Johanneskirche (Ephesos)
Die Johanneskirche bei der kleinasiatischen Stadt Ephesos war einer der größten Sakralbauten des Byzantinischen Reichs. Sie war eine dem Apostel Johannes geweihte frühchristliche Basilika und wurde von Kaiser Justinian gestiftet. Sie befindet sich am Hang des Ayasoluk-Hügels nahe am Zentrum von Selçuk, direkt unterhalb der osmanischen Festung und ist rund 3.5 km entfernt von Ephesus.
Johannestradition in Ephesos
Hl. Johannes (20-101 n. Chr.) war einer der zwölf Apostel, wird in der Tradition meist als Lieblingsjünger Jesu bezeichnet. Vor seiner Berufung zum Apostel war Johannes ein Fischer. Johannes ist der einzige Apostel, der mit den Frauen unter dem Kreuz Jesu stand. Mit den Abschiedsworten "Siehe da, deine Mutter!" gab Jesu Maria in den Schutz des Jüngers.
Die Anhänger des Christentums wurden in den Jahren 37 bis 42 aus Jerusalem vertrieben. Nach der Enthauptung des Hl. Jakobs, Bruder des Hl. Johannes, sah der Hl. Johannes eine große Gefahr und verlies mit der Mutter Maria Jerusalem. Im Jahre 41 wanderten sie durch Syrien nach Anatolien bis nach Ephesus. Ephesus war damals eine wichtige Zentrale der Missionstätigkeit. Nachdem Paulus hingerichtet wurde (62 n. Chr.), hat er dessen Amt übernommen und die Bibel zu Ende geschrieben.
Der altkirchlichen Überlieferung zufolge wurde der Hl. Johannes während der Christenverfolgung von Kaiser Domitian (81-96) verhaftet. Ein Ereignis aus dem Leben des Apostels ist besonders bekannt. Da die Priester des Artemistempels in Ephesus fürchteten, durch Johannes zu viele Anhänger zu verlieren, stellte ihn der Oberpriester vor die Wahl, entweder im Tempel zu opfern oder einen Becher mit Gift zu leeren, an dem zuvor zwei Verbrecher gestorben waren. Als Johannes über dem Becher das Kreuzzeichen schlug, entwich das Gift in Form einer Schlange. Johannes breitete danach seinen Mantel über die beiden Toten und erweckte sie wieder zum Leben. Davon tief betroffen, trat der Oberpriester selbst zum Christentum über. Die Kunde von diesem Wunder verbreitete sich rasch und Domitian war dadurch so von Angst erfüllt, dass er Johannes freiließ und auf die griechische Insel Patmos verbannte. Hier schrieb Johannes seine berühmte „Apokalypse“. Nach dem Tode des Kaiser Domitian kam er, gemeinsam mit der Mutter Maria zurück nach Ephesus und schrieb das Johannesevangelium.
Johannes starb in den ersten Regierungsjahren des Kaiser Trajan (101 n. Chr.). Er ist der einzige Apostel, der eines natürlichen Todes starb. Er wurde, seinem Wunsch gemäß auf einen Friedhof über der Stadt beerdigt. Über der Stelle des Grabes wurde zunächst ein Mausoleum in Form eines von 4 Säulen getragenen Kreuzgewölbes errichtet. Sein Festtag ist der 27. Dezember.
Johanneskirche
Nach der Verbreitung des Christentums im 4. Jh. errichtete man über seinem Grab eine Kirche. Für den Bau wurden die Steine und der Marmor von dem zerstörten Tempel verwendet. Kaiser Justinian (527 – 565) ersetzte diese Kirche zu einer dreischiffigen Basilika, welche die Form eines Kreuzes hatte und von 6 Kuppeln die mit Blei verkleidet waren, überwölbt. Die Basilika ist 130 m lang und 40 m breit. Die Johannesbasilika gehörte zu den sieben großen Kirchen Kleinasiens. Diese Kirche und die Hagia Sophia zählten zu den größten byzantinischen Kirchen seiner Zeit. Die Kirche war im Mittelalter wie ein Wallfahrtsort. Viele Pilger und Kranke erhofften sich durch den Staub, der aus der Grabkammer drang, geheilt zu werden.
Nach der Eroberung der Seldschuken 1330 wurde die Kirche zeitweise als Moschee benutzt. Aus dieser Zeit stehen auch die Reste des Minaretts am Eingang des Narthex. Im Jahre 1375 wurde die Isa Bey Moschee gebaut. So verlor die Basilika als Moschee ihre Bedeutung. Ein Erdbeben des 14. Jh. beschädigte den Bau, 1402 zerstörten Tamerlans Reitertruppen die Kirche vollständig. Während der Ausgrabungen im Jahre 1920-1921 entfernte der griechische Archäologe Sotiriu ein Skelett vom Grab. E Unter der Leitung von Ekrem Akurgal und der finanziellen Unterstützung von George B. Quatman wurde die Anlage seit 1955 restauriert.
