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Kirchenrecht

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Das Kirchenrecht wird unterschieden in Kirchenrecht im Außenverhältnis und Kirchenrecht in Innenverhältnis.

Äußeres Kirchenrecht regelt die Rechtsverhältnisse im Außenverhältnis:

  1. Geregelt wird der Status der Kirche im deutschen Recht und das Verhältnis der Kirche zum Staat (sog. Staatskirchenrecht).
  2. Daneben gibt es noch die sog. Weltkirche. Sie tritt nach außen auf, vergleichbar einem Staat auf Völkerrechtsebene. Sie hat ihren Sitz im Staat "Vatikan".

Inneres Kirchenrecht regelt die Rechtsverhältnisse im Innenverhältnis, mit unterschiedlichen Regelungsbereichen:

  1. Der innere Aufbau der Kirche, Organisations- und Standesrecht.
  2. Kirchenrecht bezogen auf die Gläubigen (u.a. Eheschließung, kirchliche Ehescheidung, Empfangen der Kommunion, Exkommunikation).

Dabei hat die Kirche die weitgehende Möglichkeit einer eigenständigen Regelung ihrer inneren Angelegenheiten kraft deutscher Verfassung (Art. 137 III WRV).


Kirchenrecht im Außenverhältnis

Grundsätzlich beansprucht der deutsche Staat die uneingeschränkte Geltung seiner Gesetze auf seinem Staatsterritorium. Jedoch erlaubt eine Ausnahmeregel in der deutschen Verfassung Abweichungen von diesem Grundsatz. Ausnahmeregel ist Art. 140 GG in Verbindung mit den Art. 137 ff. der Weimarer Reichsverfassung. Daneben gilt noch das Reichskonkordat von 1933, ein völkerrechtlicher Vertrag mit dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich, dessen Rechtsnachfolger die Bundesrepublik Deutschland ist.

Verfassungsrechtlicher Status der deutschen Kirchen

Damit Religionsgesellschaften am Rechtsverkehr im Staat teilnehmen können, also rechtlich überhaupt existent sind, müssen sie Rechtsfähigkeit erwerben. Dies erfolgt nach den Grundsätzen des privaten Rechts (gleich Zivilrecht, Art. 137 IV WRV). In Betracht kommt grundsätzlich die Rechtsform Verein. Jedoch sind die traditionellen Kirchen (Katholische Kirche, Evangelische Kirche) schon vor der Weimarer Zeit in der Rechtsform "Körperschaft des öffentlichen Rechts" geführt. Diese Rechtsform wurde in die heutige Zeit übernommen (Art. 137 V WRV).

Die Zuständigkeit zur Regelung des Rechtsstatus der Kirchen ist die der Bundesländer (Art. 137 VIII WRV). Daher können sich in gewissem Umfang Unterschiede in jedem Bundesland ergeben (sog. Landeskirchenrecht). Klassisches Beispiel für Unterschiede im Landeskirchenrecht ist die Erhebung und die Höhe der Kirchensteuer.

Völkerrechtlicher Status der katholischen Weltkirche

Ebenso ist es möglich, Kirchenrechtliche Verträge auf Völkerrechtsebene zu begründen. Dazu muss jedoch die sog. "Völkerrechtsfähigkeit" der Parteien vorliegen. Grundsätzlich erlangen nur Staaten Völkerrechtsfähigkeit. Der Vatikan ist dabei ein eigener Staat, folglich Völkerrechtssubjekt.

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind sog. atypische Völkerrechtssubjekte, u.a. der "Heilige Stuhl". Dieser hat kein eigenes Staatsgebiet, und ist somit kein Staat. Der "Heilige Stuhl" ist das Oberhaupt der Katholischen Kirche in der gesamten Welt, mit Sitz im Staat "Vatikan". Sowohl der Vatikan, als auch der Heilige Stuhl können unabhängig voneinander mit anderen Staaten bindende Verträge abschließen (Obwohl dies faktisch unmöglich ist. Schließlich ist bei beiden Völkerrechtssubjekten der Papst der Entscheidungsträger).

Völkerrechtliche Verträge der Staaten mit dem "Heiligen Stuhl" (im Volksmund auch benannt als die Römisch-Katholische Kirche) werden bilateral geschlossen. Sie werden regelmäßig als Konkordat bezeichnet. Der für Deutschland geschlossene völkerrechtliche Vertrag ist das Reichskonkordat.

Kirchenrecht im Innenverhältnis (Kanonisches Recht)

Das innere Kirchenrecht (in der römisch-katholischen Lehre auch kanonisches Recht genannt) geht auf scholastische Traditionen (insb. Gratian und auch Thomas von Aquin) zurück. Die katholische Kanonistik kennt dabei göttliches und kirchliches Recht und die Rechtsquellen Gesetzgebung und Gewohnheit (als ein Spezifikum gegenüber weltlichem Recht und dem evangelischen Kirchenrecht des 20. Jahrhunderts) sowie die Unterscheidung von universalem (gesamtkirchlich geltendem) und partikularem Recht. Gesetzbuch ist der derzeit gültige Codex Iuris Canonici von 1983. Das evangelische Kirchenrecht ist demgegenüber dezentraler, Rechtssetzungen beschränken sich auf Landeskirchen (mit darauf beschränkter Entfaltung von Gewohnheitsrecht) und divergieren. In der orthodoxen Kirche bilden die so genannten Kanones, d.h. die Beschlüsse der Ökumenischen Konzilien sowie einige Äußerungen der Kirchenväter, den Kernbestand des Kirchlichen Rechts. Orthodoxe Bischöfe dürfen hiervon aber abweichen, wenn die "kluge Haushaltung im Hause Gottes" (Ökonomia) dies im Einzelfall verlangt.

Literatur

  • Matthias Herdegen: Völkerrecht, München 2004
  • Richard Puza: Katholisches Kirchenrecht, Heidelberg 1986.
  • Albert Stein: Evangelisches Kirchenrecht, Neuwied-Darmstadt 1985

Siehe auch: Codex Iuris Canonici, Kanonisches Recht, Mitarbeitervertretung in der Kirche, Arbeitsrecht der Kirchen