Zum Inhalt springen

Kartografie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Februar 2004 um 16:19 Uhr durch Stefan Kühn (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Kartographie (auch Kartografie) ist die Wissenschaft, Kunst und Technik der Erstellung von Karten, Atlanten und Globen. Diese dienen zur Darstellung der Erdoberfläche mit all ihren topografischen, siedlungsgeografischen, territorialen, infrastrukturellen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen, historischen, tektonischen und sonstige Aspekten. Neben der Erde werden aber auch astronomische Objekte mit Hilfe von Sternkarten bzw. -globen abgebildet.

Einführung

Die Kartographen visualisieren raumbezogene Informationen und müssen sich daher seit den ersten Karten mit den Problemen der Kartengestaltung auseinandersetzen. Eine Karte soll die Umsetzung ihres Inhalts (Linien, Flächen, Symbole...) zu einem Modell in der Vorstellung des Benützers erleichtern, was u.a. mit der Perzeption (siehe Psychologie)zusammenhängt.

Die drei Dimensionen auf einem flachen Tontäfelchen oder Papyrus abzubilden war lange Zeit ein großes Problem. Mit den neuen Erkenntnissen der Erdform als kugelförmiger Körper musste man sich aber auch mit der Kartenprojektion, also der Verebnung eines solchen Körpers auf das Blatt Papier auseinandersetzen (Projektion, Mathematische Kartographie. Zur besseren Beschreibung der geographischen Lage der Orte wurden schon sehr früh die geographischen Koordinaten eingeführt. Diese Lagebeschreibung wurden seit dem 19. Jahrhundert durch weitere Koordinatensysteme (z.B. Gauß-Krüger-Koordinatensystem, UTM-Koordinatensystem) ergänzt.

Geschichte

Die Geschichte der Kartographie hält mit der Entwickelung der Geographie als Wissenschaft gleichen Schritt.

Urgeschichte

Aus der Zeit der Urgeschichte hat man fast nur Sagen, Vermutungen und dürftige Nachrichten über Karten primitivster Art, von denen sich fast keine Spuren erhalten haben. Die bisher älteste kartographische Darstellung fand man im Jahre 1963 im türkischen Çatal Hüyük bei den Ausgrabungen einer neolitischen Siedlung. Die Wandmalerei zeigt die Siedlung um 6200 v.Chr. mit ihren Häusern und dem Doppelgipfel des Vulkan Hasan Dag.

Frühgeschichte

Ca. 3800 v. Chr. wurde die erste Karte von Nord-Mesopotamien in Tontafel von Nuzi (Ga-Sur) geritzt.

Ca. 1500 v. Chr. entstand im heutigen Italien die in ein Felsen geritzte Karte von Bedolina nahe der Ortschaft Capo di Ponte im Tal Val Camonica. Sie zeigt den Plan eines Ortes, Tiere, und Menschen.

Aus den ersten Jahrhunderten unsrer Zeitrechnung stammen die Handzeichnungen von Karten in den ältesten Manuskripten der Kosmographie des Ptolemäus, einer Erdbeschreibung, die eigentlich ein Verzeichnis astronomischer Positionen ist, nach Breite und Länge auf so unsichere Berechnungen basiert, dass die Fehler der zu großen Länge beim Ostende des Mittelländischen Meers 20°, an der Gangesmündung schon 46° betragen. Ferner die Tabula Peutingeriana, eine von West nach Ost unnatürlich verzerrte Straßenkarte des römischen Reichs mit Angabe der Militärstationen und Meilenentfernungen.

Mittelalter

Die verschiedenen Handzeichnungen, meist von Mönchen herrührend, sind Versuche so genannter Weltkarten (mappae mundi), die aufbauend auf den Irrtümern des Ptolemäos, der noch lange als unfehlbare Quelle galt, durch Mißverstehen der Identität der neuen Entdeckungen einschließlich Marco Polos u.a., die man den alten einfach anreihte., neue hinzugefügt wurden, so dass Asien so weit gegen Osten rückte, dass Kathai (China) nur noch 130° westlich von Spanien lag. Zu diesen Weltkarten zählen die Ebstorfer Weltkarte (ca. 1235), die Hereforder Weltkarte (ca. 1270), die Haldinghams (im Dom zu Hereford, 14. Jahrhundert), die des Marino Sanuto (1320), die Florentiner Seekarte (1351), die so genannte Katalunische Karte (1375) eines mallorcanischen Schiffers, die Karte des Andrea Bianco (1436), die Weltkarte im Palast Pitti zu Florenz (1447), jene des Fra Mauro in der Markusbibliothek zu Venedig (1453).

