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Diskussion:Rattenkönig

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Meines Wissens tritt der "Rattenkönig" gerade bei der Wanderratte (rattus norvegicus) NICHT oder so gut wie nicht auf. Es ist vielmehr ein Phänomen, das der Hausratte ((rattus rattus)auch Haus-, Schiffs- oder Pestratte) zugeschrieben wird. Ein Grund dafür, dass seit längerer Zeit kein Fund eines R. mehr gemacht wurde, dürfte in der zunehmenden Verdrängung der Hausratten-Population durch die scheinbar anpassungsfähigere Wanderatte liegen. Wer weiss näheres ? rolf.altmeyer@t-online.de

Brehms Thierleben beschreibt unter dem Stichwort WANDERRATTE:

"Im Freileben kommt unter den Ratten zuweilen eine eigenthümliche Krankheit vor. Mehrere von ihnen verwachsen unter einander mit den Schwänzen und bilden dann den sogenannten Rattenkönig, den man sich in früheren Zeiten freilich ganz anders vorstellte als gegenwärtig, wo man ihn in diesem oder jenem Museum sehen kann. Früher glaubte man, daß der Rattenkönig, geschmückt mit goldner Krone, auf einer Gruppe innig verwachsener Ratten throne und von hier aus den ganzen Rattenstaat regiere. Soviel ist sicher, daß man zuweilen eine größere Anzahl fest mit Schwänzen verwickelter Ratten findet, welche, weil sie sich nicht bewegen können, von Mitleidigen ihrer Art ernährt werden müssen. Man glaubt, daß eine eigenthümliche Ausschwitzung der Rattenschwänze ein Aufeinanderkleben derselben zur Folge habe, ist aber nicht im Stande, etwas sicheres darüber zu sagen. In Altenburg bewahrte man einen Rattenkönig auf, welcher von siebenundzwanzig Ratten gebildet wird; in Bonn, bei Schnepfenthal, in Frankfurt, in Erfurt und in Lindenau bei Leipzig hat man andere aufgefunden. Der letztere ist von Amtswegen genau beschrieben worden, und ich halte es nicht für überflüssig, den Inhalt der betreffenden Akten hier folgen zu lassen.

"Am 17. Januar 1774 erscheint bei der Landstube zu Leibzig Christian Kaiser, Mühlknappe zu Lindenau, und bringt an: Was maaßen er an vergangener Mittwoche, frühe einen Rattenkönig von sechszehn Stück Ratten, welche mit den Schwänzen ineinander verflochten, in der Mühle zu Lindenau gefangen habe, welchen er, weil dieser auf ihn losspringen wollen, sofort todtgeschmissen."

Es ist möglich, daß derartige Verbindungen öfter vorkommen, als man annimmt; die wenigsten aber werden gefunden, und an den meisten Orten ist der Aberglaube noch so groß, daß man einen etwa entdeckten Rattenkönig gewöhnlich sobald als möglich vernichtet."

Die Hausratte wurde bereits kurz nach der Anlandung der ersten und konkurrenzstärkeren Wanderatten massiv zurückgedrängt, also ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit und danach sind auch die meisten Rattenkönige bekannt. Die Nichtfunde der Rattenkönige in modernerer Zeit würde ich auf die zunehmende Verbesserung der hygienischen Bedingungen zurückführen und nciht darauf,. dass es sich bei den Rattenkönigen um Hausratten handelt. Ich selbst habe noch nie ´nen rattenkönig gesehen, lasse mich also gerne belehren, ich würde allerdings mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Wanderratten ausgehen. Necrophorus 18:31, 5. Feb 2004 (CET)

Also, der Altenburger Rattenkönig (19. Jhdt) ist Rattus rattus [1] - ich denk mal, die Information stimmt zumindest - aber über die anderen sagt das ja erstmal nichts aus Uli

Auch Grzimeks Tierleben (das ja etwas neueren Datums als der Brehm ist) beschreibt Rattenkönige nur unter dem Abschnitt Wanderratte; allerdings finde ich keine Quelle, die explizit sagt, dass solche Erscheinungen nur bei einer Rattenart und nicht bei der anderen vorkommen. -- Baldhur 19:37, 5. Feb 2004 (CET)

