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Lion Feuchtwanger

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Lion Feuchtwanger (* 7. Juli 1884 in München; † 21. Dezember 1958 in Los Angeles) war ein deutscher Schriftsteller und zu Lebzeiten einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Datei:Lion Feuchtwanger-stamp.jpg
Lion Feuchtwanger auf einer DDR-Briefmarke von 1974

Leben in Deutschland bis 1933

Lion Feuchtwanger wuchs in einer begüterten Familie als Sohn des jüdisch-orthodoxen Margarinefabrikanten Sigmund Feuchtwanger und dessen Ehefrau Johanna geb. Bodenheim auf. Er unternahm schon früh Versuche als Schriftsteller, die ihm bereits als Schüler einen Preis einbrachten. 1903 schloss er die Schule mit dem Abitur am humanistischen Wilhelmsgymnasium München ab. Danach studierte er Geschichte, Philosophie und Deutsche Philologie in München und Berlin, löste sich dabei stark vom Elternhaus. Er promovierte 1907 bei Franz Muncker über Heinrich Heines Der Rabbi von Bacharach. Von einer Habilitation nahm er aufgrund der Beschränkungen für Juden Abstand. (Nach seiner Auswanderung entzog ihm die Universität München 1933 aufgrund seiner jüdischen Abstammung den Doktortitel. Erst im November 1952 gab ihm die Universität den Titel wieder offiziell zurück.)

Er gründete 1908 seine eigene Kulturzeitschrift Der Spiegel, dessen erste Ausgabe am 30. April erschien. Nach 15 Nummern und sechs Monaten fusionierte sie jedoch auf Grund finanzieller Probleme mit der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen Zeitschrift Die Schaubühne, für die Feuchtwanger von nun an schrieb.[1]. 1912 heiratete er die jüdische Kaufmannstochter Marta Löffler. Sie war bei der Hochzeit schwanger, doch ihrer beider einzige Tochter starb kurz nach der Geburt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 leistete er Militärdienst, aus dem er aber aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig entlassen wurde. Bereits 1918 entdeckte er das Talent des jungen Bertolt Brecht, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Während der Novemberrevolution 1918/1919 war Feuchtwanger krank und unbeteiligt.

Nach einigen Erfolgen als Dramatiker verlagerte er seinen Schwerpunkt auf den historischen Roman. Am erfolgreichsten war Jud Süß (geschrieben 1921/22, veröffentlicht 1925), der auch international bereits ab 1926 großen Anklang fand, nachdem Feuchtwanger lange in Deutschland vergeblich einen Verleger gesucht hatte. Die antisemitische Thematik schien unpopulär. Sein zweiter großer Erfolg war Margarete Maultasch. Aus beruflichen Gründen zog er 1925 nach Berlin, 1932 in eine große Villa am Grunewald. 1932 erschien der erste Teil der Josephus-Trilogie Der jüdische Krieg. Feuchtwanger sprach sich für den Kosmopolitismus aus und damit auch gegen einen jüdischen Nationalismus. Auch richtete er sich gegen den marxistischen Historischen Materialismus.[2] Sein Interesse galt fortschrittlichen Intellektuellen als Schrittmachern des Fortschritts.

Feuchtwanger erkannte als einer der ersten die Gefahren durch Hitler und die NSDAP. So schrieb er bereits 1920 in seinem Text Gespräche mit dem ewigen Juden, der ersten Satire gegen den Nationalsozialismus:

Türme von hebräischen Büchern verbrannten, und Scheiterhaufen waren aufgerichtet, hoch bis in die Wolken, und Menschen verkohlten, zahllose, und Priesterstimmen sangen dazu: Gloria in excelsis Deo. Züge von Männern, Frauen, Kindern schleppten sich über den Platz, von allen Seiten; sie waren nackt oder in Lumpen, und sie hatten nichts mit sich als Leichen und die Fetzen von Bücherrollen, von zerrissenen, geschändeten, mit Kot besudelten Bücherrollen. Und ihnen folgten Männer im Kaftan und Frauen und Kinder in den Kleidern unserer Tage, zahllos, endlos.[3]

Im November 1932 brach er zu Vorträgen nach London und in die USA auf. Die nationalsozialistische Machtergreifung Ende Januar 1933 machte seine Rückkehr nach Deutschland unmöglich; Feuchtwanger galt den Nationalsozialisten als einer ihrer intellektuellen Hauptgegner. Seine Bücher wurden ein Opfer der Bücherverbrennung 1933. Sein Name tauchte im Sommer 1933 in der ersten Ausbürgerungsliste Hitlerdeutschlands auf. Eine literarische Frucht dieser Phase war der Roman Die Geschwister Oppermann.

