Synagoge an der Reichenbachstraße München
Die Synagoge an der Reichenbachstraße München ist eine ehemalige Synagoge in München. Sie liegt in der Isarvorstadt nahe des Gärtnerplatzes. Bis zur Einweihung der neuen Synagoge Ohel Jakob am Jakobsplatz 2006 war sie Münchens Hauptsynagoge.
Lage und Bauwerk
Das Gebäude, ein Werk von Gustav Meyerstein (1889-1975), liegt in einem Hinterhof an der Reichenbachstraße. Mit 27 Metern Länge, 14 Metern Breite und 8 Mertern Höhe bot der dreischiffige Bau Platz für 330 Herrenplätze und 220 Damenplätze auf der Empore. Zur Zeit der Erbauung der Synagoge im Jahr 1931 floß der Kaiblmühlbach an der Rückseite des sich anschließenden Hofes vorbei, so dass dort Taschlich gemacht werden konnte. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[1]
Baugeschichte
Nach Beginn des 20. Jahrhunderts waren viele Juden aus dem Osten, Österreich-Ungarn und Russland, nach München zugewandert. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen noch viele Emigranten aus der Sowjetunion hinzu, so daß der Anteil der so genannten Ostjuden und Westjuden an der jüdischen Gemeinde schließlich etwa ein Viertel betrug. Diese Gruppe von Juden hatte ein eigenes Zusammengehörigkeitsgefühl und eigene Formen der Frömmigkeit - und zunächst auch, da es sich nicht um deutsche Staatsangehörige handelte, kein Wahlrecht für den Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde. Bereits ab 1914 betrieben die ostjüdischen Vereine Linath Hazedek („Stätte des Rechts“) und Agudas Achim („Bund der Brüder“) einen Betsaal an der Reichenbachstraße.[2] Zu Beginn der 1930er Jahre betrug in München die Zahl der Juden aus dem Osten 2.300, so dass ein Synagogenneubau nötig wurde, an dem sich die Kultusgemeinde beteiligte. Zur Eröffnung am 5. September 1931 sprachen die Rabbiner aller drei großen jüdischen Gruppierungen in München: Samuel Wiesner, der Rabbi der neuen ostjüdischen Synagoge, Ernst Ehrentreu von der alten Synagoge Ohel Jakob und Leo Baerwald, der Gemeinderabbiner. München hatte damit nach der damaligen Hauptsynagoge und der Synagoge an der Herog-Rudolf-Straße den dritten großen Synagogenbau. In der größten Münchner Tageszeitung, den Münchner Neuesten Nachrichten, wurde allerdings nicht über die Eröffnung berichtet.
Verwüstung und Neuanfang
Bei den Novemberpogromen 1938 wurde die Synagoge an der Reichenbachstraße in der Nacht vom 9. auf den 10. verwüstet; die Feuerwehr verhinderte, dass sie in Brand gesteckt wurde, weil man ein Übergreifen des Feuers auf die Nachbargebäude befürchtete. Die beiden anderen Synagogen waren auch zerstört, die jüdische Gemeinde musste in einer ehemaligen Tabakfabrik in der Lindwurmstraße Zuflucht suchen; ein Betsaal im ehemaligen Maschinenhaus dort bestand bis Juni 1942.[3]
Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur wurde die Israelitische Kultusgemeinde 1945 wiederbegründet. Im Jahr 1946 lebten wieder 2800 Juden in München. Die Synagoge in der Reichenbachstraße wurde wieder hergerichtet und am 20. Mai 1947 in Anwesenheit von Vertretern der amerikanischen Militärregierung, der bayerischen Staatsregierung, der Stadtverwaltung und der christlichen Konfessionen feierlich wiedereröffnet. Unter den Mitgliedern der neuen jüdischen Gemeinde waren viele Displaced Persons; die Gebetsordnung des neuen Gebetbuchs entsprach dem ostjüdischen Ritus, dem gleichen, der nach Errichtung der Synagoge in den 1930er Jahren dort gepflegt wurde.[4] Bis zur Eröffnung der neuen Münchner Hauptsynagoge Ohel Jakob am St.-Jakobs-Platz im Jahr 2006 war die Synagoge an der Reichenbachstraße die Hauptsynagoge der jüdischen Gemeinde.
Rabbiner
Vereine Linath Hazedek und Agudas Achim
- Samuel Wiesner
Neugegründete Gemeinde ab 1947
- Aaron Ohrenstein
- Hans Isaak Grünewald
- Pinchas Paul Biberfeld
- Jitzchak Ehrenberg
- Steven Langnas
Literatur
- Wolfram Selig (Hrsg.): Synagogen und jüdische Friedhöfe in München, Aries, München 1988, ISBN 978-3920041346.
Weblinks
- Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern: Geschichte jüdischen Lebens in München.
- allemannia-judaica: München (Bayern). Jüdische Geschichte/Synagogen.
Einzelbelege
- ↑ Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Bayernviewer-denkmal, abgerufen am 18. März 2009
- ↑ Elisabeth Angermair: Eine selbstbewußte Minderheit (1892-1918), in: Richard Bauer und Michael Brenner (Hrsg.): Jüdisches Leben. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart.. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3406549799, S. 110-136
- ↑ Andreas Heusler: Verfolgung und Vernichtung (1933-1945), in: Richard Bauer und Michael Brenner (Hrsg.): Jüdisches Leben. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart.. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3406549799, S. 161-184
- ↑ Shalom Ben-Chorin: Der dritte Tempel, in: Hans Lamm: Vergangene Tage. Jüdische Kultur in München. Oldenbourg, München 1982, ISBN 3-7844-1867-8, S. 443-445
Koordinaten: 48° 7′ 50,3″ N, 11° 34′ 35,7″ O