Der Globus des Nürnberger Gelehrten Martin Behaim von 1492 kann als Schlussstein dieser Periode angesehen werden. Er trägt noch alle Spuren des unvollkommenen Wissens und der Irrtümer seiner Zeit.

Neuzeit

In diesem Zeitabschnitt machen sich die Fortschritte der Kartographie schon sehr bemerkbar. Es erscheint eine ansehnliche Anzahl von Küstenkarten (portolani), welche in Venedig, Genua, Lissabon, Mallorca und anderen Orten fast fabrikmäßig gefertigt werden, wohl noch mit teilweise falsch orientierten Umrissen, infolge der Unkenntnis der Missweisung (Deklination) der Magnetnadel, und mit bedeutenden Fehlern bezüglich der geographischen Länge, die nur nach der Schnelligkeit des Segelns geschätzt wurde. Aus ihnen werden die Weltkarten zusammengesetzt, und es wird die Kunst des Grabstichels zu ihrer Vervielfältigung aufgeboten.

Jede größere Bibliothek besitzt eine Anzahl von Portolani aus jener Zeit. Seltener sind die Weltkarten, sowohl die Handzeichnungen als die Abdrücke der gestochenen. In diese Suite gehören die Carta marina von Portugal (1504), die türkische Weltkarte (Karten von Piri Reis) (1513), die Weltkarten von Descelliers (1553, im Privatbesitz in Wien), Gaultier (1512), Apian (1524), Ribero (1529), Cabot (1544) u.a. die Globen von Schoner (1520), Mercator (1541) und dessen schon mit wachsenden Breiten konstruierte Weltkarte (1569).

Im Jahre 1507 gibt Martin Waldseemüller Globus und Weltkarte mit der Kontinentbezeichnung Amerika heraus.

Allgemach vollzieht sich die Emanzipation von Ptolemäos, die Adoption bestimmter Projektionen, die Auswechselung fabelhafter und hypothetischer Ausfüllung mit den Ergebnissen neuer Entdeckungen im Bereich des asiatischen und amerikanischen Kontinents. So wird es möglich, dass vor und nach 1600 an die Stelle der Portolani ganze Atlanten treten, z.B. der von Mercator (gest. 1595), den dessen Söhne vollendeten, von Ortelius ("Theatrum orbis terrarum", 1570), Hondius (gest. 1611), Jansson (1636, 6 Bände mit 451 Karten), Blaeuw (gest. 1638) und seinen Söhnen (372 Karten) etc. Damals waren also die Niederländer die Tonangeber im Gebiet der Kartographie. In Deutschland sind zu nennen: Homann (gest. 1724) in Nürnberg (etwa 200 Karten), Seutter in Augsburg (Atlas, Wien 1736, 50 Blatt), in Frankreich Tavernier u. a. Der Landkartenstich war, wie der Buchdruck, ein Gewerbe geworden.

Mit Jacques und César Cafsini, welche 1750 bis 1793 die große Triangulation von Frankreich und die darauf begründete große topographische Karte vollendeten, beginnt endlich die Zeit der genauen topographischen Aufnahmen und der kritischen Bearbeitung der Karten. In ersterer Beziehung steht nun Frankreich an der Spitze. Doch genügten die großartigen Leistungen der beiden Cassini nicht, es ward eine neue große topographische Karte geplant, deren letzte Blätter (267) erst Ende des 19. Jahrhunderts erschienen sind. Dem Beispiel Frankreichs folgten nach und nach alle europäischen Staaten, und es fehlt nicht mehr sehr viel, um Europa, mit Ausnahme der Türkei und größerer Teile von Spanien sowie der nördlichsten Teile von Skandinavien und Russland, mit allem Aufwand gereifter Geodäsie trigonometrisch ausgenommen und topographisch mappiert anzunehmen. Unter den asiatischen Ländern erfreut sich Ostindien, unter den amerikanischen die Union des allmählichen Zustandekommens guter Spezialkarten. Für genaue Ausnahme der Küstenstriche aller Ozeane wirken in erster Linie die britische Admiralität, in zweiter die nordamerikanische und französische Marine. Tausende von Seekarten und von topographischen Sektionen beweisen die überall erwachte Tätigkeit der Marinen, der Generalstäbe und Ingenieur-Geographenkorps.

