Elektronisches Papier

Elektronisches Papier (auch englisch kurz e-paper, E-Paper oder ePaper genannt) versucht Tinte/Farbe auf Papier nachzuempfinden. E-Paper reflektiert das Licht wie normales Papier. Texte oder Bilder werden dauerhaft angezeigt, ohne dass dafür eine Erhaltungsspannung erforderlich ist. Die Anzeige kann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt geändert werden. Elektronisches Papier ist ähnlich wie normales Papier biegsam.
Technologie
Gyricon
Nick Sheridon hatte in den 1970er Jahren am Palo Alto Research Center der Firma Xerox zuerst elektronisches Papier entwickelt. Es nannte sich Gyricon und bestand aus kleinen, statisch geladenen Kügelchen. Diese waren zweifarbig: auf der einen Seite schwarz, auf der anderen weiß. Der Text-Inhalt des Papiers ließ sich durch ein anliegendes elektrisches Feld verändern. Dadurch wurden die Kügelchen nach oben oder unten gedreht, so dass entweder die schwarze oder weiße Seite sichtbar war.
Elektrophorese


In den 1990er Jahren verwendete Joseph Jacobson für eine andere Art kleine Mikrokapseln. In denen schwammen elektrisch geladene weiße Teilchen in gefärbtem Öl. In früheren Versionen kontrollierte der Stromfluss, ob die weißen Partikel an der Oberseite der Mikrokapsel (also für den Betrachter sichtbar) warenoder ob sie unten blieben, sodass der Betrachter an diesem Punkt die dunklere Farbe des Öls sah. Das war im Grunde eine Wiederaufnahme der auf Elektrophorese basierenden Bildschirmtechnologie (EPD, electrophoretic display device). Die Verwendung von Mikrokapseln erlaubte allerdings, flexibles Plastik anstelle von Glas als Trägermaterial zu verwenden. Es gibt verschiedene Ansätze der Herstellung von elektronischem Papier. Inzwischen forscht eine größere Anzahl von Firmen auf diesem Gebiet.[1]
LG.Philips stellte im Mai 2007 ein biegsames, farbiges E-Paper auf E-Ink-Basis vor.[2]
Bistabile LCD
Einige Firmen produzieren elektronisches Papier auf Basis von bistabilen LCDs. Diese ermöglichen ein neutrales Weiß bei hoher Albedo (Oberflächenreflektion) und Auflösungen bis zu 200 dpi.
Elektrobenetzung (Electrowetting)
Der Philips-Firmenableger „Liquavista“ entwickelt eine Displaytechnik, bei der eine gefärbte Öl- und eine Wasserschicht übereinanderliegen. Die Lichtdurchlässigkeit der einzelnen Bildpunkte wird dabei beeinflusst, indem die Oberflächenspannung mittels angelegter elektrischer Spannung verändert wird. Damit sollen sich farbige und schnelle reflektive Anzeigen mit hohem Kontrast und geringem Energieverbrauch herstellen lassen.[3]
Vor- und Nachteile

Elektronisches Papier vereint die Vorteile von Computerbildschirm und Papier. Gegenüber herkömmlichen Bildschirmen, wie sie zur TV- und Grafikwiedergabe genutzt werden, hat es beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung die folgenden Vorteile:
- der Bildinhalt sieht aus jedem Blickwinkel gleich aus (Vorteil gegenüber LCDs)
- es gibt kein Flimmern (Vorteil gegenüber Röhrenmonitoren)
- sehr dünn, biegsam und leicht
- in allen Größen und Formen herzustellen – vom kleinen Display mit der aktuellen Wetteranzeige bis hin zur großen Anzeigetafel oder Plakatfläche
- geringer Energiebedarf, da nur zum Ändern des Bildinhalts (Seitenwechsel) ein Stromfluss erforderlich ist
- sowohl bei normalem Raumlicht als auch in hellem Sonnenschein lesbar, da reflektiv
Die Nachteile sind im wesentlichen:
- Der Grauwert- bzw. die Farbwertauflösung ist derzeit noch sehr gering
- der Seitenwechsel ist noch relativ träge, wodurch Videos und Animationen derzeit nicht darstellbar sind
- mittelmäßiger Kontrast (zwischen Zeitungs- und Magazinpapier)
Anwendungen
Als ersten Feldversuch zur Auslieferung einer Zeitung hat die belgische Wirtschaftszeitung De Tijd von April bis Juni 2006 einen Test mit zweihundert Lesern durchgeführt. Das dabei verwendete Gerät war der iLiad von iRex.[4]
Einen Feldversuch mit elektronischem Papier als Werbefläche wurde Ende 2006 von Hitachi durchgeführt[5]. In Nahverkehrszügen einer Tokioter Eisenbahnlinie wurden als Ersatz für gewöhnliche Werbeposter elektronische Displays auf E-Ink-Basis angebracht. Meinungsumfragen sollten anschließend über die Vermarktungsfähigkeit entscheiden.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Geräte, in denen E-Paper-Displays eingesetzt werden:


