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Scientology

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Scientology (deutsch: die Lehre vom Wissen) ist eine Organisation, deren Einschätzung von Land zu Land variiert. In Deutschland wird sie als kommerziell orientierte Organisation, also als reines Wirtschaftsunternehmen unter dem Deckmantel einer Religion gesehen. Das deutsche Bundesarbeitsgericht hat am 22. März 1995 festgestellt, dass Scientology der Status einer Religionsgemeinschaft nicht zukommt. Scientology wird in mehreren Bundesländern Deutschlands wegen der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vom Verfassungsschutz beobachtet und wird regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder erwähnt. In Ländern wie den USA, England, Italien oder Spanien hat Scientology von Gerichten den Status einer religiösen und gemeinnützigen, von Steuern befreiten Organisation zuerkannt bekommen. Alle großen christlichen Kirchen sowie viele nichtkonfessionelle Beratungsstellen für Sektenmitglieder und -aussteiger stufen Scientology als Sekte ein.

Scientology wurde in den 1950ern in den USA von L. Ron Hubbard gegründet. Nach dessen Tod übernahm David Miscavige den Vorsitz. Anfang der 70er Jahre begann ihre Tätigkeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im deutschsprachigen Raum gibt es "Kirchen" (Deutschland 8, Schweiz 5, Österreich 2) und "Missionen". Laut unabhängigen Publikationen wird die Mitgliederzahl weltweit auf ca. 150.000 geschätzt. Scientology selbst spricht von über 8 Millionen Anhängern. In Deutschland gibt es in etwa 5.000-6.000 Mitglieder (Stand: 2004).

Lehre

Laut der von dem ehemaligen Science-Fiction-Autor Lafayette Ronald Hubbard verfassten grundlegenden Lehre von Scientology besteht das physikalische Universum aus MEST, was als Abkürzung für Matter, Energy, Space und Time steht. Ein lebendiger Organismus setzt sich demnach aus Materie, Energie, Raum und Zeit zusammen und ist vom Thetan belebt. Theta ist griechisch und bedeutet Geist oder Gedanke und die mathematische Variable n soll Symbol für die Unendlichkeit sein. Noch wichtiger ist aber, dass der Thetan – und somit jeder Mensch – unsterblich ist, jedoch durch vieles negativ beeinflusst und in seiner Entfaltung gebremst wird. Der Mensch setzt sich laut Scientology aus drei Teilen zusammen:

  • Thetan (unvergänglicher Geist)
  • Mind (Verstand; Scientology-Terminus: Servo-Mechanismus)
  • Body (vergänglicher Körper)

Der Mind setzt sich nach Hubbard aus dem analytischen und dem reaktiven Teil zusammen. Der reaktive Teil ist unbewusst und wird aufgrund dessen als schädlich erachtet. Er kann durch Auditing beeinflusst werden.

Hubbards Buch "Dianetics – the modern science of mental health" ("Dianetik – die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit") beschreibt die Theorie und Praxis von Dianetik, der bis heute praktizierten Grundlage von Scientology, die sich speziell mit den negativen Einflüssen auf den menschlichen Geist befasst.

Der Thetan

Zu Beginn ist man bei Scientology ein so genannter Pre-Clear und kann, durch körperliche und geistige Reinigung, letztendlich das Ziel erreichen, ein sogenannter Clear zu werden. In diesem anzustrebenden Zustand ist laut Scientology der Mensch von seinem eigenen reaktiven Verstand befreit und vollzieht somit nicht mehr Dinge, "die man gar nicht tun wollte".

Nachdem ein Mitglied den Zustand Clear erreicht hat, geht es weiter auf der Brücke zur völligen Freiheit zu den acht Operating-Thetan-Stufen (kurz: OT-Stufen), auf das Ziel des frei operierenden Thetans zu, der nach der Scientology-Lehre nicht mehr an MEST gebunden ist – also nicht mehr an Materie, Energie, Raum und Zeit – und durch seine Fähigkeiten alle Probleme (mit Menschen und Dingen) überwinden können soll. Diese Stufe wurde jedoch bis heute von niemandem nachweislich erreicht.

