Zum Inhalt springen

Tibetische Siegel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. März 2009 um 12:21 Uhr durch Roo1812 (Diskussion | Beiträge) (Kloster- und Privatsiegel: format). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Gebrauch von Siegeln in Tibet kam wahrscheinlich durch chinesischen, vielleicht auch durch indischen Einfluss zustande. Aber schon früh entwickelten Tibeter ihre eigenen Siegelformen und gebrauchten verschiedene einheimische oder aus Indien stammende Zierschriften.

Forschungsgeschichte

Teilvergoldetes Siegel mit Griff aus Holz
Siegel mit ‘Phags-pa Schrift. Sonne und Mond-Symbol auf oberem Rand

Die ersten Tibetforscher, die sich mit dem Entzifferen von offiziellen tibetischen Siegeln befassten, waren der deutsche Missionar und Tibetforscher A.H. Francke sowie die Engländer Walsh and Wadell. Als Grundlage ihrer Entzifferungsversuche dienten ihnen eine frühere Veröffentlichung von Sarat Chandra Das, die sich mit verschiedenen Tibetischen Schriften befasste, unter anderem auch mit der ‘Phags-pa Schrift, die häufig auf offiziellen Siegeln benutzt wird. Reverend G. Tharchin veröffentlichte1956 ein Buch, in welchem offizielle tibetische Siegel besprochen warden. Die systematische Erforschung und vollständige Lesung der oft dreisprachigen (Tibetisch, Chinesisch und Mandschurisch) offiziellen Siegel gelang dem deutschen Tibetologen Dieter Schuh. Es folgten Arbeiten von Tibetischen und Chinesischen Forschern über offizielle Siegel. Dagegen sind die zahlreichen Privatsiegel und diejenigen, die in Klöstern und untergeordneten Regierungsämtern Verwendung fanden bisher noch wenig erforscht und publiziert.

Gebrauch Tibetischer Siegel

Vergoldetes Eisensiegel, sehr kunstvoll duchbrochen gearbeitet
Eisensiegel mit gaviertem Dekor

Die ältesten bekannten Siegelabdrucke befinden sich auf tibetischen Dokumenten, welche an verschiedenen Orten in chinesisch Turkestan (heute Provinz Xinjiang) entdeckt wurden, vor allem diejenigen, die aus einem Buddhistischen Höhlentempel von Dunhuang stammen. Diese Dokumente gehen überwiegend auf die Zeit des späten 8. Jahrhunderts bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts zurück, als weite Teile von chinesisch Turkestan von Tibet besetzt waren. Da der weitaus grösste Teil der Bevölkerung Tibets schreibunkundig war, dienten Siegel anstelle einer Unterschrift.

Offizielle Siegel

Ehemals vergoldetes Eisensiegel mit Wolken-Dekor
Quadratisches Eisensiegel, das als Ring benutzt warden konnte

Seit der Zeit der Yuan Dynastie verliehen chinesische Kaiser zahlreichen tibetischen Potentaten Siegel, die meist aus edlen Materialien wie Gold, Silber, Jade oder Elfenbein gefertigt waren. Beeindruckend durch ihre Grösse und kunstvolle Gestaltung der Inschriften sind vor allem die Siegel die Panchen und Dalai Lamas sowie diejenigen, welche Regenten verliehen wurden.

Kloster- und Privatsiegel

Eisensiegel mit ‘Phags-pa Inschrift
Privates Siegel mit Bronzegriff; der obere Teil mit Fungus-Dekor. Vorbild is der Pilz Ganoderma lucidum
Privatsiegel mit Aufschrift in dbu can, Sonne und Mondsymbol auf dem oberen Rand