Ich würde das zumindest als Glkeichstand werten. Vielleicht sollten wir schreiben, daß der Rattenkönig vor allem bei den beiden häufigsten Rattenarten, der Wanderratte (R.n.) und der Hausratte (R.r.) vorkommt. Gibts dagegen Einwände? Necrophorus 20:00, 5. Feb 2004 (CET)
Nein, keine Einwände. Es gibt ja auch in der Rattenanatomie keine logischen Gründe, die dagegen sprechen, dass es bei beiden Arten vorkommen kann. -- Baldhur 20:17, 5. Feb 2004 (CET)


Herr Altmeyer hatte seine Info ja kurz auch an die info-email-Adresse geschickt, auf meine kurze Antwort und Rückfrage nach Literatur kam von ihm folgender Hinweis, den ich hier kurz der Vollständigkeit halber zitieren darf:


Das www. ist natuerlich voll vom Phänomen RK, ich habe sehr viele Eintraege diesbezueglich gesehen, und ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur in einem der Einträge die Wanderatte mit dem Rattenkönig in Zusammenhang gebracht worden währe.

Fundierte www.- Seiten bez. der RK sind allerdings rar.

Interessant dürfte für Sie eventuell ein spezieller Hinweiss sein: Rattekönige wurden immer als ein so extrem schlechtes Vorzeichen betrachtet, dass einige Fälle ca. ab dem 15. Jahrhundert offenkundig von Gerichten der heiligen katholischen Inquisition untersucht wurden. Einige diesser Untersuchungen scheinen ausserordentlich exakt durchgeführt worden zu sein, und sind auch entsprechend gut dokumentiert worden ( jetzt fragen Sie mich aber bitte nicht, wo ich das gelesen habe; ist schon eine Weile her).

Nach allgemeiner Auffassung gab es aber keine Wanderatten in Westeuropa vor ca. 1750.

Literatur/Artikel:

1) "Rottekonger" , Facts & Faenomener Nr. 3/1995, Daenemark

Nach dem daenischen Artikel haette man seit 1683 nur etwa 49 Rattenkoenige gefunden ( 35 x in Deutschland, 7 x Frankreich, 1 x Schweiz, 2 x Holland, 3 x auf Java, 1 x in Kopenhagen/Daenemark)

2a) Meyers Konversationslexikon, 5. Auflage, 1896, Band 14, S. 480 Nicht verwirren lassen, die Hausratte wird dort noch mus rattus (jetzt rattus rattus) und die Wanderatte noch mus decumanus (jetzt rattus norvegicus (manchmal auch rattus norvegensis)) benannt.

2b) Meyers Konversationslexikon, 6. Auflage, 1909, Band 16, S. 620 Eintrag aehnlich dem in der 5. Auflage.

In 2a) + 2b) Verweiss auf "Bellermann : Über das bisher bezweifelte Dasein des Rattenkönigs" (Berlin 1820), habe ich aber leider nicht.

3) Brockhaus Konversationslexikon, 14. Auflage, 1895, Band 13, S. 635 Die Existenz des Rattenkönigs wird dort in Abrede gestellt, und als Konstrukt/Fälschung (Hoax) hingestellt.

4) Herders Konversationslexikon, 3. Auflage, 1907, Band 7, S. 335 Kurze Erwähnung des RK in Zusammenhang mit rattus rattus.

Ich muss hinzufuegen, dass ich kein Fachmann bin (Ich bin Beratender Ingenieur fuer Tunnelbauvermessung).

Ehe ich allerdings meine e.-Mail an Sie geschickt habe, hatte ich aber doch zumindest soweit meine Hausaufgaben gemacht, bei dem Hüter des "Göttinger" Rattenkönigs, Herrn Tröster, nachzuhaken ( gtroest@gwdg.de / http://wwwuser.gwdg.de/~gtroest/Museum/zoologis.htm ).

Ich will nicht für Herrn Tröster sprechen, aber ich habe ihn zumindest so verstanden, dass lediglich rattus rattus RKe bildet.

Ich fürchte, dass man tatsächlich auf sehr alte Untersuchungen zurückgreifen muss, wenn man dem Phänomen RK gerecht werden will. Wegen der o.a. Verdrängung ist mir kein Fall aus der neueren Zeit bekannt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen zumindest ein klein wenig weiter helfen.

Es waehre nett, wenn Sie mich über den Ausgang der Diskussion informieren würden.

Rolf Altmeyer