Scientology-Feiertage sind der 13. März (Geburtstag von L. Ron Hubbard), 9. Mai (Jahrestag der Herausgabe von Dianetik), 12. September (Tag des Auditors) und 7. Oktober (Jahrestag der Gründung der internationalen Vereinigung von Scientologen).

Tätigkeit

Die Tätigkeit von Anhängern der Scientology besteht hauptsächlich darin, das Auditing durchzuführen und weitere Anhänger zu Auditoren auszubilden.

Kostspielige Kurse

Beides wird zu fixen Preisen pro Kurs oder pro Stunde verkauft, wobei Anfängerkurse weniger, fortgeschrittene Stufen sehr viel Geld kosten. Ein mehrwöchiges "Reinigungsprogramm" mit Vitaminen und Saunagängen kostet ca. 3000 EUR und ein Auditing-Paket für 12½ Stunden kann in den höheren Organisationen schon mal 5000 EUR oder mehr kosten. Das Erreichen der Stufe "Clear" entspricht im Preis leicht dem Gegenwert eines Mittelklassewagens und die OT-Stufen dem eines Einfamilienhauses.

Von Anfang an wird erwartet, dass ein Mitglied seine Zeit intensiv für Scientology einsetzt (Richtmaß für einen Kursbesuch sind 12½ Stunden pro Woche für Berufstätige). Das führt dazu, dass neue Scientologen schon sehr bald kaum mehr Zeit für anderes haben und den Kontakt zu Freunden und Kollegen außerhalb von Scientology rasch verlieren. Dies ist ein übliches Vorgehen von Sekten, um Menschen in direkte Abhängigkeit zur Gruppe zu bringen.

OCA-Test

Zur Mitgliederwerbung bieten Scientologen häufig in Fußgängerzonen einen kostenlosen Persönlichkeitstest, den OCA-Test oder auch Oxford Kapazitätsanalyse, an. Dieser Test umfasst 200 Fragen, welche nach Auswertung individuelle Schwächen und mögliche Probleme aufzeigen sollen. Seine Auswertung dient als Grundlage für weitere Angebote.

Ein Zusammenhang des Tests mit der Universität von Oxford, wie ihn der Name suggerieren könnte, besteht nicht.

Der Test ermögliche den Mitarbeitern einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit und zeige viele menschliche Schwächen, so dass eine Auswertung viel Wissen über die Testperson offenbare und Manipulation ermögliche. Wenn der Test die Person als „schwach und hilfsbedürftig“ zeigt, bietet der Auswerter meist kostenpflichtige Kurse an oder gibt andere Hinweise, wie die Person sich verbessern kann.

Der Test ist so ausgelegt, dass jeder seine Schwächen offenbart, also hilfbedürftig erscheint. Es gibt auch sehr positive Testergebnisse, die kaum einen Ansatz bieten, wie an der Person etwas verbessert werden könnte.

Scientologykritiker raten dringend ab, diesen Test zu machen, weil sie generell vor einem Einstieg in Scientology warnen.

Organisationsstruktur

Die Organisation von Scientology ist streng hierarchisch, an der Spitze das Internationale Management in Los Angeles, darunter kontinentale Organisationen (für den deutschen Sprachraum in Kopenhagen), darunter die lokalen Kirchen.

Ende 1966 kaufte die Hubbard Exploration Company mehrere Schiffe und L. Ron Hubbard verlegte sein Hauptquartier auf die offene See, wo der Name "Sea Organisation" (kurz: Sea Org) geprägt wurde. In den siebziger Jahren wurde das Hauptquartier nach Clearwater im US-Bundesstaat Florida verlegt, der Name Sea Org ist bis heute geblieben und bezeichnet die mehreren tausend Mitglieder. Alle Mitglieder haben einen Vertrag über eine Milliarde Jahre unterzeichnet und sind einer strengen Disziplin unterworfen.