Daneben kamen Kloster- und Privatsiegel in Gebrauch, um Dokumente wie Kauf- oder Schenkungsvertraege zu siegeln. Privatsiegel sind gewoehnlich aus Eisen gefertigt, oder aus getriebenem Silberblech, das einen Zylinder bildet, in welchen eine runde Eisenplatte mit der Siegelaufschrift eingelassen wird. Klostersiegel sind meist aufwendiger gestaltet. Sie können einen fein geschnitzten Holz- oder Elfenbeingriff besitzen, in welche eine quadratische Eisenplatte eingefügt wird oder sie können ganz aus Metall gearbeitet sein, wobei der Griff oft in komplizierter Schmiedearbeit mit durchbrochenen Ornamenten hergestellt ist. Die Verwendung von Eisen als Material für die Siegelherstellung ist eine Eigenheit Tibets, die sich nur wegen des trockenen Hochlandklimas, das kaum Korrosion hervorruft, entwickeln konnte.

Siegelaufschriften

Teilvergoldeter Siegel mit fein geschnitztem Holzgriff
Eisensiegel mit Aufschrift in Lantsa, in ornamentalen Rahmen gesetzt
Vergoldetes Eisensiegel mit Lotusblüten-Dekor im unteren Teil

Die offiziellen von China verliehenen Siegel sind oft dreisprachig mit drei verschiedenen Schriften: Tibetisch, Chinesisch und Mandschurisch. Privat- und Klostersiegel verwenden im Allgemeinen nur Tibetisch, das jedoch in verschiedenen Schriftarten erscheint. Auf Klostersiegeln, die meist quadratisch sind, findet man vor allem die von ‘Phags-pa im 13. Jahrhundert entwickelte Quadratschrift, die auch nach dem Erfinder Phagspa-Schrift genannt wird. Daneben kommen ornamentale Schriften wie Lantsa (Ranjana) vor. Auf den meist runden, gelegentlich auch quadratischen Privatsiegen findet man meistens die Tibetische dbu-can Schrift, die oft in Abkürzung den Namen des Siegelbesitzers wiedergibt. Manche Privatsiegel besitzen keine Inschrift und zeigen stattdessen nur ein glückbringendes Symbol, das oft eines der acht Buddhistischen Symbole (Ashtamangala) ist. Runde Privatsiegel zeigen meist ein Sonnen- und Mondsymbol oder drei Punkte am Rand. Letztere stellen wohl das Buddhistische Symbol Triratna (dreifacher Juwel, Tibetisch dkon mchog gsum) dar, das Buddha, Sangha (die Mönchsgemeinschaft) und Dharma (die Lehre) bezeichnet. Diese Symbole zeigen dem schriftunkundigen Besitzer an, welches der obere Bereich des Siegels ist und verhüten damit, dass der Siegelaufdruck kopfstehend erscheint. Die Siegel wurden mit roter (nur bei den Siegeln der höchsten Würdenträger wie Dalai Lamas und Panchen Lamas) oder schwarzer Farbe auf das Dokument aufgedruckt. Siegelwachs oder Siegellack wurde nur gelegentlich zum Verschliessen von Dokumenten zum Versand benutzt, nicht jedoch, um dem Dokument Autorität zu verleihen. Der häufige Gebrauch dieser Substanzen nach westlicher Art kam erst nach 1900 in Mode, nach der Einrichtung des tibetischen Postsystems, als man Briefe mit Siegellack verschlossen und der Lack mit einem privaten Siegelaufdruck versehen wurde. Siegelabdrucke in Ton wie sie bei Tibets sűdlichen Nachbarn, Indien und Nepal, vorkommen, sind aus Tibet nicht bekannt.

Bibliographie

JRAS = Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland, London

  • Bertsch, Wolfgang: “A Tibetan Offical Seal of Pho lha nas”. The Tibet Journal, vol. 29, no. 1, Dharamsala, Spring, 2004, pp. 3-8.
  • Bertsch, Wolfgang: “Tibetan Seals. A Rejoinder to Armand Singer´s review of Some Tibetan Seals Illustrated and Described by Derrick Dawson.” Postal Himal, no. 107, 3rd quarter 2001, pp. 3-8.
  • Chab-spel tshe-brtan phun-tshogs & Ma-grong mi-´gyur rdo-rje; Bod kyi gal che´i lo rgyus yig cha bdams bsgrigs (A Collection of Important Tibetan Historical Materials). Bod ljongs bod yig dbe rnying dbe skrun hang, Lhasa, 1991.
  • Das, Sarat Chandra: “The sacred and ornamental characters of Tibet”. Journal of the Asiatic Society of Bengal, vol. 57 (1888), pp. 41-48 and 9 plates.