Selbstverständlich ist dieser Umschwung nicht ohne Einfluss auf die Privatindustrie geblieben, und es kann auf die Leistungen der geographischen Institute zu Gotha und Leipzig, auf die Produktion vieler Verleger von London, Paris, Berlin (Reimer), Petersburg etc., auf die zahlreichen Illustrationen zu den Mitteilungen der verschiedenen geographischen Gesellschaften hingewiesen werden, um die Überzeugung zu erlangen, dass die Kartographie beschleunigt in allen Richtungen fortschreitet. Nicht nur der Gelehrte, der Forscher, der Militär, auch der Geschäftsleute und selbst die lauge vernachlässigte Schule finden Befriedigung für ihre mannigfaltigen Bedürfnisse, obgleich noch lange nicht alle Kombinationen erschöpft sind, um den überreichen Stoff dem Fachmann und dem Lernenden mundgerecht zu gestalten.

Moderne

Nach Jahrhundertelanger, hauptsächlich handwerklicher Tätigkeit bei der Originalherstellung oder Reproduktion von kartographischen Erzeugnissen, hat sich mit dem Aufkommen der Computer das Bild der Kartographie stark gewandelt. Mit heutigen Geoinformationssystemen (GIS) arbeiten Kartographen eher am Bildschirm mit Maus und Tastaur als über dem Leuchttisch mit Griffel und Tuschefeder.

Als Grundlage für neue Karten sind seit frühester Zeit die Ergebnisse der Geodäsie (Vermessungskunde) interessant gewesen. Mit der Eroberung der Lüfte und später auch des Weltalls, wurde mit der Fernerkundung und Photogrammetrie eine neue reichhaltige Datenquelle gefunden, die heute nicht mehr wegzudenken ist.

Die rasante Entwicklung von interaktiven Karten im Internet oder bei mobilen Endgeräten sind Schwerpunkt zahlreicher Untersuchungen, aber auch Forschungsschwerpunkte wie Virtuelle Realität oder Augmented reality sind heute in der Kartographie vertreten.


Amtliche Kartographie

Als amtliche Kartographie bezeichnet man die von staatlichen Behörden erstellten Karten und Daten.

Deutschland

In Deutschland ist das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie für kleinmaßstäbige Karten und die nationale Koordinierung zuständig. Die großmaßstäbigen Karten sind Ländersache und deren Erstellung übernimmt das jeweilige Landesvermessungsamt des Bundeslandes. Speziell für Seekarten und Flusskarten ist das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie zuständig.

Österreich

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) ist hier für die amtliche Kartographie zuständig.

Schweiz

Das Bundesamt für Landestopographie (swisstopo) ist hier für die amtliche Kartographie zuständig.

Organisationen

Hinweis

Die korrekte Schreibweise war vor der Rechtschreibreform die mit "ph". Nach der neuen Rechtschreibung sind beide Formen gültig, jedoch ist "Kartographie" die Hauptvariante. Die DGfK hat beschlossen, dass "Kartographie" geschrieben wird, wenn die Wissenschaft gemeint ist. Laut Duden ist die Schreibweise mit "f" ("Kartografie") vorzuziehen.


Siehe auch: Kartensammlung, Vier-Farben-Problem

Literatur

  • Bollmann & Koch (Hrsg.), 2001, Lexikon der Kartographie und Geomatik, Spektrum Verlag, ISBN 382741055X
  • Ogrissek (Hrsg.), 1983, ABC Kartenkunde, Brockhaus Verlag