Die höheren Managementebenen von kontinentalen Organisationen aufwärts sind ebenso wie die fortgeschrittenen Organisationen ausschließlich mit Sea Org Mitgliedern besetzt.

Die Leistung einer jeden Organisation wird in wöchentlichen Statistiken gemessen, die Statistiken jeder höheren Organisation bestehen aus der Summe der Statistiken der unterstellten Organisationen, was auf allen Ebenen zu einem sehr hohen Leistungsdruck für die Mitarbeiter führt.

Weitere zugehörige Organisationen

Neben den Scientology-Organisationen gibt es auch weitere Gruppen (von Gegnern als Tarnorganisationen bezeichnet), die die Scientology-Technologie anwenden und mehrheitlich aus Scientologen bestehen, jedoch nicht Teil der Scientology-Organisation selbst sind. Dazu gehören:

  • ZIEL (Zentrum für individuelles und effektives Lernen): richtet Scientology-Schulen ein (Schweiz) und gibt Nachhilfestunden in Study Tech, der speziellen Scientology-Studiertechnologie.
  • Narconon: führt Drogenrehabilitationszentren. Die Erfolgsstatistiken von Quellen innerhalb und außerhalb von Scientology sind extrem unterschiedlich.
  • Criminon: soll Kriminellen bei der Resozialisierung helfen. Funktionäre von Criminon besuchen auch Gefängnisse.
  • KVPM (Kommission für Menschenrechte in der Psychiatrie), englisch CCHR: bekämpft die Psychiatrie, die von Scientology als Erzfeind betrachtet wird.
  • WISE (World Institute of Scientology Enterprises): Vereinigung von Scientology-Unternehmern, befasst sich besonders mit Management-Beratungen.
  • IVRS (Immobilienverbund Region Stuttgart): "Internetportal, das von verschiedenen, namhaften, regionalen und unabhängigen Maklern, Bauträgern und Massivhausherstellern geschaffen wurde" (Quelle: Aktion Bildungsinformation e.V.)

Kontroversen und Kritik

Anfang der 80er Jahre kam es nach Richtungskämpfen im Management, zur Gründung der Freien Zone, die aus unabhängigen Splittergruppen außerhalb der offiziellen Scientology-Organisation besteht. Diese Splittergruppen verwenden die gleiche Technologie wie Scientology, werden aber von Scientology als Feinde betrachtet.

Scientology bezeichnet sich als überkonfessionell und ist es auch insofern als Scientologen aus Sicht von Scientology problemlos nominelle Mitglieder ihrer angestammten Religion bleiben können. Allerdings wird klar erwartet, dass Verpflichtungen gegenüber Scientology den Vorrang haben und Scientologen sich die Weltanschauung von Scientology aneignen. Intensive geistliche Praktiken jeder Art außerhalb von Scientology (z. B. Meditation, Yoga, Seelsorge, Exerzitien) sind für Scientologen nicht gestattet. Da die Weltanschauung von Scientology mit der traditionellen Theologie von Christentum, Judentum, und Islam nicht vereinbar ist, ist eine Doppelmitgliedschaft aus der Sicht mancher anderer Religionen und Konfessionen nicht möglich.

Scientologen sehen in ihrer Lehre die einzig mögliche "Rettung der Menschheit". Gegner von Scientology werden als Feinde der Menschheit angesehen und mit allen Mitteln bekämpft, was zu zahlreichen Gerichtsprozessen führte (siehe auch Scientology gegen das Internet). Scientologen müssen aufgrund ihrer Lehre entweder anders denkende Familienmitglieder dazu bringen, dass sie ihre Kritik an Scientology nicht äußern, oder den Kontakt mit ihnen abbrechen (Disconnection), da sonst in der Sicht von Scientology ihr geistlicher Fortschritt behindert wird. Ebenfalls zu erwähnen ist die typische scientologische Handlungsweise, neue Mitglieder mit einem kostenlosen Persönlichkeitstest anzuwerben. Mit der Grundlage dieses Testes wird den Personen eine negative Beurteilung bezüglich ihrer derzeitigen persönlichen Fähigkeiten ausgestellt. Die Mißstände können dann – gegen sehr viel Geld – von Scientology behoben werden.