- Als erstes Mobiltelefon hat das von Motorola hergestellte Motofone F3 für die Anzeige elektronisches Papier eingebaut. Motorola bezeichnet dieses Display als EPD. Der dabei im Vergleich zu anderen Anzeigeverfahren ungewohnte Effekt ist, dass die Anzeige bei Entfernen des Akkus aus dem Mobiltelefon erhalten bleibt. Ein Vorteil gegenüber anderen Telefondisplays ist, dass die Darstellung selbst bei direkter Sonneneinstrahlung ablesbar bleibt.
- Lexar stellt die USB-Sticks JumpDrive Mercury und JumpDrive Secure II Plus her, die den Füllstand ihres Speichers über ein Display mit elektronischem Papier anzeigen. Da der Anzeigeinhalt ohne Stromzufuhr erhalten bleibt, kommen diese Geräte ohne Batterie aus.
- Sony verkauft seinen Sony Reader, ein E-Book-Lesegerät, das seit September 2008 auch in Europa erhältlich ist. Das neue Lesegerät bietet gegenüber seinem Vorgängermodell LIBRIé, das nur in Japan erhältlich war und noch ist, deutliche Verbesserungen. Für den Sony Reader wird ein umfangreiches Sortiment an Online-E-Books angeboten.
- iRex Technologies, eine Tochter des niederländischen Konzerns Philips, hat 2006 das E-Book ILiad auf den Markt gebracht. Der ILiad ist nicht nur ein Lesegerät, sondern er kann dank der Wacom-Penabled-Technologie auch zum Zeichnen und Schreiben von Kommentaren auf dem Bildschirm verwendet werden. Der Iliad hat mit 768x1024 die bisher höchste Displayauflösung der angebotenen Geräte.
- Eine Alternative ist das Hanlin eBook V2 bzw. V8, mit dem die chinesische Firma Jinke ca. seit Mai 2006 um Käufer wirbt.
- Bokeen aus Frankreich verkauft seit Oktober 2007 das Cybook.
- Amazon stellte im November 2007 ihr Kindle vor, ein E-Book-Lesegerät, das Material von Amazon herunterladen und anzeigen soll.[6] Seit Dezember 2007 plant Amazon den Vertrieb seines Kindle in Europa, mit Hilfe von Vodafone. Ein Mobilfunkanbieter muss „mit im Boot sitzen“, da die E-Books per Mobilfunk auf das Kindle-Gerät übertragen werden. Es wird mit der Amazon-Technik kein PC mehr benötigt, um Daten aufzuspielen. E-Books werden per Mobilfunk gekauft und der Nutzer empfängt diese dann auf seinem Kindle. Mobilfunkgebühren fallen dabei nicht an; diese sind im Verkaufspreis mit eingerechnet.
- Netronix aus Taiwan stellt die Geräte EB-600 und EB-610 her und plant für November 2008 das Lesegerät EB-900 mit 25 cm Bilddiagonale und einer Auflösung von 825 x 1200 Bildpunkten (170 dpi).
- Foxit, bekannt durch seinen Foxit Reader, stellte bei der CeBIT 2009 sein E-Book-Lesegerät eSlick vor. Das Gerät mit einem 6-Zoll-Display und einer Auflösung von 600x800 Pixeln sollt ab März 2009 in den USA erhältlich sein.[7]
- Die Berliner Firma Wizpac stellte auf der CeBIT 2009 ihr Linux-E-Book txtr mit 6-Zoll-Bildschirm vor.
Andere Anwendungen
- Das Magazin Esquire brachte am 8. September 2008 zum 75. Jahrestag als erstes Magazin ein Cover mit elektronischem Papier heraus.[8] Die "Special Collector's Edition" wurde 100.000 mal hergestellt.
Siehe auch
Quellen
- ↑ SHIN Kwang Hoon: „Flexible Display“. In: Patent Application Full Text and Image Database. US Patent & Trademark Office, 22. Dezember 2006, abgerufen am 15. August 2007.
- ↑ heise.de: Biegsames farbiges E-Paper von LG.Philips
- ↑ Liquavista: Technology Whitepaper
- ↑ IBBT Präsentation der Ergebnisse des Feldversuchs
- ↑ heise.de: Das Display der Zukunft im Feldversuch
- ↑ Vorstellung des Kindle
- ↑ golem.de: Foxit stellt E-Book-Reader mit eigener PDF-Lesesoftware vor
- ↑ Demonstrationsvideo, wie das E-Ink-Cover der Esquire aussieht