanhui)
- den Obersten Volksgerichtshof 最高法院 (zuigao fayuan)
- die Oberste Staatsanwaltschaft 最高检察院 (zuigao jianchayuan) und
- den Staatsrat, die Zentralregierung der Volksrepublik China 国务院 (guowuyuan).
Arbeitsweise
Die langen Sitzungspausen weisen darauf hin, dass andere Stellen die wesentlichen Entscheidungen treffen. Die knapp dreitausend Delegierten werden haufig als Armee der Händeheber abgetan. Abstimmungsrevolten führen vor Augen, dass mit dem Nationalen Volkskongress in Zukunft zu rechnen ist. Im NVK sind viele Spitzenfunktionäre aus den Regionen vertreten, die die Jahrestagungen nutzen, um für ihre Interessen zu werben. In informellen Gesprachen mit Mitgliedern der Zentralregierung am Rande der Tagung betreiben sie ein intensives Lobbying für ihre Sonderinteressen. Vertreter der Inlandsregionen setzten sich für eine Unterstützung infrastruktureller Großprojekte durch die Zentralregierung ein.
Die im NVK mit mehr als 200 Delegierten stark vertretene Volksbefreiungsarmee sorgt sich um Zuwachsraten des Verteidigungshaushalts.
Zu spektakularen Abstimmungsrevolten kam es im NVK nur selten. Doch 1992 verweigerte rund ein Drittel der Delegierten dem Großprojekt des Drei-Schluchten-Staudamms die Zustimmung. Für Uberraschungen in Personalwahlen, die sich gewöhnlich auf Bestatigung der von der KPCh benannten Kandidaten beschränken, sorgten allerdings einige Provinz-Volkskongresse. Da Zustimmungsraten von über 90 % selbstverständlich sind, werden mehr als 10 % Gegenstimmen und Enthaltungen als deutliche Mißfallenskundgebung betrachtet. Bei der Verlangerung seiner Amtszelt 1993 hatte Ministerprasident Li Peng 12 % Gegenstimmen und Enthaltungen, was als Protestwahl zu werten ist.
Zusammensetzung
Der Nationale Volkskongress setzt sich aus 34 Delegationen zusammen: 23 Provinzen (inkl. Taiwan), 5 Autonome Gebiete, 4 regierungsunmittelbare Städte sowie 2 Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau). Die Volksbefreiungsarmee ist ebenfalls durch eine Delegation präsent.
Stellenwert
Eine Umfrage im Auftrag des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses über die Einschätzung der politischen Rolle der Volkskongresse unter etwa 12.500 Chinesen in zehn Großstädten ergab, dass die Bedeutung des NVK als sehr gering angesehen wird. Obwohl sich unter den Befragten eine große Zahl von Parteimitgliedern und Staatsbediensteten befand, wurden die Kompetenzen der Volkskongresse sehr skeptisch beurteilt. 48 Prozent der Befragten gestanden ein, dass sie die Eröffnung der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses nicht interessiere. Selbst unter den befragten Mitgliedern der Partei vertraten fast 50 Prozent die Auffassung, dass die Einberufung des NVK eine reine Formalie sei und die Volksvertretung nicht imstande sei, konkrete Probleme zu lösen, denn alle wichtigen Fragen würden bereits von den Parteikomitees entschieden und die Delegierten seien nur Schachfiguren der Kommunistischen Partei.