Ehemalige Scientologen, die sich in Gruppen zusammenschließen oder sich öffentlich gegen Scientology äußern, verlieren jeden Kontakt mit Familienmitgliedern innerhalb von Scientology. Auch Kritiker der Sekte werden als feindliche Personen angesehen. Ein beliebtes Mittel, Kritiker zu bekämpfen, ist, sie mit gerichtlichen Klagen jedweder Art zu konfrontieren, um sie zu zermürben, dabei spielt es keine Rolle, ob die Klagen aussicht auf Erfolg haben.

Aussteiger berichten, dass viele Mitglieder sich hoch verschuldet hätten, um die immer teurer werdenden Kurse zu bezahlen und dass Scientology versucht, möglichst alles über ihre Mitglieder zu erfahren, um Manipulationen am Menschen vornehmen zu können. Als Grundlage hierfür werden in den von Scientology angebotenen Kursen zunächst die individuellen Schwächen der Mitglieder offengelegt, unter anderem durch den OCA-Test.

Schwerer Ausstieg

Viele Aussteiger berichten von starkem Druck, der ausgeübt wird auf Ausstiegswillige. Ihnen zufolge werden Mitglieder, auch noch nicht lange dabei gewesene, verfolgt, ihnen wird auf der Straße aufgelauert, sie werden in ihrer Wohnung aufgesucht und durch ständige Anrufe belästigt, um sie mit Druck zu überreden, ihre Mitgliedschaft bei Scientology nicht aufzugeben.

Ehemalige und spezialisierte Psychologen berichten, dass es nach langjähriger Mitgliedschaft für die Betreffenden schwierig sein kann, wieder ein normales Leben zu führen, und dass es Jahre dauern kann, bis die Erfahrung wirklich verarbeitet ist.

Scientologen als Künstler

Eine besonders beliebte Zielgruppe stellen Schauspieler und andere Personen des öffentlichen Lebens dar, die quasi als Repräsentanten der Organisation fungieren. Einige erwähnenswerte Beispiele, zumeist aus den scientology-freundlichen USA:

Auch im deutschsprachigen Raum soll es Prominente geben, die der Organisation nahe stehen oder ihr angehören. Sie bekennen sich jedoch nicht öffentlich dazu. Zuweilen werden namentliche Hinweise veröffentlicht, die aber von den Betroffenen regelmäßig bestritten werden.

Scientology betreibt für prominente Mitglieder mit großem Aufwand sogenannte "Celebrity Center". Diese Vorzugsbehandlung gilt allgemein als einer der Gründe dafür, warum diese Mitglieder der Organisation sehr positiv gegenüberstehen.

Siehe auch

Literatur

  • Eberhard Kleinmann: Psychokonzern Scientology. Geschichte - Organisation - Verbreitung. Bietigheim 2004, ISBN 3-93184-307-6
  • Minhoff: Scientology, Irrgarten der Illusionen, 1998, PDF
  • Küfner et al.: Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology, Pabst-Verlag, 2002, ISBN 3-936142-40-8
  • Martin Gardner: "Fads & Fallacies in the Name of Science," New York: Dover Publications, 1957, S. 267
  • Raik Werner: Scientology im Spiegel des Rechts. Strukturen einer Subkulturellen Ordnung zwischen Konformität und Konflikt mit den staatlichen Normen, "Neue kriminologische Studien" Band 24, Wilhelm Fink Verlag München, ISBN 3-7705-3781-5
  • Braun, Stefan: Scientology - Eine extremistische Religion. Vergleich der Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Organisation in Deutschland und den USA, Nomos Verlag Baden-Baden 2004, ISBN 3-8329-0764-5, Bd. 10 der Reihe Extremismus und Demokratie

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