Dies ist wohl die erste wissenschaftliche Veröffentlichung der ‘Phags-pa Schrift, die im Tibetischen hor yig (“Mongolische Schrift”) heisst. Sie wurde im 13. Jahrhundert vom Sakya-Herrscher ´Phags-pa Pandita [´phags pa blo gros rgyal mtshan (1235-1280 A.D.)] ersonnen. (Siehe Das´ Schrift-Tafeln V and VII). Die Veroeffentlichung von Das diente A.H. Francke als Grundlage zum Entziffern der Inschrift eines Dalai Lama -Siegelabdrucks.

  • Dawson, Derrick: Some Tibetan Seals Illustrated and Described. Published by Geoffrey Flack, n.p.[Vancouver], 1997.
  • Francke, August Herrmann: “Note on the Dalai Lama´s Seal and the Tibeto-Mongolian Characters. JRAS, London, October 1910, pp. 1205-1214.
  • Francke, August Herrmann: “Ein Siegel in tibeto-monolischer Schrift von Bhutan”. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, vol. 64, Leipzig, 1910, pp. 553-554.
  • Francke, August Herrmann: „The Dalai Lama´s Seal“. JRAS, London, 1911, pp. 528-
  • Lin Tung-Kuang: Antique Tibetan Thog-chags and Seals. Published by Liao, Yue-Tao, Taipei, 2003
  • Ou Chao-gui and Qi Mei: Xi zang Li dai zang yin (Tibetan Seals of Various Dynasties). Xizang Renmin Chubanshe (Tibet People´s Publishing House), Lhasa, 1991.
  • Rockwell, John: “The Labyrinth of Tibetan Seals”. Vajra Dhatu Sun, vol. 6, no. 5, June/July 1985, p. 15.
  • Schneider, Hanna: “Tibetan Legal Documents of South-Western Tibet. Structure and Style”. In: Blezer, Henk (editor): Tibet, Past and Present. Tibetan Studies I, PIATS [Publications of the International Association for Tibetan Studies], 2000. Proceedings of the ninth Seminar of the International Association for Tibetan Studies, Brill´s Tibetan Studies Library, vol. 2/1, Brill, Leiden, Boston and Köln, 2002, pp. 415-427.
  • Schuh, Dieter: Grundlagen Tibetischer Siegelkunde, Monumenta Tibetica Historica: Abt. III, Diplomata et Epistolae, vol. 5, St. Augustin, 1981.
  • Tharchin, G: Letter-Writers (Yik bskur rnam gshag by H.E. Kalon Shadra & Kadrung Nornang) and Various other collections of modern letter-writers. Short History of ancient kings, H.H. The Dalai Lamas & their Regents. The Thirteen Code laws by king Srongtsen Gampo, list of seals and their sizes as used by the Dalai Lamas & Regents. Edited and published by G. Tharchin at the Tibet Mirror Press. Kalimpong, 1956.
  • Wadell, Austine L.: “Seal of the Dalai Lama”. JRAS, 1911, pp. 204-206.
  • Wadell, Austine L.: “The Dalai Lama´s Seal”. JRAS, 1911, pp. 822-825.
  • Walsh, Autine L.: “Seal of the Dalai Lama”, JRAS, 1911, pp. 206-207.
  • Walsh, E.H.: “Examples of Tibetan Seals”. JRAS, January 1915, pp. 1-15.
  • Walsh, E.H.: “Examples of Tibetan Seals: Supplementary Note”. JRAS, July 1915, pp. 455-459.

Siehe auch

Phagspa-Schrift

Tibetische Schrift

[[1]] [[2]] [[3]] [[4]]