Exil in Frankreich und den USA

Seit 1933 lebte Feuchtwanger in Sanary-sur-Mer, einem Zentrum des deutschsprachigen Exils in Südfrankreich. Aufgrund der hohen Auflagen seiner Bücher insbesondere im angelsächsischen Sprachraum führte er ein vergleichsweise behagliches Leben im Exil. Als Folge der wenig antinazistischen Haltung der Westmächte näherte er sich weiter dem Sowjetkommunismus an. Werbewirksam reiste er vom November 1936 bis Februar 1937 in die stalinistische Sowjetunion, in der seine Werke mit Hilfe Artemi Chalatows verlegt wurden. In seinen Reiseeindrücken Moskau 1937 rechtfertigte er die Schauprozesse gegen angebliche Trotzkisten und erregte damit die Empörung von Arnold Zweig, Franz Werfel und Bruno Frank. Seine stalinfreundliche Haltung verzögerte später seine Einbürgerung in die USA. In Exil rechnet er satirisch mit den deutschen Intellektuellen ab, die im Deutschen Reich geblieben waren.

Im Jahre 1940 musste sich Feuchtwanger nach dem Überfall Deutschlands auf Frankreich wie viele andere Deutsche, die sich in Frankreich aufhielten, im Mai in das Internierungslager Les Milles begeben, wo er bereits bei Kriegsausbruch 1939 für wenige Wochen interniert worden war. Später wurden die Gefangenen von Les Milles aufgrund des Vorrückens der deutschen Truppen in ein provisorisches Zeltlager nahe Nîmes verlegt. Von dort wurde er von Angestellten des amerikanischen Konsulats in Marseille - als Frau verkleidet - herausgeschmuggelt. Nach Monaten des Wartens in Marseille konnte er mit seiner Frau unter abenteuerlichen Umständen über Spanien und Portugal in die USA fliehen und lebte ab 1941 bis zu seinem Tode in Kalifornien, ab November 1943 in der komfortablen Villa Aurora. Auch durch die Einkünfte durch Filmrechte konnte er sich diese mit einer großen Bibliothek leisten. Feuchtwanger war Mitbegründer des Aurora-Verlages 1944 in New York. Nach dem Krieg wurde er als Linksintellektueller argwöhnisch von den US-Behörden in der McCarthy-Ära beobachtet. Am Lebensende befasste er sich wieder mit jüdischen Themen und befürwortete einen jüdischen Staat als Zuflucht (Die Jüdin von Toledo).

1953 erhielt Lion Feuchtwanger den Nationalpreis der DDR 1. Klasse für Kunst und Literatur. Dort wurde er als Antifaschist und kommunistischer Sympathisant hoch in Ehren gehalten, wenn auch die jüdischen Momente seines Werkes weniger gewürdigt wurden.

Lion Feuchtwanger erkrankte 1957 an Nierenkrebs. Nach mehreren Operationen verstarb er Ende 1958 an inneren Blutungen.

Werke

Romane

Lyrik

  • Pep J. L. Wetcheeks amerikanisches Liederbuch, Potsdam 1928. Ironische Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Glauben an die Kraft des Kapitals.

Autobiografische Schriften

  • Moskau 1937 : Ein Reisebericht für meine Freunde. Amsterdam: Querido Verlag, 1937. - Es gibt zahlreiche Neuausgaben, z.B. Berlin: Aufbau Verlag, 1993. ISBN 3-7466-0168-1. Feuchtwangers Sicht der stalinistischen Sowjetunion, die er 1936/1937 besuchte.
  • Unholdes Frankreich, 1942 (später „Der Teufel in Frankreich“), ISBN 3-7466-5018-6, beschreibt Feuchtwangers Erlebnisse in Frankreich 1940 im französischen Internierungslager Les Milles, während die deutsche Front sich auf das Lager zubewegt.

Erzählungen

  • Panzerkreuzer Potemkin, Aufbau Verlag (DDR), 1946, veröffentlicht in der Bundesrepublik 1985 im Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 3-596-25834-0. Enthält verschiedene Erzählungen, darunter auch "Venedig (Texas)"

Theaterstücke

  • Altindische Schauspiele, Reclams Universal-Bibliothek (DDR), Band 453, 1969
  • Wahn oder Der Teufel in Boston, Pazifische Presse, Los Angeles, 1948

Literatur

Verfilmungen seiner Werke

Dokumentarfilm

  • Feuchtwanger lebt! Reportage, Deutschland, 2008, 44 Min., Buch und Regie: Herbert Krill, Produktion: 3sat, Erstsendung: 17. Dezember 2008, Inhaltsangabe mit Video, 44 Min.

Siehe auch

Vorlage:BAM

Belege

  1. W. von Sternheim, Lion Feuchtwanger, p. 93ff
  2. Wagener, Lion Feuchtwanger, 1996, S. 44f
  3. Ein Buch nur für meine Freunde. Frankfurt/M. 1984, S. 453f.