Die Festungsmauer
Als die Araber im 7./ 8. Jh. Ephesus angriffen, wurde rings um die Kirche eine Verteidigungsmauer gezogen. Die Mauer hatte 20 Türme und drei Tore. Über den Torbogen wurden Sarkophage in die Mauer eingebaut.
Auf einem dieser Sarkophage, der sich heute in England befindet, war die Verfolgung des Achill durch Hektor dargestellt. Darum wird diese Tor als „Tor der Verfolgung“ genannt. Die anderen zwei Tore liegen am Westen und Osten der Basilika. Für den Bau der Türme und Mauer wurde der Marmor aus den Ruinen der Stadt Ephesus verwendet.
Architektur

Die Kirche hat die Form eines lateinischen Kreuzes mit Atrium und Narthex und einer halbkreisförmigen Apsis und war mit sechs Kuppeln überwölbt.
Das Atrium
Das Atrium ist ein rechteckiger Vorhof von 47x34 m. Da hier das Gelände steil abfällt, wurde ein mächtiger Unterbau errichtet. Er bestand aus Tonnengewölben und Stützmauern. Die gröβte dieser Tonnen wurde in der osmanischen Zeit mit wasserdichtem Putz ausgekleidet und als Zisterne verwendet. Das viereckige Atrium ist an drei Seiten von Hallen umgeben, deren Säulen mit Bogen verbunden waren. Die Außenseite der Brüstung ist mit Platten verkleidet und zu einem Promenadenplatz gestaltet.
Der Narthex
Im Osten des Atriums befand ein Narthex, ein querrechteckiger Vorraum für Ungetaufte und Büßer, die den eigentlichen Kirchenraum nicht betreten durften. Der Narthex war mit fünf kleinen Kuppeln überdeckt. Von Narthex aus betrat man durch acht Türen den Hauptteil der Kirche. Drei diese Türen dienten als Zugang zum Mittelschiff.
Das Kirchenschiff und die Grabkammer
Über der Stelle des Grabes wurde zunächst ein Mausoleum in Form eines von 4 Säulen getragenen Kreuzgewölbes errichtet. Sie hatte insgesamt sechs Kuppeln. Die Grabkammer liegt unter der Mittelkuppel. Die Decke der Grabkammer ist höher als der Boden und ist mit bunten Mosaiken ausgelegt. Diese Mosaiken wurden von den Strenggläubigen einzeln abgetragen und gemäß Ausgrabungsskizzen mit Neuen ersetzt. Der Eingang zu der Grabkammer führt über eine schmale Treppe an der Seite der Apsis. Die Kapitelle der Säulen haben eine frühbyzantinische Form. Diese Kapitelle tragen – wie auch andere in der Kirche – die Monogramme des Kaisers Justinian und seiner Gattin Theodora.
Kapelle und Schatzkammer
Die Kapelle ist im 10. Jh. gebaut worden. In der Mitte der Apsis sind Fresken, in der Mitte Christus, rechts der Hl. Johannes und links eine Heilige. Von der Apsis führte eine Tür in die Schatzkammer. Vom Zentralraum öffnen sich sternförmig sechs kleine Kammern mit Wandschränken, die mit Marmor ausgekleidet waren. In den Wandnischen wurden das Kirchengerät aus Edelmetall und der Schatz der Kirche verwahrt. Die Kuppel dieses zweistöckigen Baues ist zerstört.
Das Baptisterium
Im Baptisterium wurde der Taufakt vollzogen: Meistens ist est Johannes dem Täufer geweiht. Es ist ein sechseckförmiger Raum. Die Kuppel des Raumes war mit Glasmosaiken dekoriert. In ein in Ost-West-Richtung in den Boden eingelassenes rundes Taufbecken stieg der Täufling – über drei Stufen, aus Richtung Westen kommend –, um die Taufe zu empfangen. Anschließend verließ er, wieder über drei Treppenstufen, das Becken in Richtung Osten. Im „Osten geht die Sonne auf“, von dort wird auch Christus bei seiner Wiederkunft den Seinen erscheinen, mit Christus soll auch der Täufling zu einem neuen Leben auferstehen.
Literatur
- Winfried Elliger: Ephesos. Geschichte einer antiken Weltstadt. Kohlhammer, Stuttgart 1985, ISBN 3-17-009020-8, S. 155–160, 195–204.
- Andreas Thiel: Die Johanneskirche in Ephesos. Reichert, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-354-9.
Koordinaten: 37° 57′ 9″ N, 27° 22′ 4″ O
Weblinks
- Die Johannes-Basilika in Ephesus, engl. Text. [1]