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Heinrich Kaminski

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Heinrich Kaminski (* 4. Juli 1886 in Tiengen im Schwarzwald; † 21. Juni 1946 in Ried in Oberbayern) war ein deutscher Komponist.

Leben

Kaminski war der Sohn eines altkatholischen Pfarrers und einer Opernsängerin.[1] Nach einer kurzen Tätigkeit in einer Bank in Offenbach am Main begab er sich nach Heidelberg, ursprünglich, um dort ein Studium der Staatswissenschaften aufzunehmen. Doch die Begegnung mit Martha Warburg änderte diese Absicht. Sie erkannte seine musikalische Begabung und wurde zu seiner Förderin. 1909 ging er nach Berlin und begann ein Musikstudium am dortigen Sternschen Konservatorium.

1914 nahm er seine Tätigkeit als Klavierlehrer in Benediktbeuern auf. Zeitgenossen und Freunde in dieser Periode waren unter anderem die Maler Emil Nolde sowie Franz Marc, dessen Frau er in dieser Zeit Unterricht im Klavierspiel erteilte.

Zur Zeit des Ersten Weltkrieges war Kaminski unter anderem als Chorleiter und Kompositionslehrer tätig. Es folgten Kompositionsstudien bei Hugo Kaun. Später erhielt er eine Professur an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und wurde dort Leiter einer Meisterklasse für Komposition; er trat damit die Nachfolge von Pfitzner an. Seine bedeutendsten Schüler waren Carl Orff, Heinz Schubert und Reinhard Schwarz-Schilling. Sein Vertrag lief mit dem Jahre 1933 aufgrund seiner „politischen Gesinnung“ ohne Verlängerung aus und er ging zurück nach Benediktbeuern.

Verschiedene Versuche, beruflich wieder Fuß zu fassen, scheiterten aus dem gleichen Grund. Eine Überprüfung seiner Vorfahren – Kaminski wurde 1938 als „Halbjude“ eingestuft, 1941 wurde er zum „Vierteljuden“ erklärt – führte zudem zu einem zeitweiligen Aufführungsverbot. Er sah sich mehrmals gezwungen zu fliehen, unter anderem nach Frankreich und in die Schweiz. Neuere Forschungen ergeben allerdings ein anderes Bild. Kaminski war Mitglied der Reichsmusikkammer, die 1938 noch einmal seine „Unbedenklichkeit“ wegen einer weiteren Mitgliedschaft erklärte.[2] Ebenso wurde am 24. Mai 1937 im Rahmen der Reichsmusiktage ein Streichquartett Kaminskis uraufgeführt.[1] Nach Meyers Lexikon 1939 galt er als „Moderner Komponist eigener Stilrichtung“.[1] Auch während des Zweiten Weltkriegs wurden verschiedene seiner Werke verlegt und aufgeführt.[3] Dennoch scheint Kaminski dem von der Gestapo verfolgten Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose, Alexander Schmorell, nach dessen Flucht aus Elmau[4] Ende Februar 1943 für eine Nacht Unterschlupf gewährt zu haben.[5]

In den Jahren 1939 bis 1945 musste er außerdem den Verlust dreier Kinder beklagen. 1946 verstarb Heinrich Kaminski.

Werke (Auswahl)

Opern

  • "Jürg Jenatsch", Oper in 3 Akten (1927, UA Dresden 1929)
  • "Das Spiel vom König Aphelius", Oper in 5 Bildern, einem Vor- und einem Nachspiel (1946, UA Göttingen 1950)

Chormusik

  • "Der 130. Psalm", Motette für gemischten Chor a cappella (1912)
  • "Der 69. Psalm" für Tenor, Knabenchor, gemischten Chor und Orchester (1914, Überarbeitung 1930)
  • 6 Choräle für gemischten Chor a cappella (1915)
  • "O Herre Gott", Motette für gemischten Chor und Orgel ad libitum (1918, Überarbeitung 1936)
  • "Introitus und Hymnus" für Sopran, Alt, Bariton, Violine, Viola, Cello, kleinen gemischten Chor und Orchester (1920)
  • "Musik zur Passion" für gemischten Chor a capella (1920)
  • 3 Gedichte von Joseph von Eichendorff für Männerchor und Instrumente (1924)
  • Magnificat für Sopran, Viola, kleinen Fernchor und Orchester (1925)
  • "Der Mensch", Motette nach Matthias Claudius für Alt und gemischten Chor a capella (1926)
  • "Der Mensch", Prolog für Sprecher, gemischten Chor und Orchester (1926)
  • "Die Erde", Motette nach Zarathustra für gemischten Chor a capella (1929)
  • "Die Messe deutsch" für gemischten Chor a capella (1934, unvollendet)

Lieder

  • 3 "Cantiques Bretons" für Singstimme und Klavier (1923)
  • 3 geistliche Lieder für Singstimme, Violine und Klarinette (1923)
  • "Triptychon" für Alt oder Bariton und Orgel (1930)

Orchestermusik

  • Concerto grosso (1923)
  • Werk für Streichorchester (Arrangement des Streichquintetts durch Reinhard Schwarz-Schilling, 1927)
  • Dorische Musik (1934)
  • Orchesterkonzert mit Klavier (1936)
  • "In Memoriam Gabrielae" mit Violine und Alt-Solo (1940)
  • Tanzdrama (1942)

Kammermusik

  • Quartett für Klavier, Klarinette, Viola und Violoncello a-Moll op. 1b (1912)
  • Streichquartett F-Dur (1913)
  • Streichquintett fis-Moll (1916)
  • Canzona für Violine und Orgel (1916)
  • Quintett für Klarinette, Horn, Violine, Viola und Violoncello (1925)
  • Präludium und Fuge für Violine und Orgel (1929)
  • Musik für 2 Violinen und Cembalo (1930)
  • Canon für Violine und Orgel (1931)
  • Präludium und Fuge für Viola (1932)
  • Klavierbuch in 3 Teilen (1935)
  • Musik für Violoncello und Klavier (1935)
  • Hauskonzert für Violine und Klavier (1940)
  • Ballade für Horn und Klavier (1941)

Orgelmusik

  • Toccata über den Choral "Wie schön leucht' uns der Morgenstern" (1923)
  • Choralsonate (1925)
  • 3 Choralvorspiele (1930)
  • Toccata und Fuge C-Dur (1939)
  • Andante es-Moll (1939)

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 284.
  2. Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, CD-Rom-Lexikon, Kiel 2004, S. 8.553.
  3. Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, S. 3.519–3.520.
  4. Lilo Fürst-Ramdohr: Freundschaften in der Weißen Rose. Verlag Geschichtswerkstatt Neuhausen, München 1995. ISBN 3-931231-00-3.
  5. http://hrs.alsfeld.schule.hessen.de/die_schule/Geschwister_Scholl/Verhoerprotokolle/Auszuege_aus_den_Verhoerprotokollen_Hans_Scholl_Teil_1.pdf